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Ausschluss rechtens? Der schwierige Umgang mit NPD-Funktionären

Von Holger Kulick

/ 7 Minuten zu lesen

Solange die NPD nicht verboten ist, wehrt sich die Zivilgesellschaft auf andere Weise gegen Neonazis. So werden NPD-Funktionäre zunehmend von Veranstaltungen ausgeschlossen, die sich um Rechtsextremismus drehen. Doch solche Ausschlusskriterien sind ein zweischneidiges Schwert. Ein Debattenbeitrag.

Teilnehmer einer Demonstration protestieren gegen einen NPD-Aufmarsch in der Hansestadt. (© AP)

Rund 150 Gäste strömten am 22.11. 2007 in den Bürgersaal des Wismarer Rathauses zu einer Podiumsdiskussion zum Thema "Soll die NPD verboten werden?" Laut Lübecker Zeitung waren sich alle Politiker einig: sie soll. "Die NPD will einen Führerstaat errichten", begründete das Thomas Lenz (CDU), Staatssekretär in Mecklenburg- Vorpommerns Innenministerium. Sein Kollege, der SPD- Landtagsabgeordnete Matthias Brotkorb argumentierte: "Die Demokratie wird durch die NPD attackiert, dass es einem die Sprache verschlägt. NPD-Funktionär Udo Pastörs hat klar gesagt, dass in zehn Jahren das Parteiensystem abgeschafft sein sollte." Auch Michael Roolf, der Fraktionsvorsitzender der FDP im Landtag mit Sitz im Parlament direkt neben Pastörs meinte: "Was da an Äußerungen im Halblauten rüber kommt, ist menschenverachtend. Das darf man nicht tolerieren." Dennoch mahnte Roolf: "Mit einem Verbot kann man nicht für die Demokratie werben".

Der Zeitungsbericht der Lübecker Nachrichten vom 23. November endet mit der Zeile: "Die Veranstaltung lief reibungslos ab. Drei Vertreter der NPD wollten mitreden, ihnen wurde der Eintritt zur Veranstaltung untersagt, um der Partei kein Podium zu bieten". Das Vorgehen war rechtens, den der Veranstalter, das 'Netzwerk für Demokratie, Menschlichkeit und Toleranz Wismar und Nordwestmecklenburg' hatte vorsorglich in die Einladung geschrieben: "Die Veranstalter behalten sich vor, von ihrem Hausrecht Gebrauch zu machen und Personen, die rechtsextremen Parteien oder Organisationen angehören, der rechtsextremen Szene zuzuordnen sind oder bereits in der Vergangenheit durch rassistische, nationalistische, antisemitische oder sonstige Menschen verachtende Äußerungen in Erscheinung getreten sind, den Zutritt zur Veranstaltung zu verwehren oder von dieser auszuschließen."

Wie sinnvoll sind vorbeugende Zutrittsbeschränkungen?

Ein Passus, den immer mehr Veranstalter von Debatten über Neonazis und die NPD in ihre Ankündigungen setzen lassen, sogar Ausstellungsmacher. So veranstaltete im Oktober 2007 die Weimarer Kunst-Turm-Galerie eine Ausstellung und Diskussionsreihe über "Toleranz in der Provinz". Auch dort fand sich wie selbstverständlich die Ausschlussklausel für Neonazis auf der Programmwebsite. Und vor dem Ratssaal des Kreishauses im brandenburgischen Neuruppin hängt ein solcher Vermerk sogar an der Eingangstür. Doch ist solch ein Vorgehen demokratisch? Opferberatungsstellen empfehlen solche Zeilen aus gutem Grund. Allzuhäufig haben Neonazis solche Veranstaltungen nur genutzt, um potentielle Gegner auszuspähen, einzuschüchtern und gegebenenfalls für ihre Internet-Steckbriefe zu fotografieren.

Überdies kann es nicht angehen, dass Opfer rechter Gewalt, die auf solchen Veranstaltungen häufig Rat suchen, potentiellen Tätern gegenübersitzen müssen und sich so nicht trauen, sich auszusprechen. In der Friedrich-Ebert-Stiftung werden Besucher entsprechender Fachseminare zu Beginn sogar mündlich gebeten, sich zu melden, wenn sie sich durch die Anwesenheit von ihnen bekannten Rechtsextremisten gehemmt oder bedroht fühlen sollten. Aus gutem Grund: Ende November hatte die Führungsspitze der NPD überraschend sogar eine Veranstaltung der liberalen Friedrich-Naumann-Stiftung über Rechtsextremismus aufgesucht - Provokation als Mittel zum Zweck. Die anwesenden NPD-Kader genießen in der Regel die Verunsicherung, die sie verbreiten, elementare inhaltliche Beiträge dagegen gelingen ihnen selten, eher sind sie auf Propagandaverbreitung aus.

Ein Veranstalter hat aber das Recht sicherzustellen, dass aus einer Privat-Veranstaltung kein Podium für Volksverhetzendes wird. Denn im Rahmen ihrer "Wortergreifungsstrategie" versuchen organisierte Neonazis immer häufiger Debatten mit ''Wortgewalt'' im Sinne ihrer völkischen Ideologie umzudrehen und zu sprengen. Und nicht jeder Diskussionsleiter ist so pfiffig, wie der Buchautor Toralf Staud ("Moderne Nazis"), der es blendend versteht, ungebetene Gäste bei seinen Lesungen durch gezielte Fragen bloßzustellen oder wie der deutsch-türkische Kabarettist Serdar Somuncu schlagfertig in sein Programm einzubauen, so dass die Störer lieber wieder Leine ziehen. Ein Video auf YouTube von einem Auftritt des Satirikers im sächsischen Dippoldiswalde zeigt, wie eine Gruppe Neonazis plötzlich eine Veranstaltung Somuncus stürmt, aber verbal von ihm entwaffnet wird und frustriert den Saal wieder verlässt.

Mit Mahler in der Mensa? Nein danke!

Schwieriger wird der Ausschluss von Rechtsextremen, wenn es sich um öffentliche Orte oder Veranstaltungen handelt. Aufgeregt diskutierten Mitte November beispielsweise Studenten in Mannheim, als dort in der Mensa plötzlich der rechtstextreme Ideologe Horst Mahler in einer Prozesspause mit seinem Gefolge Platz nahm. Rauskomplimentieren? Rausschmeißen? Rausekeln? Die überraschten Studenten beschlossen nichts zu unternehmen, sich aber für die Zukunft besser zu wappnen, um dann ihre Abscheu deutlicher zu zeigen.

Einen heftigen Streit entfachte im September 2007 ein weiterer Fall an der TU Berlin. Dort führt das Zentrum für Antisemitismusforschung jährlich eine Sommeruniversität auch für Nichtstudierende durch. Die Veranstaltungsreihe, in der jüngste Forschungsergebnisse für die Praxis aufgearbeitet werden, ist für jedermann zugänglich, der eine Anmeldegebühr in Höhe von 40 Euro entrichtet; die Seminare richten sich dabei explizit "an Multiplikatoren aus Medien, Schule, Erwachsenen- und Berufsschulbildung sowie aus Politik und Gewerkschaften, denen die notwendige Kompetenz zur argumentativen Behandlung des Themas vermittelt werden soll", wie es in einer Beschreibung heißt.

Ein Neonazikader im Zentrum für Antisemitismusforschung

Das Problem: Unter den Gästen wurde in diesem Jahr auch ein Berater und Schulungsleiter des NPD-Vorsitzenden Voigt ausgemacht, Stefan L. Die linke Wochenzeitung "jungleworld" vom 13.9.2007 spießte den Fall auf: "...Die Teilnahme des Nazikaders aber missfällt den anwesenden Antifas. Als sie zu Beginn der Veranstaltung die Anwesenheit des Rechtsextremisten ansprechen, werden sie vom Podium herab abgewürgt und auf den demokratischen Charakter der Sommer­universität verwiesen, von welcher offenbar auch eine nationale Fachkraft für Antisemitismus nicht ausgeschlossen wird. Darauf­hin verlassen die Antifas den Raum. Der Neonazi bleibt. Während drinnen dem Antisemiten der Antisemitismus erläutert wird, ordern die Antifas draußen ein klares Verhalten von den Organisatoren. Aber ein Gespräch mit dem Leiter des Zentrums, Wolfgang Benz, bleibt wirkungslos. Man könne L. argumentativ widersprechen, sobald er sich äußere, sagt Benz. Solange dieser sich jedoch nicht rassistisch äußern würde, käme ein Ausschluss einem Vorurteil gleich...".

Benz hätte in diesem Fall formaljuristisch auch nicht anders handeln können, außer der NPD-Gast L. hätte massiv gestört oder keine Gebühr bezahlt. Dementsprechend wurden auch drei NPD-Gefolgsleute, die er am zweiten Tag mitbringen wollte, von den Veranstaltern der Zugang verwehrt, ihm selber aber nicht. Denn insbesondere eine Universität bzw. universitäre Einrichtung kann und darf ihren Zugang nicht nach gesinnungsspezifischen Gesichtspunkten reglementieren, sondern ist eine zutiefst demokratische, offene Institution - eben ein 'vorbildlich' öffentlicher Ort, an dem Meinungsvielfalt auch ausgelebt werden muss. Und heißt es nicht oft auf Transparenten gegen Rechtsextremismus ironisch "Mehr Bildung für Nazis!"?

Studierendenvertreter wollten sich aber damit nicht zufrieden geben. Denn in einem solchen Fall liegt aus ihrer Sicht bereits eine massive atmosphärische Störung vor, denn "allein durch die Anwesenheit von bekennenden Neonazis wurde die Sommeruniversität zum temporären Angstraum für bestimmte Menschen ( i.d.R. potentielle Opfer rechter Gewalt)", so Anna B., eine Studenten-Vertreterin der HU. Auch das Referat für Hochschulpolitik des AStA der Alice Salomon Hochschule Berlin monierte in einer Erklärung: "Zu keiner Zeit positionierte sich das Zentrum für Antisemitismusforschung zu der Teilnahme eines Rechtsextremisten an der Veranstaltung. Ganz im Gegenteil. Es wurde sogar darauf verwiesen, dass auch im letzten Jahr ein Mitglied der NPD an der Sommeruniversität teilnahm. Dies ist nichts weiter als eine ungeheure Schande für das ZFA. Es beforscht Antisemitismus, sieht diesen anscheinend aber nicht einmal, wenn er in der ersten Reihe sitzt".

Toleranz, von Intoleranten herausgefordert

Und der Bildungsaspekt? Für Anna B. von der HU ist das kein Argument: "Bildungsprojekte sind an potentiell gefährdete und leicht ideologisierte 'Nazis' gerichtet, denn dort wird die Möglichkeit zur Intervention gesehen. And that´s the point of speach. L. ist keine dummer Junge, dem mit ein wenig Bildung wieder auf dem rechten Pfad verholfen werden kann. Er ist seit Jahren aktiver und überzeugter Nazi, der zudem auch noch Schulungsarbeit betreibt, und für eben jene Schulungsarbeit muss er natürlich über Gegenargumente informiert sein. Wie sonst sollte er seine Jungs und Mädels auf die Konfrontation mit der Zivilgesellschaft und deren Argumenten vorbereiten?...Ich bin auch kein Fan von 'totalitären' Verboten, Rausschmiss und Zensur, aber gefährlicher als die Feinde gegen die Demokratie sind m.E. die Feinde in der Demokratie (oder mit Adorno gesagt: "Ich betrachte das Nachleben des Nationalsozialismus i n der Demokratie als potentiell bedrohlicher denn das Nachleben faschistischer Tendenzen g e g e n die Demokratie"). Denn diese bedienen sich demokratischer Mittel für ihre nicht-demokratische/anti-demokratische Politik, die i.d.R. menschenverachtend ist. Daher: Keine Toleranz für die Feinde der Gleichwertigkeit".

Doch ist das wirklich tolerant? Ein Konflikt, der nicht einfach zu lösen ist. Am Berliner Zentrum für Antisemitismusforschung ist das Geschehen inzwischen intern ausführlich, aber noch nicht abschließend erörtert worden, berichten Mitarbeiter. In den kommenden Jahren darf man gespannt sein, ob und wie die Sommeruniversität des Zentrums vorbeugend reagiert. Die NPD wird es sicher auch, denn solche Provokationen gehören zu ihrem Politgeschäft, genau dorthin zu gehen, wo man nicht willkommen ist, um nach einem Rausschmiss der eigenen Klientel vorzugaukeln, Opfer undemokratischer Demokraten geworden zu sein. Solche 'Mutproben' schweißen in der Regel auch in den eigenen Reihen zusammen und dienen in der Neonaziszene dem Feinbilderhalt. Keine leichte Aufgabe für Demokraten.

Fussnoten