Ursprünglich steht der Begriff in der Umgangssprache schlicht für jemanden, der unkonventionell denkt oder, im philosophischen Sinn, ein Freigeist ist; in der Fachsprache ist „Querdenken“ seit den 1960er-Jahren die Bezeichnung für eine kreative Denkmethode (auch „laterales Denken“) zur Lösung komplexer Probleme. Seit Frühjahr 2020 wurde und wird „Querdenker“ als Selbstbezeichnung von immer mehr Personen verwendet, die die Gefährlichkeit oder gar die Existenz des Coronavirus leugnen, den Staat wegen seiner Maßnahmen gegen die Pandemie kritisieren, Schutzimpfungen verweigern und diese ablehnenden Haltungen teils mit dem Glauben an Verschwörungsideologien oder Merkmalen rechtsextremer Ideologien verbinden. Die „Querdenken“-Bewegung ist also nicht dem rechtsextremen Spektrum zuzuordnen, sondern es gibt ideologische und personelle Schnittstellen.
Als eine der ersten Gruppe der „Querdenker“-Bewegung entstand im Frühjahr 2020 in Stuttgart „Querdenken-711“, die Zahl steht dabei für die Telefonvorwahl der Stadt. Es folgten bald weitere Ortsgruppen in vielen Teilen der Bundesrepublik. Schnell wurden die Demonstrationen und Online-Chatgruppen der Bewegung auch zum Sammelbecken für Rechtsextreme, Verschwörungsgläubige, rechtsautoritäre Esoterikgruppen und die bundesrepublikanische Rechtsordnung ablehnende „Reichsbürger“. Aus der Szene heraus erfolgten Angriffe auf Journalistinnen und Journalisten, Politikerinnen und Politiker, Polizeikräfte sowie Sachbeschädigungen und Brandanschläge, etwa auf Corona-Teststationen und das Robert Koch-Institut.
Im Dezember 2020 begann der Verfassungsschutz, Teile der „Querdenker“-Gruppen in einigen Bundesländern zu beobachten. Seit April 2021 gelten die radikalisierten Teile der Szene bundesweit als Beobachtungsobjekt. Das Bundesamt für Verfassungsschutz entwickelte dafür eigens den neuen Phänomenbereich „Verfassungsschutzrelevante Delegitimierung des Staates“ mit der Sammelbezeichnung „Demokratiefeindliche und/oder sicherheitsgefährdende Delegitimierung des Staates“.
Schätzungen über die Zahl der Anhängerinnen und Anhänger sind wegen deren loser Organisation schwierig. Während Demonstrationsaufrufe im Sommer 2020 vereinzelt Zehntausende mobilisieren konnten, schrumpften die Teilnehmerzahlen später auf einen Bruchteil. Der verbliebene Teil des Spektrums radikalisierte sich jedoch zunehmend weiter.