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Und Du? Was kann jederman tun? Zivilcourage gegen Neonazis. Bloß wie?

Anetta Kahane

/ 3 Minuten zu lesen

Was kann jeder Einzelne tun, um sich gegen Rechtsextremismus oder rassistische Gewalt zu engagieren? Anetta Kahane mit Antworten.

Ein Mann protestiert mit Ansteckern an der Mütze gegen einen Neonazi-Aufmarsch am 03. März 2007 im brandenburgischen Halbe. Etwa 500 Neonazis marschierten zu einem so genannten Heldengedenken am größten deutschen Soldatenfriedhof auf, etwa 300 Menschen protestierten dagegen. (© AP)

Was kannst DU tun? Bei einer Frage, die so direkt jemanden anspricht, fühlt man sich unweigerlich an ein Plakat erinnert, auf dem jemand mit dem Zeigefinger auf den Zuschauer weist und ihm dabei auffordernd in die Augen blickt. Du. Sollst. Handeln.

Ob man sich bei einem solch eindringlichen Appell eher unwohl fühlt oder ihn als Herausforderung versteht, liegt sicher ganz beim angesprochenen Betrachter. Wenn jemand fragt, was man gegen Rechtsextremismus tun kann, dann ist die Antwort meist entweder viel zu allgemein und damit nichts sagend wie zum Beispiel: ''Die Zivilgesellschaft muss vor allem Gesicht zeigen!" oder sie ist so konkret, dass es dem riesigen Thema Neonazis auch nicht gerecht wird, wenn man dazu rät: "Jeder kann die Polizei anrufen mit dem Handy." Beide Sätze stimmen natürlich und sind gleichzeitig auch albern, wenn sie als Slogan daher kommen.

Weder ist die Zivilgesellschaft oder die Politik allein für das Problem verantwortlich, noch sind es die einzelnen Leute. Wird aber der unliebsame Rechtsextremismus wie eine heiße Kartoffel zwischen der Politik und ihren Verwaltungen, zwischen der Gesellschaft und den einzelnen Bürgern immer hin und hergereicht, dann ist am Ende niemand dafür "zuständig". Und das geht nicht!

Wenn Dir etwas auffällt, wenn Du siehst, was Nazis in deiner Umgebung treiben, dann hol Dir ein paar Leute zusammen und überlegt, was Ihr 1) ganz allein machen wollt und könnt, 2) für welche Schritte Ihr bei wem Hilfe braucht und 3) wo Ihr nur noch Anregungen geben könnt, aber selbst nicht handeln könnt.

Diese Schritte zu sortieren ist wirklich sehr wichtig, sonst kann man leicht handlungsunfähig werden. Sich nicht klar zu machen, wer was kann und wen man wofür braucht ist der häufigste Grund für das Scheitern der besten Vorsätze. Weil wenn Ihr alles miteinender verknüpft und alles gleich machen wollt, entmutigt Ihr Euch selbst.

Drei Kreise

Es mag etwas komisch aussehen, aber malt Euch einen großen Kreis und zwei kleinere innen drin. Der innerste ist, was man selbst machen kann. Ideen dafür gibt es viele – stellt Euch eine Situation vor oder denkt an eine, die Ihr erlebt habt. Mit dem Handy zu telefonieren ist sicher nur eine der Möglichkeiten. Es kommt ja immer auf Situationen an. Um auf Dauer was zu verändern und nicht nur in einer bestimmten Situation braucht man mehr: mehr Zeit, mehr Aufwand, mehr Verbündete. Darauf musst Du Dich mit Deinen Leuten einstellen. Man kann Pläne machen, Leute ansprechen, Briefe schreiben, Veranstaltungen mit anderen organisieren, Aufgaben verteilen – solche Sachen eben.

Der dritte Kreis bezieht sich zum Beispiel auf politische Aspekte, wie die Frage nach Gesetzen oder die grundsätzlichen Bedingungen für Asylsuchende. Dafür muss der Atem sicher noch länger sein und Leute müssen ins Boot geholt werden, die nicht unbedingt um die Ecke wohnen: Politiker, Promis, Journalisten und andere. Das kann man alles machen, nur die Schritte solltest Du Dir vorher klar überlegen und nicht sagen: "Ehe nicht das oder jenes Gesetz anders ist, hat es eh keinen Zweck was zu tun!" Das ist entweder blöd oder eben ein Durcheinander im Kopf.

Also: Du findest schon, was Du tun kannst. Vom Handy für die Polizei bis zum großen Rockkonzert, von der Party im Schülerclub bis zur Anhörung im Bundestag. Fang einfach an. Am besten mit Herz, mit Spaß und drei Kreisen!

*) Aus: MUT-ABC für Zivilcourage. Ein Handbuch gegen Rechtsextremismus. Von Schülern für Schüler. Edition Hamouda, Leipzig, Mai 2008.

Fussnoten

Anetta Kahane, geb. 1954 in Ost-Berlin, studierte Lateinamerikanistik und arbeitete u.a. in Mosambik. 1989 war sie als Mitglied des neuen Forums am Runden Tisch für Ausländerfragen zuständig. Nach der Wende baute sie das Netzwerk der Regionalen Arbeitsstellen für Ausländerfragen in den Neuen Bundesländern auf und engagiert sich seitdem in zahlreichen Initiativen gegen Rechtsradikalismus und für Zivilcourage. Seit 1998 ist sie Vorsitzende der Amadeu Antonio Stiftung in Berlin.