Angesichts sich wandelnder Formen sozialer Ungleichheit stehen Politik und Gesellschaft immer wieder vor der Herausforderung, inklusive Beteiligungsmöglichkeiten zu schaffen.
Inklusiv - für wen? Und wer kann wie dazu beitragen, Hürden auf dem Weg zur aktiven Beteiligung abzubauen? Darum ging es im Forschungsprojekt „Neue Beteiligung und alte Ungleichheit? Politische Partizipation marginalisierter Menschen“ (2021) vom vhm – Bundesverband für Wohnen und Stadtentwicklung e.V., dessen Abschlussbericht als Teil der verbandseigenen Schriftenreihe abrufbar ist.
Marginalisierung hemmt Beteiligung
Der Bericht beginnt mit der Feststellung eines altbekannten Problems: Marginalisierte Menschen beteiligen sich wesentlich seltener an der politischen Willensbildung als andere gesellschaftliche Gruppen. Marginalisierung – sie wird definiert als ein Verhältnis, das durch gesellschaftliche Strukturen bedingt ist und häufig politische Benachteiligung zur Folge hat.
Die Liste marginalisierter und somit benachteiligter Personengruppen ist dabei lang - sie reicht von Menschen in prekären Arbeitsbedingungen und Menschen mit Behinderungen bis hin zu Langzeitarbeitslosen oder Menschen mit Migrationsbiografien. Ein grundlegendes Problem ist: Marginalisierte Personen brauchen den größten Teil ihrer Ressourcen für zentrale Bedürfnisse. Themen wie Barrierefreiheit, Diskriminierung und Sprachbarrieren kommen als wesentliche Problemlagen zur Alltagsbewältigung hinzu. Des Weiteren ist klar: Marginalisierung verstärkt sich selbst. Fehlende politische Beteiligung führt zu fehlenden Kenntnissen, was wiederum Abkoppelung zur Folge hat.
Wie politische Beteiligung trotzdem gelingt
Und doch zeigt der Bericht, dass politische Beteiligung gelingen und sogar zur Bewältigung von sozialer Ungleichheit genutzt werden kann. Durch qualitative Expert/-inneninterviews mit politisch aktiven, aber marginalisierten Personen wagen die Autoren den Blick von innen: Welche Motivation bringen die Menschen mit und welche Beteiligungsmöglichkeiten werden bevorzugt? Die Ergebnisse dieser Interviews nutzten die Forscher/-innen, um konkrete Vorschläge zu machen, wie man marginalisierter Personen besser in politische Beteiligungsverfahren einbinden könnte.
So sind Ansätze beispielsweise die Bereitstellung barriere- und kostenfreier Räume, sowie Kinderbetreuung oder die Nutzung von Onlinetools. Auch die Vermittlung über Kulturdolmetscher/-innen, sowie eine offene Gesprächskultur können ansonsten schwer zugängliche Zielgruppen mobilisieren.
Die Studie macht jedoch auch klar: Letztendlich bildet die Ungleichheit selbst die Barriere, die es gemeinsam zu überwinden gilt. Denn durch politische Maßnahmen zur aktiven Gleichstellung von Frauen, Migrant/-innen und Menschen mit Behinderung werden diese Personen besonders darin bestärkt, sich selbstbewusst in politische Entscheidungen einzubringen.
Hier können Sie den vollständigen Bericht von Jan Kaßner und Norbert Kersting mit vielen weiteren spannenden Ergebnissen und Handlungsmöglichkeiten kostenfrei lesen: Externer Link: vhw - Schriftenreihe 22: Neue Beteiligung und alte Ungleichheit? Politische Partizipation marginalisierter Menschen