Die gesellschaftliche Haltung gegenüber MigrantInnen und Minderheiten gilt als wichtiger Indikator für den sozialen Zusammenhalt, da sie die Integrationsbemühungen von MigrantInnen und Minderheiten stark beeinflussen kann. Auch die Einstellungen der MigrantInnen sind für den sozialen Zusammenhalt relevant. Die meisten Assimilationstheorien gehen davon aus, dass die Anpassung der Einstellungen von MigrantInnen an die Einstellungen der Mehrheit auf eine erfolgreiche kulturelle Integration hindeutet. Die Einstellungen gegenüber ZuwandererInnen sowie die Einstellungen von ZuwandererInnen selbst sind daher seit längerem Untersuchungsgegenstand der Sozialwissenschaften. Während sich aktuell die meisten Debatten in Europa auf muslimische Minderheiten beziehen, betonen einige AutorInnen auch einen potenziellen Konflikt zwischen West- und OsteuropäerInnen. Spätestens jedoch seit der "Flüchtlingskrise" im Jahr 2015 stehen MigrantInnen aus dem Nahen Osten sowie MigrantInnen aus Nordafrika im Fokus der deutschen Debatte. Dies ist möglicherweise durch die enorme logistische Anstrengung, die die Krise mit sich gebracht hat, zu erklären. Aber auch die wachsenden nationalistischen Ansichten bei einigen BürgerInnen, die mit der Aufnahme von Flüchtlingen nicht einverstanden waren, haben die öffentliche Debatte mitbestimmt.
Rechtspopulismus und Einstellungen gegenüber Migration
Einige rechtsextreme oder rechtspopulistische politische Bewegungen in Deutschland, von denen Pegida wohl das bekannteste Beispiel ist, haben die Überzeugung von unüberbrückbaren kulturellen Unterschieden zwischen einheimischen und eingewanderten Bevölkerungsgruppen wieder stark gemacht. So werden unterschiedliche Werte von MigrantInnen hinsichtlich der demokratischen Ordnung, den Rechten von Frauen, der Rolle von Religion im öffentlichen Leben oder auch der der Sexualität angenommen und als unüberbrückbar wahrgenommen. Die Partei Alternative für Deutschland (AfD), die einen Großteil dieser Ansichten teilt, hat zuletzt bei der Bundestagswahl 2017 12,6% der Stimmen erhalten.
Deutschland ist im Hinblick auf andere europäische Staaten und auch global gesehen kein Einzelfall, wenn es um das Erstarken von nationalistischen, populistischen und fremdenfeindlichen Einstellungen in der Bevölkerung geht. Ein ähnlicher Prozess ist auch in Polen zu beobachten, wo seit 2015 die rechtspopulistische Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) regiert. Zwei Jahre nachdem die Partei erstmals die absolute Mehrheit in beiden Kammern der polnischen Nationalversammlung erzielt hat, erfährt sie weiterhin eine starke Unterstützung von der Bevölkerung. Trotz einer Politik, die den Abbau der Demokratie in Polen zur Folge hat, unterstützen laut der Meinungsumfrage von IBRiS vom 24. September 2017 38,6% der Bevölkerung weiterhin die Regierung. Kukiz’15, eine rechtsradikale und systemkritische Bewegung, die derzeit schon drittstärkste Kraft im Sejm ist, wird landesweit von weiteren 8,2% der Bevölkerung gewählt. Das Erstarken des Rechtspopulismus in Polen erscheint noch dramatischer, wenn man die vorherige Wahl von 2013 betrachtet. Damals hatten noch 57,4% der Polinnen und Polen liberale oder linke Parteien gewählt, während die PiS, die damals einzige rechte Partei von Bedeutung, 29,9% der Stimmen erhielt. Die liberalen Parteien (Nowoczesna und Bürgerplatform) kommen heute zusammen nur noch auf 28,1% der Stimmen, die linken Parteien (SLD und Razem) lediglich auf 8,2%. Innerhalb von vier Jahren haben sich die Proportionen umgedreht.
Rassistisch motivierte Kriminalität in Polen
Auch die Anzahl der rassistisch motivierten Delikte in Polen ist zwischen 2011 und 2017 deutlich gestiegen, von etwa 20-50 pro Jahr zwischen 2000 und 2010 auf 98 im Jahr 2012, 196 im Jahr 2013, 262 im Jahr 2014, und jeweils rund 760 in den Jahren 2015 und 2016. Zudem richten sich die Taten seit 2015 insbesondere gegen Musliminnen und Muslime. Die polnische Bevölkerung ist heute noch konservativer und rechtsradikaler eingestellt als noch vor einigen Jahren und auch im Vergleich zu den meisten WesteuropäerInnen sind rechtsradikale und rechtspopulistische Einstellungen bei der polnischen Bevölkerung weiter verbreitet. Rechtsradikale Sichtweisen und politische Akteure sind somit deutlich stärker als in Deutschland.
Es stellt sich daher die Frage, wie sich die Unterstützung für rechtsradikale Parteien und menschenfeindliche Einstellungen unter den polnischstämmigen Menschen, die in Deutschland leben, verteilt. Teilen sie die Tendenzen aus ihrem Heimatland und von den deutschen Bewegungen wie Pegida, oder ähneln ihre Einstellungen eher der Mehrheit der deutschen Bevölkerung?
Polnischstämmige in Deutschland
Bevor wir diese Frage beantworten können, müssen wir erst definieren, wen wir unter den Polnischstämmigen verstehen. Etwa jede/r fünfte EinwohnerIn Deutschlands hat einen Migrationshintergrund, was bedeutet, dass sie selbst, ihre Eltern oder Großeltern nach Deutschland eingewandert sind. Dabei kommt jede zehnte Person mit Migrationshintergrund aus Polen. Mit Blick auf die jüngere Zuwanderung zeigt sich sogar, dass seit 1996 die meisten Zuwanderinnen und Zuwandere aus Polen kommen. Die Anzahl der Menschen mit polnischer Herkunft in Deutschland wird heute auf 1,5-2 Millionen geschätzt, was 2,5-3% der Gesamtbevölkerung ausmacht. Von diesen besitzen fast 700.000 Menschen die polnische Staatsbürgerschaft. Obwohl die Polnischstämmigen nach den Türkischstämmigen die zweitgrößte nichtautochthone Bevölkerungsgruppe in Deutschland sind, kommen sie aufgrund ihrer Vielfalt nicht als solche in den offiziellen Statistiken vor. Dies ist besonders dann der Fall, wenn es um die rechtliche Lage geht – viele sind als AussiedlerInnen oder SpätaussiedlerInnen nach Deutschland gekommen, andere als politische Flüchtlinge und viele aus ökonomischen oder ausbildungsbezogenen Gründen. Ebenso sind die Polnischstämmigen kaum als solche im Alltagsleben in der Bundesrepublik sichtbar. Die meisten sind relativ gut integriert, viele sogar assimiliert.
Sichtbarkeit und politische Selbstorganisation
Es gibt derzeit nur wenige kulturelle oder politische Institutionen in Deutschland, in denen sich Polnischstämmige gemeinsam organisieren. Die meisten Polnischstämmigen sind in Deutschland weder durch kulturelle Gebräuche noch durch Äußerlichkeiten als besondere Gruppe zu erkennen. Sie betreiben keine Geschäfte oder Gotteshäuser, die sich von denen der deutschstämmigen Bevölkerung unterscheiden lassen. Auch die Wahrnehmung der Deutschen bestätigt diese Unsichtbarkeit: die Anzahl von Polnischstämmigen in Deutschland wird von den Menschen stark unterschätzt. Dies muss aber nicht unbedingt ein Problem darstellen, es kann auch einfach ein Zeichen von gelungener Integration sein.. Die Unsichtbarkeit der Polnischstämmigen führt jedoch auch dazu, dass sie häufig systematisch vernachlässigt und übersehen werden. Die fehlende Wahrnehmung zeigt sich auch in der relativ geringen Anzahl an empirischen Studien über Polnischstämmige in Deutschland. Im Sozio-ökonomischen Panel (SOEP) zum Beispiel, der seit 1984 durchgeführten größten Wiederholungsbefragung Deutschlands, sind in der Ausländerstichprobe Menschen türkischer, italienischer, spanischer, griechischer und (ehemals) jugoslawischer Nationalität vertreten, jedoch keine Polinnen und Polen.
Mangel an wissenschaftlichen Studien
Die wenigen wissenschaftlichen Studien, die es zu Menschen polnischer Herkunft in Deutschland gibt, sind meistens deskriptiv und bieten nur selten eine vergleichende Perspektive. Das bedeutet leider auch, dass kaum etwas über die Meinungen und Einstellungen von Polnischstämmigen in Deutschland bekannt ist. Es gibt zudem kaum Studien, die sich explizit mit nationalistischen Einstellungen sowie mit gruppenbasierter Menschenfeindlichkeit innerhalb dieser Gruppe beschäftigen. Die zwei einzigen Forschungsprojekte, die dieses Thema behandeln, sind am kürzlich gegründeten Berliner Institut für empirische Integrations- und Migrationsforschung (BIM) angesiedelt.
Obwohl die Polnischstämmigen in Deutschland eine sehr vielfältige Gruppe bilden, teilen sie einige Merkmale, die sie von Polnischstämmigen in anderen Ländern, vor allem von denen in den USA oder in Frankreich, unterscheiden. Posern-Zieliński benennt neun solcher Merkmale, von denen jedoch nur drei für unsere Frage relevant sind. Erstens war der Einfluss der politischen Migration auf die Entstehung der polnischen Migrationsgruppe in Deutschland, im Gegensatz zu z.B. Frankreich und den USA begrenzt. Die meisten Polinnen und Polen sind aus ökonomischen oder familiären Gründen nach Deutschland migriert. Zweitens gibt es einen ständigen Zustrom an neuen Migrantinnen und Migranten aus Polen und drittens zeichnet sich die Gruppe durch einen engen und regelmäßigeren Kontakt zum Herkunftsland aus. Dies lässt vermuten, dass die meisten Polnischstämmigen in Deutschland einerseits weniger politisch aktiv und interessiert sind, und andererseits, dass sie von der politischen und sozialen Stimmung in Polen beeinflusst werden.
Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit in Polen und Deutschland
Das Konzept der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit basiert auf der Theorie von Wilhelm Heitmeyer, die davon ausgeht, dass Vorurteile und abwertende Einstellungen gegenüber unterschiedlichen Menschengruppen oft in Zusammenhang stehen. Wer rassistische Einstellungen hat, zeichnet sich also wahrscheinlich auch häufiger durch Sexismus, Antisemitismus oder Muslimfeindlichkeit aus. Alle „Fremden“ oder „Anderen“ werden als ähnlich oder sogar als identisch wahrgenommen und in eine Kategorie von Menschen, die man „nicht mag“, gesteckt. Eigenschaften des „Anderen“ werden pauschalisiert und verallgemeinert („Alle Frauen sind…“, „Alle Muslime sind…“). Empirische Befunde lassen den Schluss zu, dass es zehn Elemente der Menschenfeindlichkeit gibt: Fremdenfeindlichkeit, Rassismus, Antisemitismus, Muslimenfeindlichkeit, Sexismus, die Abwertung von homosexuellen, behinderten, obdachlosen und langzeitarbeitslosen Menschen sowie die Demonstration von Etabliertenvorrechten gegenüber Neuankömmlingen.
Intoleranz, Vorurteile und Diskriminierung
Laut der Studie von Zick, Küpper, und Hövermann "Die Abwertung der Anderen. Eine europäische Zustandsbeschreibung zu Intoleranz, Vorurteilen und Diskriminierung" ist gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit europaweit verbreitet. Die einzelnen Länder unterscheiden sich jedoch im Ausmaß. In den Niederlanden zum Beispiel ist sie vergleichsweise gering ausgeprägt, in Polen, Ungarn und teilweise auch Portugal vergleichsweise hoch. Deutschland liegt zwischen den Extremen, genauso wie Großbritannien, Frankreich und Italien. In allen Ländern teilt etwa ein Drittel der Bevölkerung menschenfeindliche Einstellungen. In einigen Ländern erweisen sich bis zu zwei Drittel als menschenfeindlich gegenüber konkreten Gruppen. Innerhalb der Länder gibt es zudem signifikante Unterschiede nach Ausbildung, Wohnort (Stadt vs. Land), Alter, Einkommen und Geschlecht. Eine zentrale These ist: Je besser ausgebildet, jünger oder verdienend die Menschen sind, desto weniger menschenfeindlich sind sie. Auch die in größeren Städten lebende Bevölkerung zeigt mehr Toleranz. Mit dem Geschlecht gestaltet es sich etwas komplizierter. Zwar sind Frauen deutlich seltener homophob, gleichzeitig vertreten sie jedoch vergleichsweise häufig muslimfeindliche Einstellungen.
Islamfeindlichkeit, Fremdenfeindlichkeit, und Rassismus
Hinsichtlich Islamfeindlichkeit, Fremdenfeindlichkeit, und Rassismus existieren nur geringfügige Unterschiede zwischen den Ländern. Im Ausmaß an Antisemitismus, Sexismus und Homophobie unterscheiden sich die Länder dagegen deutlich. Dies gilt auch für die Unterschiede zwischen Polen und Deutschland. Polen sind häufiger antisemitisch, sexistisch und homophob als Deutsche, jedoch im ähnlichen Ausmaß rassistisch und muslimfeindlich. Nach dem Global Attitudes Survey sind in Polen, Großbritannien und Deutschland negative Ansichten über etwa Roma gleichermaßen präsent. Gleichzeitig zeigen die Daten vom European Social Survey, dass sich die Deutschen und Polinnen und Polen wenig unterscheiden hinsichtlich der Beurteilung von den Folgen der Einwanderung für die Wirtschaft oder Kultur ihres Landes. Auch sind die BürgerInnen beider Nationen weniger tolerant als Staatsangehörige von Luxemburg, Österreich oder der Schweiz, wenn es um Akzeptanz einer AusländerIn als ChefIn oder Familienmitglied geht. Die Studien zeigen auch, dass die StadtbewohnerInnen in Deutschland toleranter gegenüber ethnischen oder religiösen Differenzen sind als die BewohnerInnen ländlicher Gebiete. Für Polen jedoch zeigen die Umfragen, dass der Wohnsitz die Haltung gegenüber Menschen anderer Ethnien, Nationalitäten oder Konfessionen nicht beeinflusst. Laut einer Umfrage des Zentrums für öffentliche Meinungsforschung (Centrum Badania Opinii Społecznej – CBOS) wirkt sich der Wohnort jedoch auf die Einstellungen gegenüber bestimmten Gruppen aus, die auch laut anderen Studien häufig mit negativen Stereotypen verbunden und stigmatisiert werden. Demnach werteten vor allem Menschen, die nicht in Städten wohnen, „Homosexuelle“, „Prostituierte“, „Menschen mit psychischen Erkrankungen“ und „Mitglieder religiöser Sekten“ ab.
Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit bei Polnischstämmigen in Deutschland
Die gegenwärtige polnische Migration nach Deutschland zeichnet sich durch einige demographische Merkmale aus, die für die Bewertung gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit bei Polnischstämmigen in Deutschland besonders relevant sind. Etwa zwei Drittel polnischer MigrantInnen kommen aus Städten. Hinzu kommt, dass die Migranten aus Polen vergleichsweise besser ausgebildet und öfter weiblich sind. Besonders die neuen Migrationsströme von Polen nach Deutschland werden von jungen, gut ausgebildeten, weiblichen Einwanderern aus Städten dominiert – also von Menschen, die vielmehr eine positive Haltung gegenüber kultureller Vielfalt haben. Die wenigen empirischen Studien zu Polnischstämmigen in Deutschland zeigen, dass ihre politischen Einstellungen irgendwo zwischen den polnischen und deutschen Mittelwerten liegen. Im Vergleich zu den Deutschen zeigt sich eine eher konservative Ausrichtung bei der Sonntagsfrage: Laut einer Studie von Nowicka, Krzyżowski und Ohm fanden die Befragten von den deutschen Parteien die CDU und FDP am besten (27% insgesamt); die SPD, die Grünen und die Linke wählten insgesamt 19%. Die AfD fanden 11% am besten, allerdings nur 7% der Frauen, aber 16% der Männer. 16% aller befragten Personen waren unentschlossen, während 21% überhaupt nicht wählen würden. Der letzte Punkt ähnelt sehr der polnischen Politlandschaft, wo die Wahlbeteiligung meistens nur um die 60% liegt. Viele polnische Migranten in Deutschland sind also in ähnlicher Weise politisch passiv wie die polnische Bevölkerung selbst. Zusammenfassend kann man also sagen, dass polnische MigrantInnen im Vergleich zur deutschen Bevölkerung etwas konservativer und wirtschaftsliberaler wählen, während sich keine Unterschiede hinsichtlich der Präferenz rechtsextremer oder rechtspopulistischer Parteien erkennen lassen.
Vergleich des Wahlverhaltens
Zudem ist es hilfreich, das Wahlverhalten von polnischen Stimmberechtigten, die in Deutschland leben und in Konsulaten wählen gehen, mit dem der polnischen Bevölkerung zu vergleichen. Bei der Parlamentswahl 2015 haben sich die Stimmen von Polinnen und Polen, die in Deutschland leben, so verteilt: Rechtpopulisten und Rechtsradikale (PiS, Kukiz’15 und KORWiN) – 49,7%, Liberale (Bürgerplatform und Nowoczesna) – 37,42% und linke Parteien (ZL, Razem) – 12,33%.. Die Werte für die drei Gruppen in Polen sahen so aus: 51,15%, 31,69% und 11,17%. In Deutschland lebende Polinnen und Polen tendieren also ein wenig mehrzu liberalen und linken Parteien.
Eine kürzlich erschienene Studie von Nowicka und Krzyżowski kommt zu den gleichen Ergebnissen. Sie untersuchte die soziale Distanz (also die Bereitschaft, jemanden aus einer Minderheitengruppe in unterschiedlichen Rollen wie z.B. Nachbar, Geschäftsbedienung, Arzt, enger Freund, Kinderbetreuer oder Lebenspartner zu akzeptieren) zwischen Polnischstämmigen in Deutschland und Großbritannien. Auch hier liegen die Einstellungen der Polnischstämmigen in Deutschland zwischen den Einstellungen der deutschen Bevölkerung und den Polinnen und Polen selbst. Ein genauer Blick zeigt aber eine Anpassungstendenz: wo die Bevölkerung Deutschlands wenig Toleranz zeigt, z.B. gegen Roma oder Muslime, bleibt auch die Intoleranz der Polnischstämmigen hoch. Interessanterweise trennen Polnischstämmige Türken von Muslimen, und zeigen weniger Menschenfeindlichkeit gegen Türken, wenn sie ohne Religion genannt sind. Vor allem sind aber bestimmte Kombinationen negativ beurteilt: zum Beispiel stoßen muslimische Männer öfter auf Ablehnung als Musliminnen. Dort, wo die Unterschiede zwischen den zwei Ländern besonders groß sind – z.B. in Bezug auf Homosexuelle, Schwarze oder Juden, sind die Polnischstämmigen in Deutschland deutlich toleranter als ihre Landsleute in Polen. Die Frage, ob es sich um einen positiven Einfluss der toleranteren deutschen Bevölkerung handelt, oder ob es eher ein Selbstselektionseffekt ist, weil tolerantere und meinungsoffenere Menschen aus Polen nach Deutschland migrieren, lässt sich nicht eindeutig beantworten. Sehr wahrscheinlich ist es eine Mischung aus beiden Faktoren.
Zusammenfassung
Das Ausmaß gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit unter polnischstämmigen Menschen in Deutschland ist relativ unerforscht. Besonders fehlt es an Studien, die polnische MigrantInnen mit anderen Migrationsgruppen und der Gesamtbevölkerung in Deutschland vergleichen. Es gibt zudem kaum Studien zu ihrer Religiosität, ihren Lebenszielen oder ihrer Lebenszufriedenheit im Allgemeinen, und nur wenige, die sich mit ihren politischen und gesellschaftlichen Einstellungen beschäftigen. Aus zwei vorhandenen Studien wissen wir lediglich, dass die Einstellungen der MigrantInnen irgendwo zwischen den Einstellungen der deutschen und polnischen Bevölkerung angesiedelt sind. Die Gründe hierfür sind aber noch nicht geklärt: Aus den oben aufgeführten Durchschnitten lässt sich nicht ablesen, ob es ein Effekt von Integration in die deutsche Gesellschaft ist, oder ob polnische MigrantInnen nicht schon vorher durchschnittlich positivere Einstellungen hatten. Die beschriebene Forschungslücke ist deswegen ernst zu nehmen, weil man aus dem Studium integrierter polnischer MigrantInnen lernen kann, was es heißt, sich erfolgreich in die deutsche Gesellschaft zu integrieren.
Mehr zum Thema
APUZ 11-12/2017 „Fremd in der Heimat?“ (Interner Link: http://www.bpb.de/apuz/243854/fremd-in-der-heimat)
Krökel, Ulrich für bpb.de 2017. Rechtspopulismus in Polen: Kaczyńskis Kampf gegen angebliche postkommunistische Eliten. Interner Link: http://www.bpb.de/politik/extremismus/rechtspopulismus/239926/rechtspopulismus-in-polen
Onet 26.09.2017. Sondaż IBRiS dla Onetu: PiS powiększa przewagę nad opozycją. Externer Link: http://wiadomosci.onet.pl/tylko-w-onecie/sondaz-ibris-dla-onetu-pis-powieksza-przewage-nad-opozycja/kx4cngh