1798 schrieb der englische Pfarrer Thomas Robert Malthus in seinem Buch Das Bevölkerungsgesetz, dass das Wachstum der Bevölkerung auf diesem Globus nicht so weiter gehen könne, da die Lebensmittelproduktion nicht mit ihm Schritt halten würde. Rund sechs Jahre später, im Jahr 1804, überschritt die Weltbevölkerung erstmals die Grenze zur Milliarde. Weitere 120 Jahre dauerte es, bis die zweite Milliarde dazu kam, dann nur noch 30, bis sich drei Milliarden Menschen unseren Planeten teilten. Zwischen der Geburt des siebt- und des achtmilliardsten Erdenbürgers werden nicht mehr als vierzehn Jahre vergehen.
Dass es heute überhaupt möglich ist, 7,5 Milliarden Menschen zu ernähren, ist Revolutionen in Landwirtschaft, Lebensmittelindustrie, Hygiene und Gesundheitsversorgung zu verdanken. Die unangenehme Wahrheit dahinter ist aber auch, dass die Chancen auf ein langes und gesundes Leben auf der Welt höchst unterschiedlich verteilt sind. Schaut man sich an, wo wie viele Menschen leben und wie alt sie werden, erfährt man nicht nur eine Menge über globale Ungleichgewichte, sondern auch über Wertvorstellungen, Bildung und weltweite Gerechtigkeit.
Die Geburtenrate fällt konstant
Überall auf der Welt vollziehen sich stets und ständig demografische Veränderungen. Und auch wenn sie überall unterschiedlich verlaufen und einige Staaten kaum oder nur verspätet von den Fortschritten in Medizin, Hygiene und Landwirtschaft profitieren, sind in den vergangenen Jahrzehnten einige globale Trends offensichtlich geworden. Überall auf der Welt gibt es mehr alte Menschen. Das ist in erster Linie eine Folge verbesserter Lebensbedingungen. Immer mehr Menschen haben Zugang zu adäquater Gesundheitsversorgung, sozialen Sicherungssystemen und ausreichender Ernährung. Das führt dazu, dass die Lebenserwartung weltweit steigt, in Europa im Durchschnitt um drei Monate pro Jahr. Grund dafür sind vor allem Fortschritte in der Medizin, aber auch steigender Wohlstand, bessere Arbeits- und Hygienebedingungen, gesündere Ernährung und geringerer körperlicher Verschleiß.
Lag die durchschnittliche Lebenserwartung 1800 in Westeuropa noch bei 40 und stieg erst nach 1900 auf 50 Jahre, gewannen im 20. Jahrhundert westliche Bewohner von Industriestaaten fast 30 Jahre hinzu. Zwischen 1950 und 1955 hatten Norwegen (72,7 Jahre), Island (72,1) und die Niederlande (71,9) die höchste Lebenserwartung, der heutige Spitzenreiter Japan lag damals bei 62,1. Fünfzig Jahre später war Japans Lebenserwartung bereits auf 81,8 Jahre geklettert, Island (80,6) und Hong Kong (81,3) erzielten ebenfalls hohe Werte. Deutschland war mit 78,6 unter dem westeuropäischen Durchschnitt, der bei 78,9 Jahren lag. 2014 führten Hong Kong mit 84, Japan mit 83,6 und Spanien mit 83,1 Jahren das weltweite Ranking an.
Neben den Trends der Alterung von Gesellschaften und der Steigerung des maximalen Lebensalters lässt sich auch ein Wandel traditioneller Werte beobachten, vor allem in industrialisierten Ländern. In einigen Ländern Europas wie Norwegen, Finnland, Deutschland und Frankreich heiraten die Menschen im Schnitt mit über 30 Jahren. In vielen Ländern ist das Heiratsalter in den vergangenen Jahrzehnten kräftig geklettert. Zum Beispiel in Frankreich von 23 (1977) auf 32,8 im Jahr 2012. Leichter zugelegt haben auch Kamerun (von 22,6 im Jahr 1976 auf 25 im Jahr 2011) und Sierra Leone (von 23,8 im Jahr 1992 auf 24,3 im Jahr 2013).
Fast zehn Milliarden Menschen werden 2050 auf der Erde leben
Damit eine stationäre Bevölkerung entsteht, eine Population also nicht schrumpft oder wächst, muss eine Frau in entwickelten Ländern im Durchschnitt 2,1 Kinder zur Welt bringen, für Entwicklungsländer liegt dieser Wert bei rund 2,5. Der Wert ist in weniger entwickelten Ländern höher, da die Kindersterblichkeit dort höher ist als in Industrienationen. Das Bestanderhaltungsniveau entspricht dem Geburtenniveau, bei dem der Erhalt der Elterngeneration durch die Kindergeneration gesichert ist. In fast allen entwickelten Ländern liegt die Fertilitätsrate jedoch darunter, in vielen weniger entwickelten Ländern darüber. Die Folge ist dort ein stetiger Anstieg der Bevölkerungszahl.
Das Department of Economic and Social Affairs der Vereinten Nationen (UN für United Nations) hat mehrere Szenarien entwickelt, mit denen es die Bevölkerungsentwicklung in den kommenden Jahrzehnten schätzt. Blieben die Fertilitätsraten auf dem heutigen Niveau, leben bis zum Ende des 21. Jahrhunderts 28,7 Milliarden Menschen auf der Erde. Das ist jedoch sehr unwahrscheinlich. Trotzdem gilt es als sicher, dass die weltweite Bevölkerungszahl durch das gesamte Jahrhundert ansteigen wird. Ein Szenario der UN von 2015 geht davon aus, dass 2050 9,7 Milliarden Menschen die Erde bevölkern werden und diese Zahl bis 2100 auf 11,2 Milliarden ansteigt. Im niedrigsten Szenario würde die Weltbevölkerung um 2080 ihren Höhepunkt erreichen und danach wieder leicht absinken, bis zum Ende des Jahrhunderts wäre sie bei 9,4 Milliarden angelangt. Im höchsten Szenario lebten 2100 über 13 Milliarden Menschen auf der Erde.
Kein Kontinent wächst so schnell wie Afrika
Afrika überholte Mitte der 1990er Jahre Europa als Kontinent mit den zweitmeisten Einwohnerinnen und Einwohnern und wird auch weiterhin am stärksten wachsen. 2009 lebten hier schon mehr als eine Milliarde Menschen, bis 2044 wird sich diese Zahl verdoppeln. In keiner anderen Weltregion bekommen die Frauen so viele Kinder, vor allem in der Region südlich der Sahara sind die Zahlen hoch. Im Zeitraum 2010-2015 lag die Fertilitätsrate bei rund 5,1 Kindern pro Frau, in 15 Jahren soll sie dann auf 4,1 fallen.
Neben verbesserten hygienischen und medizinischen Bedingungen ist Bildung für Frauen ein Schlüsselfaktor. Wo Frauen eigene Entscheidungen treffen und wirtschaftlich vom Mann unabhängig sind, gehen die Kinderzahlen zurück. Forschungen des Vienna Institute of Demography zeigen diesen Zusammenhang. Eine gute Bildungsinfrastruktur fehlt jedoch in vielen ländlichen Gegenden der Länder Afrikas oder ist nicht allen zugänglich. Hinzu kommt, dass die christlichen Kirchen, die häufig einen großen Einfluss auf die Gewohnheiten der Menschen haben, bisweilen den Einsatz von Verhütungsmitteln verbieten. So ist der Druck auf kinderlose Frauen groß. Die Frage, ob sich das Wachstum der Bevölkerung auf dem afrikanischen Kontinent stoppen oder reduzieren lässt, kann also nur gesellschaftlich, wirtschaftlich und sozial beantwortet werden.