"Die Russen haben auch Bürgerhaushalte??", so oder so ähnlich waren die Reaktionen meiner Kolleg/innen, als ich erzählte, dass ich an der Studienreise nach Moskau/Russland teilnehmen kann. Thema "Bürgerbeteiligung" mit dem Schwerpunkt "Bürgerhaushalte". Meine Fragestellung im Voraus war: Wie sehen diese Bürgerhaushalte aus, gibt es Gemeinsamkeiten mit unseren Verfahren, was kann ich lernen, was kann ich Neues mitnehmen?
Und so war es sehr hilfreich, dass wir zu Beginn der Studienreise beim Forschungsinstitut für Russische Bürgerhaushalte, angesiedelt beim Finanzministerium in Moskau, eingeladen waren. Der Leiter des Instituts, Vladimir Vagin und seine Kolleginnen Natalia Schaporalova, verantwortlich für das Monitoring der Bürgerhaushalte und Nadeshda Gavrilova, leitende wissenschaftliche Referentin für Bürgerbudgets und Beteiligungsplattformen, nahmen sich drei Stunden Zeit für uns. Inhaltsreich, spannend, überraschend – vielen Dank dafür!
Einige Informationen zu den russischen Bürgerhaushalten:
2018 gab es russlandweit 193 Bürgerhaushalte mit 19.000 Projekten.
In sechs russischen Föderationen werden Schülerprojekte außerhalb des Unterrichts durchgeführt. Ziele: Verantwortungsübernahme, Sparsamer Umgang mit Ressourcen.
Bürgerhaushalte werden hauptsächlich in kleinen Gemeinden auf dem Lande durchgeführt (50% der russischen Bevölkerung lebt auf dem Land).
Finanzierung der Projekte: 10% müssen von den Bürgern getragen werden.
Durchführung im Internet mit Voting-Verfahren und Vor-Ort-Veranstaltungen.
11 Projektzentren in den Regionen mit 4-6 Pers. begleiten Beteiligungs-Prozesse.
Fortbildungen für Verwaltungsangestellte im Internet, an Verwaltungsschulen.
Seit 2017: Portal im Internet für Berater und Organisationen zum Thema BHH.
Ab 2020 tritt das Abkommen mit der Weltbank in Kraft, das Budgets für Bürgerhaushalte bereitstellt. Hierin enthalten ist das weltweite größte Monitoringprogramm von BHH in ländlichen Regionen.
Zielesetzungen der Bürgerhaushalte in Russland:
Schnellere Umsetzung von Projekten.
Öffentliche Kontrolle bei der Umsetzung.
Verständnis der Bürgerschaft für Verwaltungshandeln wird gefördert.
Einbindung von Bürgerwissen.
Zusätzliche Effekte:
Verantwortungsübernahme von Bürgern, Gemeinwohlgedanke wird gestärkt.
Effizienz der eingesetzten Mittel – nachhaltiges Verwenden der Ressourcen.
Verwaltungseffekte – Vertiefter Kontakt zu Bürgern.
Bürger erhalten Verwaltungserfahrung für weitere Projekte.