Zahlreiche Kommunen nutzen Bürgerbudgets, um ihre Einwohner*innen an der kommunalen Finanzplanung zu beteiligen. Im Rahmen solcher Budgets stellen Stadtverwaltungen einen Teil ihres Haushalts zur Verfügung, über dessen Verwendung die Bevölkerung selbst entscheiden kann. So können Bürger*innen Projekte vorschlagen, und im Anschluss gemeinsam darüber abstimmen, welche Projekte finanziert werden sollen. Diese Abstimmungen folgen in den meisten Fällen einem Mehrheitsvotum. Nach diesem Prinzip gewinnen jene Projekte, die die meisten Stimmen erhalten. Das System ist einfach anzuwenden, transparent und daher sehr etabliert. Aber ist es auch fair?
Dominik Peters von der Universität Paris-Dauphine and Piotr Skowron von der Universität Warschau widersprechen dem. Gemeinsam mit einem internationalen Team aus Wissenschaftler*innen der Informatik forschen sie dazu, wie die Stimmauszählung für Bürgerbudgets fair gestaltet werden kann. Dazu haben sie ein eigenes System entwickelt und getestet: die Methode der gleichen Anteile.
Probleme der Mehrheitswahl
Entsprechend der einfachen und oft genutzten Mehrheitswahl gewinnen meist ähnliche Projekte, die bei der gleichen Mehrheitsgruppe von Wählenden beliebt sind. Beteiligen sich beispielsweise in einer Kommune besonders viele Menschen, die sich für Sport und Gesundheitsthemen interessieren, ist es wahrscheinlicher, dass mehrere Projekte dieser Art gewinnen – und das immer wieder und über mehrere Runden hinweg. Andere Projekte, die sich beispielsweise nur an bestimmte Gruppen, wie Kinder und Jugendliche, richten, entfalten oft weniger Überzeugungskraft und haben geringere Gewinnchancen.
Methode der gleichen Anteile
Um dieses Ungleichgewicht auszugleichen, schlägt das Forscherteam eine alternative Auszählung der Stimmen vor – die sogenannte „Methode der gleichen Anteile“. Diese Methode soll es ermöglichen, die Präferenzen möglichst vieler Wähler*innen zu berücksichtigen und nicht nur die Stimmen der Mehrheit. Der Grundgedanke der Methode der gleichen Anteile ist, dass allen Wählenden virtuell ein gleicher Teil des Budgets zugewiesen wird. Dieser individuelle Teil des Budgets wird zur Finanzierung der Projekte verwendet, für die die Person stimmt. Bei der Auswertung der Abstimmungsergebnisse werden so alle Projektvorschläge analysiert, beginnend mit den Projekten mit der höchsten Stimmenzahl. Ein Projekt wird dann von der Kommune realisiert, wenn es mit den Budgetanteilen derjenigen, die für das Projekt gestimmt haben, finanziert werden kann. Das virtuelle Budget derjenigen, die für das Gewinnerprojekt gestimmt haben, reduziert sich dementsprechend. Die Stimmen der Wählenden, von deren Budget noch kein Anteil für das erste Gewinnerprojekt ausgegeben wurde (weil sie für andere Projekte gestimmt haben), können dann in der Stimmenauszählung der weiteren Projekte stärker berücksichtigt werden.