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Ausblick der Veranstalter | Religionspluralismus weiter gedacht | bpb.de

Religionspluralismus weiter gedacht Einleitung Religionsverständnis im Wandel Gelebte Religion Religionspluralismus Ausblick der Veranstalter

Ausblick der Veranstalter

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Staatsministerin Aydan Özoğuz.

Eine Herangehensweise, sich diesen Fragen zu nähern, ist, einige Grundannahmen zum Religionsverständnis zu überdenken, um der Religionsfreiheit weitere Entfaltungsmöglichkeiten zu geben. Vor dem Hintergrund der Beiträge der Konferenz "Religionspluralismus weiter gedacht" wurden im Nachgang durch die Veranstalter mehrere Handlungsfelder identifiziert, an denen es lohnenswert scheint, weiter zu arbeiten:
1) Wie kann die Anerkennung von Religionspluralismus nicht nur Teil des gemeinsamen Gesprächs sein, sondern auch im Alltag und in Gesellschaftsstrukturen widergespiegelt werden?
2) Wie kann gleichzeitig die Anerkennung von Religionspluralismus über die Dominanz von Partikularinteressen hinausgehen und Gemeinsamkeiten nutzen um Herausforderungen und gemeinsame Handlungsfelder zusammen anzugehen?
3) Welche Gestalt nehmen der Einbezug der Gesamtgesellschaft unter universeller Partizipation in der kontinuierlichen Förderung der Religions- und Weltanschauungsfreiheit an, um gesellschaftliche Kohäsion zu fördern?
4) Können Religion, Religiosität und Glaube in ihren diversen Facetten auch über rein äußerliche Merkmale wie Riten, Traditionen und Dogmen hinaus gesehen werden und damit als eine mögliche Erkenntnisquelle neben der Wissenschaft wahrgenommen und aktiv einbezogen werden?

Im Folgenden werden einige Ansätze, die sowohl während der Konferenz als auch in der vorangegangen Gesprächsreihe angesprochen wurden, verbunden mit der Anregung das Gespräch weiterzuführen, beschrieben.

4.1 Erweiterung des Religionsverständnisses

Einige der oben aufgeführten Ausführungen der Redner bei der Veranstaltung „Religionspluralismus weiter gedacht“ zeigen auf, dass es teilweise unterschiedliche Auffassungen von Religion, ihrer Rolle, ihrer Absicht und ihrem Wirkungskreis gibt, sowohl unter den einzelnen Religionsgemeinschaften als auch im säkularen öffentlichen Raum. Unterschiedliche Ausgangspunkte erschweren unter Umständen, den Blick auf das Ziel, dem Aufbau gesellschaftlicher Kohäsion und Zusammenhalt, zu richten. An dieser Stelle mag es hilfreich sein, entlang dieser Zielrichtung gesellschaftlicher Kohäsion Religion zu konzeptionalisieren und damit das Verständnis um Religion und ihre konstruktive Wirkung zu erweitern. Was ist ursprünglich die Absicht von Religion? Wie bereits sowohl Staatsministerin Aydan Özoğuz als auch Thomas Krüger anmerkten, kann Religion eine Quelle für moralische und ethische Werte sein, ebenso wie eine Art Kompass, wenn es um die Gestaltung des Miteinanders geht, um den gesellschaftlichen Frieden aufrechtzuerhalten. Nächstenliebe, Gerechtigkeit, das Füreinander, vor allem für die Schwächeren einstehen, sind nur einige von vielen Dingen, die allen Religionen innewohnen, ein gemeinsamer Kern. Dieser gemeinsame Kern beinhaltet die moralischen-ethischen Grundwerte, die von jeder Religion, zu jeglichem Zeitpunkt kontinuierlich der Menschheit mitgegeben und entsprechend den jeweiligen Umständen und Erfahrungen immer weiter umgesetzt worden sind. Diese Werte und die daraus resultierenden Eigenschaften können in irgendeiner Form, wie bereits oben erwähnt, als Teil der Genese und DNA eines Menschen und damit auch von ganzen Kulturen und Gesellschaften gesehen werden.

Gleichzeitig, um ein vielfältiges Miteinander zu gestalten, an dem sich universell alle in Deutschland lebenden Menschen beteiligen können, bedarf es eines gemeinsamen Rahmenwerkes, das sich jedoch auch dynamisch weiterentwickelt, wie Herr Bax in seinem Vortrag betonte. Dieser Weiterentwicklungsdynamik liegt zugrunde, dass sich auch das Verständnis über einige in der Religion verankerte Prinzipien weiterentwickelt, z.B. das Gerechtigkeitsempfinden ist heutzutage ein anderes als es vor 2000 Jahren war, sogar vor 500 Jahren. Der Gerechtigkeitssinn, das Bewusstsein für Interkonnektivität etc. schließen mittlerweile alle Menschengruppen gleichermaßen mit ein und machen, zumindest der Charta der Menschenrechte nach, keine Ausnahmen. Wie entwickelt man ein solches gemeinsames Verständnis zwischen den verschiedenen Religionsgemeinschaften und auch nicht-Bekennenden in einer Art und Weise weiter, die nicht bekehrend und belehrend ist, sondern vielmehr durch einen dialogischen Prozess und Analyse kontinuierlich voranschreitet? Welche Rolle spielen gleichzeitig Religionen und ihre heiligen Schriften als Erkenntnisquelle, die durchaus eine Vision des gesellschaftlichen Zusammenlebens gibt? Wie kann man in einem solchen Prozess Religion ganzheitlich und nicht partikular nach ausgrenzenden, differierenden Interessen betrachten?

4.2 Wirkung des erweiterten Religionsverständnisses

Anknüpfend an die obigen Ausführungen stellen sich dann Fragen nach der Wirkung und Auswirkung eines solchen erweiterten Religionsverständnisses auf die unterschiedlichen Bereiche zwischenmenschlichen Zusammenlebens in einer Gesellschaft. Welche Rolle kommt dem Einzelnen zu? Wie bekommt dieser die Möglichkeit, sich zu entfalten? Wie können Institutionen diesen Wunsch mit unterstützen? Welche Rahmenbedingungen sind notwendig, um dies einerseits zu gewährleisten und andererseits auch die Entwicklung des gesamten Gemeinwohls nicht aus dem Blick zu verlieren?

Dadurch, dass in Deutschland die rechtlichen Rahmenbedingungen der Religionsfreiheit gelegt sind und damit auch die Ausübung der eigenen Religion beim Einzelnen geschützt ist, steht das grobe Rahmenwerk Religionspluralismus zu gewähren fest. Wie bereits Herr Prof. Bielefeldt ausführte, liegt es nun an der Gesamtgesellschaft und der Rhetorik des öffentlichen Raumes dem Religionspluralismus nun auch Ausdruck zu geben und in die Normalität mit aufzunehmen. Hierbei nicht nur die sichtbaren, scheinbar ‚anderen‘ Merkmale thematisieren, sondern vielmehr auch das nicht sichtbare, jedoch gesellschaftsfördernde in Geschichten erzählen, wie Frau Prof. Spielhaus in ihrem Vortrag über die Entwicklung von Schulbüchern beschrieb. Damit kann Pluralität in Deutschland verortet werden; und das scheinbar andersartige wird Teil des Ganzen und ist nicht ein Fremdkörper, über den man informiert. Der vielfältige Ausdruck von Leben, von Mitgestalten und Beitragen zur Gesellschaft ist dann eine Bereicherung und wird nicht als Übergriff verstanden. Gleichzeitig rührt die Wertschätzung der Vielfalt aus der Erkenntnis, dass man zum gemeinsamen Ziel beiträgt. Gleichmacherei, Homogenität räumen den Weg für Zugehörigkeit und weltumspannende Verbundenheit. Die von der Gesellschaft errungene Emanzipation durch das Einfordern von Rechten und Verwirklichung der Individualität weitet sich nun aus in weltumspannende Verbundenheit und Achtsamkeit seinen Mitmenschen gegenüber. Dies ermöglicht, dass jeder mitgestaltet, sich und sein Potenzial entwickeln kann und dieses wiederum für das Gemeinwohl einbringt. Das stärkt gesellschaftliche Bande, worauf auch Frau Özoğuz in ihrem Vortrag hinwies (s.o.).

Wie verändert eine solche Haltung und Handlungsweise die Beziehung des Einzelnen zu gesellschaftlichen Institutionen und umgekehrt? Was ist es letzten Endes, das beide Akteure hierbei motiviert zu agieren? Entlang des Demokratieverständnisses, das jeden einzelnen Bürger ermächtigt, sich gesellschaftlich einzubringen, schaffen die diversen Institutionen, wie Staat, Schule, Religionsgemeinschaft, Verein etc. einen Raum, der die Entstehung eines neuen Beziehungsgeflechts ermöglicht. Der Einzelne nutzt verantwortungsbewusst diese Räume mit dem Ziel, zum Gemeinwohl beizutragen. Hierzu gehört auch, dass im Raum allen Gehör verschafft werden sollte, wobei es um einen kooperativen Umgang miteinander geht, im Gegensatz zu einem wettbewerbsorientierten Umgang, in dem der stärkere und lautere sich durchsetzt. Vielmehr charakterisiert das Beziehungsgeflecht die Wahrnehmung eines jeden und des Bewusstseins über die Stärken und Möglichkeiten eines jeden, zur Gesellschaft konstruktiv beizutragen, ebenso wie einen kontinuierlichen Gesprächsmodus, an dem jeder beteiligt ist und sich entsprechend einbringen kann. Einbringen bedeutet auch mitgestalten und mitverändern. In dem Veränderung und Wandel im gemeinsamen Dialog geschehen, sind getroffene Entscheidungen keine Dominanz des einen über den anderen, sondern werden von allen gleichermaßen getragen. Das Durchsetzen von Partikularinteressen steht nicht im Vordergrund, vielmehr tragen die Fähigkeiten und Besonderheiten aller zum Meistern gesamtgesellschaftlicher Herausforderungen bei. Welche Rolle spielt Religion hierbei? Religion als Ganzes, verstanden als eine Erkenntnisquelle aus der die Menschheit schöpfen kann, liefert durchaus eine Vision des Zusammenlebens und stellt einen Kompass zur Verfügung, der dabei behilflich sein kann, durch den Hindernisparcours gesellschaftlicher Herausforderungen gemeinsam durch zu navigieren.

Im Kontext der einzelnen Gemeinschaften, Gremien und Institutionen bedeutet dies, sowohl nach innen als auch nach außen, konsequent und beständig zu kommunizieren und Handeln danach auszurichten. Im säkularen Kontext kann dies beinhalten, dass einen Glauben zu haben, auch einen anderen, normal ist und man sich überlegen kann, wie dies beispielsweise zum Miteinander beitragen kann. Im Kontext von Religionsgemeinschaften gilt es dann, zusammen mit anderen Wege der Zusammenarbeit zu finden und weniger die Abgrenzung und Verurteilung zu fördern. Hierbei ist wichtig zu betonen, dass dies einen dynamischen, sich weiterentwickelnden Prozess beinhaltet, der durchaus miteinschließt, dass Dinge sich verändern, angepasst, neu aufgenommen oder auch abgelegt werden, um den gewonnenen Erkenntnissen zur Verbesserung gesellschaftlicher Kohäsion Raum zu geben. Mit dieser Konferenz verbinden die Veranstalter die Hoffnung, zum gegenwärtigen Diskurs über die Rolle von Religion in der Gesellschaft und ihrer konstruktive Kraft beizutragen. Es sollte aufgezeigt werden, wo sich der aktuelle Diskurs befindet und wie breit das Spektrum sein soll, in dem das Thema Religion diskutiert wird. Zum Anderen sollten durch die Vorstellung der Ergebnisse aus einer vorangegangenen Gesprächsreihe zu diesem Thema auch weitere Perspektiven aufgezeigt werden, um einige der im Diskurs bestehenden Fragen anzugehen. In den Workshops am Nachmittag war es das Ziel ein Forum zu schaffen, bei denen über eine Bestandsaufnahme hinaus ein erweitertes Religionsverständnis angewandt und dessen Wirkung in gewissen Themengebieten, wie Identität, Teilhabe und Medien durchzuspielen. Es bleibt weiterhin eine kontinuierliche Aufgabe, das Bewusstsein für Religionspluralität aufrechtzuerhalten, wie Herr Prof. Bielefeldt in seinem Vortrag anmerkte. Des Weiteren hoffen die Veranstalter über die Religionsfreiheit hinaus darüber nachzudenken, wie Religion als eine Erkenntnisquelle dienen kann, Kultur und Zusammenleben mitzugestalten. In der kommenden Zeit gilt es, mit weiteren Akteuren daran zu arbeiten.

Fussnoten