Meine Merkliste Geteilte Merkliste PDF oder EPUB erstellen

Hass im Netz – Rechtsextreme Onlinestrategien | Rechtsextremismus | bpb.de

Rechtsextremismus Was ist Rechtsextremismus? Rassismus Was ist eigentlich Rassismus? Rassen? Gibt's doch gar nicht! Warum ist es so schwer, von Rassismus zu sprechen? Alltagsrassismus Rassentheorien und Rassismus in Asien im 19. und 20. Jahrhundert Infografik Rassismus Verschwörungstheorien Jüdische Weltverschwörung, UFOs und das NSU-Phantom Die Reichsideologie Die Protokolle der Weisen von Zion Debatte: Extremismustheorie Der Extremismusbegriff Kritische Anmerkungen zum Extremismuskonzept Weiterführende Literatur Ideologie Rechtsextreme Einstellungen Zur Entwicklung des Rechtsextremismus in Deutschland Was denkt die NPD? Rechtsextremismus: die internationale Debatte Intellektueller Rechtsextremismus Muslimfeindlichkeit Islamfeindlichkeit, Islamophobie, Islamkritik Interview Hafez Muslimfeindlichkeit als rechtsextremes Einfallstor Virtuelle Kreuzritter Konkurrenz der Leidtragenden Quellentext: Islamfeindlichkeit und Antisemitismus ähneln einander Antisemitismus Antisemitismus heute Interview mit Marina Chernivsky Antisemitismuskritische Bildungsarbeit Die AfD und der Antisemitismus Verbreitung des Antisemitismus in Deutschland Ungezählte Opfer Ursachen und Prävention des Rechtsextremismus Wie organisieren sich Rechtsextreme? Internationale Netzwerke Die Eurasierbewegung und die Neue Rechte Die APF: Europas rechtsextremer Rand Rechtsextreme US-Szene Wie Russland den rechten Rand in Europa inspiriert Globalisierte Anti-Globalisten Die Identitären Neonazis in Russland Hammerskins Kampfsport, Runen, Rassenhass Rechtsextremistische Parteien in Europa Rechtsextremismus in Russland (Miss-)Erfolge der „Identitären“ NPD Mehr als 50 Jahre rechtsextrem Das Parteiprogramm der NPD Frauen in der NPD Radikal besorgte Bürger Wer wählt eigentlich rechtsextrem? NPD-Taktiken Das Potenzial der NPD NPD-Verbot und Parteienfinanzierung Autonome Nationalisten Turnschuhe statt Springerstiefel "Dortmund ist unsere Stadt" Aussteigerinterview Webtalk: Autonome Nationalisten Rechtsextreme Parteien in Europa Rechtsextreme Akteure in Deutschland Rechtsextreme Szenen und Medien Rechtsextremismus in der Einwanderungsgesellschaft Interview mit Eberhard Seibel Heimatliebe, Nationalstolz und Rassismus Graue Wölfe Nationalismus und Autoritarismus auf Türkisch Antisemitismus bei Muslimen Russlanddeutsche GMF bei Polnischstämmigen Debatte: "Deutschenfeindlichkeit" Jugendkulturen Runen gestern, heute, morgen Jugendkulturen im Wandel Codes der rechtsextremen Szene Interview mit Christoph Schulze Tipps für Jugendeinrichtungen Burschenschaften Kameradschaften Neonazis hinter weißen Masken Kameradschaften im Visier Einführung Jugendkultur Kampfsport Was liest der rechte Rand? Geschichte der rechtsextremen Presse Gegenöffentlichkeit von rechtsaußen Der rechte Rand: Verlage Der rechte Rand: Publikationen Audio-Slideshow Männer Männliche Überlegenheitsvorstellungen Homosexualität Rechtsextreme Männerbilder Soldatische Männlichkeit Burschenschafter Autoritär-rechte Männlichkeiten Musik Die neonazistische Musik-Szene Neue Töne von Rechtsaußen Rechtsrock für's Vaterland Rechtsrock: Millionen mit Hass Verklausulierte Volksverhetzung Interview mit David Begrich Elf rechte Bands im Überblick Frauen Auf die sanfte Tour Feminismus von rechts Rechte Aktivistinnen Frauen in der NPD Rechtsradikale Frauen Rechtsextrem orientierte Frauen und Mädchen Frauen im rechtsextremen Spektrum Aussteigerinnen Nazis im Netz Roots Germania Rechtsextremismus im Internet Das braune Netz Neonazis im Web 2.0 Zocken am rechten Rand TikTok und Rechtsextremismus Das Internet als rechtsextreme Erfolgsgeschichte? Rechtsextremismus und Presse Interview mit Ulrich Wolf Der NSU und die Medienberichterstattung Umgang mit Leserkommentaren Ein kurzer Ratgeber für Journalisten Krimi gegen Rechts Tonangebende rechtsextreme Printmedien Wenn Neonazis Kinder kriegen Die nächste Generation Hass Umgang mit Kindern von Neonazis Eine Mutter und ihre Kinder steigen aus "Mein Kampf" "Wir wollen den Zünder ausbauen" Helfen Gesetze gegen "Mein Kampf"? Gemeinfrei: "Mein Kampf" Hitlers "Mein Kampf" – ein unterschätztes Buch Rechtsextreme Kampagnen-Themen "Gender" und "Genderwahn" Ökologie Grüne Braune Wie grün waren die Nazis? Interview mit Elisabeth Siebert Debatte: Kommunale Flüchtlingspolitik Nach Köln Flüchtlingsunterkünfte Interview mit Oliver Malchow Was kommunale Flüchtlingspolitik leisten kann – und muss Deutsche Asylpolitik, europäischer Kontext Wer erhält welches Asyl? "Ich habe nichts gegen Flüchtlinge, aber …" – Ein Faktencheck Anstoß in der Kreisklasse Handlungsspielraum der Kommunen Meinung: Die Probleme waren schon vor den Flüchtlingen da Meinung: Kommunale Flüchtlingspolitik aus der Sicht des Bundes Meinung: Probleme und Lösungswege in der kommunalen Flüchtlingspolitik Meinung: Flüchtlingsarbeit in den Kommunen – Eine Herausforderung für Politik und Gesellschaft TwitterChat: Kommunale Flüchtlingspolitik Fußball Judenhass im Fußball Film: Rechtsextremismus und Diskriminierung in deutschen Fußballstadien Interaktiver Webtalk: Über den rechten Flügel – Neonazis und Fußball Fußball und Rechtsextremismus Interaktive Grafik: Rechtsextreme Vorfälle in Fußballstadien Angriff von rechtsaußen Rechtsextreme BVB-Fans Audio-Interview: Martin Endemann über Rassismus im deutschen Fußball Audio: Ronny Blaschke über rechte Fangesänge im Stadion Vereine und Verbände Extrem rechte Fußballfans und die Nationalmannschaft des DFB Die Erzählung vom ‘großen Austausch’ Krisen, Unsicherheit und (extrem) rechte Einstellungen Grauzonen Die "Neue Rechte" Interview mit Maren Brandenburger Der rechte Rand des politischen Systems der Bundesrepublik Die völkische Bewegung Die Junge Freiheit Das Institut für Staatspolitik Völkische Jugendbünde Die "Neue Rechte" in der Bundesrepublik Querdenken und Verschwörungserzählungen in Zeiten der Pandemie Rechtsextreme Esoterik Rechtsextreme Diskursstrategien Rechtsextreme Gewalt Rechtsextreme Gewalt Angriff auf die Lokalpolitik Rechtsterrorismus Der Einzeltäter im Terrorismus Der Weg zum NSU-Urteil NSU-Verfahren Storify des Chats zu #3JahreNSUprozess Der Anschlag auf Henriette Reker Video: Die migrantische Community und der NSU Der NSU-Untersuchungsausschuss Protokolle NSU-Ausschuss Chat: NSU-Untersuchungsausschuss Interaktive Grafik: Die Taten des NSU Der NSU Der "Nationalsozialistische Untergrund" (NSU) Die rechtsextreme Szene und der NSU Der Rechtsterrorismus im Verborgenen Chronik des Rechtsterrorismus Rechtsterrorismus in Europa PMK – Methoden und Debatten PMK – Statistiken Opfergruppen und Feindbilder Wo Demokraten gefährlich leben Die Geschichte des Orazio Giamblanco Wohnungslose Menschen Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit Was ist Sozialdarwinismus? Wer sind die Opfer? Ausstieg Warum und wie aussteigen? Debatte über echten Ausstieg Interview mit Aussteiger Rochow Pädagogische Arbeitsfelder Netzwerke in Norddeutschland Gewalt gegen Geflüchtete Unvollständige Erinnerung Umgang mit Rechtsextremismus Debatte: Soll man mit Neonazis reden? Toralf Staud: Soll man mit Neonazis reden? Cornelius Weiss: Argumentieren auf allen Ebenen Grit Hanneforth: keine Nazis auf Veranstaltungen Stefan Niggemeier: Ablehnung begründen Andreas Hechler: Entscheidend ist der Kontext Klaus-Peter Hufer: Argumente wirken Simone Rafael: Rassismus widersprechen Initiativen und Zivilgesellschaft Debatte: Was tun bei einem rechtsextremen Aufmarsch? Der rechtsextreme "Kampf um die Straße" Wolfgang Thierse: Wir müssen den öffentlichen Raum gegen die Besetzung durch Rechtsextreme verteidigen Hans-Ernst Böttcher: Man muss nur das Recht anwenden … wollen! Anna Spangenberg: Erfolgreich rechtsextreme Aufmärsche verhindern Herbert Trimbach: Versammlungsfreiheit ist ein Menschenrecht Politische Konzepte Wie sag ich Dass Auschwitz sich nie wiederhole... Denkanstöße aus dem Kanzleramt Bildung, Bildung, Bildung NPD trockenlegen? Wie kann Aussteigern geholfen werden? Interview MVP Forderungen von Projekten an die Politik HDJ-Verbot Strategien im Umgang mit der NPD in Parlamenten Noch mehr Vorschläge Schule Hakenkreuze an der Tafel Interview Reinhard Koch Analyse Albert Scherr Aufsatz Scherr / Schäuble Schülerzeitung Martinshorn Neonazis auf SchülerVZ Studie Uni-Seminar Was können Schülerinnen und Schüler tun? Antidemokratische Positionen und Einstellungen in Schulen Strategien Offener Brief an einen Oberbürgermeister Wie man Hakenkreuze kreativ entschärfen kann Gewalt vermeiden, aber wie? Parolen parieren! Was tun als Opfer rechter Gewalt? Engagement – lohnt das denn? Guter Rat, wenn Nazis stören Rezepte gegen Rechtsextremismus Argumente gegen rechte Vorurteile Vom Hass verabschieden Marke gegen Rechtsextremismus Und Du? Podcasts und Audios Glossar und FAQs Videos und Bilderstrecken Angaben zur Redaktion

Hass im Netz – Rechtsextreme Onlinestrategien

Simone Rafael

/ 7 Minuten zu lesen

Vernetzung, Anregungen und Informationen rund um die Uhr machen Online-Kanäle auch für Rechtsextreme attraktiv. Denn hier erreichen sie Menschen direkt und können Fehlinformationen in die Welt setzen, um so Rassismus und Demokratiefeindlichkeit zu schüren. Ihr Ziel: Menschenrechte wie die Gleichwertigkeit aller Menschen und Minderheitenschutz als überflüssig darzustellen. Simone Rafael skizziert rechtsextreme Onlinestrategien und entwickelt Gegenmaßnahmen.

(© bpb)

Websites, Kommentarspalten und soziale Netzwerke bieten viel Vernetzung, Anregung und Informationen. Das macht Online-Kanäle so attraktiv – auch für Rechtsextreme und Rechtsopopulist_innen. Denn hier erreichen sie Menschen direkt und rund um die Uhr. Sie können Fehlinformationen und Fehlinterpretationen in die Welt setzen, um so Rechtsextremismus, Rassismus und Demokratiefeindlichkeit in der Gesellschaft zu schüren. Ziel dabei: Die Demokratie abzuschaffen und Menschenrechte wie die Gleichwertigkeit aller Menschen und Minderheitenschutz als überflüssig darzustellen.

Inhalte, Kanäle und Akteure

Rechtsextreme Webseiten, Blogs und Tumblr-Blogs bedienen ein klar rechtsextremes Publikum, verbreiten Demotermine und Shitstorm-Aufrufe, ermöglichen rechtsextremen Lifestyle vom Versandhandel bis zu rassistischen Sprühvorlagen für rechtsextreme Sprayer_innen oder Memes im Stil von “Justgirlythings“ auch für die rassistisch-nationalistische Instagrammerin. Blogs, die sich an die amerikanische “Alt-Right-Bewegung“ anlehnen, veröffentlichen Memes von rechtspopulistischen Politiker_innen im “Pepe der Frosch“-Stil oder mit Anleihen an Jugend- und Gaming-Kulturen. Neben offen rechtsextremen Seiten gibt es eine Vielzahl von Versuchen, rassistische, rechtsextreme, antisemitische oder muslimfeindliche Inhalte an Mann und Frau zu bringen, ohne dabei zu zeigen, dass es sich um rechtsextreme Absender_innen handelt.

Dabei sind aktuell vor allem die so genannten “alternativen“ Medien interessant, weil deren Beiträge auch als vermeintliche “Belege“ für rassistische oder demokratiefeindliche Argumente genutzt werden. Es sind Veröffentlichungen, die den Anschein von redaktioneller Betreuung erwecken und journalistisch wirken sollen, ohne die berufliche Ethik des Journalismus wie Ausgewogenheit der Berichterstattung, Recherche oder auch Gegendarstellungen zu verfolgen. Dazu gehören etwa muslimfeindliche Websites wie PI-News (“Politically Incorrect“) und “Unzensuriert“ oder neurechte Medien wie “Sezession“, Blogs wie “Tägliche Einzelfälle“ oder “Journalistenwatch“. Mit oftmals erfundenen oder zurechtgebogenen Geschichten erreichen solche Websites viele Leser_innen – wohlmöglich, weil sie deren Vorurteile bestätigen, ihrem rassistischen Hass Nahrung geben, aber auch, weil sie unbedarften Nutzer_innen wie seriöse Medien vorkommen. In diesen Medien heißen Schlagzeilen Anfang November 2017: “Asylanten-Spuk im Halloween-Hotel“ (PI-News), “Linke Medien schießen mit "Nazi-Keule" gegen Expansion der NZZ in Deutschland“ (es gab einen entsprechenden Meinungsartikel im Schweizer Tagesanzeiger) (Unzensuriert) oder “Gießen: Festnahme eines Schutzsuchenden aus dem Irak im Gießener Rathaus - Mitarbeiter mit Messer bedroht!“ (Originalnachricht: “Festnahme im Gießener Rathaus“ – hier also eine Zuspitzung eines realen Ereignisses bei “Tägliche Einzelfälle“).

Es sind häufig toxische Erzählungen, die das Ziel haben, Einzelaktionen auf eine Gruppe zu verallgemeinern. Ein vermeintliches “Wir“ wird gegen ein feindlich verstandenes “Die“ gesetzt. “Wir“, das ist die gewünschte Volksgemeinschaft. “Die“ sind hier Menschen, die diesem Weltbild nicht entsprechen: mit Migrationshintergrund, muslimischen Glaubens oder mit nicht-rechter politischer Einstellung.

Dies ist auch bei der “Identitären“ der Fall, die besonders Jugendliche ansprechen möchte und seit August 2016 vom Bundesverfassungsschutz beobachtet werden. Die Anhänger der "Identitären Bewegung" nutzen Wörter wie “Identität“ und “Heimat“ und wollen ein “Europa der Vaterländer“ – das ist ihr Begriff für Ethnopluralismus. Gemeint ist also, jede “Kultur“ solle in ihrem “angestammten Raum“, also Land, unter sich bleiben. Für Menschen, die die “Identitären“ als “illegal“ in Deutschland sehen, hieße das “Remigration“ - eine akademisch anmutende Wortneuschöpfung der Identitären für “Ausländer raus.

Ihre bevorzugten Kommunikationskanäle: Facebook, Twitter, Instagram.

Hass in sozialen Netzwerken

Soziale Netzwerke sind noch beliebter für die Verbreitung von Rassismus, Rechtsextremismus und abwertendem Hass als Websites. Hier kommen zu den Angeboten organisierter Rechtsextremer zahlreiche Kanäle von Nationalist_innen oder etwa auch solchen Aktivist_innen gegen Geschlechtergerechtigkeit, die die Gleichwertigkeit von Frau und Mann in Frage stellen. Die Kanäle werden teilweise nur von einer Person betrieben, können aber enorme Reichweiten erzielen. Nicht immer sind menschenfeindliche Inhalte dabei auf den ersten Blick erkennbar: Rassismus wird auch als angebliches Engagement gegen Kindesmissbrauch oder sexuelle Gewalt verkleidet, unter dem Deckmantel angeblichen Tierschutzes wird oft auch gegen Muslime und Juden gehetzt. Auch flüchtlingsfeindliche “Nein zum Heim“-Seiten befeuern Rassismus in ihrem lokalen Raum und dienen als Lernorte für rechtspopulistische und rechtsextreme Argumentationen.

Netzwerke wie Google, YouTube, Facebook oder inzwischen auch Twitter gehen zwar gegen offenen und strafrechtlich relevanten Rechtsextremismus vor – weniger aber gegen Rassismus, Muslimfeindlichkeit oder Homo- und Transfeindlichkeit ohne erkenntliche ideologisch rechtsextreme Bindung. Verboten wird mit thematischen Verschiebungen begegnet. Aus offenem Antisemitismus werden nebulös formulierte Verschwörungstheorien, Rassismus wird als “Angst“ und “Sorge“ verkauft, Homo- und Transfeindlichkeit als “Engagement für die traditionelle Ehe“. Trotzdem nutzen Neonazis und Holocaustleugner_innen auch gerne Angebote, die bisher keine Regulierung vorsehen, wie etwa das russische VK-Netzwerk oder die in den USA beheimatete “Alt-Right“-Twitter-Variante gab.ai.

Kommunikationsstrategie

Die sozialen Netzwerke werden von der rechtsextremen und auch der rechtspopulistischen Szene genutzt, um die eigenen Ideen – Rassismus, Islamfeindlichkeit, Sexismus, Abschaffung der Demokratie usw. – zu verbreiten. Praktisch passiert das durch Hasskommentare in Schrift, Bild und Video. Diese werden auf Social-Media-Seiten von Medien platziert oder auf Social-Media-Seiten von Organisationen oder Institutionen, die sich politisch engagieren. Noch wirksamer werden sie allerdings im sogenannten vorpolitischen Raum eingesetzt, also dort, wo Politik erst einmal nicht zu erwarten ist. Wer auf Rassismus im Katzenliebhaber-Forum trifft, auf Homofeindlichkeit unter dem YouTube-Video einer Beauty-Bloggerin oder verschwörungsideologische Videos über den “Fluss des Geldes in der Welt“ im WhatsApp-Klassenchat, muss sich zunächst erst einmal darüber klar werden, worum es geht. Meist sind es abwertende Inhalte, gegen die es keine rechtliche Handhabe gibt – die Meinungsfreiheit deckt nämlich auch das Verbreiten von Hass und Unfug.

Es gibt allerdings kein Recht darauf, dies unkommentiert zu tun. Trotzdem gelingt es extrem rechten Kommentator_innen oft, vernünftige Diskussionen unter Artikeln und Posts zu verhindern oder vom Thema abzulenken – unter anderem durch Klassiker wie etwa, bei einer Diskussion zu rechtsextremer Gewalt mit linksextremer Gewalt zu kontern oder auf falsche Statistiken zu verweisen, die die Mitdiskutierenden dann erst einmal widerlegen müssten. Zugleich werden Mitdiskutierende verbal angegriffen und bedroht, bis sie sich aus der Diskussion zurückziehen.

In Hasskommentaren werden verschiedene Formen von Falschinformationen oder Falschinterpretationen verwendet: Entweder werden schlicht Lügen verbreitet – etwa dass Muslime im Allgemeinen auf ein Weihnachts-Verbot in Deutschland drängen würden, wenn es eigentlich nur ein bestimmter islamischer Gelehrter getan haben soll – und selbst dessen Aussage war nur eine Zuspitzung in der deutschen Übersetzung. Oder es werden reale Ereignisse bewusst fehlinterpretiert und abwertend verallgemeinert. Dies findet sich etwa bei rassistischen Assoziationen in den rechten “alternativen“ Medien, aber durchaus auch in der Publikumspresse wie Boulevard- oder Lokalzeitungen.

Wenn rechtsextreme Inhalte mit großer Geschwindigkeit und professioneller Routine in sozialen Netzwerken verbreitet werden, denken viele Diskutierende auch an Social Bots – also Programme, die Inhalte automatisiert verbreiten oder generieren. In Deutschland gibt es bisher allerdings keinen Nachweis, dass Social Bots verwendet wurden, um Themen zu verbreiten – auch nicht im Bundestagswahlkampf. Was öfter vorkommt: engagierte Rechtsextreme, die eine Vielzahl von Accounts betreiben und dort per Copy und Paste Inhalte im Sekundentakt einstellen. Sie sind aber trotzdem Menschen.

Gegenmaßnahmen

Rechtsextreme, Rassist_innen und Antisemit_innen berufen sich häufig auf die Meinungsfreiheit, wenn über Gegenmaßnahmen zu Hassrede diskutiert wird. Diese gilt jenseits der strafrechtlich relevanten Inhalte. Es gibt allerdings kein Recht darauf, seine Meinung unwidersprochen zu verbreiten.

Strafrechtlich relevante Inhalte

  1. Das Strafrecht gilt auch im Internet, also: Strafrechtlich relevante Inhalte bei der Polizei anzeigen (mit Screenshot und URL); bei Unsicherheit gibt es auch unabhängige Meldestellen, die nach juristischen oder Jugendschutz-Aspekten prüfen, etwa Externer Link: www.internet-beschwerdestelle.de oder Externer Link: www.jugenschutz.net/hotline. Jede Anzeige hilft, das Ausmaß des Problems zu begreifen. In einigen Bundesländern gibt es inzwischen Polizeistrukturen, die auf Hasskriminalität im Internet spezialisiert sind; bei der Justiz gibt es diese nicht.

  2. Strafrechtlich relevante Inhalte können zusätzlich an das entsprechende soziale Netzwerk gemeldet werden: Schon in der Vergangenheit wurden diese Inhalte oft gelöscht. Seit Inkrafttreten des “Netzwerkdurchsetzungsgesetzes“ des Bundesjustizministers im Oktober 2017 müssen strafbare Inhalte sogar innerhalb von 24 Stunden gelöscht sein, sonst drohen Vertragsstrafen. Geprüft wird die Strafbarkeit nicht von der Justiz, sondern von den Unternehmen selbst bzw. einer privat betriebenen "anerkannte Einrichtung der regulierten Selbstregulierung". Ob das Gesetz wirksam ist und gleichzeitig die Meinungsfreiheit gewährleistet, ist umstritten.

Nicht strafbare Inhalte

  1. Über “Allgemeine Geschäftsbedingungen“ oder Diskussionsregeln können Social-Media-Unternehmen oder Moderator_innen von Social-Media-Seiten auch Hassrede ausschließen, die juristisch noch erlaubt wäre, wie Rassismus und andere Formen von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit. Soziale Netzwerke sind in diesem Bereich oft vorsichtig, weil sie Angst davor haben, die Meinungsfreiheit einzuschränken. Andererseits wird auch argumentiert, dass sie eine gesellschaftliche Verantwortung tragen. Hier gibt es Diskussionsspielraum.

  2. Nicht strafbaren Inhalten können auch inhaltlich beantwortet werden. Dieser Ansatz nennt sich “Counter Speech“ (“Gegenrede“), ist aber viel leichter, als es klingt: Nicht jede_r muss ein Verschwörungsexperte werden oder alle juristischen Kniffe des Asylrechts parat haben. Was immer geht: Nachfragen, Quellen einfordern, auf Verallgemeinerungen hinweisen, Rassismus und Abwertung benennen, Gegenposition erzählen und damit klar machen, dass die abwertende Meinung nicht die Mehrheitsmeinung ist. Das geht mit Argumenten, aber auch mit einem Meme oder GIF. Es geht bei Gegenrede nicht unbedingt darum, den Rechtsextremen oder Rassisten zu überzeugen, sondern eine Gegenposition anzubieten für die unentschlossenen Mitlesenden und zur Unterstützung von Betroffenen von Hass. Besonders überzeugend gelingt das übrigens, wenn die Gegenrede sachlich, souverän, heiter und nicht selbst abwertend vorgetragen wird.

Nach einem Volontariat an der Hamburger Henri-Nannen-Journalistenschule baute Simone Rafael 2002 für den stern und die Amadeu Antonio Stiftung das Internetportal mut-gegen-rechte-gewalt.de auf. Seit 2009 ist sie Chefredakteurin von „Netz-gegen-Nazis.de – Mit Rat und Tat gegen Rechtsextremismus“, das 2017 in „Belltower.News – Netz für digitale Zivilgesellschaft“ umbenannt wurde. Es ist das Internetportal gegen Rechtsextremismus und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit der Amadeu Antonio Stiftung. Daneben entwickelt sie Ideen gegen Rechtsextremismus im Internet, etwa die Kampagne „Soziale Netzwerke gegen Nazis“, das Argumentationstraining „Generation 50+ aktiv im Netz gegen Nazis“ und 2012 das Projekt „no-nazi.net – Für sozialen Netzwerke ohne Nazis“. 2015 wurde Simone Rafael in die „Task Force zum Umgang mit Hate Speech“ des Bundesjustizministeriums berufen. Mit Facebook hat sie 2016 die Online Civil Courage Initiative (OCCI) ins Leben gerufen.