Die Szene der Reichsbürger:innen ist vielfältig, dies gilt nicht nur für die unterschiedlichen Reichsideologien, sondern auch für die Mittel und Wege, mit denen die Zugehörigen ihre politischen Vorstellungen umsetzen wollen. In den vergangenen Jahren konnten die zentralen Ideen und Protagonist:innen immer weiter in die Öffentlichkeit vorrücken – ausgehend von einem früher als „Spinnerei“ belächelten Außenseiterdasein ist man inzwischen bestens an die große Politik angebunden.
Am 6. April 2024 kommen in Gera rund tausend Reichsbürger:innen zum sogenannten Großen Treffen der 25 +1 Bundesstaaten zusammen. Es ist das dritte Treffen dieser Art und zugleich das größte. Es gibt eine kleine Rednerbühne, alles wird auf einen mehrere Meter hohen Monitor übertragen. Neben der Bühne steht das Zelt der „Pressestelle“, die als Ansprechpartnerin für Journalist:innen dient. Auch auf Bratwürste und Softeis müssen die angereisten „Reichsdeutschen“ nicht verzichten. Ein Moderator führt durch das Programm aus Reden und einer Reihe von kurzen und langen Fahnenmärschen. Viele der Anwesenden führen Schärpen oder Flaggen mit den Farben ihrer Bundesstaaten mit sich, um ihre Herkunft, die hier so wichtig ist, nach außen zu tragen. Eine der wichtigsten Funktionen des Treffens in Gera ist die Selbstbestätigung. Hier ist man unter sich, unter „Aufgewachten“, hier denken alle gleich. Und alle meinen, dass sie mit ihren Überzeugungen recht haben. Wie einer der Hauptredner, Matthes Haug, in seinem Vortrag betont: „Es ist mal nun so, das sind einfach Fakten“, kommentiert er seine eigenen Ausführungen. Haug ist eine wichtige Szene-Figur und beliebter Vortragsredner. Der promovierte Physiker ist Autor eines der Standardwerke der Szene: „Das Deutsche Reich 1871 bis heute“.
Die Reichsbürgerszene ist hoch zerstritten. Hier in Gera kommen jene zusammen, die sich zumindest auf den Minimalkonsens einigen können, dass das Deutsche Reich von 1871 nach wie vor existieren würde. Begrüßt werden die Menschen daher auch nicht in Thüringen, sondern im Fürstentum Reuß (jüngerer Linie), das eigentlich 1918 endete. Der für viele hier legitime Nachfolger, Heinrich XIII. Prinz Reuß, kann in Gera nicht anwesend sein. Reuß sitzt in Haft. Gegen ihn und seine mutmaßlichen Unterstützer:innen läuft einer der größten Terrorismusprozesse in der Geschichte der Bundesrepublik. Vorgeworfen wird der Gruppe der Versuch, das verhasste System in Deutschland zu stürzen. Das wünschen wohl nicht wenige in Gera, aber über den Weg ist man sich nicht einig. Daher kommen in den Reden der Szenen-Größen jene Themen und Schlagworte vor, bei denen Übereinstimmung besteht: Die „BRD ist ein Lügenkonstrukt“, Deutschland nach wie vor „besetzt“ und das „Deutsche Reich“ existiert hier immer noch.
Bei Haugs Vortrag wird schnell klar, wie die Szene insgesamt funktioniert. Als er von der „Gründung der BRD“ spricht, wird er aus dem Publikum laut und wütend unterbrochen: Die BRD sei ja niemals gegründet worden, und er solle „die Wahrheit sagen“. Haug winkt genervt ab und entgegnet in breitem Schwäbisch: „Isch jetz gud.“ Ein Moment, der nicht besser veranschaulichen könnte, wie es in dieser Szene aus lauter „Expert:innen“ zugeht. Jede:r weiß es besser.
Das Erstarken der Szene: Internet, Pandemie und Verschwörungserzählungen
Doch welche Umstände begünstigten in den zurückliegenden Jahren die Ausbreitung und Professionalisierung der Reichsbürgerszene? Bisher wurde kaum untersucht, wie die sich verändernden politischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen wirkten und bewirken, dass die Szene konstant Zuwachs erhält. Ein maßgeblicher Schritt für ihr Erstarken dürfte Anfang der 2000er-Jahre vor allem das Aufkommen des Internets gewesen sein. Es führte dazu, dass sich Reichsbürger:innen in Foren viel schneller und effizienter vernetzen und ihre seitenlangen Pamphlete mit einem Mausklick weiterleiten konnten. Damit fungierte das Internet zugleich als Beschleuniger für die Verbreitung etlicher Verschwörungserzählungen, beispielsweise zu den Ereignissen rund um 9/11. Neben der Vernetzung konnte die Szene so deutlich mehr Menschen erreichen, auch jenseits persönlicher Kontakte. Ihre Inhalte waren leicht online auffindbar und so auch ein schnellerer Weg in die Szene möglich. Mitte der 2000er-Jahre wurde zunächst Facebook zu einer der zentralen Austauschplattformen, heute ist die Szene in Hunderten, vielleicht auch Tausenden Gruppen und Kanälen auf Telegram zu finden.
Neben der Verbreitung des Internets dürfte vor allem die Coronapandemie einer der zentralen Radikalisierungsbeschleuniger der Reichsbürger:innen gewesen sein. Die seit 2020 entstandene Szene der Pandemie-Leugner:innen bot Reichsbürger:innen eine willkommene Gelegenheit, an entstehende Proteste anzuknüpfen. Personell bildete sich das bereits im November 2020 ab: Im thüringischen Saalfeld kam es zu einem Treffen zwischen dem Querdenken-Gründer Michael Ballweg und Peter Fitzek, dem selbst ernannten König von Deutschland und wohl einem der bekanntesten Vertreter der Reichsbürgerszene (Rohwedder 2020). Die Krisenerfahrung und die damit erstarkenden Verschwörungserzählungen bilden die große Klammer zwischen den beiden Szenen.
Die Funktionen von Verschwörungserzählungen sind hierbei von besonderer Bedeutung. Die beiden Autorinnen Katharina Nocun und Pia Lamberty führen zwei Hauptgründe auf, warum Menschen an Verschwörungserzählungen glauben. Zum einen kompensieren sie so einen erlittenen Kontrollverlust – wie beispielsweise bei einem Jobverlust – oder das Gefühl, in politisch unsicheren Zeiten zu leben. Zum anderen können Verschwörungserzählungen „Mittel zum Zweck“ sein und für Menschen, die sich gern einzigartig fühlen wollen, dazu beitragen, sich von der Masse abzuheben (Nocun/Lamberty 2020, S. 31). Wenn man alle anderen als „Schlafschafe“ betrachtet und sich selbst als Teil der aufgewachten Gruppe fühlt, dürfte dies zutreffen. Und eine schnellere Selbstaufwertung als vom Koch zum König von Deutschland zu werden – wie es Peter Fitzek vollzogen hat –, ist wohl kaum möglich.
Genau diese Funktionen kamen der Reichsbürgerszene während der Pandemie und auch zu anderen als Krisen empfundenen Zeiten zugute und dürften ihr einen größeren Zulauf gebracht haben. An einigen Gruppen der Pandemieleugner-Szene konnte konkret beobachtet werden, wie sie sich zunehmend den Verschwörungserzählungen der Reichsbürger:innen annäherten. Während sie zu Beginn ihrer Gründung vor allem gegen die staatlichen Maßnahmen mobilmachten, verbanden sie diese immer deutlicher mit Verschwörungserzählungen und leugneten dann schlussendlich die Existenz der Bundesrepublik Deutschland. In Thüringen beispielsweise lässt sich dies gut an der Telegram-Gruppe „Thüringen steht zusammen“ nachvollziehen. Als Organisationsplattform für Coronaleugner-Proteste entstanden, fanden sich hier bald Postings mit angeblichen Zitaten von Jens Spahn, die eine Nichtexistenz der Bundesrepublik Deutschland belegen sollten. Gleichzeitig machten viele Vertreter:innen der Szene während der Pandemie Erfahrungen mit der Organisation von Demonstrationen und anderen Veranstaltungen. Man entwickelte die Netzwerke bei Telegram, verband sich mit Menschen, die Flyer entwerfen und Technik besorgen können, und erreichte so eine zunehmende Professionalisierung. Das äußerst gut organisierte Treffen in Gera zeigt diese Entwicklung deutlich.
Zwischen Gewalt und Delegitimierung
Uneinig ist sich die Reichsbürgerszene nicht nur darin, welche „Rechtsauffassung“ korrekt ist, sondern auch, mit welchen Mitteln ihre Reichsideologien am besten umgesetzt werden soll. Ein Teil der Szene wählt den Weg der Gewalt. Die aktuell wohl am meisten beachtete Gruppe
„… Reichstagssturm, waren wir mit dabei, haben wir gemerkt, hat nicht so viel gebracht … haben wir uns darauf spezialisiert, den Personenstand festzustellen und Gemeinden zu aktivieren. Weil in jedem Deutschen von uns … steckt ein Schlüssel. Dieser Schlüssel heißt Souveränität.“ (zit, nach MOBIT 2023)
Vockerodt trat im August 2024 auch beim „4. Großen Treffen der Bundesstaaten“ in München auf und ergänzte seine Erwägungen, indem er die Bundesrepublik mit einem Schiff verglich: „Wir wollen keinen Aufstand auf dem Schiff, wir wollen da auch niemanden stürzen. Dieses Schiff geht eh unter. Und deshalb wird es Zeit, dieses Schiff zu verlassen.“
Die Gruppen mit ihren unterschiedlichen strategischen Ausrichtungen sind dennoch eng vernetzt. Der „Verband Deutscher Wahlkommissionen“ (VDWK), bei dem auch Vockerodt aktiv ist, hat in seinen Telegram-Gruppen nicht nur eine Untergruppe zur Prozessbeobachtung im „Reuß-Verfahren“, sondern auch eine eigene Gruppe mit der Bezeichnung „VDWK – Grüßt Prinz Heinrich XIII“. Im Dezember 2022 hatte die Bundesanwaltschaft 25 Personen festnehmen lassen, 52 Beschuldigte ermittelt und in elf Bundesländern Durchsuchungen durchgeführt. Ihnen wird vorgeworfen, eine „terroristische Vereinigung“ gegründet zu haben, die es sich zum Ziel gesetzt hatte, „die bestehende staatliche Ordnung in Deutschland zu überwinden“, wie es in der Presseerklärung der Bundesanwaltschaft heißt und im Weiteren:
„Den Angehörigen der Vereinigung ist bewusst, dass dieses Vorhaben nur durch den Einsatz militärischer Mittel und Gewalt gegen staatliche Repräsentanten verwirklicht werden kann. Hierzu zählt auch die Begehung von Tötungsdelikten.“
Und auch in dieser Gruppe sollen Verschwörungserzählungen eine zentrale Rolle gespielt haben (PM Generalbundesanwalt, 7. Dezember 2022).
Die grundsätzliche Bereitschaft zu Gewalt ist ohnehin in der Reichsbürger-Ideologie angelegt. Staatsbedienstete wie Polizeibeamt:innen, Richter:innen oder Gerichtsvollzieher:innen werden als illegitim bezeichnet oder sogar Verbrechen bezichtigt, gegen die man sich zur Wehr setzen müsse – auch mit Gewalt (Interner Link: siehe unten). Wie sich das Gewaltpotenzial der Szene entwickelt, konnte man in den vergangenen Jahren auch an den radikalisierten Erzählungen verfolgen, die zunehmend den offenen „Widerstand“ propagieren. Die Narrative, die in der rechtsextremen Szene rund um die Pandemiemaßnahmen verbreitet wurden, suggerierten ja deutlich, dass hier der deutsche Staat, gesteuert von einer Elite, als ein autoritäres Regime nun alle Grundrechte abschaffen wolle – sogar mit einem „Ermächtigungsgesetz“. Dagegen riefen Reichsbürger:innen zum Widerstand auf. Manche mit Demonstrationen, andere mit Gewalt. Die „Widerstands“-Erzählungen bilden dabei auch das Fundament der Handlungen. Gegen eine imaginierte, allmächtige Elite kann man schlussendlich nur mit Gewalt vorgehen, nicht mit demokratischen Mitteln.
Das Versäumnis der Sicherheitsbehörden: Pathologisierung
Die
„Werner Sprado bezeichnet die so genannten Reichsdeutschen Bürger als ‚verrückt‘. Dem stellvertretenden Leiter der Verfassungsschutzbehörde in Sachsen-Anhalt ist diese Gruppierung seit Anfang der 90-er Jahre bekannt. Diese sei jedoch kein Beobachtungsobjekt der Verfassungsschutzbehörden, berichtet er. Etwa 40 Verfahren seien ihm geläufig, die gegen diese ‚Kommissarische Reichsregierung‘ eingeleitet wurden, so Sprado. So gut wie alle, erinnert er sich, seien ‚wegen Unzurechnungsfähigkeit eingestellt‘ worden.“
Dies ist nur ein Beispiel für die mehrheitliche Einordnung der Szene über viele Jahre. Anfang der 2010er-Jahre zeigte sich dann an der Reichsbürger-Gruppe „Deutsches Polizeihilfswerk“, dass auch Gewalt Teil der Ideologie ist. So wurden mehrfach vor allem Gerichtsvollzieher:innen von Mitgliedern der Gruppe tätlich angegriffen. Damals berichtete beispielsweise das MDR-Magazin Exakt über die Gruppe. Die Behörden änderten ihre Sicht allerdings grundsätzlich erst, als 2016 mehrfach auf Polizeibeamt:innen geschossen und in Bayern ein SEK-Beamter vom Reichsbürger Wolfgang Plan sogar getötet wurde.
Bis heute gibt es bei der Analyse der Szene ein Problem: Es gibt ausschließlich Zahlen, die auf Erhebungen der Sicherheitsbehörden beruhen. Diese erfassen jedoch nicht Reichsbürger:innen per se, sondern eben nur jene, die auffällig werden, weil sie durch Briefe, Drohungen oder Gewalt in Erscheinung treten. Zumeist werden „alleinstehende ältere Männer“ als typische Reichsbürger beschrieben (Keil 2017, S. 87). Die Daten der Sicherheitsbehörden lassen also lediglich erkennen, dass männliche Reichsbürger deutlich öfter wahrnehmbar auftreten. Seit Beginn der Coronapandemie haben sich mehr Frauen der Reichsbürgerszene zugewandt, was möglicherweise mit der esoterischen Ausrichtung und den Diskussionen rund um Masken und Impfungen für Kinder zu tun hat. Bei dem Treffen in Gera sind augenscheinlich deutlich mehr als 20 bis 30 Prozent der Teilnehmenden Frauen. Und auch ein Blick auf die Verbreitung von Verschwörungserzählungen als große Klammer der Szene nach Geschlechtern lässt hier keine Anfälligkeit für eine bestimmte Gruppe zu. Michael Butter, Amerikanist mit Forschungsschwerpunkt Verschwörungstheorien, ist einer der ersten, die sich in Deutschland ausführlicher mit dem Phänomen beschäftigt haben. Er resümiert zur Sozialstruktur der Anfälligkeit für Verschwörungserzählungen:
„Die überwiegende Mehrheit der psychologischen und politologischen Forschung kommt zu dem Ergebnis, dass Geschlecht, Alter und sozioökonomischer Status keinen oder kaum Einfluss auf den Glauben an Verschwörungstheorien haben.“ (Butter 2018: S. 116)
Diese Erkenntnisse deuten ebenfalls darauf hin, dass wir unser Bild der Szene, das vor allem auch durch die Zahlen der Sicherheitsbehörden geprägt ist, hinterfragen sollten. Denn diese befinden sich in einem statistischen Dilemma: Sie dürfen nur erheben, wer auffällt, nicht wer glaubt.
Reichsbürger:innen: Beliebtes Satire-Objekt
Die Welt der Reichsbürger:innen ist für viele Menschen kaum zu fassen. Hinzu kommt, dass – zumindest vor der Pandemie – vor allem Menschen mit der Szene konfrontiert waren, die in verschiedenen Bereichen für den Staat tätig waren. In den Medien hat sich in den vergangenen Jahren die Darstellung der Szene deutlich verändert: Die schweren Straftaten und Umsturzplanungen haben sich auch in der Berichterstattung niedergeschlagen. Insgesamt zeigt sich allerdings über die Jahre ein sehr ambivalentes Bild der Medienberichterstattung. So gab es bei größeren Medien zwar immer wieder kleinere Dokumentationen über einzelne öffentlichkeitswirksam agierende Figuren wie Peter Fitzek oder Berichterstattung im Zuge von Razzien und Prozessen, aber keine wirklich breite Auseinandersetzung mit der Szene. Vor allem in den Lokalmedien kam das Thema kaum vor. Natürlich wurden einzelne, komisch wirkende Akteure mit ihren Fantasie-Uniformen und kruden Geschichten immer wieder als beliebte Satire-Objekte von Formaten wie extra 3 oder der heute-show vorgeführt. Insgesamt sollte eine Berichterstattung aber nicht den gefährlichen Kern der Verschwörungserzählungen aussparen und damit wieder zurückkehren zu der pathologisierenden Darstellung der 1990er-Jahre. Gerade im lokalen Bereich wäre eine kontinuierliche Beachtung der Szene weiter wünschenswert, denn vor allem hier sind in der Auseinandersetzung die alltäglichen Probleme mit der Szene zu finden.
Reichsbürger:innen und die Alternative für Deutschland (AfD)
Mit Birgit Malsack-Winkemann befindet sich unter den Angeklagten der „Gruppe Reuß“ auch eine ehemalige AfD-Bundestagsabgeordnete
Und nun? Gedanken in aller Kürze …
Die wachsende Szene der Reichsbürger:innen ist ein Symptom, das verschiedene politische und gesellschaftliche Problemlagen zum Ausdruck bringt. Dazu gehören die permanenten Krisenerfahrungen ebenso wie die Erosion etablierter politischer Strukturen. Und gleichzeitig verstärken sie den Zerfall der demokratischen Basis. Menschen, die glauben, eine kleine Elite regiere die Welt und man könne mit Wahlen und anderen demokratischen Mitteln daran nichts ändern, scheiden aus dem demokratischen Diskurs aus und freunden sich teils auch mit gewaltoffenen Strategien an. Wie sollte also mit dem Phänomen und seiner Ausbreitung umgegangen werden?
Zunächst bedarf es mehr gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnisse über die Szene, um Konzepte auszuarbeiten. Die Strategien, um der Szene entgegenzutreten, müssen mindestens auf zwei Ebenen angesiedelt werden. Zum einen braucht es einen konsequenten Umgang mit Reichsbürger:innen durch staatliche Stellen. Grundsätzlich geht es darum, dass Verstöße durch Angehörige der Szene konsequent und zeitnah geahndet werden. Werden beispielsweise Verwaltungsbedienstete genötigt oder bedroht, müssen strafrechtliche Konsequenzen folgen. Es bedarf außerdem regelmäßiger Aktualisierungen für behördliches Handeln, um die jeweils neuen Strategien der Szene erkennen und ihnen entsprechend begegnen zu können. Es geht also neben einer strafrechtlichen Ebene auch um verwaltungsrechtliche Strategien. Vor allem hier versuchen Reichsbürger:innen immer wieder, Abläufe zu stören und so zu behindern. Dazu müssen Mitarbeiter:innen in den Verwaltungen besser unterstützt werden. Dies gilt nicht weniger für Justiz und Polizei. Da die Szene ihre Strategien regelmäßig ändert, ist hier eine kontinuierliche Arbeit nötig. Wenn Reichsbürger:innen keine Konsequenzen für ihr Handeln oder nach ihren Straftaten zu erwarten haben, fühlen sie sich darin bestätigt.
Zum anderen ist eine verstärkte gesellschaftliche Auseinandersetzung notwendig. Es braucht mehr Beratungsstellen, die Angehörige unterstützen, wenn jemand in der Familie oder dem Freundeskreis in die Szene gerät. Dies ist für viele ohne professionelle Unterstützung kaum zu bewältigen und eine enorme Belastung. Der Radikalisierungsprozess führt meist zum Abbruch von sozialen Beziehungen außerhalb der Szene. Eine Rückkehrmöglichkeit ist hier von zentraler Bedeutung.
Nicht zuletzt gilt es in den kommenden Jahren vor allem, einen Fokus auf die Kinder von Reichsbürger:innen zu legen.