Die Alten- und Alterssicherungspolitik wird in der Gesellschaft von den jeweils dominierenden Altersbildern geprägt
Heute ist weniger von Defiziten, sondern fast nur noch von der "Generation Silber" die Rede, den fitten, aktiven Alten als interessanter Käufergruppe. Die dominierenden Altersbilder können sich langfristig geradezu "umdrehen": Wie an anderen Stellen in diesem Dossier ausgeführt (vgl.
In zwei Punkten kommt das besonders zum Ausdruck:
Lange Zeit dominierte die Vorstellung von nur noch hilfebedürftigen Alten, die nicht mehr arbeiten können und daher einer Rente bedürfen. Als Ausdruck des Defizitmodells kann z. B. angesehen werden, wie bei der Einführung der Gesetzlichen Rentenversicherung die Altersgrenze von damals 70 Jahren für die Altersrenten begründet wurde:
Neben der im Vordergrund stehenden Absicherung gegen das Invaliditätsrisiko wurde für diejenigen (wenigen), die das 70. Lebensjahr in Arbeit bzw. überhaupt erreichten, pauschal und ohne Gesundheitsprüfung unterstellt, dass sie ab diesem Alter nicht mehr arbeiten können. Heute wird, die stark gestiegene durchschnittliche Lebenserwartung und die vielen gesunden, fitten Älteren im Blick, betont, dass (alle) Älteren länger arbeiten können, auch im Ruhestand, und darüber hinaus eine Inpflichtnahme der Älteren für das bürgerschaftliche Engagement, die Betreuung von Enkeln und für Pflegeaufgaben etc. propagiert.Dominantes und durchaus mehrheitlich der Realität entsprechendes Altersbild war von Bismarck bis zur "Großen Rentenreform" des Jahres 1957 die Vorstellung von den armen Alten. Ihre materielle Situation, aber auch immaterielle Aspekte ihrer Lebenslage (z. B. soziale Kontakte, gesellschaftliche Teilhabe) wurden vor allem als defizitär angesehen − in den meisten Fällen wohl auch zu recht.
Heute wird mit Blick auf die im Durchschnitt fitteren Alten dagegen ein sehr positives Bild von "der" Lebenslage der Älteren gezeichnet.
Aus dem Bild von einem "Dritten, aktiven Lebensalter" zwischen Rentenalter und zumindest dem 75. oder 80. Lebensjahr speist sich auch die verbreitete Vorstellung von den "Silver Agern" als lukrativer Zukunftsmarkt. Allerdings: Der nicht unerhebliche Anteil weniger fitter und nicht wohlhabender Älterer wird häufig ausgeblendet.
Dass weder (so die häufig gebrauchten Bezeichnungen) das Defizit- noch das Ressourcenmodell − oder ganz einfach, dass Durchschnittswerte nicht die sehr unterschiedlichen Lebenslagen der Älteren hinreichend beschreiben, wird in wissenschaftlichen Analysen wieder belegt.
Entscheidend für ein realistisches Bild der Lebenslage Älterer − aber gleichermaßen auch anderer (Alters-)Gruppen in der Gesellschaft ist die Einsicht in die geringe Aussagekraft von Durchschnittswerten, wenn die Streuung, also die gruppenspezifischen Unterschiede in den Lebenslagen nicht berücksichtigt wird. Vereinfacht: "Die" Alten gibt es nicht.