"Es ist ein Kulturkampf, da kann man mit Fakten nicht rankommen". So erklärt Fabian Wichmann von "Hass hilft", warum er und sein Team vom Berliner Zentrum Demokratische Kultur vor zwei Jahren neue Wege eingeschlagen haben, als sie nach einer Strategie im Umgang mit Hass-Kommentaren suchten. Ihre Frage damals war: Wenn Fakten nicht helfen, was ist dann die Alternative im Umgang mit Deutschlands Faktenverweigerern?
Schnell hatten sie eine Antwort darauf: Satire! Wobei es, genau genommen, sogar zehn Antworten waren. Denn Wichmann, Mitarbeiter der ZDK Gesellschaft und in der Ausstiegshilfe von EXIT-Deutschland, sowie Verfasser von diversen Publikationen und Analysen im Bereich Rechtsextremismus und Demokratiegefährdung, und sein Team dachten sich zehn Standardantworten auf Hass-Kommentare aus, darunter: "Dafür gibt es aber kein Like vom Führer", "Rechts extrem spendabel" und "Da hat jemand die braunen Spendierhosen an". Jeden herabwürdigen Kommentar, den sie entdecken, kontern sie seither mit einem ihrer satirischen Sprüche und dem Zusatz: "Wir machen Hass-Kommentare zur unfreiwilligen Spende für Flüchtlinge und gegen Rechts." Für jeden so kommentierten Kommentar spendet "Hass hilft" einen Euro an Projekte gegen Rechtsextemismus: An EXIT-Deutschland und an Aktion Deutschland hilft. Die Logik dahinter: Je mehr rechter Hass gepostet wird, desto mehr finanzielle Unterstützung erhält der Kampf gegen Rechtsextremismus. Hass hilft nun. Daher deklarieren die Macher ihre Initiative auch als "unfreiwillige Online-Spendenaktion".
Auf 30 bis 50 Kommentare reagiert "Hass hilft" jeden Tag. Das Team durchforstet das Internet mittlerweile nicht mehr selbst, ein großer Nutzerkreis leitet ihnen die Beleidigungen, Beschimpfungen, Drohungen und Wutausbrüche weiter. Bevor etwas tatsächlich zum Hass-Kommentar erklärt wird, wird die Aussage durch eine Art Hate-Speech-Check geprüft, der sich am deutschen Recht orientiert: Alles, was laut der Gesetztesintepretation von "Hass hilft" als Hassrede gemäß definiert werden könnte, wird hier erfasst. Dazu gehören herabwürdigende, Gewalt androhende, rassistische und homophobe Aussagen.
Gefunden werden die Kommentare auf vielen verschiedenen Plattformen im Netz. Auf Medienseiten wie focus.de, huffingtonpost.com, bild.de oder epochtimes.de, auf Webseiten von Parteien oder auf Facebook-Profilen wie MerkelschafftDeutschlandab. In den zwei Jahren seit Bestehen der Initiative wurden bisher rund 55.000 Euro gespendet. Das Geld für die Überweisungen an Projekte gegen Rechts kommt von privaten Nutzerinnen und Nutzern sowie von einigen öffentlichen Institutionen wie beispielsweise brandeins oder der GEW.
Den Initiatoren von "Hass hilft" ist es wichtig, dass die Hass-Kommentare nicht einfach gelöscht werden, sondern dass öffentlich sichtbar auf sie reagiert wird. "Wir wollen keine Meinung unterdrücken", sagt Fabian Wichmann. "Wir wollen mit unserer Initiative Aufmerksamkeit erregen und Diskussionen anregen".
Und das seit Kurzem auch in der USA. "Hass hilft" wird exportiert. Unter dem Label "HateExchange" sammelt die Initiative seit August 2017 auch unfreiwillige Spenden von amerikanischen Rechtsextremen ein, die sich dort, seit Donald Trump Präsident ist, zunehmend aus der Deckung trauen.