In der Schweiz werden Bürgerbudgets zunehmend mit der Umsetzung von Smart City-Strategien kombiniert. Was alle Budgets verbindet, ist jedoch, dass sie für die Bürgerinnen und Bürger einen Mehrwert haben müssen, also dem Gemeinwohl dienen und nicht kommerziell sein dürfen.
Seit dem Start des Pilotprojekts in Lausanne im Jahr 2019 wird das Bürgerbudget (Französisch: „budget participatif“) jährlich in allen Quartieren der Stadt durchgeführt und kontinuierlich aus-gebaut. Nahmen im ersten Jahr noch etwa 1.500 Personen an der Abstimmung teil, verdoppelte sich die Teilnahme im Folgejahr – trotz der Herausforderungen durch die Corona-Pandemie – bereits auf 3.000 Personen. Im Jahr 2022 erreichte die Abstimmung mit über 18.000 Teilnehmenden einen neuen Höhepunkt. Auch das verfügbare Gesamtbudget stieg stetig an. Wa-ren es zu Beginn noch 100.000 Franken, über deren Verwendung die Lausanner Bürger/-innen abstimmen konnten, hat sich das Budget im Jahr 2023 auf 200.000 Franken verdoppelt (Ville de Lausanne 2024).
Wichtige Erfolgskriterien in Lausanne sind zum einen die Botschafter*innen, die in den Quartieren aktiv über das Bürgerbudget informieren und so die Bevölkerung direkt ansprechen. Zum anderen wird die Begleitung der Projektträgerschaften an Quartierzentren oder lokal verankerte Stellen übertragen. Vernetzungstreffen unterstützen zusätzlich die erfolgreiche Planung und Umsetzung der Projekte, sowohl vor der Abstimmung als auch danach.
Aus Sicht der Stadtbevölkerung Lausannes bietet ein solches Bürgerbudget viele Vorteile für das Gemeinwohl. Es wurden zahlreiche Projekte in sozialen und ökologischen Bereichen gefördert, wie beispielsweise die Verbesserung des Parc de l’Indépendance im Stadtzentrum. Hier wurde eine bessere Nutzung des öffentlichen Raums mit neuen Sitzgelegenheiten, mehr Bäumen und einer größeren Fläche für Veranstaltungen realisiert.
Ein kulturelles Highlight ist das Festival "Sous les arbres de Valmont", das gezielt zur Belebung des Quartiers Valmont ins Leben gerufen wurde. Das Festival bietet den Bewohner*innen eine Plattform, um sich in einer entspannten, offenen Atmosphäre zu begegnen und Kultur zu erleben. Es umfasst musikalische Darbietungen lokaler Künstler/-innen, kreative Workshops und Kunstinstallationen, die alle Altersgruppen einbeziehen, sowie Aktivitäten für Kinder und Familien, wie Spiele und Theateraufführungen. Darüber hinaus laden gastronomische Angebote mit lokalen und nachhaltigen Produkten zum gemeinsamen Verweilen ein. Das Festival stärkt nicht nur den sozialen Zusammenhalt, sondern wertet auch die öffentlichen Räume im Quartier auf und fördert somit die Identifikation der Bewohner*innen mit ihrem Lebensumfeld.
Ein solches Bürgerbudget bietet auch innerhalb der Stadtverwaltung Mehrwerte, da alle Dienststellen in die Machbarkeitsprüfung eingebunden werden. Zudem fördert das Bürgerbudget eine stärkere Verbindung zwischen der öffentlichen Verwaltung und der Bevölkerung, wodurch ein nachhaltiger Dialog entsteht.
Im Vergleich zu Bürgerbudgets in Deutschland zeigt sich, dass nationale Unterschiede sowohl in der Herangehensweise als auch in der Umsetzung bestehen. Während Lausanne durch die Tradition der direkten Demokratie und die intensive Einbindung der Bevölkerung, etwa durch Quartierbotschafter*innen und regelmäßige Vernetzungstreffen, eine besonders enge Verzah-nung zwischen Bürger*innen und Verwaltung erreicht, sind Bürgerbudgets in Deutschland stärker von der repräsentativen Demokratie geprägt. Dies äußert sich unter anderem in einer größeren Vielfalt an Modellen, die je nach Kommune unterschiedlich stark auf direkte Mitentscheidung setzen.
In Lausanne liegt der Fokus klar auf einer breiten und kontinuierlichen Partizipation der gesamten Stadtbevölkerung, während in Deutschland häufig projekt- oder themenspezifische Ansätze gewählt werden. Diese Unterschiede verdeutlichen, wie eng die Gestaltung von Bürgerbudgets mit den jeweiligen politischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen verknüpft ist und welche Potenziale sich aus einer gegenseitigen Inspiration für die Weiterentwicklung partizipativer Prozesse ergeben können.
Mehr Informationen zum Bürgerbudget in Lausanne finden Sie unter dem Link: Externer Link: https://www.lausanne.ch/portrait/carte-identite/lausanne-et-la-transformation-numerique/realisations/budget-participatif.html