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Aspekte antisemitismuskritischer Bildungsarbeit

Wolfram Stender

/ 10 Minuten zu lesen

Antisemitismuskritische Bildungsarbeit hat in Deutschland eine lange Tradition – und doch scheint kaum etwas schwieriger zu sein, als über Antisemitismus aufzuklären, meint der Soziologe Wolfram Stender. Er erklärt, was eine aktuelle, antisemitismuskritische Bildungsarbeit für ihn ausmacht.

Ein Jugendlicher betrachtet antifaschistische Aufkleber am 07.03.2017 im NS-Dokumentationszentrum in München. Die Ausstellung "Angezettelt. Antisemitische und rassistische Aufkleber von 1880 bis heute" zeigte vom 08.03. bis 05.06.2017 anhand von Klebezetteln, Marken und Stickern die Geschichte des Antisemitismus und Rassismus vom Ende des 19. Jahrhunderts bis heute. (© picture-alliance/dpa)

Kaum ein pädagogisches Handlungsfeld ist moralisch so überladen und durch unbewusste Ambivalenzen, Ängste und Schuldgefühle verzerrt wie das der Bildungsarbeit über, wegen und gegen Antisemitismus. Gehört "Philosemitismus als Haltung zur unausgesprochenen Staatsdoktrin" (Benz 2011, S. 17) in Deutschland, so scheint paradoxerweise nichts schwieriger, als über Antisemitismus aufzuklären. Vor diesem Hintergrund ist in den letzten zehn Jahren eine Diskussion darüber in Gang gekommen, wie eine wirkungsvolle politische Bildung gegen Antisemitismus aussehen könnte.

Unschärfen traditioneller Bildungsarbeit gegen Antisemitismus

Aufklärungsarbeit gegen Antisemitismus in Deutschland begann mit dem "Verein zur Abwehr des Antisemitismus" und dem "Centralverein deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens", die beide Anfang der 1890er Jahre gegründet wurden, und brach ab, als die Judenfeindschaft 1933 zur Staatsideologie wurde. Nach 1945 wurde sie in den Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit wiederbelebt und findet heute z.B. in und durch Nichtregierungsorganisationen wie der Amadeu-Antonio-Stiftung, dem Anne-Frank-Zentrum oder dem Fritz-Bauer-Institut statt.

Doch fast ihre gesamte Geschichte hindurch war auch immer eine eigentümliche Diskrepanz zwischen dem moralischen Anspruch der Bildungspraktiker/innen und ihrem Problemverständnis zu beobachten. Die mangelhafte Sachkompetenz zeigte sich lange Zeit darin, dass nicht verstanden wurde, dass es sich bei den vermeintlichen Eigenschaften, die der jüdischen Minderheit zugeschrieben wurden, um Projektionen handelt, die nichts mit tatsächlichen Verhaltensweisen von Jüdinnen und Juden zu tun haben. Zudem meinten nicht wenige der gegen Judenfeindschaft Engagierten, es helfe, wenn man an Anstand und Gesinnung von Antisemiten appelliere oder auf den "jüdischen Beitrag zur deutschen Kultur" hinweise. Zum Verständnis der Ursachen und Funktionen von Antisemitismus aber trugen weder eine demonstrative Toleranzhaltung noch der ausgeprägte Philosemitismus, der insbesondere die Präventionsarbeit nach 1945 bestimmte, etwas bei (vgl. Benz 2011).

Mit der "Wendung aufs Subjekt" (Adorno 1959, S. 571), die die Bildungspraxis seit den 1970er Jahren zumindest in Teilen vollzog, wurden dann stärker die sozialen und psychischen Mechanismen der Judenfeindschaft thematisiert. Der Mangel an analytischer Kompetenz aber zeigte sich auch weiterhin darin, dass zu wenig zwischen den Formen Interner Link: Gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit unterschieden wurde. Die sich neu entwickelnde Antirassistische Bildungsarbeit schien zeitweilig eine Art Alleinzuständigkeit für alle Formen zu haben. Dabei wurde die Spezifik des modernen Antisemitismus – seine antiliberale und antimoderne Stoßrichtung, sein verschwörungsmythischer Antikapitalismus, die falsche Identifikation ‚der Juden’ mit Geld, Geist und Macht – weder inhaltlich noch methodisch angemessen thematisiert. Unberücksichtigt blieb, dass Rassismus und Antisemitismus als gewalttätige soziale Praktiken zwar Überschneidungen in den Mechanismen der Ausgrenzung aufweisen, dass sie aber in ihrer Geschichte, ihren Projektionsinhalten und ihrer gesellschaftlichen Funktion verschieden sind und deshalb Antisemitismus nicht als eine Spielart oder gar Unterabteilung des Rassismus behandelt werden kann.

Die Spezifik des modernen Antisemitismus bearbeiten

Auf der projektiven Ebene ist es vor allem das Phantasma von der jüdischen Weltverschwörung, das den Antisemitismus vom Rassismus unterscheidet. In immer neuen, aber im Kern identischen Varianten werden ‚die Juden’ als der absolute Feind imaginiert. Sie gelten als eine Macht, die Völker, Kulturen, Religionen, mithin kollektive Identitäten zerstören wolle und könne und die die Weltherrschaft erstrebe oder bereits besitze. Für Antisemiten steckt hinter allen Verwerfungen und Übeln der modernen Welt ‚der Jude’. Es ist dieses paranoid-projektive Welterklärungsprinzip – ‚der Jude’ als das Böse schlechthin, das vernichtet werden müsse, wenn das eigene Überleben gesichert werden solle –, die die Vorstellungswelt des modernen Antisemitismus deutlich von den Projektionsinhalten etwa des kolonialen und postkolonialen Rassismus unterscheidet. Im Rassismus nämlich werden die Objekte des Hasses selten mit Geld, Geist, Macht und Modernität assoziiert, sondern im Gegenteil mit Animalität, Primitivität und Mangel an Intelligenz.

Aus dieser grundlegenden Differenz und der damit zusammenhängenden Erfahrung, dass sich bewährte Konzepte aus der rassismuskritischen Bildungsarbeit nur begrenzt auf Antisemitismus übertragen lassen, ergab sich vor etwas mehr als zehn Jahren die Forderung an die politische Bildung, antisemitismuskritische Bildungsarbeit als eigenständigen Lernbereich zu etablieren (vgl. Stender 2011). Wesentlich dafür war, Methoden zu entwickeln, die es ermöglichen, den modernen Antisemitismus als eine völlig verdrehte Form des Antikapitalismus, eben als das "Zerrbild einer Gesellschaftstheorie" (Rürup 1987, S. 115), zu dechiffrieren und insbesondere die Attraktivität und die Funktions- und Wirkungsweise antisemitischer Verschwörungsmythen durchschaubar zu machen.

Aktuelle Erscheinungsformen des Antisemitismus thematisieren

War Antisemitismuskritik als eigenständiger Lernbereich etabliert, so ergab sich als nächste Forderung an die politische Bildung, dass sie sich den Wandlungen des Antisemitismus nach Auschwitz zuwendet und neben den historischen die aktuellen Formen der Judenfeindschaft in ihren jeweiligen gesellschaftlichen und politischen Kontexten thematisiert. Dies hatte seinen zweifachen Grund darin, dass die aktuellen Spielarten des Antisemitismus nur aus der veränderten geschichtlichen, politischen und ethischen Konstellation nach der Shoah und der Staatsgründung Israels zu verstehen sind, dass aber insbesondere der antizionistische, auf Israel bezogene Antisemitismus – ob in islamistischer, antiimperialistischer oder völkisch-nationalistischer Gestalt – zu einer Gefahr für jede Jüdin und jeden Juden überall auf der Welt geworden ist.

Nach dem Ende der Ost-West-Konfrontation und dem Aufkommen eines globalen dschihadistischen Terrorismus‘ hat sich diese existenzielle Bedrohung noch einmal verschärft. Politische Bildung hat deshalb die Aufgabe, über "die Sprache der Judenfeindschaft des 21. Jahrhunderts" (Schwarz-Friesel/Reinharz 2013) aufzuklären. Der "ewige Jude" heißt heute oft "Zionist" oder "Israel", der oder das den Weltfrieden bedrohe und deshalb von der Welt verschwinden müsse. Die tausendfach im Internet, auf Anti-Israel-Demonstrationen und im antizionistischen Propagandamaterial zu findende Gleichsetzung der Israelflagge mit dem NS-Hakenkreuz transformiert die alte antisemitische Vorstellung vom ‚Juden’ als dem absolut Bösen in die Gegenwart. Da sich die weltweiten Strategien der Dämonisierung und Delegitimation Israels häufig der Menschenrechts-, Antirassismus- und Antiglobalisierungsrhetorik bedienen, ist ihr antisemitischer Inhalt nicht immer sofort zu erkennen. Sie sollten deshalb Gegenstand genauer Erörterungen in der politischen Bildungsarbeit sein. Dies schließt eine differenzierte Wissensvermittlung über die Geschichte und die Gegenwart des Nahostkonflikts ein.

Die Sprache der Judenfeindschaft im 21. Jahrhundert kennt aber noch andere Camouflage-Strategien. Neben der häufig links-antisemitischen Gleichsetzung des jüdischen Staats mit dem NS-Staat als absolutem Täter gibt es auch die rechts-antisemitische Gleichsetzung von "Juden damals" und "Deutschen heute" als absolutem Opfer. Durch die erfolgreiche Etablierung des "Auschwitz-Mythos" als "säkularisierter Staatsreligion" seien das "deutsche Volk" samt seiner glorreichen Geschichte, Kultur und Tradition heute von der "totalen Vernichtung" bedroht. Diese abstruse Denkfigur erfreut sich insbesondere in völkisch-nationalistischen Kreisen der sogenannten Neuen Rechten großer Beliebtheit. Sie ist typisch für die in der Forschung als sekundär bezeichneten Formen eines auf Geschichtsverleugnung ausgerichteten Antisemitismus. In ihm werden ‚die Juden‘ als ewiger Störenfried der Erinnerung imaginiert.

Die sozialpsychologisch orientierte Antisemitismusforschung hat die Mechanismen, die diesen ‚Antisemitismus wegen Auschwitz‘ hervorgebracht haben, schon früh analysiert (vgl. Adorno 1955). Eine ihrer zentralen These lautet: Je stärker das nationale Identifikationsbedürfnis, desto heftiger fällt die Erinnerungsabwehr aus. Jüdinnen und Juden ziehen immer wieder aufs Neue die Wut der Radikalnationalisten auf sich, weil ihre pure Existenz den Wunsch nach einer ungebrochen positiven nationalen Identität stört. Aufklärung über den inneren Zusammenhang zwischen exzessivem Nationalismus und sekundärem Antisemitismus, der in den verdrehten Opferidentifizierungen der Neuen Rechten heute wieder an Aufwind gewinnt, sollte deshalb fester Bestandteil politischer Bildungsarbeit sein.

Das eigene Involviertsein reflektieren

Lassen sich die Wissenslücken, die Lehrer/innen, Sozialpädagog/innen und andere Multiplikator/innen bezogen auf die historischen und aktuellen Formen des Antisemitismus häufig haben, noch am ehesten beheben, so stellen die emotionalen Verwicklungen des Bildungspersonals wie auch der Bildungsteilnehmenden in das zu bearbeitende Thema die vielleicht größte methodische Herausforderung dar. Die Arbeit gegen Antisemitismus steht hier vor einem ähnlichen Dilemma wie die rassismuskritische Bildungsarbeit, die sich seit Ende der 1990er-Jahre entwickelte. Der Schritt von einer antirassistischen zu einer rassismuskritischen Bildungsarbeit folgte der Einsicht, dass selbst dezidierte Antirassist/innen nicht davor gefeit sind, rassistische Stereotype zu reproduzieren. Und genauso sind auch die über Rassismus Lehrenden in kulturell tief verankerte, rassifizierte Denk- und Gefühlsstrukturen verstrickt. Dies ist beim Antisemitismus nicht anders. Zu den Erkenntnissen der psychoanalytisch orientierten Generationenforschung gehört, dass sich in Prozessen intergenerationaler Übertragung Gefühlserbschaften herausbilden, über die Tabus tradiert, unbewusste Schuldgefühle perpetuiert und generationenübergreifende Komplizenschaften produziert werden (vgl. Rommelspacher 1995; Rothe 2009). Bezogen auf den Antisemitismus hieße dies: Auch Lehrkräfte können sich nicht frei von tradierten und nicht selten unbewussten antisemitischen Affekt- und Denkstrukturen wähnen.

Für die Nachwirkungen des Nationalsozialismus sind diese Prozesse vergleichsweise gut erforscht (vgl. Lohl 2010), sodass die Erkenntnisse in der politischen Bildungsarbeit für einen methodisch abgesicherten Reflexionsprozess von Lehrenden und Lernenden genutzt werden können. Selbstreflexivität impliziert, dass die Lehrenden sich der verunsichernden Erfahrung aussetzen, dass auch sie Teil des Problems sind. Dadurch verändert sich ihre Position im Bildungssetting. Die Lehrenden müssen sich von einer Position moralischer Überlegenheit verabschieden und sich als Lernende unter Lernenden begreifen. Gelingt der Übergang von einer belehrend-moralisierenden Bildungspraxis zu einer dialogisch-reflexiven Erkenntnishaltung der Lehrenden nicht, wird dies die oft ohnehin vorhandene ablehnende Haltung eines – erfahrungsgemäß numerisch nicht unbedeutenden – Teils der Adressat/innen nur verstärken.

Die Perspektive(n) von Jüdinnen und Juden einbeziehen

Auf einen unverzichtbaren Aspekt antisemitismuskritischer Bildungsarbeit hat Astrid Messerschmidt hingewiesen: die Notwendigkeit, die Perspektive derer einzubeziehen, "die durch antisemitische Praktiken diffamiert und angegriffen werden" (Messerschmidt 2009, S. 173). Auch hier wäre von der rassismuskritischen Bildungsarbeit zu lernen. In der neueren Rassismusforschung werden die Erfahrungen der Menschen zur Sprache gebracht, die rassistischen Exklusionsprozessen ausgesetzt sind. Dadurch gelingt es, die unterschiedlichen Formen von Rassismuserfahrungen sichtbar zu machen und Alltagsrassismus als strukturellen, institutionellen, individuellen und diskursiven Bestandteil des gesellschaftlichen Alltagslebens zu thematisieren. Formen des oft subtilen Alltagsrassismus sind viel häufiger als Gewaltattacken, sie sind deswegen aber in der Summe nicht harmloser.

Dass sich dies beim Alltagsantisemitismus nicht anders verhält, zeigt die Studie "Perspektiven von Jüdinnen und Juden in Deutschland auf Antisemitismus", die unter der Leitung von Andreas Zick im Auftrag des Unabhängigen Expertenkreises Antisemitismus des Deutschen Bundestags (vgl. Externer Link: Deutscher Bundestag Drucksache 18/11970) angefertigt wurde. Das Ausmaß, die vielfältigen Formen und die Auswirkungen von Antisemitismus im Alltag werden erst dann wirklich sichtbar, wenn Jüdinnen und Juden die Möglichkeit haben, über ihre Antisemitismuserfahrungen öffentlich zu sprechen. Allerdings ist sehr genau zu überlegen, wie Bildungssettings verhindern können, dass Jüdinnen und Juden dann nicht sofort wieder zur Zielscheibe sekundär-antisemitischen Abwehrverhaltens werden. Um dies an einem Beispiel kurz zu erläutern: Wenn in Lerngruppen über antisemitische Vorfälle aus Sicht von Jüdinnen und Juden berichtet wird, wird dies bei einem Teil der nicht-jüdischen Adressat/innen – so zeigen die Erfahrungen aus der Bildungspraxis – nicht selten als moralische Anklage wahrgenommen, die sie in eine Rechtfertigungsposition bringt. Fast reflexhaft wird dann bestritten, dass es sich bei dem berichteten Vorfall überhaupt um Antisemitismus handele und erwidert, dass man durch den "Antisemitismusvorwurf" ja erst das Ressentiment gegen Juden erzeuge. Die dadurch entstehende, oft sehr emotionale Dynamik der Konfrontation blockiert nicht nur die angestrebte Befähigung zum Perspektivwechsel, sondern den Bildungsprozess insgesamt. Zumindest die Aufklärung über historische und aktuelle Formen des Antisemitismus sollte deshalb den Berichten über antisemitische Vorfälle immer vorausgehen. Anhand der Vorfälle können dann die Formen und die Funktionen von Antisemitismus gemeinsam erörtert werden.

Wie hängen Identitäts- und Differenzprojektionen zusammen?

Abschließend ist auf einen Aspekt hinzuweisen, der in Zukunft noch an Relevanz gewinnen wird: Für Antisemiten repräsentieren ‚die Juden‘ das Prinzip universalistischer Nicht-Identität. Sie gelten ihnen seit alters her als heimatlos und unfähig, Wurzeln zu schlagen. Es ist deshalb wenig überraschend, dass in den sich rasant globalisierenden Gesellschaftsverhältnissen, in denen Fragen der Identität und Differenz in nicht selten dramatischer Weise virulent werden, auch der Antisemitismus wieder zunimmt. Fremd- und Selbstethnisierungen – also die pauschale Zuordnung einzelner Personen zu als homogen vorgestellten ethnischen Gruppen, die sich von anderen vermeintlichen Gruppen unterscheiden ("Wir" sind anders als "die") – sind im Alltagsbewusstsein wie auch in der Medienöffentlichkeit fast allgegenwärtig.

Zugleich aber sind ethnisierende, nationalisierende wie auch ‚religionisierende‘ Identitätsprojektionen immer auch Einfallstore für antisemitische Gegenbilder ("die Juden" als identitätszerstörende Macht sind eine Bedrohung sowohl für "uns" als auch für "die anderen"). Forschungsbefunde zeigen: Je fundamentaler und ausschließlicher sich eine Person national, ethnisch oder religiös verortet, desto häufiger hängt sie antisemitischen Einstellungen an. Je kompetenter hingegen mit der Uneindeutigkeit, den Brüchen und Widersprüchen von Identitätskonstellationen in modernen Migrationsgesellschaften umgegangen wird, desto seltener wird auf antisemitische Deutungsmuster zurückgegriffen.

Dieser Zusammenhang macht deutlich, dass antisemitismuskritische Bildungsarbeit nicht als isolierte Programmatik missverstanden werden darf. Die Kritik an Zu- und Festschreibungen der Identität bildet den Ausgangspunkt diversitätspädagogischer Arbeitskonzepte. Diese in die Bildungsarbeit gegen Antisemitismus aufzunehmen ist sinnvoll – sofern dabei die gerade erst gewonnene Eigenständigkeit des antisemitismuskritischen Lernbereichs nicht gleich wieder aufs Spiel gesetzt wird.

Literatur

  • Adorno, Theodor W. (1955): Schuld und Abwehr, in: ders., Gesammelte Schriften, Bd. 9.2, Frankfurt a.M., 1997, S. 121-324.

  • Adorno, Theodor W. (1959): Was bedeutet: Aufarbeitung der Vergangenheit, in: ders., Gesammelte Schriften, Bd. 10.2, S. 555-572.

  • Benz, Wolfgang (2011): Zur Geschichte der organisierten Abwehr des Antisemitismus, in: ders. (Hg.), Jahrbuch für Antisemitismusforschung, Bd. 20, Berlin, S. 15-35.

  • Botsch, Gideon / Kopke, Christoph (2015): Antisemitismus ohne Antisemiten?, in: A. Zick / B. Küpper, Wut, Verachtung, Abwertung. Rechtspopulismus in Deutschland, Bonn, S. 178-194.

  • Lohl, Jan (2010): Gefühlserbschaft und Rechtsextremismus. Eine sozialpsychologische Studie zur Generationengeschichte des Nationalsozialismus, Gießen.

  • Mecheril, Paul (2004): Einführung in die Migrationspädagogik, Weinheim/Basel.

  • Messerschmidt, Astrid (2009): Weltbilder und Selbstbilder. Bildungsprozesse im Umgang mit Globalisierung, Migration und Zeitgeschichte, Frankfurt a.M.

  • Messerschmidt, Astrid (2016): Antiziganismuskritische Bildungsarbeit in der national-bürgerlichen Konstellation, in: W. Stender (Hg.), Konstellationen des Antiziganismus. Theoretische Grundlagen, empirische Forschung und Vorschläge für die Praxis, Wiesbaden, S. 95-110.

  • Rommelspacher, Birgit (1995): Schuldlos – Schuldig? Wie sich junge Frauen mit Antisemitismus auseinandersetzen, Hamburg.

  • Rothe, Katharina (2009): Das (Nicht-)Sprechen über die Judenvernichtung. Psychische Weiterwirkungen des Holocaust in mehreren Generationen nicht-jüdischer Deutscher, Gießen.

  • Rürup, Reinhard (1987): Emanzipation und Antisemitismus. Studien zur "Judenfrage" der bürgerlichen Gesellschaft, Frankfurt am Main.

  • Schwarz-Friesel, Monika / Reinharz, Yehuda (2013): Die Sprache der Judenfeindschaft im 21. Jahrhundert, Berlin / Boston.

  • Stender, Wolfram (2011): Antisemitismuskritische Bildungsarbeit. Forschungsstand und Perspektiven, in: W. Benz (Hg.), Jahrbuch für Antisemitismusforschung, Bd. 20, Berlin, S. 36-54.

  • Zick, Andreas (2009): Aktueller Antisemitismus im Spiegel von Umfragen – ein Phänomen der Mitte, in: M. Schwarz-Friesel, E. Friesel, J. Reinharz (Hg.), Aktueller Antisemitismus: ein Phänomen der Mitte, Berlin, S. 225-246.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Die rassismuskritische Bildungsarbeit entwickelte sich aus der Kritik an den analytischen Verkürzungen und der moralischen Überheblichkeit der antirassistischen Theorie und Praxis, die für sich eine Position außerhalb rassistischer Gesellschaftsverhältnisse reklamierte und die eigene Eingebundenheit in rassistische Strukturen ignorierte (vgl. Mecheril 2004, S. 200ff.). Dagegen fordert die rassismuskritische Perspektive „die Selbstreflexion derer heraus, die sich gegen Rassismus engagieren und diesen analytisch aufzuarbeiten beanspruchen“ (Messerschmidt 2016, S. 108).

  2. Andreas Zick zeigt an aktuellem Datenmaterial, dass „starker Nationalstolz“ sowie ein starkes ethnisches Zugehörigkeitsgefühl und Antisemitismus „fast linear“ miteinander korrelieren (vgl. Zick 2009, S. 239; auch Botsch/Kopke 2015). Zur Korrelation von antisemitischen Einstellungen und Nationalismus sowie religiösen Fundamentalismen vgl. auch den Ersten Bericht des Unabhängigen Expertenkreises Antisemitismus des Deutschen Bundestags aus dem Jahr 2011; insb. S. 61ff. (http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/17/077/1707700.pdf).

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Wolfram Stender ist Professor für Soziologie an der Hochschule Hannover. Seine Forschungsschwerpunkte sind Antisemitismus und Rassismus.