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Antifeminismus: Wie sich Organisationen wappnen und wehren können

Regina Frey

/ 9 Minuten zu lesen

Antifeministische Angriffe sind nicht nur ein Problem für die Betroffenen, sie schwächen auch demokratische Grundwerte und somit den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Was kann dagegen getan werden?

Unbekannte Täter versuchten in der Nacht zum 13.06.2023 eine Regenbogenfahne vor dem Rathaus Dallgow-Döberitz zu entzünden. (© Gemeinde Dallgow-Döberitz)

Antifeministische Angriffe sind nicht nur das Problem von betroffenen Einzelpersonen, sie schwächen auch den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Sie greifen Gleichstellung, Nichtdiskriminierung sowie die reproduktive und sexuelle Selbstbestimmung an – demokratische Grundwerte, die es zu verteidigen gilt. Was ist die Rolle und auch Verantwortung von Organisationen – Unternehmen, Behörden, Vereinen, NGOs – im Umgang mit antifeministischen Angriffen? Und was können Organisationen konkret tun, um mit antifeministischen Vorfällen von innen und außen umzugehen? Welche Aufgaben entstehen für welche Funktionsgruppen der Organisation? Der Blick auf die institutionelle Dimension des Themas verhindert eine Individualisierung des Problems Antifeminismus und kann dazu beitragen, Organisationen resilienter gegen entsprechende Angriffe zu machen.

Wem gelten antifeministische Angriffe?

Interner Link: Antifeminismus kann als „Bündel an Einstellungen und Verhaltensweisen, in denen es um die Aufrechterhaltung ungleicher Geschlechterverhältnisse geht“ (Lang 2024, S. 1), bezeichnet werden. Antifeministisch angegriffen werden häufig Personen, die sich für Geschlechtergerechtigkeit und gegen Sexismus einsetzen, wie Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte, Expert:innen im Feld der Gleichstellung, Geschlechterforscher:innen, Mitarbeitende von Beratungsorganisationen, sowie Aktivist:innen und Influencer:innen. Dabei sind diese Angriffe nicht nur eine Bedrohung für die betroffenen Personen selbst, sondern sie gelten auch den Institutionen, für die sie tätig sind.

Viele von ihnen befassen sich explizit mit Geschlechterthemen und Gleichstellung wie der Deutsche Frauenrat (2020) oder die Bundesarbeitsgemeinschaft kommunaler Frauenbüros und Gleichstellungsstellen (BAG 2018). Aber auch Organisationen im Bereich Bildung und Forschung oder Verbände, Stiftungen und Nichtregierungsorganisationen werden zur Zielscheibe (vgl. Amadeu Antonio Stiftung 2024, S. 21). Auch innerhalb einer Organisation kann es zu Hass, Beleidigungen und Drohungen kommen, in der Regel geschieht dies aber von außen und Interner Link: in den häufigsten Fällen digital. So gibt es maskulinistische Plattformen mit Namenslisten von Feminist:innen und Chatgruppen, in denen Personen verunglimpft werden. Auch werden Privatadressen ins Netz gestellt („Doxing“) – in Kombination mit öffentlichem Hass sind das ernst zu nehmende Bedrohungslagen.

Wir wissen heute vieles über Antifeminismus: Wer antifeministische Akteur*innen sind, welche antifeministische Strategien, Positionen und Argumentationsmuster es gibt (Lang 2024) und wer auf welche Weise (häufig orchestriert) angegriffen wird (Amadeu Antonio Stiftung 2024). Auch ist seit Längerem bekannt, welche guten Argumente es gibt, um antifeministischen Argumentationsmustern zu begegnen (Amadeu Antonio Stiftung, O.D.). Zwar finden sich antifeministische Haltungen nicht ausschließlich in der politischen Rechten, in rechtsextremer Ideologie ist jedoch die Vorstellung von ungleichen Geschlechterverhältnissen als natürliche Ordnung fest verankert – Sexismus ist damit eine Säule des Rechtsextremismus. Antifeministische Angriffe sind häufig mit weiteren menschenfeindlichen ideologischen Versatzstücken verwoben, vor allem anti-queeren, transfeindlichen, rassistischen und antisemitischen Denkmustern (Lang 2024).

Warum es wichtig ist, zu handeln

Um antifeministische Angriffe zu verstehen und darauf reagieren zu können, ist es wichtig, das Phänomen und seine Dynamiken einschätzen zu können. Wichtig ist: Es sollten nicht in erster Linie Betroffene solcher Angriffe reagieren müssen. Stattdessen sollten andere Funktionsgruppen wie die Leitung, die Pressestelle oder (wenn vorhanden) ein Justiziariat aktiv werden. Organisationen sind soziale Systeme. Sie funktionieren dann gut bei Störungen (und als solches ist ein antifeministischer Angriff zu verstehen), wenn es eine funktionale Arbeitsteilung mit ausdifferenzierten, klaren Rollen und Verantwortungsbereichen gibt. Im besten Fall stellt sich die Organisation schützend vor die angegriffene Person; im schlechtesten Fall führt Nichthandeln dazu, dass der Konflikt in der Organisation virulent wird und es zu Kontroversen, wenn nicht gar Spaltungen innerhalb der Belegschaft oder zwischen Belegschaft und Leitung kommt. Als Folge kann auch die Reputation der Institution langfristig Schaden nehmen. Deswegen sollten sich Verwaltungen, Bildungseinrichtungen, Vereine oder auch Unternehmen sowohl als Institution als auch in der Rolle der Arbeitgeberin mit Vorkehrungen gegen Antifeminismus befassen. Ziel sollte es sein, als Organisation gegen Angriffe resilient zu sein.

Die Verantwortung gegenüber Mitarbeitenden

Arbeitgebende Einrichtungen haben nicht nur ein intrinsisches Interesse daran, ihre Mitarbeitenden zu binden und zu halten. Funktionsgruppen wie Führungskräfte haben im Falle eines Angriffs unter Umständen auch eine Schutzpflicht gegenüber ihren Mitarbeitenden. Was geschieht zum Beispiel, wenn eine Mitarbeiterin mit Hassmails und sexualisierten Drohungen überzogen wird, nachdem sie sich in der Öffentlichkeit geäußert hat? Natürlich ist jeder Einzelfall zu prüfen, aber aus der Fürsorgepflicht der arbeitgebenden Einrichtung (§ 618 Absatz 1 Alternative 2 BGB), die sich auch auf psychische Belastungen erstreckt (§ 4 Ziffer 1 Arbeitsschutzgesetz) oder auch dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) ergeben sich durchaus Verantwortlichkeiten. Insbesondere das AGG spricht von Maßnahmen und Pflichten des Arbeitgebers: „Werden Beschäftigte bei der Ausübung ihrer Tätigkeit durch Dritte nach § 7 Abs. 1 benachteiligt, so hat der Arbeitgeber die im Einzelfall geeigneten, erforderlichen und angemessenen Maßnahmen zum Schutz der Beschäftigten zu ergreifen“ (AGG § 12 Abs 4).

Angenommen, eine Beschäftigte hat sich in ihrer professionellen Rolle öffentlich zu einem Thema geäußert und bekommt daraufhin massenweise Hassmails – teilweise auch mit sexualisierten Drohungen. Dies sind diskriminierende Inhalte, die auch teilweise als sexuelle Belästigung gewertet werden könnten. Hier müsste die Betroffene vor den (sexualisierten) verbalen Übergriffen geschützt werden – zum Beispiel, indem E-Mails, die an sie gerichtet sind, (natürlich mit Einwilligung der Betroffenen) von Dritten vorgesichtet werden. Dies auch, um möglicherweise strafbare Inhalte und Drohungen zu dokumentieren und gegebenenfalls juristisch dagegen vorgehen zu können. Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte können im Falle antifeministischer und sexistischer Angriffe unterstützen, die Verantwortung sollte aber nicht auf sie abgewälzt werden. Schon gar nicht, wenn die Person selbst angegriffen wird.

Fallbeispiel 1

Um die Rolle der Organisation für diesen Beitrag zu verdeutlichen, hat die Autorin einer Betroffenen die folgenden Fragen gestellt. Nachdem in einem öffentlichen Online-Auftritt ihrer Organisation ein Interview mit ihr veröffentlicht wurde, kamen an ihre dienstliche E-Mail massenweise Hassnachrichten, sexistische Beleidigungen und Drohungen. Auch die Privatadresse wurde veröffentlicht (Doxing).

Frage: Sie sind antifeministisch bedroht worden, weil Sie im Rahmen Ihrer beruflichen Tätigkeit eine bestimmte Position vertreten haben. Was hätten Sie sich von Ihrer Hochschule als Arbeitgeberin in dieser Situation gewünscht?

Antwort: Die Kompetenz, das heißt die Fähigkeit, einzuordnen, dass ich antifeministisch, sexistisch und rechtsextremistisch angegriffen worden bin und den Mut, sich hinter mich zu stellen. Stattdessen hat sich die Pressestelle darauf konzentriert, sich selbst aus der Schusslinie zu nehmen. Auch hätte ich mir gewünscht, dass mein Arbeitgeber mich schützt – zum Beispiel mit dem Angebot, die Hate-Mails, die mich erreicht haben zu löschen. Die Kolleg:innen inklusive der Leitung, die bei diesen Mails in CC waren, hätten aufgeklärt werden sollen und es hätte um Verständnis für die Situation geworben werden sollen. Meine Sorgen hätten ernst genommen werden müssen, weil meine Daten veröffentlicht wurden. Es hätte auch Anzeige erstattet werden sollen.

Die resiliente Organisation – ein Baukasten an Handlungsmöglichkeiten

Es gibt viele Möglichkeiten, auf Organisationsebene proaktiv tätig zu werden und Vorkehrungen zu treffen. Gerade in Wissenschaftsorganisationen wurden in den letzten Jahren Ideen entwickelt, denn hier gab es verstärkt Angriffe – vornehmlich gegen die Geschlechterforschung und die Gleichstellungsarbeit. So befasst sich die Bundeskonferenz der Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten an Hochschulen (bukof) seit vielen Jahren mit Antifeminismus und Hassrede und hat ein umfassendes Informationsangebot zum Thema erarbeitet. Die bukof hat gemeinsam mit den Frauen- und Geschlechterforschungseinrichtungen Berliner Hochschulen (afg) Handlungsempfehlungen an Hochschulleitungen erarbeitet. Hier wird insbesondere auf die Fürsorgepflicht von Leitungen hingewiesen und daran erinnert, dass es eine Verantwortung für einen professionellen Umgang mit Angriffen gibt (afg/bukof 2023). Ebenso im Wissenschaftsbereich unterstützt die Organisation Scicomm-Support bei (digitaler) Gewalt und Hassrede telefonisch aber auch mit einem Leitfaden und Workshops.

Im Folgenden werden diese Impulse aufgegriffen und Bestandteile eines Baukastens gegen antifeministische Angriffe für Organisationen vorgeschlagen.

Gemeinsame Haltung entwickeln durch Leitbild oder Selbstverständnis

Viele Organisationen bekennen sich in Leitbildern oder Mission/Vision Statements zu demokratischen Grundwerten wie Gerechtigkeit, Integrität, Inklusion, Diversität/Vielfalt oder Gleichstellung. Worte wie „Toleranz“ und „Respekt“ finden sich in fast jedem Leitbild. Dies soll zum einen das Selbstverständnis der Organisation nach außen spiegeln, aber auch Mitarbeitenden und Führungskräften Orientierung und Motivation geben, für gemeinsame Ziele zu arbeiten. Bei antifeministischen Vorfällen zeigt sich, wie weit ein solches Dokument trägt. Wie konkret können sich Betroffene von antifeministischen Angriffen auf ein solches Leitbild beziehen? Ein Leitbild/Selbstverständnis oder Ähnliches muss hierfür eine konkrete Grundlage bieten: Es sollte klar benannt werden, welches Verhalten in einer Organisation nicht geduldet wird, zum Beispiel Sexismus. Interner Link: Zwar ist Sexismus nicht mit Antifeminismus gleichzusetzen , aber Antifeminismus operiert häufig mit sexistischer Diskriminierung, also der „Interner Link: Benachteiligung, Abwertung, Verletzung und Unterdrückung einer Person oder einer Gruppe aufgrund des Geschlechts“. Somit „(baut) Antifeminismus (…) auf Sexismus auf“ (Ho 2025). Eine Organisation kann auch dem Bündnis „Gemeinsam gegen Sexismus“ beitreten und sich somit zur Anwendung von „Leitlinien zum Umgang mit Sexismus und sexueller Belästigung“, wie auch zu Maßnahmen der Prävention und Sensibilisierung verpflichten. Dies ist ein Ausgangspunkt, um Sexismus und Antifeminismus zu thematisieren und konkret tätig zu werden.

Fallbeispiel 2

Frage: Welche Vorkehrungen sollten Organisationen aus Ihrer Sicht treffen, um Mitarbeitende besser zu schützen? Was kann prophylaktisch getan werden?

Antwort: Es braucht entsprechende Fortbildungsangebote für die Mitarbeitenden in der Pressestelle sowie eine fest installierte Ansprechperson, die Kompetenz zum Umgang mit rechtsextremen und antifeministischen Angriffen aufbaut, und an die internen Gremien regelmäßig Bericht erstattet. Auch sollte es eine Vernetzung zum Thema mit anderen Hochschulen im Bundesland und bundesweit geben.

Organisationales Wissen, Kompetenzaufbau und Sensibilität

Antifeminismus ist ein gesellschaftliches Phänomen, mit bestimmten ideologischen Bausteinen, Akteur:innen, Netzwerken und Argumentationsstrategien. Interner Link: Das Wissen darum sollte in einer Organisation vorhanden sein. Auch die Haltung der Organisation zu Antifeminismus und anderen demokratiefeindlichen Ausprägungen sollte vermittelt werden, da die Mitglieder einer Organisation auch deren Wertehaltung tragen. Hilfreich sind hier Trainings und Workshops , zum Beispiel bei der Externer Link: Organisation Dissens oder auch bei den Landeszentralen für politische Bildung. Die Bundesarbeitsgemeinschaft kommunaler Frauenbüros und Gleichstellungsstellen bietet eine ebenfalls Externer Link: eine Sammlung entsprechender Angebote. Dabei kann auch die Frage nach Verantwortung, Vorkehrungen, konkreten Prozessen und Kommunikationswegen thematisiert werden.

Entwicklung von Strategien: Schutz- bzw. Sicherheitskonzept, Leitfäden und Checklisten

Wenn der Ernstfall eintritt, ist schnelles Handeln erforderlich. Zuständigkeiten und Kommunikationswege erst dann auszuhandeln, ist nicht sinnvoll. Klarheit in Bezug auf Aufgaben und Rollen ist ein Schlüssel für professionelles organisationales Handeln. So schlagen agf und bukof vor, dass Verfahrenssicherheit hergestellt wird, und zwar durch „klar definierte Informationsflüsse und Handlungsschritte“ (agf/bukof 2023, S. 2). Um dies herzustellen, hat insbesondere die Führungsebene einer Organisation eine besondere Verantwortung, denn es geht hier um institutionelle Vorkehrungen, die der bewussten Entscheidung und Aufgabenzuordnung bedürfen.

Kompetenzen in Bezug auf die Rechtslage

Es braucht Wissen über die Notwendigkeit der Dokumentation antifeministischer Vorfälle und darüber, wie Inhalte, die gegebenenfalls justiziabel sein könnten, auch rechtssicher festgehalten werden können. Auch hilft es zu wissen, welche Stellen im jeweiligen Bundesland Anzeigen entgegennehmen. Jede Polizeidienststelle muss heute entsprechende Anzeigen annehmen, in manchen Bundesländern gibt es aber auch Schwerpunktstaatsanwaltschaften oder spezialisierte Ermittlungsgruppen (Patz/Quent et al. 2021). Wenn eine Strategie bzw. ein Konzept in einer Organisation vorhanden ist, kann einem Angriff professionell und effizient begegnet werden.

Die folgenden konkreten Maßnahmen können im Ernstfall umgesetzt werden:

Betroffene schnell schützen

Der E-Mail-Account der betroffenen Person sollte (natürlich mit deren Einverständnis) phasenweise vorgefiltert werden. Hass und insbesondere Inhalte, die als justiziabel erscheinen, sollten aussortiert und durch Screenshots auch gegebenenfalls rechtssicher dokumentiert werden. Betroffene haben eventuell auch Bedarf nach Vernetzung und Beratung, Interner Link: hier sollten entsprechende Anlaufstellen bekannt sein. Wichtig ist aber auch, Maßnahmen nicht über den Kopf der betroffenen Person hinweg umzusetzen, sondern sie nach Wunsch gut einzubinden.

Kommunikation nach innen

Angriffe erfolgen bisweilen nicht nur gegen eine Person, auch Kolleg:innen und Vorgesetzte erhalten mitunter diffamierende E-Mails. Auch die Organisation selbst kann zur Zielscheibe von Hasskampagnen werden. Hier sollte schnell informiert werden, um die betroffene Person beziehungsweise die betroffenen Personen in Schutz zu nehmen (was nicht unbedingt heißt, dass die Organisation sich hinter jede Aussage einer angegriffenen Person stellen muss). Es ist wichtig, die richtige Version des Vorfalls dazustellen und Haltung zu zeigen, um nicht verzerrenden oder falschen Narrativen Raum zu geben.

Kommunikation nach außen

Mitarbeitende und die Gesamtorganisation zu schützen, heißt auch, eine klare Haltung in der Öffentlichkeit zu vertreten und sich öffentlich gegen antifeministischen Hass zu stellen und betroffenen Personen „Rückendeckung“ zu geben. Bisweilen ist nicht klar, wie viel Reichweite ein Shitstorm bekommen kann, da zum Beispiel die Boulevard-Presse auf das Thema aufspringen oder Hass über Social-Media-Plattformen eskalieren könnte. Hier ist es wichtig, frühzeitig zu agieren und Klarheit zu schaffen, um ein Korrektiv für falsche oder verzerrende Erzählungen einzuziehen. Eine Pressemitteilung mit einem Statement der Leitung oder ein Interview kann hier vieles klarstellen. Auch ist es hilfreich, die eigene Botschaft über andere Medien oder Organisationen zu streuen und so eine Gegenerzählung anzubieten.

Unterstützung suchen und Kooperation mit Beratungsstellen

Bei Organisationen wie Externer Link: HateAid oder der Externer Link: Amadeu Antonio Stiftung können Vorfälle gemeldet werden. Diese Stellen beraten auch im Falle von antifeministischen oder anderen Übergriffen und können konkret Interner Link: unterstützen. Dies geschieht zum Beispiel durch eine rechtliche Einschätzung, die rechtssichere Dokumentation möglicherweise strafbarer Aussagen oder Kontakte zur zuständigen Strafverfolgungsbehörde.

Konsequenzen des Nichthandelns

Fallbeispiel 3

Frage: Hatten die Angriffe Auswirkungen auf Ihren Job?

Antwort: Ich wurde zum Glück gut aufgefangen von Kolleginnen und Freundinnen, sodass nach dem ersten Schock und der Angst vor weiteren Angriffen, die Sorge abebbte. Es gab danach keine weiteren Auswirkungen.

In unserem Beispielfall hat sich die Betroffene mithilfe ihres sozialen Umfelds selbstorganisiert beholfen – der Vorfall hat zwar Spuren bei ihr hinterlassen, offensichtlich jedoch nicht nachhaltig. Es kann aber auch anders kommen: Mitarbeitende können durch die Bedrohungslage langfristig emotional belastet sein und für längere Zeit ausfallen. Auch physische Bedrohungslagen entstehen, wenn beispielsweise Privatadressen veröffentlicht werden. Wenn sich bedrohte Mitarbeitende von ihrer Institution im Stich gelassen fühlen, sinkt die Motivation – innere oder tatsächliche Kündigung kann die Folge sein.

Fazit: Prävention geht vor Krisenmanagement

Antifeministische Angriffe sind kein „Privatproblem“, sondern zielen meist auch auf die Strukturen ab, in der sich Betroffene befinden. Solche Angriffe einfach auszusitzen, ist wenig ratsam, auch aufgrund der Fürsorgepflicht, die Organisationen in der Rolle der Arbeitgebenden haben. Organisationen sollten bereits präventiv Schutzvorkehrungen treffen. Es geht dabei nicht nur darum, die Organisation und deren Mitarbeitende zu schützen, sondern auch ein Vorbild zu sein und antifeministischen Akteur:innen keinen weiteren Raum zu geben. Damit kann jede Organisation ihren Beitrag zu einem demokratischen Miteinander leisten.

Weitere Inhalte

Dr. Regina Frey ist Politikwissenschaftlerin und leitet den Bereich Gleichstellungs-Check in der Bundesstiftung Gleichstellung. Ihre fachlichen Schwerpunkte umfassen Gleichstellungswissen, Beratungsformate und -standards, Wissenstransfer für evidenzbasiertes Regierungshandeln sowie Strategien und Instrumente der Gleichstellungspolitik wie Gender Mainstreaming, Gender Budgeting und Gender Impact Assessment.