Meine Oberbürgermeistertätigkeit im Jahr 2001 begann mit einem schwierigen Start. Immer wieder sorgten Neonazis und Skinheads aus der Sächsischen Schweiz für Unruhe. Die Stadt Pirna bekam zunehmend ein bräunliches und fremdenfeindliches Image, das man nicht totschweigen oder weg diskutieren durfte! Aber wo ansetzen? Der erste – und im Nachhinein wichtigste – Ansatz war, sich mit den bereits bestehenden Initiativen zusammenzusetzen und gemeinsam als ein breites Bündnis die ''Initiative gegen Extremismus und für Zivilcourage'' aus der Taufe zu heben. Sich gegen Rechts zu engagieren sollte ein Bedürfnis aller Altersklassen sein. Mit dieser Initiative für ein tolerantes und weltoffenes Pirna feiern wir jährlich auf unserem Marktplatz ein interkulturelles Fest – den ''Markt der Kulturen'' mit zahlreichen kulinarischen, kulturellen und informativen Angeboten.
Schon die erste Veranstaltung im Jahr 2003 war verblüffend erfolgreich. Seitdem wird dieses Fest jährlich veranstaltet. Vertreter der Partnerstädte, das Generalkonsulat der USA und verschiedene Botschaften, wie auch der sächsische Innenminister Albrecht Buttolo zählen zuden Stammgästen dieser bunten Veranstaltung. Das ganze Jahr über sind 300 bis 400 Leute damit beschäftigt, das vergangene Fest auszuwerten, zu verbessern und ein neues vorzubereiten.
Der ''Aufstand der Anständigen'' muss mit dem Aufstand der Zuständigen zusammengehen. Rechtsextremem Gedankengut kann man nur gemeinsam begegnen. Das hat uns die Erfahrung gelehrt. Unser Engagement sollte nicht an der Kommunalgrenze halt machen. Gerade den oftmals ehrenamtlichen Bürgermeistern der benachbarten kleinen Orte sollte unsere Unterstützung gelten. Im Landkreis Sächsische Schweiz arbeitet eine gemeinsame Steuerungsgruppe unter dem Vorsitz von Landrat Michael Geisler. Gemeinsam mit der Bildungsagentur, dem Verfassungsschutz, der Polizei und den Leitern des Jugendamtes bündelt und verwertet diese Gruppe die notwendigen Informationen. Eine gute überbehördliche Kommunikation ist eine wichtige Grundlage. Ein vom Miteinander geprägtes engmaschiges kommunikatives Netz bildet die Basis für die Arbeit gegen den ''braunen Spuk''.
Auf der ausführenden Ebene arbeiten in der Region Sächsische Schweiz die Mitglieder von Vereinen wie der Aktion Zivilcourage mit der Polizei zusammen. Präventive und repressive Kräfte müssen ein Verständnis für die Handlungsspielräume des Anderen entwickeln – das war ein Schlüssel zum Erfolg. Ein hauptamtlicher Koordinator ist in Pirna Bindeglied zwischen Steuerungs- und Arbeitsgruppe.
Wichtig ist, den platten und inhaltsleeren Parolen von Rechtsaußen entgegenzutreten. Mit einem Bürgerbrief setzen wir in leicht verständlicher Sprache ein deutliches Zeichen gegen die Widersinnigkeit rechtsextremer Stammtischparolen. Seit 2006 wird er in der mittlerweile 6. Auflage von fast 40.000 Stück produziert und im gesamten Landkreis verteilt. Überlassen wir die wichtigen sozialen Themen nicht den Nazis, die keine Lösungen anbieten, sondern einzig Ängste in der Gesellschaft schüren und diese ausnutzen wollen.
Wir brauchen einen langen Atem und Kreativität. In all den Jahren unserer täglichen Arbeit ist uns eines klar geworden: Wir brauchen einen langen Atem! Wir müssen nach vorn schauen und die Probleme deutlich benennen. Aber: Reden wir nicht nur über Rechtsextremismus, sondern handeln wir auch entschlossen dagegen. Der Kreativität sind dabei keine Grenzen gesetzt.
Mehr unter: www.aktion-zivilcourage.de und www.pirna.de