Antifeminismus ist kein neues Phänomen: Der Begriff wurde 1902 das erste Mal im deutschsprachigen Raum durch
Gleichstellung und Geschlechtergerechtigkeit,
Frauenbewegungen und Feminismen,
Lesben, Schwule, Bisexuelle, trans* Menschen, inter* Menschen, queere Menschen und weitere (LSBTIQ+),
(Bildungs-)Ansätze für sexuelle und geschlechtliche Vielfalt und
vielfältige Familienmodelle beziehungsweise Lebens- und Liebensformen.
So wie es nicht den einen Feminismus gibt, gibt es auch nicht den einen Antifeminismus (Lenz 2018, Henninger 2020). Er zeigt sich durch physische Angriffe auf LSBTIQ+ bei einer Demonstration genauso wie durch sexistische Drohanrufe an Gleichstellungsbeauftrage oder orchestrierte Hasskommentare im Internet gegen feministische Accounts. Zielscheiben sind häufig Frauen, LSBTIQ+ und Menschen beziehungsweise Organisationen, die sich mit den aufgezählten Themenbereichen beschäftigen oder diesen zugeordnet werden. Die breite Palette antifeministischer Angriffe zeigt, dass diese aus vielen Richtungen von unterschiedlichen Akteur:innen kommen (siehe „Interner Link: Welche Akteur:innengruppen gibt es?“).
Es ist wichtig, Antifeminismus von Sexismus und Frauenhass abzugrenzen: Sexismus diskriminiert aufgrund des (zugeschriebenen) Geschlechts. Misogynie bewertet alles Weibliche als minderwertig, meist durch aktive Feindschaft. In extremen Fällen äußert sich Frauenhass durch psychische, körperliche oder andere Gewalt bis hin zur Tötung (Femizide). Antifeminismus baut auf Sexismus auf, und Frauenhass kann Bestandteil antifeministischer Ideologie sein. Das politische und/oder aktivistische Handeln ist beim Antifeminismus allerdings ausschlaggebendes Merkmal (Amadeu Antonio Stiftung 2024, S. 11). Das Motiv besteht in der Gegnerschaft zur „gesellschaftspolitischen Liberalisierung und Entnormierung von Geschlechterverhältnissen“ mit dem Ziel der „Aufrechterhaltung hetero-normativer Herrschaftsverhältnisse“ (Lang/Fritzsche 2018, S. 340).
Wie ist die Lage aktuell in Deutschland?
Es gibt bisher kaum Zahlen zu Antifeminismus. Studien aus den Jahren 2020 und 2024 lassen jedoch einen Anstieg antifeministischer Einstellungen erkennen: Ein Viertel der im Rahmen der Leipziger Autoritarismus-Studie Befragten hatte in den Erhebungen von 2022 und 2024 ein geschlossen antifeministisches Weltbild, während es 2020 noch 19 Prozent waren (Kalkstein et al. 2022, S. 253). Die Autor:innen der Studie sprechen daher von einer „konstanten Zahl an Deutschen mit geschlossen antifeministischen und sexistischen Einstellungen“ (Kalkstein et al. 2024, S. 167).
Das erstmals veröffentlichte „Zivilgesellschaftliche Lagebild Antifeminismus 2023“ der Amadeu Antonio Stiftung verzeichnete im Jahr 2023 bundesweit 372 antifeministische Vorfälle. Der Großteil davon spielte sich auf digitaler Ebene ab, also in sozialen Medien und Plattformen. Das Lagebild fasst fünf Angriffsdimensionen zusammen: antifeministisch motivierte Gewalt, Bedrohung, Diskriminierung, Sachbeschädigung und Beleidigung, Hate Speech und Agitationen. Die Ergebnisse verdeutlichen eine Strategie der Einschüchterung: Die meisten Betroffenen sind Einzelpersonen (Amadeu Antonio Stiftung 2024, S. 22). Sie sollen sich durch antifeministische Angriffe aus öffentlichen (Diskurs-)Räumen zurückziehen. Durch dieses sogenannte Silencing verstummen demokratische, emanzipatorische Stimmen (Rahner et al. 2020, S. 19). Demnach untergräbt Antifeminismus auch die Demokratie, wenn Teilhabe, Pluralität oder auch gesetzlich verankerte Grundprinzipien nach Grundgesetz Art 3, also die Gleichberechtigung der Geschlechter, verhindert werden sollen.
Was hat Antifeminismus mit Rechtsextremismus zu tun?
Einige Rechtsextremismusforschende (Esther Lehnert, Juliane Lang und weitere) plädieren dafür, geschlechtsbezogene Aspekte und Blickwinkel in dem Forschungsfeld durchgängig zu berücksichtigen. Ein Teilbereich davon ist auch die Forschung zu Antifeminismus, der zentraler Bestandteil rechtsextremer Ideologie ist (Lang/Peters 2018, FIPU 2019). Die Basis der „Konstruktion der ‚Volksgemeinschaft‘“ liegt nämlich im Kern der rechtsextremen Gesellschaftsvorstellung (Lehnert/Radvan 2012, S. 35) zugrunde. Diese Vorstellung basiert auf einem traditionellen und an biologische Merkmale geknüpften Rollenverständnis der sich angeblich ergänzenden Geschlechter Frau und Mann, was als „natürlich“ gesehen wird. Kurz gefasst: Männer sollen unter anderem hetero, soldatisch, kämpferisch, Familienernährer und stark sein. Frauen sollen eher unpolitisch, passiv, fürsorgend sein. Mittlerweile ermöglichen modernere Rollenbilder auch politisches Agieren, meist aber in der Fürsorgendenrolle. Das rechtsextreme innere Ordnungsprinzip setzt voraus, dass die Frau dem Mann untergeordnet ist. Diesen Kern gilt es zu schützen, indem alles von der vorausgesetzten Geschlechter- und Familiennorm Abweichende bekämpft werden soll (ebd.). Diese antifeministische Verteidigung wird in der Regel mit einem demografischen Wandel und einer völkisch-rassistischen Bevölkerungspolitik gerechtfertigt (Blum 2019, S.77). Die Autor:innen der Leipziger Autoritarismus-Studie 2020 bestimmen den rechtsnationalen Antifeminismus als eine der fünf Formen von Antifeminismus (Höcker et al. 2020, S. 256). Die Studie erkannte 2022 eine „fortbestehende Relevanz von antifeministischen Einstellungen als Ausformung rechtsautoritären Denkens“ (ebd.) im Vergleich zu 2020. Zusammenhänge zwischen Sexismus, Homophobie, und tradiertem Antisemitismus, aber auch Autoritarismus, einem gewaltbezogenen Männlichkeitsideal
Dies drückt sich besonders in der bekannten Verschwörungserzählung des „
Antifeminismus vermischt sich neben Homofeindlichkeit auch häufig mit Trans- und Inter-beziehungsweise Queerfeindlichkeit (siehe unter anderem FIPU 2019, Amadeu Antonio Stiftung 2024, S. 29, Statista Research Department 2024). Ein weiteres wichtiges Merkmal von Antifeminismus ist also die Nähe zu anderen Ungleichwertigkeitsideologien. In Zeiten persönlicher oder gesellschaftlicher Veränderungen und Krisen erleben diese zumeist einen Aufschwung, auch im Hinblick auf Antifeminismus (Blum 2019, S. 115). Einem rechtsextremen Weltbild zufolge kann die Stabilität der Volksgemeinschaft nämlich innerlich, beispielsweise durch alternative Geschlechterrollenangebote, oder äußerlich durch gesellschaftspolitische Faktoren wie Migration beeinflusst werden (Laumann 2014, S. 19).
Brückenfunktion
Antifeministische Akteur:innen einen konservative und meist an Zweigeschlechtlichkeit orientierte Überzeugungen. Diese beruhen meist auf einem oder mehreren der folgenden Erklärungsmuster in Bezug auf Geschlechter: die Natur, die Tradition oder die Religion (Maurer 2018 in Anlehnung an Hedwig Dohm). Eine Ablehnung des als allmächtig verstandenen Feminismus geht damit einher (Lang/Petersen 2018, S. 14). Bei antifeministischen Themen können so rechte Akteur:innen
Antifeministische Erzählungen
Antifeminismus prägt unterschiedliche Diskurse. Durch das wiederholte Auftreten von bestimmten Erzählungen sehen sich Menschen in „Fragen der persönlichen Lebensführung, […] Annahmen über die Zusammenhänge der Welt, oder […] Vertrauen in wissenschaftliche Erkenntnis“ bestätigt (Diskursatlas Antifeminismus o.D.). Sie können so ein antifeministisches Weltbild formen. Der folgende Abschnitt konzentriert sich auf das vom Soziologen Andreas Kemper (Kemper 2024, S. 10) zusammengefasste Cluster antifeministischer Erzählungen zum „Volkstod“, welches dem rechtsnationalen Antifeminismus zugeordnet wird.
„Volkstod“/Demographische Katastrophe/Niedergang der Nation
Bereits im Nationalsozialismus wurde die menschenfeindliche Bevölkerungspolitik mit der Erhaltung der imaginierten Volksgemeinschaft und damit auch der Angst vor einem vermeintlichen Volkstod begründet (Hindemith/Petersen 2015). Dabei nimmt die Gebärfähigkeit und Mutterschaft eine entscheidende Rolle ein (Lehnert/Radvan 2012), die sich von der NS-Zeit bis heute durch „Volkstod“-Bezüge wie im Programm der Neonazi-Partei Der III. Weg oder durch die Sprache der Partei Alternative für Deutschland (AfD) ausdrückt (Kemper 2024, S. 70). Die Untergangsszenarien können dabei auf der „erfundenen Gender-Ideologie“, der Angst vor einem „Bevölkerungsaustausch“ der Einheimischen durch Migrant:innen oder auch auf der Emanzipation der Frauen von ihrer Mutterrolle basieren (ebd., S. 14). Das Weibliche an sich führte bereits um 1900 zur Angst vor einer „‘Verweiblichung‘ der Gesellschaft als Ursache für den ‚Niedergang der Nation‘ [und] geht einher mit der Warnung vor einer Homosexualisierung (‚Verschwulung‘) der Gesellschaft“ (ebd., S. 48). Speziell die Themen Fortpflanzung und Kleinfamilie verbinden mitunter religiöse Fundamentalist:innen, Rechtsextreme und Väterrechtler mit anderen Konservativen (Mayer/Götz in FIPU 2019). Zum Beispiel sprechen Gegner:innen von Schwangerschaftsabbrüchen vom „biologischem Tod“ (Botsch/Kopke, in: Lang/Peters 2018, S. 84).
Keimzelle der Nation
Der Erzählung der „Keimzelle der Nation“ nach war die „erbgesunde“ und „artgerechte“ Ehe und Familie bereits vor und zur NS-Zeit Grundlage des Staates (Wildt 2012). Daraus lässt sich neben rassistischen, antisemitischen, ableistischen und weiteren Aspekten auch eine antifeministische Ideologie erkennen, die eng mit den Diskursen um den „Volkstod“ beziehungsweise dem Niedergang der Nation verbunden ist. Diese rechtsnationalen Geschlechteranforderungen werden oft strategisch verschleiert, um beispielsweise beim Thema Gewalt gegen Frauen unter dem Deckmantel von angeblichen Frauenrechten Rassismus zu verbreiten (AK Fe.In 2019, S. 119–121)
Die „Keimzelle der Nation“ findet sich versteckt auch in Social-Media-Trends wie den
„Frühsexualisierung“/Umerziehung
Das traditionell geprägte Familienbild bringt auch eine Ablehnung der Pädagogik beziehungsweise Bildungsansätze sexueller und geschlechtlicher Vielfalt mit sich. Als Beispiel dient die sogenannte Demo für alle, die seit 2014 insbesondere zu diesen Themen, oft mit rechtspopulistischen Teilnahmenden, marschiert. Vielfaltsaufklärung fällt gerade in rechtsextremen Kontexten unter das Label „Umerziehung“, welches nach dem Zweiten Weltkrieg von „
Antifeministische Akteur:innen sind oft verbunden durch die Ablehnung gegen das, was in den Begriff „Gender“ (eigentlich: soziales Geschlecht in Abgrenzung zum bei Geburt zugewiesenen Geschlecht) wahlweise hineininterpretiert wird (Lang/Peters 2018). Die diskursive Flexibilität verschiedener Akteur:innengruppen in Bezug auf die Bedeutung von „Gender“ ist auch ein großer Erfolgsfaktor antifeministischer Diskurse (Mayer/Sauer 2017a, in: Klammer und Bechter in FIPU 2019). Gerade weil die Interpretationen auch über Geschlecht oder Gleichstellung hinausgehen können (siehe dazu mehr unter Mayer, Ajanovic und Sauer, in: Lang/Peters 2018). Auch die Anschlussfähigkeit des vorgestellten Bildes einer „versteckten Agenda“ ist wirkungsvoll (ebd.). Manche Antifeminismus-Forschenden sprechen daher auch von „Anti-Gender-Mobilisierungen“, die eine aktuelle Gestalt von Antifeminismus darstellen (unter anderem Wilde/Mayer 2018, Streichhahn 2020; Wittenius 2022; The RESIST Project 2024).
Feminismus als jüdische Erfindung (basierend auf Fedders in Lang/Peters 2018)
Expert:innen wie Blum (2019), S. x) oder Kalkstein/Pickel/Niendorf (2024, Kap. 5) weisen vermehrt auf Zusammenhänge zwischen Antifeminismus und Antisemitismus hin, die über die Verschwörungserzählung vom „Großen Austausch“ hinausgehen. Die Leipziger Autoritarismusstudie konnte für 2022 und 2024 eine starke Verbindung zwischen beiden Abwertungen erkennen: Personen mit einem geschlossenen antifeministischen Weltbild zeigen deutlich mehr Zustimmung zu antisemitischen Ressentiments als die Gesamtbevölkerung (Kalkstein/Pickel/Niendorf 2024, S. 171). Beide abwertenden Phänomene teilen eine natur- beziehungsweise biologiefixierte Begründung zugeschriebener Eigenschaften. Beispielsweise wird das Jüdische mit dem Weiblichen gleichgesetzt und umgekehrt. Dieser misogyne Blick trifft speziell jüdische Männer, die als (zu) weiblich gesehen werden.Gewalt gegen Frauen wird aber auch bei jüdischen Männern verortet; die damit verbundene Angst vorm „Volkstod“ mündet in einen sexualisierten Antisemitismus (Gehmanacher 1998, S. 103, Fedders 2018, S. 218, in: Lang/Peters 2018), der das feministische Thema ‚Gewalt gegen Frauen‘ instrumentalisiert. Zudem führen solche Gleichsetzungen auch zum Bild vom Feminismus als jüdisches Projekt, wenn von „Eliten“ oder Ähnlichem gesprochen wird. Sowohl antifeministische als auch antisemitische Positionen sind dabei identitätsstiftend – so auch beim Täter des eingangs erwähnten Anschlags in Halle 2019. Die Kennwörter „Feminismus“ und „Judentum“ und damit verbundenen Personengruppen dienen als Sündenböcke für persönliche widersprüchliche Gefühle, die mit den Herausforderungen einer modernen kapitalistischen Gesellschaft verbunden sind (Kalkstein/Pickel/Niendorf 2024, S. 164). Die bereits genannte Nähe von Antifeminismus zu Krisen und einem gewaltbezogenen Männlichkeitsideal verdeutlichen das Radikalisierungspotenzial von Antifeminismus.
Welche Akteur:innengruppen gibt es?
Um die unterschiedlichen Akteur:innen besser einordnen zu können, hilft ein kurzer Blick auf die fünf Arten von Antifeminismus laut der Leipziger Autoritarismus Studie 2020 (Höcker/Pickel/Decker 2020), die sich überschneiden können:
rechtsnational, siehe Beschreibung oben,
neoliberal, der mit individuellen Leistungen statt strukturellen und gesellschaftlichen Benachteiligungen argumentiert,
konservativ, der mit Konzepten von Tradition, Religion oder konservativen bis hin zu fundamentalistischen Werten argumentiert,
männerbündisch, der Männlichkeit idealisiert und/oder misogyn agiert,
verschwörungstheoretisch, der Antifeminismus meist mit Antisemitismus und Rassismus vermengt.
Rechtsextreme Organisationen, Netzwerke und Bewegungen sind antifeministische Hauptakteur:innen: Um ideologische Überschneidungen zum Rechtsextremismus besser zu erkennen, werden im Folgenden Akteur:innengruppen skizziert, die in unterschiedlichster Form gegen „Gender“ agieren (Frey 2014 et al, S. 17). Dabei werden, wie bereits erwähnt, verschiedene geschlechter- und familienbezogene Themen auf das Wort projiziert.
Rechte Organisationen, Netzwerke und Bewegungen nutzen Antifeminismus insbesondere in der politischen Sphäre als Strategie. Im deutschsprachigen Raum analysierten Forschende antifeministische Inhalte und Verhaltensweisen beispielsweise bei der Freiheitliche[n] Partei Österreichs (FPÖ), der Nationaldemokratische[n] Partei Deutschlands (NPD, nun Die Heimat) (unter anderem ebd.; Falter/Stern in FIPU 2019) und bei der Alternative für Deutschland (AfD) (Lochau/Glaser 2024) und Pegida (Blum 2019, S. 78f.).
Die journalistische Gender-Gegnerschaft, hier erweitert als mediale Gender-Gegnerschaft, ist auf vielen deutschen Medien unterwegs, insbesondere bei konservativen bis hin zu rechtspopulistischen und rechtsextremen Formaten. Sie beteiligen sich aktiv an der Verbreitung von antifeministischen Narrativen, beispielsweise auf X. Das als gesichert rechtsextremistisch eingestufte Magazin Compact veröffentlicht regelmäßig antifeministische Inhalte (Culina, in Lang/Peters 2018). Compact TV hat auf YouTube mehr als 310.000 Abonnent:innen (Stand: 03.12.24). Es verbreitet unter anderem sexistische Geschlechterbilder, homo- und transfeindliche Texte, agitiert gegen feministische Politik und veröffentlicht regelmäßig Artikel anderer antifeministischer Akteur:innen.
Die sogenannten Wissenschaftlichkeitswächter:innen werfen Gender Studies und Geschlechterforschung Unwissenschaftlichkeit vor; zum Beispiel das Blog Science Files. Meist sind es Wissenschaftler:innen, die sich selbst als politisch neutral sehen und die Deutungshoheit darüber gewinnen wollen, was wissenschaftlich ist und was nicht. Aufgrund der gesellschaftlichen Bedeutung von Wissenschaft und Wissenschaftler:innen nehmen diese eine nicht zu unterschätzende Rolle ein.
Christliche Fundamentalist:innen, weiter gefasst religiöse Fundamentalist:innen, kommen hier vor allem unter dem Dach zusammen, gegen selbstbestimmte Schwangerschaftsabbrüche zu mobilisieren. Bekannt ist hier unter anderem der jährliche sogenannte Marsch für das Leben. Hier vermischt sich ein Sammelsurium an starren religiösen, biologistischen und familistischen Begründungen, die im Kern traditionelle Rollenverteilungen und Familien als Zentrum gesellschaftlichen Geschehens betrachten. Andere religiöse Strömungen wie Islamist:innen nutzen zum Beispiel LSBTIQA+-feindliche Erzählungen, um Antifeminismus als Kampf für den Erhalt der muslimischen Identität zu inszenieren (
Interner Link: Korucu/Oschwald 2024 ).Explizit antifeministische Akteur:innen verstehen sich selbst als politischen Gegenentwurf zu Feminismus und bedienen sich zumeist des Vorwurfs der Unwissenschaftlichkeit. Nach Frey et al. (2014) sind damit meist „Männerrechtler:innen“ beziehungsweise „Maskulist:innen“ gemeint, also Vereine wie „MANNdat“ oder das Internetprojekt „WikiMANNia“. Sie beklagen eine vermeintlich gesamtgesellschaftliche Benachteiligung von Männern, spezifisch meist in Familien- beziehungsweise Trennungskontexten. Sabine Herberth listet sogenannte Incels (englisch Involuntary Celibates, zu deutsch: „unfreiwillig zölibatär lebende Männer“) als eigenständige antifeministische Akteur:innengruppe auf (Amadeu Antonio Stiftung 2024, S. 11). Incels bilden eine männliche Onlinesubkultur mit explizit misogyner und antifeministischer Ideologie. Ihr Eigenbild ist unfreiwillig enthaltsam. Ihr Feindbild im Kern sind Frauen und Feminismus.
Was tun?
Antifeminismus ist nicht nur Thema von Rechtsextremen, sondern findet sich überall in der Gesellschaft wieder. Dieses demokratiegefährdende Phänomen muss durch Zahlen, Daten und Erfahrungsberichte sichtbarer gemacht werden.
Das Potenzial unterschiedlicher antifeministischer Akteur:innen ist groß, sich durch bestimmte Diskurse und Themen – auch mit Rechtsextremen – zusammenzutun. Doch ebenso groß ist die Chance, unterschiedliche demokratische Initiativen, Projekte, Organisationen und Menschen zu vernetzen, um Antifeminismus etwas entgegenzusetzen. Insbesondere kann die gemeinsame Arbeit gegen Sexismus und Antifeminismus positive Synergien bewirken. Neben der gesamtgesellschaftlichen und zielgruppenorientierten Sensibilisierung bestimmter Berufsgruppen, darunter auch Mitarbeitende der mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus, braucht es vor allem Empowerment: Frauen, Lesben, inter*, nicht-binäre, trans* und Agender-Personen und andere Betroffenengruppen müssen in ihren pluralistischen Positionen gestärkt und sichtbarer werden.