Kurzer Kommentar von Oliver Märker zum Interview mit Prof. Dr. Roland Roth zu Bürgerhaushalten und Beteiligungskultur
Ich stimme Roland Roth zu, wenn er in dem oben genannten Interview sagt, dass aktuelle Bürgerhaushalte auch durch eine "Regionalisierung", also durch eine Ausweitung etwa quartiersbezogene Budgets "von unten" weiterentwickelt oder ergänzt werden sollten. Aber nicht, wenn er durchklingen lässt - insbesondere mit dem Verweis auf Südamerika und deren Idee und Funktion dort -, dass mit quartiersbezogenen Bürgerhaushalten die aktuellen Herausforderungen der Bürgerhaushalte in Deutschland überwunden werden könnten. Denn eine Bewegung in Richtung Quartier blendet meiner Auffassung nach aus, dass damit eine weitgehende Entkoppelung vom kommunalen Haushaltsplanverfahren einhergeht, also dem relevanten Verfahren, in dem jährlich (oder im Falle eines Doppelhaushaltes: alle zwei Jahre) beraten und entschieden wird, in welche Bereiche der Stadt Gelder (mehr oder weniger) fließen sollen.
Hier sollte auch die Kritik an den bisherigen vorschlagsorientierten Bürgerhaushalten ansetzen, nämlich der immer noch unzureichenden Ankoppelung an die politisch-administrativen Prozesse, also an die Verfahren, wo die Macht liegt. Gerade in der Rechenschaftsphase zeigt sich doch in einigen Kommunen, wie wenig noch die Beratungs- und Entscheidungskulturen - einschließlich der verwaltungsbezogenen Verarbeitungsprozesse - darauf eingestellt sind, Bürgerwissen und -vorschläge zu berücksichtigen.
Quartiersbezogene Budgets laufen aber noch vielmehr in Gefahr, von den eigentlichen Steuerungshebeln der Macht entkoppelt zu werden, indem man (ich bin böse:) Spielgelder verteilt und eine parallele Bürgerhaushaltswelten aufbaut. Die übrigens auch noch zeigen müssen, ob sie wirklich eine Beteiligung "von unten" und vieler in den Quartieren erreichen und die Frage beantworten müssen, wie eigentlich - wenn es die durch Wahlen legitimierte Politik nicht tut - nach welchen legitimen Mitteln die (wenn auch nur geringen Beträge) verteilt werden sollen und wer die Verantwortung dafür übernehmen wird. Am Ende doch die Politik?