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Was tun mit der NPD in Parlamenten? | Rechtsextremismus | bpb.de

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Was tun mit der NPD in Parlamenten? Ein neuer Strategien-Ratgeber aus Berlin

Mathias Wörsching

/ 11 Minuten zu lesen

Seit die NPD 2006 auch in Berlin in einzelne Bezirksparlamente eingezogen ist, stehen die Demokrat/innen in den kommunalen Gremien vor einer neuen Herausforderung: Ein politischer Gegner, der die Spielräume der demokratischen Ordnung zielbewusst ausnutzt, um eben diese Ordnung zu zerstören. Dadurch haben sich die Arbeitsbedingungen der Bezirksverordneten spürbar verändert. Ein Ratgeber des Berliner Vereins für Demokratische Kultur (VDK).

Auch ein Rezept: T-Shirt eines Berliner SPD-Abgeordneten in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) von Treptow-Köpenick, um dort gegen anwesende NPD-Abgeordnete zu protestieren. (© H. Kulick)

Seit September 2006 sind demokratische Parteien und die demokratische Zivilgesellschaft mit der Präsenz von Rechtsextremen der "National- demokratischen Partei Deutschlands" (NPD) und der "Deutschen Volksunion" (DVU) in vier Berliner Bezirksverordneten- versammlungen (BVV) konfrontiert. Zudem sind die "Republikaner" (REP) mit einem Sitz in einer BVV vertreten. Die Bezirke sind zu einer zentralen Bühne des Kampfes der Rechtsextremen um gesellschaftlichen Anschluss geworden. Die Demokrat/innen sind in den kommunalen Gremien nunmehr mit einem politischen Gegner konfrontiert, der die Spielräume der demokratischen Ordnung zielbewusst ausnutzt, um eben diese Ordnung zu zerstören und durch ein völkisch-rassistisches, autoritäres Gemeinschaftsmodell zu ersetzen. Dadurch haben sich die Arbeitsbedingungen der Bezirksverordneten spürbar verändert. Die vehemente Infragestellung demokratischer Werte durch die Rechtsextremen stellt eine Kultur des menschenrechtsorientierten und pluralistischen Miteinanders vor permanente Herausforderungen.

Das Handeln und Auftreten Rechtsextremer in den Berliner Bezirksverordnetenversammlungen folgt bestimmten strategischen Überlegungen und Vorgaben der NPD. Diese liegen letztlich auch bundesweit dem rechtsextremen Agieren in anderen kommunalen Gremien und Landtagen zugrunde. Die NPD misst der kommunalen Verankerung und daher auch der Präsenz in kommunalen Gremien eine hohe Bedeutung bei. Ihr Vorstandsmitgleid Klaus Beier hat einmal gesagt: "Kommunalpolitik ist für uns ein sehr wertvolles Feld. Sachsen hat ja bewiesen, dass es sinnvoll ist, erst in den Kommunen verankert zu sein. Über die Kommunen kommt man dann auch in [...] die Landtage und über die Landtage in den Bundestag. [...] Landesverbände werden nur dann Erfolg haben, wenn sie [...] kommunal stark verankert sind. [...] Die NPD will den parlamentarischen Weg weiter forcieren, aber wirklich mit Schwerpunkt Kommunalwahl momentan." (Zitiert nach Kneschke, Robert/Steffen, Kirstin: Mitarbeit statt Opposition? Die Strategie der NPD im Landkreis Oder-Spree (Brandenburg), Hausarbeit an der FU Berlin, Berlin 2005, S. 25).

Aus diesem Grund versucht die NPD, ihre kommunalen Mandatsträger/innen bundesweit zu koordinieren und zu professionalisieren. Dennoch klaffen der strategische Anspruch, den die Partei an sich selbst stellt, und ihre großenteils defizitäre kommunalpolitische Praxis weit auseinander. Den NPD-Verordneten gelingt es bisher nicht, die ihnen zur Verfügung stehenden politischen Möglichkeiten im Sinne ihrer Hegemoniebestrebungen auszuschöpfen. Die Hauptursache hierfür ist der allgemeine Mangel der NPD an ausreichend kompetentem und vorzeigbarem Personal. Nichtsdestotrotz fahren die rechtsextremen Verordneten kontinuierlich – wenn auch mit sehr unterschiedlichem Erfolg – in ihren Bemühungen fort, die kommunalen Gremien für ihre Zwecke zu instrumentalisieren. Die Auseinandersetzung mit rechtsextremen Bezirksverordneten wird deshalb in den kommenden Jahren eine zentrale Herausforderung demokratischer Kommunalpolitik bleiben.

Insgesamt gesehen ist die Auseinandersetzung mit den Rechtsextremen in den Berliner Bezirksparlamenten jedoch überwiegend als Erfolg für die Demokrat/innen zu bezeichnen. Mit ihrer Normalisierungsstrategie konnten die NPD bisher keine größeren Durchbrüche erzielten. Den Rechtsextremen gelang es in den letzten zwei Jahren nicht, sich als kommunalpolitisch kompetente und akzeptierte politische Akteure zu etablieren. So musste selbst Udo Voigt, NPD-Bundesvorsitzender und Bezirksverordneter in Treptow-Köpenick, im März 2008 bei einer Veranstaltung im Rathaus Treptow vor Anhänger/innen eingestehen: "Eine konstruktive Mitarbeit der NPD in den Bezirksverordnetenversammlungen kommt nicht vor."

Auch die öffentlichkeitswirksamen Inszenierungen, mit denen sich die NPD als Sprachrohr desjenigen Teils der Bevölkerung zu etablieren versucht, der mit rechtsextremer Ideologie sympathisiert, brachten nur selten den gewünschten Erfolg. Die demokratischen Parteien wiesen solche rechtsextremen Provokationen meist wirkungsvoll zurück.

Den in den Parlamenten vertretenen Demokraten und Demokratinnen gelang es also durchaus, die Ächtung und Stigmatisierung der Rechtsextremen aufrechtzuerhalten und deren Spielräume stark zu begrenzen. Die Berliner Praxis bestätigt damit die erfolgreichen Erfahrungen, der Demokrat/innen im Landtag Mecklenburg-Vorpommerns. An den derzeitigen, im demokratischen Konsens vereinbarten Grundlinien der Auseinandersetzung mit Rechtsextremismus in Berlins kommunalen Gremien sollte daher weiterhin konsequent festgehalten werden. Besonders im Hinblick auf das "Superwahljahr" 2009, in dem Europa- und Bundestagswahlen sowie in mehreren Bundesländern Landtags- und Kommunalwahlen stattfinden, ist von einer gesteigerten Aktivität nicht nur der Berliner Rechtsextremen auszugehen. Zudem lassen die Erfahrungen aus den letzten Wahlkämpfen eine zunehmende Konfrontation zwischen Rechtsextremen und Demokrat/innen erwarten. Diesen absehbaren Entwicklungen sollte bereits präventiv begegnet werden. Um die Fraktionen, Unterorganisationen und Mitglieder der demokratischen Parteien angemessen auf das Wahljahr vorzubereiten, ist es empfehlenswert, die bisher gemachten positiven und negativen Erfahrungen genauer in den Blick zu nehmen. Aus ihnen können wertvolle Impulse für die kontinuierliche Weiterentwicklung demokratischer Handlungsweisen gezogen werden.

Die Auseinandersetzung mit Rechtsextremismus als kommunalpolitische Querschnittsaufgabe – Dokumentation von Praxisbeispielen

Das Engagement gegen Rechtsextremismus darf nicht die Aufgabe einzelner Akteure in den Bezirken bleiben. Die politische Herausforderung liegt vielmehr in einem gemeinsamen Agieren von demokratisch gewählten Mandatsträger/innen, Verwaltungen und der örtlichen demokratischen Zivilgesellschaft. Die folgenden Beispiele repräsentieren nur einen kleinen Ausschnitt aus der vielfältigen Praxis demokratischen Handelns in der Beschäftigung mit Rechtsextremismus in den Berliner Bezirken. Sie sollen verdeutlichen, wie unterschiedlich sich die politischen und vorpolitischen Handlungsfelder darstellen, in denen Prävention und Intervention stattfinden können, aber auch, welche Bandbreite an Maßnahmen für Demokratieentwicklung möglich ist:

Städtische und kommunale Selbstverpflichtungen

Ziel kommunalen Handelns sollte es sein, Rechtsextremen entschlossen entgegenzutreten und ihnen – sowohl sozialräumlich als auch im Rahmen lokaler Diskurse – mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln der Prävention und Intervention Räume zu verwehren. Stattdessen sollten diese demokratisch gefüllt und besetzt werden. Die Entwicklung eines kommunalen Leitbildes für eine gelebte, menschenrechtsorientierte Demokratie, auf dessen Grundlage sich die Kommune gegenüber Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus abgrenzt, ist hierfür eine wesentliche Voraussetzung. Ein solches Leitbild bedeutet mehr als eine rein symbolische Positionierung. Es verschafft den kommunalen Akteuren in Politik, Verwaltung und Zivilgesellschaft die notwendige Handlungssicherheit und bildet einen Verständigungsrahmen, auf den sich die Handelnden bei ihren Schritten und Maßnahmen beziehen können. Das handlungsleitende Ziel ist ein qualitativer Demokratiebegriff, der sich an den im Grundgesetz festgelegten unveräußerlichen Menschenrechten orientiert, ihre Verwirklichung anstrebt und sich gegen ihre Verletzung oder Einschränkung zur Wehr setzt.

Der Herausforderung des Rechtsextremismus können die Demokrat/innen nicht ausweichen. Das raumgreifende Vorgehen der Rechtsextremen und die schleichende Normalisierung rechtsextremer Positionen und Erscheinungen muss konsequent und möglichst geschlossen von den Demokrat/innen zurückgewiesen werden. Rechtsextreme stehen außerhalb des demokratischen Grundkonsenses. Sich dies durch die Entwicklung eines menschenrechtsorientierten kommunalen Leitbilds noch einmal zu verdeutlichen, vermittelt den kommunalpolitischen Akteuren Sicherheit in ihren Handlungen. Auf dieser Grundlage muss die Auseinandersetzung mit Rechtsextremismus – ebenso wie die Verteidigung der demokratischen Kultur und ihrer Werte – als eine gemeinsame Querschnittsaufgabe der kommunalen Politik und Verwaltung begriffen werden. Sie sollte in den unterschiedlichen kommunalen Verantwortungsbereichen und gesellschaftlichen Sphären zur Handlungsmaxime gemacht werden – sei es in der Jugendeinrichtung, der Elternvertretung oder dem Sportverein. So kann das kommunale Leitbild beispielsweise in Raumnutzungsverträgen, Sportstättenordnungen, Schul- und Hausordnungen sowie Vereinssatzungen seine praktische Umsetzung finden. Ergänzt wird dies durch eine Haltung der Politik und Verwaltung, die demokratisches, zivilgesellschaftliches Engagement unterstützt. Das Eintreten für Menschenrechte, für Partizipation und für die Opfer des Rechtsextremismus muss in seinem Wert anerkannt, ermutigt und gefördert werden.

Vor diesem Hintergrund ist von besonderem Interesse, dass Berlin im März 2006 der "Europäischen Städte-Koalition gegen Rassismus" beigetreten ist, einem Teil Netzwerks "Internationale Städte-Koalition gegen Rassismus", das 2004 durch die UNESCO initiiert worden ist. Sie stellt die Bedeutung der Kommunen heraus, "wenn es darum geht, eine tolerante und solidarische Gesellschaft zu gestalten und allen Stadtbewohnern, gleich welcher nationalen, ethnischen, kulturellen, religiösen oder sozialen Zugehörigkeit, ein Leben in Würde, Sicherheit und Gerechtigkeit zu ermöglichen". Sinn der Vernetzung ist es, sich über zielführende kommunale Strategien auszutauschen und dabei gegenseitige Unterstützung zu erfahren.

Die Mitglieder der Städte-Koalition verpflichten sich einem "Zehn-Punkte-Aktionsplan zur Bekämpfung von Rassismus auf kommunaler Ebene in Europa", in dem zahlreiche Handlungsansätze benannt werden. Viele dieser Ansätze, die im Aktionsplan genannt werden, finden in Berlin bereits ihre Umsetzung. So wird zum Beispiel die in Punkt drei geforderte "Unterstützung für die Opfer von Rassismus und Diskriminierung" bereits seit Jahren durch das überbezirklich agierende Projekt "Reach Out" geleistet.

Registerstellen zur Erfassung rechtsextremer Vorfälle

Die Registerstellen erfassen rassistische, antisemitische und rechtsextrem motivierte Vorfälle in den Bezirken Treptow-Köpenick, Lichtenberg, Pankow und Marzahn-Hellersdorf. Im Gegensatz zu polizeilichen Statistiken werden hier nicht nur gewalttätige Vorfälle erfasst, sondern ebenso rechtsextreme und antisemitische Schmierereien, Plakate, Aufkleber und Pöbeleien, die unterhalb der Schwelle zur offenen Gewaltanwendung liegen. Derartige Vorfälle werden häufig nicht zur Anzeige gebracht oder sind strafrechtlich nicht relevant, beeinflussen jedoch das Klima im Bezirk sowie das alltägliche Leben der direkt Betroffenen. Durch die Erfassung der Gesamtheit von Vorfällen unabhängig von ihrer strafrechtlichen Relevanz lässt sich ein deutlich genaueres Bild über das Ausmaß rechtsextremer Vorfälle und Propaganda-Aktivitäten in den Bezirken zeichnen. Gleichzeitig können so Schwerpunkte des demokratischen Handlungsbedarfs besser erkannt sowie zielgerichtete und konkrete Handlungsstrategien entwickelt werden.

Anerkennung zivilgesellschaftlichen Engagements

Kommunalpolitik kann spürbar zur Verbesserung der politischen und materiellen Rahmenbedingungen für zivilgesellschaftliches Engagement beitragen. Um zivilgesellschaftliche Initiativen als Kompetenzträgerinnen für alltägliche Strategien der Demokratieentwicklung aufzuwerten, ist die Anerkennung von ehrenamtlichen Engagement durch Vertreter/innen der Kommunalpolitik sehr wichtig. So verleiht zum Beispiel der Bezirk Pankow seit 2002 zum alljährlichen "Internationalen Tag des Ehrenamtes" am 5. Dezember mehrere Preise an engagierte Bürger/innen aus dem Bezirk. Bei der vierten Preisverleihung im Jahr 2005 wurde unter anderem das Pankower "Netzwerk gegen Rassismus, Antisemitismus und rechte Gewalt" für seine kreativen "Aktionen gegen Rechtsextremismus" ausgezeichnet.

Öffentlich eigene Akzente setzen

Um sich auch als BVV öffentlich klar gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus zu positionieren, werden in Marzahn-Hellersdorf regelmäßig Ausstellungen in den Räumen der BVV gezeigt. Dazu gehörte unter anderem die von der "Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschisten" (VVN-BdA) konzipierte Wanderausstellung "Neofaschismus in der BRD". Schüler/innen aus dem Bezirk erhielten wiederholt die Möglichkeit, in den Sitzungen der BVV ihre Projekte für Demokratie und Menschenrechte vorzustellen.

Überdies finden im Rahmen der BVV regelmäßig mehrere Gedenkaktivitäten statt: am 27. Januar jeden Jahres für die Opfer des Nationalsozialismus, zusammen mit einer Kranzniederlegung an der Stele für Zwangsarbeiter/innen, am 8. Mai an sowjetischen Ehrenmalen im Bezirk, im Juni für die von den Nationalsozialisten verfolgten und ermordeten Roma und Sinti sowie im September Lesungen "gegen das Vergessen und Verdrängen". Diese und andere Aktivitäten wurden auf einem ansprechenden Plakat präsentiert, um die vielfältige Auseinandersetzung mit Rechtsextremismus, die von der BVV geleistet wird, einer breiteren Öffentlichkeit bekannt zu machen.

Proteste gegen rechtsextreme Veranstaltungen

Im Bezirk Treptow-Köpenick führte die NPD in den letzten beiden Jahren drei Veranstaltungen in bezirkseigenen Räumen durch. Obwohl diese Veranstaltungen teilweise erst sehr kurzfristig in der Öffentlichkeit bekannt wurden, gelang es den demokratischen Parteien gemeinsam mit anderen zivilgesellschaftlichen Gruppen und Initiativen, ihrem breiten Protest gegenüber dieser raumgreifenden Normalisierungsstrategie der Rechtsextremen öffentlich und kreativ Ausdruck zu verleihen.

Im August 2008 konnte das Bezirksamt bei einer öffentlichen Veranstaltung der NPD-Fraktion der Verbreitung von rassistischem, antisemitischem und rechtsextremem Gedankengut in bezirkseigenen Räumen erfolgreich Einhalt gebieten. Derartige Äußerungen wurden für die Zeit der Veranstaltung durch einen entsprechenden Nutzungsvertrag unter Vertragsstrafe gestellt. Im Vorfeld der NPD-Veranstaltung unter anderem die Ausstellung "'Neofaschismus in der BRD" der VVN-BdA im Rathaus an zentraler Stelle aufgebaut. Vor dem Gebäude versammelten sich zahlreiche Menschen und protestierten gegen die rechtsextreme Provokation.

Den öffentlichen Raum demokratisch beleben

Der Ortsteil Rudow im Süden des Bezirks Neukölln stellt seit Jahren einen Schwerpunkt rechtsextremer Aktivitäten dar. Die dortigen rechtsextremen Strukturen, die über Jahre gewachsen sind, zeichnen sich durch Aktionsorientierung und Gewaltbereitschaft aus. Ihnen gelingt es immer wieder, Jugendliche zu rekrutieren und einzubinden. Die vor allem jugendlichen Rechtsextremen beziehungsweise rechtsextrem Orientierten prägen an mehreren Orten das Klima des Stadtteils, etwa am Verkehrsknotenpunkt "Rudower Spinne". Vorläufiger Höhepunkt der rechtsextremen Aktivitäten im März und April 2008 waren zwei Brandanschläge auf Wohnhäuser von Familien mit Migrationshintergrund im sogenannten Rudower "Blumenviertel".

Diese Brandanschläge gaben Anlass zur Entwicklung des Projekts "Intervention gegen Rechtsextremismus in Rudow" durch das Bezirksamt in Zusammenarbeit mit dem "Aktionsbündnis Rudow für Demokratie und Toleranz", dem Trägerverein "Interkulturelles Beratungs- und Begegnungs-Centrum" (IBBC e.V.) sowie der "Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus Berlin". Ziel dieses Projektes ist zum einen die Stärkung und Unterstützung insbesondere von Menschen mit Migrationshintergrund im Blumenviertel. Hierzu wird eine aktivierende Befragung in der Nachbarschaft durchgeführt. Zum anderen sollen die Anwohner/innen öffentlichkeitswirksam für die Problemlagen des Rechtsextremismus und Rassismus im direkten Wohnumfeld zu sensibilisieren und ihr Engagement für Demokratie und Respekt zu wecken. An der Rudower Spinne und auf öffentlichen Bussen, die diesen Verkehrsknotenpunkt sowie das Blumenviertel passieren, waren – zeitlich befristet – großflächige Bekenntnisse zu Demokratie und Toleranz zu lesen. An der Rudower Spinne fanden begleitend Informationsstände statt. Mit ihnen verlieh die Bezirkspolitik ihrem politischen Willen öffentlich Ausdruck und zeigte demokratische Präsenz. Zudem wurde den Bürger/innen die Möglichkeit des Austauschs und der Beratung eröffnet. Ermöglicht wurde das Projekt durch Mittel aus dem Bundesprogramm "kompetent. Für Demokratie" sowie dem Berliner Landesprogramm "Maßnahmen gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus".

Potenziale von Jugendarbeit nutzen

Im Bezirk Lichtenberg wurde per BVV-Beschluss ein Bekenntnis zu Demokratie und Toleranz in die Leistungsverträge aller freien Träger der Jugendarbeit aufgenommen: Diese verpflichten sich gegenüber dem Jugendamt, "die Angebote in der Jugendfreizeiteinrichtung so zu gestalten, dass die aktive Gleichstellung von Mädchen und Jungen, jungen Frauen und jungen Männern sowie die Vielfalt von Lebensweisen und sexueller Identität Berücksichtigung finden", sowie "alle Angebote frei von diskriminierenden Inhalten zu gestalten und [...] insbesondere Rechtsextremismus und Antisemitismus abzulehnen".

Ein ähnlicher Prozess fand in Treptow-Köpenick statt. Hier haben das Jugendamt sowie Jugendarbeiter/innen öffentlicher und freier Träger mit Unterstützung der Berliner "Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus Berlin (MBR)" Materialien zum professionellen Umgang mit Rechtsextremismus erarbeitet. Der Jugendhilfeausschuss des Bezirkes hat die Arbeitsergebnisse als verbindlich beschlossen beziehungsweise der Jugendarbeit als Hilfestellung für die Praxis empfohlen.

Literaturtipps zum Thema Rechtsextremismus in Parlamenten

Beier, Katherina/Bogitzky, Jenny/Buchstein, Hubertus/Feike, Katharina/Fischer, Benjamin/Freyber, Pierre/Strüwing, Mathias/Wiedemann, Tim: Die NPD in den kommunalen Parlamenten Mecklenburg-Vorpommerns, Greifswald 2006.

Brodkorb, Mathias/Schlotmann, Volker: Provokation als Prinzip. Die NPD im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern, hrsg. von der SPD-Landtagsfraktion Mecklenburg-Vorpommern, Rostock 2008.

CDU-Fraktion im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern (Hrsg.): Aktiv für Demokratie und Toleranz. Handreichung zum Umgang mit Rechtsextremisten, Schwerin 2008.

Eckel, Annika: Kalkulierte Tabubrüche und wehrhafter Opfermythos. Selbstinszenierung der Berliner NPD in der Kommunalpolitik, in: apabiz – Antifaschistisches Pressearchiv und Bildungszentrum e.V./Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus Berlin (MBR) (Hrsg.): Berliner Zustände 2007. Ein Schattenbericht über Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus, Berlin 2008, S 37-45.

Hafeneger, Benno/Schönfelder, Sven: Politische Strategien gegen die extreme Rechte in Parlamenten – Folgen für kommunale Politik und lokale Demokratie. Eine qualitative Studie im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung, Forum Berlin, Berlin 2007.

Horáček, Milan/Striegel, Sebastian (Hrsg.): Nazis in den Parlamenten, Halle 2008.

Kneschke, Robert/Steffen, Kirstin: Mitarbeit statt Opposition? Die Strategie der NPD im Landkreis Oder-Spree (Brandenburg), Hausarbeit an der FU Berlin, Berlin 2005.

Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus Berlin (Hrsg.): "Kampf um die Rathäuser'#. Berliner Kommunalpolitik zwischen rechtsextremer Normalisierungsstrategie und demokratischem Handeln, Berlin 2007.

Niemann, Laura: Die NPD im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern. Ihre Parlamentsarbeit im ersten Jahr, Greifswald 2008.

Fussnoten

Mathias Wörsching ist Leiter des Projekts ''Auseinandersetzung mit Rechtsextremismus in kommunalen Gremien Berlins - Dokumentation und Analyse'', einem Projekt des Vereins für Demokratische Kultur in Berlin e.V. (VDK) in Kooperation mit der der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus Berlin (www.mbr-berlin.de) unter Leitung von Bianca Klose. Dieser Text ist ein Auszug aus der im Dezember 2008 erschienenen Broschüre ''Berliner Erfahrungen - Zwei Jahre demokratische Auseinandersetzungen mit Rechtsextremen in kommunalen Gremien'', herausgegeben vom Verein für Demokratische Kultur in Berlin e.V. Die Broschüre kann als PDF heruntergeladen werden unter: www.vdk-berlin.de. Das Projekt ist erreichbar unter doku-und-analyse@vdk-berlin.de.