Im Allgemeinen ist der Bürgerhaushalt („PB“) ein Prozess, der „die Beteiligung nicht gewählter Bürger*innen an der Konzeption und/oder Zuteilung öffentlicher Finanzen ermöglicht“ (Sintomer, Herzberg, & Röcke, 2008, S. 168). Dieser Ansatz zur Beteiligung der Bürger*innen am öffentlichen Haushalts- und Zuteilungsprozess begann in brasilianischen Städten und hat sich inzwischen auf mehr als 3.000 Kommunen (Su, 2017) in mindestens 15 verschiedenen Ländern ausgebreitet (Goldfrank, 2012). PB wird als Konzept bei Sozialreformer*innen, gewählten Vertreter*innen der subnationalen Regierungen, Akademiker*innen und anderen Forscher*innen immer beliebter.
Trotz seiner Popularität stellt Wampler (2012) fest, dass PB zwar die Bürger*innen befähigen, Demokratie stärken und das allgemeine Wohlbefinden verbessern kann, aber auch eine Möglichkeit für Regierungen sein kann, Aktivist*innen oberflächlich zufriedenzustellen, die sich für eine verstärkte Demokratisierung einsetzen.
In der aktuellen Literatur wird davon ausgegangen, dass PB den öffentlichen Haushaltsprozess grundlegend verändert, zumindest was die Ressourcen betrifft, die dem Prozess unterliegen oder in ihn einbezogen werden. In ihrer frühesten Umsetzung verteilte diese Transformation den Nutzen der öffentlichen Ressourcen von reicheren Bezirken auf ärmere Bezirke um (de Sousa Santos, 1998).
Unser Artikel testet diese Annahme, dass PB die öffentlichen Ausgaben verändert. Eine Änderung der öffentlichen Ausgaben würde bedeuten, dass durch den PB-Prozess eine echte Übertragung bedeutender Entscheidungsbefugnisse von gewählten Amtsträger*innen auf die Bürger*innen stattfindet. Alternativ dazu könnte PB ein symbolisches Politikinstrument sein, das den Wunsch der Einwohner*innen nach mehr Einfluss auf den Haushalt durch rein symbolische Entscheidungsfindung umlenkt. Unser Artikel stellt auch klar, dass es bei der Neuzuweisung von Haushaltsmitteln drei Arten von Unterscheidungen geben kann - nach Größe und Anzahl, nach dem Standort oder nach der Funktion -, die in den bisherigen empirischen Bewertungen der Auswirkungen des PB-Prozesses nicht zum Ausdruck gekommen sind.
Auf der Grundlage von Daten aus New York City deuten unsere empirischen Ergebnisse darauf hin, dass Distrikte, die sich für PB entschieden haben, im Vergleich zu Distrikten, die sich nicht für PB entschieden haben, eine höhere Anzahl von Investitionsprojekten mit geringeren Durchschnittsbeträgen finanzieren. Dieser Befund steht im Einklang mit (aber nicht ausschließlich) dem Verständnis von PB als einer Form der politischen Schirmherrschaft, bei der gewählte Amtsträger *innen öffentlich finanzierte Großprojekte in ihren jeweiligen Distrikten stärker verbreiten. Es kann aber auch an der typischen 1 Million-Dollar-Grenze liegen, die von den Sponsor*innen des Ratsdistrikts PB für die Finanzierung in ihren Distrikten festgelegt wurde. Falls also der Wunsch besteht, mehr als ein oder zwei Projekte zu finanzieren, müssen die Projekte zwangsläufig kleiner bleiben, um diese Grenze nicht zu überschreiten. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die PB-Gelder in New York City vom Gesetzgeber kommen und grundsätzlich von ihm kontrolliert werden. Der PB-Prozess in New York City ändert nichts an dieser Realität. Auch werden die Gelder aufgrund dieses Designs nicht zwischen den Distrikten umverteilt.
Weitere Analysen zeigen, dass der Bürgerhaushalt in New York City keine Umverteilung von Investitionsausgaben zwischen funktionalen Kategorien vornimmt; so werden beispielsweise keine Investitionsausgaben von Parks auf das Gesundheitswesen verlagert. Da die Mitglieder des Stadtrates auch bei Anwesenheit von PB in ihren Bezirken einen erheblichen Ermessensspielraum bei der Zuweisung von Investitionsausgaben behalten, ist die New Yorker Version von PB am besten als ein Politikinstrument zu verstehen, dem es an einem funktionalen Allokationseffekt fehlt. Stattdessen scheint sie die Effizienz der politischen Nutzung der Ermessensmittel des Rates zu erhöhen.
Mit anderen Worten: Weil PB in New York City durch gesetzgeberische Zweckbindung erreicht wird, wird der Einfluss der Öffentlichkeit verringert.
Vielen Dank an Thad Calabrese für diese Zusammenfassung!
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