Ob und inwiefern Menschen über ihren Körper und dem Körper entstammendes Material verfügen können und dürfen, taucht als Problemstellung in verschiedenen Bereichen der modernen Biomedizin auf. Ebenso stellt sich die Frage, inwieweit andere, etwa Forscher, über Körpermaterial Dritter verfügen dürfen und beispielsweise Entdeckungen aus dessen Erforschung als ihr geistiges Eigentum ansehen dürfen.
Häufig wird das Recht auf Kontrolle, das möglicherweise die völlig freie Verfügung über den eigenen Körper erlaubt, in engen Zusammenhang zum Eigentumsrecht gesetzt. Wie zu sehen sein wird, ist zwar zu bezweifeln, dass die Ansammlung von individuellen Rechten, die den eigenen Körper betreffen, ausschließlich durch ein generelles Eigentum am Körper begründet werden könnte. Falls aber das Eigentumsrecht am eigenen Körper tatsächlich gerechtfertigt werden könnte, so wären anscheinend weitgehende Eingriffe am und Verfügungen über den Körper legitimiert, denn Eigentum führt üblicherweise ein sehr ausgedehntes Verfügungsrecht mit sich. Interessanterweise ist – trotz der bedeutenden Folgen entsprechender Regelungen – der rechtliche Status des Körpers und dazugehöriger Materialen in fast allen Ländern weithin ungeklärt.
Die technischen Entwicklungen der Medizin haben es ermöglicht, dass Körperteile und insbesondere innere Organe von einem Menschen auf einen anderen übertragen werden können. Bestimmte Körpermaterialien wie Eizellen, Sperma oder Blut, vor allem auch Blut aus der Nabelschnur, das Stammzellen enthält, können besonderen Wert besitzen. Daher sind mit ihnen potenziell wirtschaftliche Interessen verbunden, die Eigentumsfragen aufwerfen. Andere Bereiche, in denen die Frage nach dem Verfügungsrecht auftritt, sind die Forschung an Körpermaterial, dessen Lagerung in Biobanken oder die Genpatentierung. Hier stellt sich in erster Linie die Frage, auf welche Weise Eigentum erworben werden kann. Üblicherweise wird angenommen, dass Eigentum durch Arbeit entsteht. In Bezug auf die Erforschung des Genoms und den damit verbundenen Anwendungen des entsprechenden Wissens hieße das, dass eine Erfindung, im Gegensatz zu einer bloßen Entdeckung, vorliegen muss.
Eigentumsfragen können sich auch stellen, wenn über die Erlaubnis bzw. das Verbot bestimmter Interventionen in die körperliche Unversehrtheit nachgedacht wird, die von der betroffenen Person selbst erwünscht werden, etwa im Falle freiwilliger Selbstverstümmelung bzw. Körpermodifizierung und des Suizids. Wenn ihr Körper der Person selbst gehört, dann scheint sie ihn auch verletzen oder vernichten zu dürfen. Auch bestimmte körperliche Dienstleistungen wie die Leihmutterschaft könnten durch ein Eigentumsrecht am Körper gerechtfertigt werden.
Gerade aufgrund der zuletzt genannten möglichen Folgen eines Eigentums am eigenen Körper wird die Idee weithin abgelehnt. Doch ist ein solches Recht keineswegs abwegig. Es scheint sogar in engem Zusammenhang mit grundlegenden Menschenrechten wie etwa dem Verbot der Sklaverei und der Unversehrtheit des Leibes zu stehen. Ideengeschichtlich war es insbesondere der englische Philosoph John Locke, der die Eigentumsidee aufbrachte. Er behauptete, dass jeder Mensch Eigentum an seiner eigenen Person besitzt ("every man has a property in his own person"). In der Tat, andere Menschen dürfen nicht über unseren Körper verfügen – nicht einmal nach unserem Tod. Außerdem existiert ein weitverbreitetes Gebot, bei Eingriffen in die körperliche Unversehrtheit das informierte Einverständnis der betroffenen Person einzuholen. All diese Überlegungen scheinen die Idee des Eigentums am Körper zu unterstützen. Doch tatsächlich folgt aus den genannten Normen noch nicht zwingend, dass die Person selbst ihren Körper besitzt. Genau genommen sind hier nur Abwehr- und Verfügungsrechte impliziert, insbesondere das Recht auf körperliche Integrität, die nicht alleine schon ein Eigentumsverhältnis hervorbringen.
Körper als Subjekt und Objekt
Unabhängig von der Frage, ob ein Eigentumsverhältnis aus bestimmten rechtlichen Relationen zu unserem Körper abzuleiten ist, erscheint die damit verbundene Annahme problematisch, der Körper sei wie ein Ding oder Objekt etwas, zu dem wir eine Besitzrelation einnehmen können. Vielmehr ist der Körper ein Teil dessen, was wir sind, nämlich Personen. Der Körper ist nicht nur ein Objekt, er ist selbst ein Subjekt; er ist gelebter Körper oder Leib. Somit entsteht durch die These vom Eigentum am Körper auch ein metaphysisches Problem, nämlich eine Trennung zwischen der Person, die Eigentum besitzt, und dem Objekt, das besessen wird, dem Körper. Eine weitere Schwierigkeit besteht in der Tatsache, dass Eigentum üblicherweise als verdient oder rechtmäßig übergebener Besitz gilt, wir aber weder unseren Körper verdient noch ihn als Geschenk erhalten haben.
Ein häufig zu findendes Bedenken gegen die Idee des Eigentums am Körper ist die damit vermeintlich einhergehende Vermarktlichung eines besonderen natürlichen Objekts, das nicht zur Ware werden sollte. Doch die Kommodifizierung ist keine unvermeidbare Folge eines Eigentumsrechts. Wir kennen durchaus Objekte, die sich im Besitz von Personen befinden können und die dennoch kein freies Verfügen, geschweige denn deren Vermarktlichung erlauben würden, wie beispielsweise im Fall wichtiger Kulturdenkmäler. Gleichwohl sollen damit nicht die Einwände gegen die Kommodifizierung des Körpers infrage gestellt werden. So kann etwa unter heutigen Bedingungen die Ausbeutung armer Menschen als eine wahrscheinliche Folge der Körpervermarktlichung gelten. Dies wird insbesondere dann betont, wenn über die Legitimität des Handels mit Organen diskutiert wird.
Die genannten Einwände mögen sich möglicherweise abschwächen, wenn wir ausschließlich über Körperteile bzw. Körpermaterial als Eigentum nachdenken. Obwohl der Körper als solcher mit einer Person eine untrennbare Einheit bildet, können wir uns Körperteile als distinkt von einer Person vorstellen. Wir betrachten auch die Identität einer Person durch die Entnahme zumindest bestimmter Organe nicht als gefährdet. So stellt sich also das Problem des Eigentums anders dar, wenn wir es in Bezug auf Körpermaterialien betrachten. Tatsächlich existieren schon marktähnliche Strukturen für deren Verkauf und Erwerb. Zwar wird beispielsweise die nicht-therapeutische Blutabgabe für medizinische Zwecke als Blutspende bezeichnet, doch existieren meist finanzielle Entlohnungen für die Herausgabe dieser Körpermaterialien. Die Entlohnung von Körpermaterial scheint eine Vermarktlichung zu implizieren. Doch auf der anderen Seite heißt das noch nicht zwingend, dass wir eine Person, die solche Materialien bereitstellt, als Eigentümer dieser Körperteile ansehen müssen. Für die materielle Komponente könnten etwa Anreizüberlegungen bzw. die Aufwandsentschädigung sprechen. Selbst bei Vermarktlichung von Körpermaterialien liegt also noch nicht unbedingt ein Eigentumsverhältnis vor.
Worin aber besteht der Unterschied zwischen dem Körper als solchem und Körpermaterialien, die vermeintlich Eigentum sein und sogar gehandelt werden können? Bisweilen wird in diesem Zusammenhang versucht, einen Unterschied zu etablieren zwischen Körperteilen, die sich im Körper befinden bzw. integral zum Körper gehören, und solchen Körpererzeugnissen, die sich außerhalb des Körpers befinden können bzw. unwesentlich für die Aufrechterhaltung körperlicher Funktionen sind. Die letztgenannten Körpermaterialien mögen dieser Idee zufolge tatsächlich den Status von Eigentum erhalten, während wesentlichen körperlichen Bestandteilen und dem Körper als solchem dieser Status verwehrt wird. Doch auch wenn wir uns auf die Frage nach dem Eigentum an Körperteilen beschränken, bleiben die vorher genannten Einwände in Kraft. Unsere Körperteile haben wir uns nicht verdient, und aus der legitimen Verfügungsgewalt über unseren Körper folgt noch nicht unbedingt die Tatsache, dass Körpermaterial als unser Besitz gelten muss. Insofern bleibt auch hier die Eigentumsfrage noch ungeklärt.
Möglicherweise ist das Problem des Eigentums am Körper bzw. an Körpermaterialien nicht das entscheidende Thema, sondern eher die Frage, welche Rechte uns jeweils in Bezug auf die Kontrolle und die Verfügung über unseren Körper zustehen. Hier existiert noch großer Nachholbedarf, sowohl was die ethische Diskussion angeht als auch im Hinblick auf die rechtliche Regelung hochsensibler medizinischer Bereiche.