Die Frage nach den Lebenslagen der älteren Bevölkerung in Deutschland ist nicht einfach zu beantworten, denn diese sind höchst heterogen und die Lebensphase "Alter" bzw. die Gruppe der "älteren" Menschen lassen sich nicht eindeutig definieren.
Gängig ist die am kalendarischen Alter orientierte Festlegung. Zur älteren Bevölkerung zählen danach die über 60- oder 65-Jährigen. Der Zeitpunkt des regulären Übergangs vom Erwerbsleben in die nachberufliche Lebensphase und der Bezug einer Altersrente geben hier den Ausschlag. Allerdings: Das kalendarische Alter ist nicht mit dem biologischen, sozialen oder psychologischen Alter identisch.
Welcher Blickwinkel und welche Definition auch immer gewählt werden: Stets ist zu berücksichtigen, dass sich die Lebensphase "Alter" infolge des demografischen und sozialen Wandels der Gesellschaft in den zurückliegenden Jahren grundlegend verändert hat und in Zukunft weiter verändern wird. Vergleicht man die heutige Situation mit der der Nachkriegszeit (bis hinein in die 1960er Jahre) so sind folgende Merkmale prägend:
Die Zahl der älteren Menschen nimmt kontinuierlich zu,
der Anteil der älteren Menschen an der Gesamtbevölkerung steigt,
im individuellen Lebensverlauf nimmt die Phase des "Ruhestandes" einen immer größeren Raum ein.
Hier handelt es sich um einen Trend, der im Wesentlichen durch den ungebrochenen Anstieg der Lebenserwartung verursacht und sich nach den Vorausberechnungen fortsetzen wird. Die Älteren (hier die über 65-Jährigen) machen bereits aktuell gut ein Fünftel der Bevölkerung aus. In den nächsten 40 Jahren kann mit einem Anstieg auf ein Drittel gerechnet werden. Im Unterschied zur Situation bis Mitte des 20. Jahrhunderts ist die Altersphase zu einer eigenständigen, langandauernden Lebensphase geworden, die nicht selten 30 Jahre und mehr andauert.
Mehr Unterschiede als Gemeinsamkeiten
Angesichts dieser Dimensionen liegt es auf der Hand, dass es "die" Lebenslage "der" Älteren nicht gibt. Es handelt sich vielmehr um eine äußerst heterogene Bevölkerungsgruppe.
Zu unterscheiden ist bei der älteren Bevölkerung vor allem zwischen
den "jungen Alten", den "mittleren Alten" (manchmal zusammen auch als "drittes Lebensalter" bezeichnet) und den "Hochaltrigen" ("viertes Lebensalter"),
älteren Frauen und älteren Männern,
der Staatsangehörigkeit bzw. dem Migrationshintergrund,
den Wohnbedingungen,
der gesundheitlichen Lage,
dem Familienstand und der familiären und sozialen Einbindung,
der sozialen und vormaligen beruflichen Position und
den Einkommens- und Vermögensverhältnissen.
Pauschale Aussagen über die Situation älterer Menschen erweisen sich deshalb als wenig aussagekräftig. Über lange Zeit war eine sog. Defizitbetrachtung vorherrschend, die Älteren in der Gesellschaft galten weitgehend als inaktive und bedürftige Personen. Diesem negativen Altersbild geradezu entgegengesetzt ist das aktuelle Bild der "Generation Silber", den gesundheitlich fitten, aktiven und finanziell wohl versorgten Alten. Beide Altersbilder verallgemeinern zu stark.
Die materielle und soziale Situation der Älteren hat sich im Vergleich zu früher erheblich verbessert. Im Durchschnitt sind die Einkommens- und Versorgungslage sowie die Wohnbedingungen der älteren Generation gut. Zugleich hat sich im Zuge der ansteigenden Lebenserwartung auch der Gesundheitszustand verbessert: Die Anzahl der Jahre in weitgehender Gesundheit und damit die Möglichkeit eigenständig zu leben, hat sich deutlich erhöht. Insgesamt sind die Älteren heute im Durchschnitt aktiver als die Generation ihrer Eltern: Sie sind besser ausgebildet und mobiler, nehmen am kulturellen, sozialen und politischen Leben teil und sind im hohen Maße sozial und familiär integriert.
Risikofaktoren
Doch es gibt auch eine Gruppe von älteren Menschen, deren Einkommens- und Lebenslage als prekär anzusehen ist. Benachteiligungen im Erwerbsleben wie niedrige Qualifikation, hohe Betroffenheit von Arbeitslosigkeit, durchlöcherte Erwerbsbiografien, schlechter Gesundheitszustand und niedriges Einkommen bleiben auch in der Lebensphase des Alters bestehen und führen zu einem erhöhten Armutsrisiko. Der Hinweis, dass sich die Vermögensbestände in Deutschland auf die Bevölkerung im höheren Alter konzentrieren, darf deshalb den Blick auf die seit einigen Jahren ansteigenden Armutsgefährdungsquoten der Älteren nicht versperren.
Ebenso wenig darf übersehen werden, dass trotz des verbesserten Gesundheitszustandes im Alter, die gesundheitlichen Beeinträchtigungen in Form von chronischen und Mehrfacherkrankungen zunehmen, dies besonders in der Phase der Hochaltrigkeit (80+). Altwerden und Altsein sind zwar nicht mit Krankheit und Pflegebedürftigkeit gleichzusetzen, aber mehr als ein Drittel der über 80-Jährigen und mehr als die Hälfte der über 90-Jährigen sind pflegebedürftig. Je nach dem Grad der Pflegebedürftigkeit, der Art der Versorgung, der familiären Versorgung und vor allem in Abhängigkeit von der Höhe des Einkommens befinden sich viele Pflegebedürftige in einer äußerst schwierigen Lebenslage. Dies wirkt zurück auf die pflegenden Angehörigen.
Auf einen Blick: Lebenslagen Älterer
Stand: 2021/2022
Bevölkerung über 65 Jahre | 18,7 Mio. |
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Bevölkerung über 80 Jahre | 5,9 Mio. |
Verbleibende Lebenserwartung im Alter von 65 Jahren | |
Männer | 17,6 Jahre |
Frauen | 20,9 Jahre |
Frauenanteil | |
80- bis 84-Jährige | 58,1 % |
über 85-Jährige | 64,9 % |
Familienstand der über 80-jährigen Frauen | |
Verwitwet | 60,7 % |
Verheiratet | 28,1 % |
Familienstand der über 80-jährigen Männer | |
Verwitwet | 23,9 % |
Verheiratet | 67,7 % |
Anteil der Pflegebedürftigen an der jeweiligen Bevölkerung | |
75 - 85 Jahre | 23,9 % |
85 - 90 Jahre | 54,1 % |
90 und mehr Jahre | 81,6 % |
Anteil der zu Hause gepflegten Pflegebedürftigen | |
85 - 90 Jahre | 79,6 % |
90 und mehr Jahre | 69,1 % |