Die Flüchtlingspolitik ist eine gemeinsame Aufgabe von Bund, Ländern und Gemeinden. Gleichwohl sind die Aufgaben in der Flüchtlingspolitik zwischen dem Bund auf der einen Seite und den Bundesländern mit den Gemeinden auf der anderen Seite klar aufgeteilt: Der Bund ist für die Bearbeitung der Asylanträge und die Asylentscheidungen zuständig, während die Länder die Aufnahme und Versorgung der Asylbewerber und Flüchtlinge als sogenannte eigene Aufgaben wahrnehmen. Für diese verfassungsrechtlich verankerte Aufteilung gibt es gute sachliche Gründe. Bei den verfahrensrechtlichen Garantien und den Asylentscheidungen steht eine bundesweit möglichst einheitliche Anwendung der einschlägigen Rechtsgrundlagen im Vordergrund. Diese Aufgabe ist sinnvollerweise dem Bund zugeordnet. Die Unterbringung und Versorgung der Asylbewerber ist dagegen eine Aufgabe, die vor Ort zu leisten ist. Hier kommt es nicht so sehr auf ein möglichst bundeseinheitliches Vorgehen an, als vielmehr auf die adäquate Versorgung der Asylbewerber innerhalb einer bestimmten Region. Wichtig ist hier Flexibilität, um die adäquate Unterbringung aller Asylbewerber sicherzustellen und den Bedürfnissen der einzelnen Asylbewerber gerecht zu werden. Für diese Aufgabe ist ein Tätigwerden unmittelbar vor Ort unabdingbar. Sie ist daher den Ländern und Gemeinden zugeordnet.
Nach Art. 104a Abs. 1 GG tragen Bund und Länder die Kosten, die sich aus der Erfüllung ihrer Aufgaben ergeben, gesondert. Danach trägt der Bund die Kosten, die mit dem Asylverfahren zusammenhängen, während die Länder für die Kosten der Unterbringung und Versorgung zuständig sind. Dahinter steht der Gedanke, dass für eine effektive Aufgabenerfüllung Aufgabenverantwortung und Kostenlast in einer Hand liegen müssen.
Lange Zeit wurde diese Aufgabenteilung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden nicht in Frage gestellt. Mit dem signifikanten Anstieg der Asylbewerberzahlen in jüngerer Zeit mehren sich jedoch Stimmen, die eine Entlastung der kommunalen Haushalte und eine Übernahme der Kosten für die Aufnahme der Asylbewerber durch den Bund fordern. Zweifellos sind die Gemeinden derzeit erheblichen Kostenlasten ausgesetzt. Von 2010 bis zum Jahr 2013 haben sich die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz auf rund 1,5 Mrd. Euro nahezu verdoppelt. Die Asylbewerberzahlen steigen seit 2009 stetig an und werden in diesem Jahr voraussichtlich die Zahl 400.000 überschreiten. Die Rückstände bei der Bearbeitung der Asylanträge durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge sind mittlerweile auf mehr als 200.000 nicht entschiedene Verfahren angewachsen. Dies wiederum führt zu langen Aufenthaltszeiten und zu weiteren Kosten bei der Unterbringung und Versorgung. Zwar erhalten die Gemeinden durch die Länder Kostenerstattungen für die Aufnahme von Asylbewerbern. Die Praxis ist jedoch uneinheitlich. Die Übernahme der Gesamtkosten stellt eher die Ausnahme dar. Zum Teil werden im Ergebnis weniger als 50 Prozent der Kosten erstattet. Nicht nur kleine und ohnehin finanzschwache Gemeinde können in dieser Situation an die Grenzen ihrer Belastbarkeit geraten und Hilfe benötigen.
Nicht zuletzt um die Handlungsfähigkeit der Gemeinden zu erhalten, hat die Bundesregierung den Ländern und Gemeinden bereits eine umfassende ad-hoc-Unterstützung für die Aufnahme von Asylbewerbern gewährt. U.a. werden für die Jahre 2015 und 2016 finanzielle Hilfen in Höhe von insgesamt mehr als einer Milliarde Euro geleistet und bundeseigene Immobilien mietzinsfrei für Asylbewerberunterkünfte zur Verfügung gestellt.
Über diese ad-hoc-Hilfe hinaus wird jedoch von einigen Akteuren gefordert, dass der Bund nicht nur im Rahmen von Einzelmaßnahmen, sondern dauerhaft die Kosten für die Aufnahme von Asylbewerbern übernimmt. Schließlich sei er für die derzeitige Flüchtlingspolitik und ihre Folgen maßgeblich verantwortlich. Insofern sei es nur folgerichtig, wenn der Bund auch die Kosten anstelle der Gemeinden, die bereits überfordert seien, übernähme.
Eine solche Beteiligung an den Aufnahmekosten durch den Bund erscheint auf den ersten Blick angesichts der Finanzschwäche zumindest einiger Länder und Gemeinden plausibel. Sie wäre jedoch rechtlich problematisch und tatsächlich wenig sinnvoll.
Das Grundgesetz lässt eine dauerhafte Trennung von Aufgaben- und Kostenträger bei der Durchführung eigener Aufgaben durch die Länder grundsätzlich nicht zu (Art. 104a GG). Das wäre mit dem Ziel einer effektiven Aufgabenerfüllung nicht vereinbar. (s.o.). Denkbar wäre zwar auch eine Änderung dergestalt, dass die Länder bei der Gewährung der Asylbewerberleistungen im Auftrage des Bundes handeln (Art. 104a Abs. 2 und 3 GG). Dies würde jedoch erhebliche Aufsichtsmaßnahmen des Bundes nach sich ziehen, die kaum auf sinnvolle Weise realisierbar wären.
Ungeachtet der rechtlichen Problematik erscheint die Beteiligung an den Kosten durch den Bund aus folgenden Gründen nicht angezeigt: Auch mit dem bestehenden Instrumentarium gibt es ausreichende Möglichkeiten, die gesamten Kosten der Asylbewerberaufnahme erheblich zu senken. Dazu zählt insbesondere die jetzt beschlossene massive Aufstockung des Personals beim BAMF um zunächst 1.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für 2015 sowie um bis zu weitere 1.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für 2016 zur Beschleunigung der Asylverfahren. Es bedarf ferner einer erheblichen Intensivierung der Anstrengungen bei den Aufenthaltsbeendigungen und Rückführungen ausreisepflichtiger abgelehnter Asylbewerber durch die Länder. Hier ist eine sehr viel konsequentere Durchsetzung der Ausreisepflicht notwendig. Darüber hinaus führt auch die Praxis einiger Länder, die Asylbewerber frühzeitig aus den landeseigenen Erstaufnahmeeinrichtungen zu entlassen und den Gemeinden zuzuweisen, zu einer Verlängerung der Asylverfahren und sollte unterlassen werden. Schließlich können die Länder zur Entlastung der Gemeinden beitragen, indem sie die Kosten für die Asylbewerber möglichst vollständig erstatten. Dies wäre nur angemessen, da es die Länder (d.h. die Flächenstaaten) sind, die die Gemeinden bei der Aufnahme der Asylbewerber eingebunden haben.
Letztlich ist zu berücksichtigen, dass die gegenwärtige Flüchtlingskrise, in der rund die Hälfte aller Asylbewerber aus wenigen europäischen Staaten stammen, eine Ausnahmesituation darstellt, in der bewährte Regelungen nicht ohne Not geändert werden sollten. Die Zuständigkeit von Ländern und Gemeinden für die Unterbringung und Versorgung von Asylbewerbern (und die damit zusammenhängende Kostentragung) hat in den vergangenen 25 Jahren zu guten Ergebnissen geführt. Vor allen Dingen ist damit eine flexible und den örtlichen Bedürfnissen angepasste Versorgung und Unterbringung der Asylbewerber möglich. Selbst Anfang der 1990er Jahre, als mehr als doppelt so viele Asylbewerber wie 2014 nach Deutschland kamen, ist nicht in Erwägung gezogen worden, die Kosten für die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz auf den Bund zu übertragen. Damals wie heute sind in Ausnahmesituationen ad-hoc Hilfen nach Bedarf die bessere Wahl gegenüber dauerhaften Änderungen.