Teilrenten
Mit der Rentenreform 1992 wurden Teilrenten eingeführt: Mit dem noch geleisteten Arbeitsanteil bleibt ein(e) Teilrentner(in) versicherungspflichtig, soweit er/sie nicht nur eine geringfügige Beschäftigung ausübt und erwirbt dadurch auch weitere Rentenansprüche.
Vor Erreichen der Regelaltersgrenze kann ohne Kürzung der Altersrente hinzuverdient werden. Der in Anspruch genommene Rententeil wird um Abschläge gemindert. Der Hinzuverdienst unterliegt in voller Höhe der Versicherungspflicht in der GRV.
Die Erwartung jedoch, dass diese Regelung genutzt wird, um bis zur Regelaltersgrenze in Teilzeit weiter zu arbeiten, hat sich bislang nicht erfüllt. Die Nutzung der Teilrenten fällt mehr als gering aus: Der Anteil der Teilrentner:innen betrug in den letzten Jahren nie mehr als 1 Prozent der neu zugegangenen Rentner:innen. So gab es im Jahr 2021 rund 855.000 Neuzugänge von Altersrenten – darunter befanden sich gerade einmal 7.449 Teilrenten. Dies entspricht einem Anteil von 0,9 Prozent
Bei der Frage nach den Gründen für die Persistenz eines stufenlosen Erwerbsausstiegs und für die geringe Akzeptanz der Arbeitszeitreduzierung am Ende des Erwerbslebens ist zu berücksichtigen, dass es sich bei der Teilrente um ein sogenanntes spätes Gleitmodell handelt. Die Möglichkeit, eine Teilrente in Anspruch zu nehmen, tritt erst nach Erreichen der vorgezogenen Altersgrenze ein, also aktuell frühestens ab dem 63. Lebensjahr und zielt insofern darauf ab, die Erwerbsphase zu verlängern. Für die meisten potentiell Interessierten ist dies aber nicht gewollt. Abschreckend wirken die Abschläge sowie befürchtete Lücken in der betrieblichen Altersversorgung. Entscheidend ist aber auch, dass die Teilrente nur eine renten-rechtsinterne Wahlmöglichkeit eröffnet, d.h. die Option ist nur dann realisierbar, wenn die Betriebe für ältere Arbeitnehmer:innen eine entsprechende Teilzeitbeschäftigung anbieten. Dazu sind sie weder verpflichtet, noch sind sie offensichtlich in Anbetracht der Lage auf dem (Teilzeit)Arbeitsmarkt für ältere Arbeitnehmer:innen daran in relevantem Maß auch interessiert.
Hinzu kommt, dass eine Teilrente nur dann wahrgenommen genommen werden kann, wenn ein Anspruch auf eine vorgezogene Altersrente besteht, also frühestens mit 63 Jahren. Und es bleibt dabei, dass der vorgezogene Rententeil durch Abschläge gekürzt wird. Zwar können die Versicherten, beginnend mit einem Lebensalter von 50 Jahren, zusätzliche Beiträge zahlen, um die Abschläge auszugleichen oder in ihrer Höhe zu begrenzen. Aber im Zweifel können sich diejenigen Arbeitnehmer:innen, die gesundheitlich am stärksten belastet sind, die Abschläge bzw. den Abkauf von Abschlägen am wenigsten leisten. Hinzu kommt erfahrungsgemäß, dass je komplexer die zur Verfügung gestellten Optionen sind, umso geringer sind die Chancen ihrer Nutzung und desto höher ist die Wahrscheinlichkeit des Ausweges in die einfachen Lösungen, d.h. in die vorgezogene Vollrente.
Ungewiss bleibt auch, ob die neue Teilrentenregelung tatsächlich stärker zu der gewünschten Form des „gleitenden Ruhestandes“ führt. Denn die Dauer der Arbeitszeit ist bei der Berechnung der Teilrente unerheblich, es kommt allein auf die Höhe des Einkommens an. Nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz haben Arbeitnehmer:innen zwar gegenüber ihrem Arbeitgeber einen Anspruch auf Verringerung ihrer Arbeitszeit am gegebenen oder einem vergleichbaren Arbeitsplatz. Der Arbeitgeber kann den Anspruch aber aus betrieblichen Gründen ablehnen. Und ausgenommen sind Beschäftigte in Kleinbetrieben (weniger als 15 Beschäftigte).
Es muss offenbleiben, ob es den Tarif- und Betriebsparteien in absehbarer Zeit gelingen wird, die Teilrentenregelung durch Betriebsvereinbarungen und Tarifverträge so auszugestalten, dass Teilzeitarbeit am Ende des Berufslebens für die Beschäftigten wie auch für die Betriebe attraktiver wird.
Altersteilzeit
Altersteilzeit ermöglicht es den Beschäftigten, ab dem 55. Lebensjahr ihre Arbeitszeit zu halbieren – entweder in Form eines Gleichverteilungsmodells (halbierte tägliche, wöchentliche oder monatliche Arbeitszeit) oder in Form eines Blockmodells. Das überwiegend praktizierte Blockmodell sieht vor, dass in der sog. Aktiv- bzw. Arbeitsphase vollzeitig gearbeitet und in der anschließenden Passiv- bzw. Freistellungsphase die Arbeitszeit auf Null reduziert wird. Das Ende der Altersteilzeit ist zwingend immer zugleich auch der Beginn der gesetzlichen Altersrente (vorgezogene oder Regelaltersrente). Bei beiden Formen zahlt der Arbeitgeber während der Gesamtphase der Altersteilzeit 50 Prozent des Bruttoarbeitsentgelts. Er muss aber das hälftige Gehalt um mindestens 20 Prozent des Regelarbeitsentgelts aufstocken. Zugleich ist der Arbeitgeber verpflichtet, zusätzliche Rentenbeiträge (einschließlich der Arbeitnehmeranteile) von mindestens 80 Prozent des Regelarbeitsentgelts zu zahlen, um die Minderung der Rentenanwartschaften zu begrenzen. Gleichwohl entstehen Einbußen durch die Rentenabschläge, die bei einer vorzeitigen Inanspruchnahme einer Altersrente in Anrechnung gebracht werden (0,3 Prozent je vorgezogenem Monat).
Bis Ende 2009 wurden die Arbeitgeber durch Zuschüsse der Bundesagentur für Arbeit gefördert. Unter der Voraussetzung der Wiederbesetzung der frei gewordenen Stellen wurden dem Arbeitgeber der Aufstockungsbetrag und die zusätzlichen Rentenbeiträge erstattet. Diese Förderung ist mit dem Jahresbeginn 2010 für neue Altersteilzeitangebote ersatzlos entfallen.
Die Möglichkeit, in eine Altersteilzeit zu wechseln, besteht nur, wenn der Arbeitgeber zustimmt. In der Regel wird deshalb die Inanspruchnahme per Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung geregelt. Entsprechende Tarifverträge gibt es beispielsweise in der Metall- und Chemieindustrie, im Bank- und Versicherungsgewerbe oder im öffentlichen Dienst. Diese Tarifverträge sehen in der Regel höhere Aufstockungsleistungen der Arbeitgeber vor, die Zahl der berechtigten Beschäftigten ist aber begrenzt (sog. Überforderungsklauseln).
Die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten, die sich in Altersteilzeit befinden, hat bis zum Jahr 2009 stark zugenommen (vgl. Abbildung "Beschäftigte in Altersteilzeit 1996 - 2020"). 1996, mit Beginn der Altersteilzeitregelung, waren es etwa 2.000 Arbeitnehmer:innen; 13 Jahre später hat sich die Zahl auf über 670.000 erhöht. In der Folgewirkung ist es zu einer Entlastung des Arbeitsangebots und auch der (registrierten) Arbeitslosenzahl gekommen. Über die Höhe des Entlastungseffektes besteht allerdings keine Einigkeit. Seit 2009 zeigt sich jedoch eine rückläufige Entwicklung der Altersteilzeitbeschäftigten, die in den Folgejahren anhalten dürfte, da die Neuzugänge zunehmend geringer ausfallen und die Bestandsfälle die Altersgrenzen erreichen. Dieser Rückgang der Neuzugänge ist verursacht durch die Beendigung der Förderung der Altersteilzeit durch die Bundesagentur für Arbeit und durch die Aufhebung der vorgezogenen Altersgrenze bei Arbeitslosigkeit und nach Altersteilzeit.