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Risiken der kapitalmarktgedeckten Altersvorsorge im Überblick Aktienrenten: Kapitaldeckung als Finanzierungsalternative?

Gerhard Bäcker Ernst Kistler

/ 4 Minuten zu lesen

Bei der kapitalmarktfundierten Alterssicherung gibt es, je nach Anlageform, eine ganze Reihe verschiedener Risiken. Um welche Risiken handelt es sich und wie sind diese zu bewerten?

Wechselstube auf dem Breitscheidplatz in Berlin. Jede Anlageform die nicht auf Euro, sondern eine andere Währung lautet, beinhaltet auch ein Währungsrisiko. (© picture-alliance, Bildagentur-online)

Versucht man die Risiken der kapitalmarktbasierten Altersvorsoge bei Spar- und Versicherungsprodukten zu systematisieren, so ergibt sich folgendes Bild:

Risiko des Totalverlustes

Die Gefahr, die Anlagesumme komplett zu verlieren, kann teilweise bei Anlagen in zweifelhaften Angeboten des grauen Kapitalmarktes drohen. Insbesondere Unternehmensbeteiligungen führen oftmals bei Insolvenz des Unternehmens zum Totalverlust der Anlage. Auch bei auf den ersten Blick sicheren Anlageformen, etwa festverzinslichen Wertpapieren, können bei Insolvenz des entsprechenden Emittenten die von den Anlegern erworbenen Anleihen wertlos werden. Das kann bei der Insolvenz eines Unternehmens, aber auch bei der Zahlungsunfähigkeit eines Staates der Fall sein.

Kursrisiko

Kapitalverluste können bei Anlagen in kursabhängige Wertpapiere wie Aktien eintreten. Bei einer schlechten Marktentwicklung drohen Kursverluste, die womöglich, zumindest langfristig betrachtet, durch Regulierung des Gesamt-Marktes wieder aufgefangen werden können, aber nicht müssen. Auch bei festverzinslichen Wertpapieren mit vorgegebener Laufzeit spielen Kursrisiken eine Rolle, wenn der Emittent zahlungsunfähig wird.

Zinsänderungsrisiko

Das Zinsänderungsrisiko ist zu beachten, wenn die Kapitalanlage zwar gesichert ist, nicht dagegen die zu erzielenden Erträge. Betroffen sind hiervon in der Regel Spareinlagen und Wertpapiere, denen variable Zinskonditionen zugrunde liegen. Zinsschwankungen beeinflussen hier die Höhe des Ertrages. Entscheidend ist hierbei nicht der Nominalzins, sondern der Realzins.

Ein Beispiel: Bei einem Nominalzins von 2,5 Prozent aber einer Preissteigerungsrate von 3 Prozent, liegt der Realzins unter Null, der Anleger macht Verluste. In der Regel sind die Kapitalanlagen langfristig orientiert, so dass im Augenblick noch Wertpapiere in den Beständen sind, die höhere Zinsen aufweisen. Laufen diese Anleihen jedoch aus, müssen sie in Anleihen mit niedrigen Zinsen umgetauscht werden.

Währungsrisiko

Jede Anlageform die nicht auf Euro, sondern eine andere Währung lautet, beinhaltet auch ein Währungsrisiko. Die jeweilige Rendite und auch ein Rückzahlungsbetrag unterliegen der Änderung des Wechselkurses zwischen dem Zeitpunkt der Anlage und der Fälligkeit des Ertrages oder der Rückzahlung. Man verliert Geld, wenn bei Rückrechnung des Anlagebetrages oder Ertrages aus der Fremdwährung in Euro der Wechselkurs gefallen ist.

Risiken bei Lebensversicherungen

Der Markt der Lebensversicherungen ist gesetzlich reguliert. Mit dem Ziel des Verbraucher- und Anlegerschutzes müssen Lebensversicherungen ihr Kapital in risikoarmen Formen anlegen (z. B. Staatsanleihen). Wie bereits skizziert, sind die Lebensversicherer verpflichtet, bei Vertragsabschluss eine Mindestverzinsung (Garantiezins) zu gewährleisten.

Dieser Garantiezins orientiert sich an den Durchschnittsrenditen auf dem Kapitalmarkt und ist entsprechend der allgemeinen Kapitalmarktentwicklung in den letzten Jahren deutlich gefallen: Er liegt für Neuverträge im Jahr 2022 bei 0,25 Prozent (1999 noch 4 %) Altverträge sind davon nicht betroffen.

Erwirtschaften die Versicherungen Überschüsse, die über den Garantiezins hinausgehen, werden diese den Verträgen gutgeschrieben. Die Höhe der Überschüsse liegt nicht fest, sondern hängt wesentlich von der Kapitalmarktentwicklung und der Anlagepolitik des Unternehmens ab. Zu rechnen ist deshalb nur mit den wirklich garantierten Leistungen und nicht mit prognostizierten Überschüssen. Gerade in den Jahren seit 2008 (Weltfinanzkrise, Schuldenkrise, Euro-Krise) haben viele Gesellschaften ihre Überschussbeteiligung zum Teil drastisch gekürzt.

Die Höhe des im Erlebensfall ausgezahlten Kapitalbetrags bzw. der Rente hängt ab von der Sparsumme, die sich über die Vertragszeit hinweg angesammelt hat und deren Verzinsung durch Garantiezins und Überschussbeteiligung. Die Sparsumme ist jedoch nicht identisch mit der Summe der eingezahlten Prämien/Beiträge. Abgezogen werden müssen der Kostenanteil und (bei Lebensversicherungen) der Risikoanteil, die beide nicht zur Kapitalbildung zur Verfügung stehen, sondern laufend "verbraucht" werden. Der Kostenanteil beinhaltet die laufenden Verwaltungs- und Inkassokosten und die einmaligen Abschlusskosten, die letzteren werden in der Regel in den ersten Jahren der Laufzeit angerechnet. Der Risikoanteil deckt das Todesfallrisiko ab.

Welcher Prozentsatz des Beitrags tatsächlich kapitalbildend angelegt wird, ist kaum ermittelbar und verallgemeinerbar, denn die Versicherungsunternehmen sind nicht verpflichtet, den Kostenanteil anzugeben. Im Schnitt dürfte der Sparanteil bei weniger als 85 Prozent der eingezahlten Beiträge liegen. Da sich Garantiezins und Überschussbeteiligung nur auf den Sparanteil beziehen, liegen die tatsächlichen Renditen, die sich aus den Beiträgen an eine Lebens- bzw. Rentenversicherung erzielen lassen, deutlich niedriger als der Garantiezins.

Die beim Erlebensfall ausgezahlten Kapitalbeträge bzw. Renten bleiben in ihrer Höhe über die Rentenlaufzeit unverändert, was über die Jahre hinweg schon bei einer leichten Inflation zu einem erheblichen Kaufkraftverlust führt. Die bei der Gesetzlichen Rente vorgesehene automatische Anpassung der Leistungen an die Einkommensentwicklung oder an die Preisentwicklung ("Dynamisierung") gibt es bei der privaten Rentenversicherung nicht. Vertraglich lassen sich zwar Anpassungsklauseln vereinbaren (etwa einen jährlichen Erhöhungssatz der Renten um einen bestimmten Prozentsatz); diese Vereinbarung muss jedoch durch eine geringere Höhe der Eingangsrente oder durch entsprechend höhere Prämien bezahlt werden.

Denn: Die durch die Dynamik bedingte Erhöhung ist nichts anderes als ein Neuabschluss in dieser Höhe. Da man aber bei jeder Erhöhung älter ist, steigt automatisch der Risikoanteil des Gesamtbeitrags. Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass mit jeder Erhöhung der Sparanteil prozentual sinkt.

Zu Problemen führt eine Kündigung des Vertrags. Rückerstattet wird lediglich der Sparanteil, gemindert um Storno-Abzüge (Rückkaufswert). Werden die Abschlusskosten in den ersten Jahren nach Vertragsbeginn angerechnet, ist in der Anfangszeit der Versicherung noch kein Rückkaufswert vorhanden. Es entsteht für einige Zeit ein Totalverlust der eingezahlten Beiträge.

Mit höheren Renditechancen aber auch mit hohen Risiken sind fondsgebundene Lebens- oder Rentenversicherungen verbunden. Bei diesen wird der Sparanteil der bezahlten Prämien in Fondsanteilen angelegt. Je nach Art der ausgewählten Fonds (Aktien- oder Rentenfonds) nimmt der Versicherungsnehmer direkt an der Entwicklung der Aktien bzw. der Rentenpapiere teil. Insofern besteht die Chance auf Kurs- und Wertgewinne.

Andererseits wachsen auch die Risiken. Da es keine Garantie auf Börsengewinne gibt, kann es bei einer negativen Kursentwicklung durchaus dazu kommen, dass erhebliche Verluste entstehen und die Leistung noch unterhalb der eingezahlten Beitragssumme liegt. Eine Garantieverzinsung gibt es bei fondsgebundenen Lebens- oder Rentenversicherungen nicht.

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Gerhard Bäcker, Prof. Dr., geboren 1947 in Wülfrath ist Senior Professor im Institut Arbeit und Qualifikation der Universität Duisburg-Essen. Bis zur Emeritierung Inhaber des Lehrstuhls "Soziologie des Sozialstaates" in der Fakultät für Gesellschaftswissenschaften der Universität Duisburg-Essen. Forschungsschwerpunkte: Theorie und Empirie des Wohlfahrtsstaates in Deutschland und im internationalen Vergleich, Ökonomische Grundlagen und Finanzierung des Sozialstaates, Systeme der sozialen Sicherung, insbesondere Alterssicherung, Arbeitsmarkt und Arbeitsmarktpolitik, Lebenslagen- und Armutsforschung.

Ernst Kistler, Prof. Dr., geboren 1952 in Windach/Ammersee, verstorben 2021, war Direktor des Internationalen Instituts für Empirische Sozialökonomie, INIFES gGmbH in Stadtbergen bei Augsburg. Forschungsschwerpunkte: Sozial- und Arbeitsmarktberichterstattung, Demografie, Sozialpolitik, Armutsforschung.