Die internationale Forschung zum Rechtsradikalismus ähnelt in ihrer Vielschichtigkeit der deutschen, wobei allerdings einige Akzente anders gesetzt werden. Der Begriff Rechtsradikalismus soll in diesem Beitrag verwendet werden, weil er weiter gefasst ist als z.B. Rechtsextremismus und verschiedene Strömungen und Ideologien abdecken kann: vom Rechtspopulismus, in welchem Fremdenfeindlichkeit eine von verschiedenen Ideologiekomponenten darstellt, statt prägend zu sein über die ethnozentrische Rechte, in welcher Fremdenfeindlichkeit oder Nativismus das zentrale Ideologiemerkmal darstellt bis zum Faschismus, in welchem sich die mehr oder weniger direkte Anlehnung an historische Bewegungen oder Regime wie den Nationalsozialismus manifestiert und der somit eine explizit antidemokratische und Gewalt billigende Ideologie artikuliert. Außerdem ist der Begriff des Rechtsradikalismus nicht an die im Rechtsextremismusbegriff enthaltene Annahme gebunden, dass Demokratie und Extremismus eindeutig abgrenzbare Gegensätze darstellen. Im Sinne einer Minimaldefinition kann Rechtsradikalismus daher als eine ultranationalistische Ideologie verstanden werden, deren Träger mit radikalen Homogenitätsvorstellungen, oft in Verbindung mit autoritären Politikmodellen, eine die demokratische Ordnung und ihre Vertreter herausfordernde oder ablehnende Haltung einnehmen. Das Untersuchungsfeld reicht also von relativ moderaten Rechtspopulisten bis hin zu eindeutig neo-nationalsozialistischen oder rechtsterroristischen Gruppen.
Im Folgenden liegt der Schwerpunkt der Ausführungen auf der die internationale Diskussion prägenden englischsprachigen Forschung, wenngleich auch Literatur aus Frankreich und Italien berücksichtigt wird. Die zentralen Begriffe dieser Forschung variieren zwischen "extreme right", "radical right", "racist right", "(neo)faschism", "populist right" und Kombinationen davon. Allerdings gibt es keine einheitliche Definition oder Verwendung dieser Begriffe. Zum einen werden mit demselben Oberbegriff teils sehr unterschiedliche Phänomene bezeichnet, wenn etwa mit der extremen Rechten ein Spektrum von der NPD bis zu Parteien in Regierungsverantwortung (wie die holländische Liste Pim Fortuyn oder die Schweizerische Volkspartei) gemeint ist. Zum anderen wird dieselbe Partei von unterschiedlichen Forschern und Forscherinnen mit verschiedenen Begriffen belegt, so z.B. der französische Front National als "radikal rechts", "extrem rechts" oder "nationalpopulistisch" (siehe unten). Einigkeit herrscht zumindest darin, dass der Bezug auf das nationalsozialistische Regime in Deutschland bzw. den historischen Faschismus in Europa eine wichtige Rolle in der begrifflichen Einordnung und Abgrenzung des Phänomens spielt.
Kurze Begriffsgeschichte: Von der Nachkriegsforschung zum "Krieg der Wörter"
Wie in Deutschland ist auch die internationale Debatte zum Rechtsradikalismus an politische Konjunkturen gekoppelt. In der unmittelbaren Nachkriegszeit stand die Frage im Mittelpunkt, inwieweit sich die antiliberalen Ideologien von Faschismus und Rassismus aus der Zwischenkriegszeit fortsetzten. In den USA etwa war die Forschung u.a. auf den McCarthyismus und den institutionellen Rassismus in den Südstaaten sowie rassistische Stereotype in der amerikanischen Gesellschaft fokussiert, wobei mit Begriffen der "radical right" (Daniel Bell) und "extreme right" (Seymor M. Lipset) operiert wurde. In Frankreich dagegen stand mit dem Poujadismus der 1950er Jahre eine nationalpopulistische Bewegung und die Auseinandersetzung um die Unabhängigkeit Algeriens im Zentrum der Betrachtung; hier ging es weniger um Faschismus und Rassismus und mehr um die antiliberale Stoßrichtung des Poujadismus, der von einigen Forschern als nationalistisch, von anderen als rechtsextrem etikettiert wurde. Einig war man sich allerdings, dass es sich um eine kleinbürgerliche Protestbewegung handelte. In Italien dagegen war die Sache eindeutig: mit dem Movimento sociale italiano (MSI) trat eine Partei auf den Plan, die das Erbe Mussolinis in die neue Zeit retten wollte; bis zu ihrer in den späten 1990er Jahren von der Parteiführung vorgenommenen Umwandlung in eine konservative Partei galt sie als Manifestation (neo)faschistischer Politik.
Seit den 1980er Jahren haben sich in den meisten westlichen Demokratien neue rechtsradikale Parteien etabliert, die sich von ihren Vorgängern, aber zum Teil auch voneinander unterscheiden. Damit ging ein neuer und verwirrender Pluralismus in den Begriffen und Konzepten der Forschung einher. Der holländische Experte Cas Mudde bezeichnete diese Begriffsvielfalt als "War of Words" und stellte fest, dass es Mitte der 1990er Jahre 26 verschiedene Definitionen mit insgesamt 58 verschiedenen Definitionskriterien gab. So wird der Front National in Frankreich als rechtsextrem (Nonna Mayer, Michel Winock), rechtsradikal (Jean-Yves Camus) oder neopopulistisch (Dominique Reynié) bezeichnet. Zudem gibt es inzwischen einen Forschungsstrang zum französischen Faschismus, der historische Verbindungen vom Front National bis in die Vichy-Zeit und davor aufdeckt (Pierre Milza). In den USA ist der Begriff rechtsradikal in Bezug auf die unterschiedlichsten Phänomene verbreitet, z.B. auf die Wallace-Bewegung der 1960er Jahre, auf den christlichen Fundamentalismus der 1980er und 1990er Jahre und auf rassistische Gruppen. In den Fallstudien zu diesen Bewegungen und Ideologien werden die Bezeichnungen "rechtsextrem" bzw. "rechtsradikal" allerdings eher vermieden; es ist stattdessen von der rassistischen Rechten, der populistischen Rechten oder der christlichen Rechten die Rede. Wenn der Begriff "rechtsextrem" verwendet wird, bezieht er sich überwiegend auf Organisationen in der Vergangenheit oder eindeutig rassistische und antidemokratische Randphänomene wie den Ku Klux Klan, Neonazis oder die gewaltbereiten Milizen.
Faschismus
Bei vielen Erklärungen rechtsradikaler Ideologie und ihres Anklangs in der Gesellschaft dominiert ein schichtenspezifischer Blick, der das Phänomen auf bestimmte soziale Lagen zurückführt. So argumentiert der Soziologe Seymour M. Lipset in einem frühen Klassiker der vergleichenden Forschung, dass sich jede (westliche) Industriegesellschaft in Oberschicht, Mittelschicht und Unterschicht einteilen lasse und dass jede dieser Schichten eine ihrem Interessenstandpunkt gemäße Ideologie vertrete, die in normalen Zeiten moderat (= demokratisch) sei, in Krisenzeiten jedoch extreme (= antidemokratische) Formen annehmen könne. Faschismus ist diesem Konzept zufolge ein "Extremismus der Mitte", d.h. eine Ideologie eines mittelständischen antiliberalen Protests gegen Kapitalismus und Sozialismus. Als Beispiele nennt Lipset den Nationalsozialismus in Deutschland und Österreich, den französischen Poujadismus, den italienischen Neofaschismus und den amerikanischen McCarthyismus.
Auf den ersten Blick ähnelt diese Perspektive der Extremismustheorie von Uwe Backes und Eckard Jesse, indem sie auf deren Logik der Entgegensetzung von Demokratie und Extremismus aufbaut. Doch sie geht weiter, indem sie das Konzept der "Statuspolitik", d.h. der Anfälligkeit bestimmter sozialer Schichten für rechtsradikale bzw. extreme Deutungsangebote in Krisenzeiten hinzufügt und einen "Extremismus der Mitte" einräumt. Der Begriff des "Extremismus der Mitte" hat sich jedoch inzwischen von der Logik einer schichtenbezogenen Argumentation gelöst und bezieht sich heute eher auf eine diffuse "Mitte" der Gesellschaft, um anzudeuten, dass rechtsextreme Ideologien, wie der Faschismus der Zwischenkriegszeit, nicht nur an den Rändern zu verorten sind.
Während dieses Faschismuskonzept eher rückblickend auf die Zeit vor und nach dem Zweiten Weltkrieg verwendet wird, hat sich der Faschismusbegriff in der internationalen Sozialwissenschaft vom historischen Phänomen gelöst und zu einer allgemeinen Kategorie weiterentwickelt. Er ist in einem vor allem in Großbritannien anzutreffenden Strang der Forschung, insbesondere bei Roger Griffin beheimatet. Damit sind nun alle antiliberalen Ideologien einer nationalen Wiedergeburt bzw. eines revolutionären Nationalismus gemeint, zu welcher auch die meisten Varianten des gegenwärtigen Rechtsradikalismus geschlagen werden können. Auch wenn diese generische Verwendung des Faschismusbegriffs in ganz Europa anzutreffen ist (in Frankreich bei Pierre Milza, in Deutschland bei Wolfgang Wippermann), hat sie sich nicht durchgesetzt, nicht zuletzt weil der Faschismusbegriff politisch aufgeladen, historisch besetzt und ideologisch missbraucht wurde und wird.
Letzteres wird an der im dogmatischen Marxismus vorherrschenden Definition deutlich, die mit Faschismus seit den 1930er Jahren und offiziell in ganz Osteuropa bis zum Fall der Berliner Mauer eine Ideologie und ein Herrschaftssystem meint, welche als "terroristische Diktatur der reaktionärsten Elemente ... des Finanzkapitals" und Instrument der Bourgeoisie zum Machterhalt in Krisenzeiten betrachtet werden (die sog. Dimitroff-Doktrin). Dieser Lesart zufolge sind Faschismus und parlamentarische Demokratie bloß zwei Ausprägungen des Kapitalismus. Der Mainstream der gegenwärtigen Rechtsradikalismusforschung verwendet den Faschismusbegriff in einem eingeschränkten Sinne eher so, dass damit auf den historischen Faschismus und seine Weltanschauung bezogene Bewegungen und Ideologien gemeint sind. Dies ist vor allem in der italienischen Forschung bis in die 1990er Jahre mit Blick auf den MSI der Fall gewesen (siehe oben).
Rechtsextremismus
Insgesamt dominiert in der vergleichenden Forschung der Begriff der extremen Rechten, den die ersten einschlägigen europaweiten Studien in Frankreich, in Italien, in Großbritannien und anderswo im Titel tragen. Auch internationale Forschungsnetzwerke wie die Standing Group "Extremism and Democracy" des European Consortium of Political Research führen den Extremismusbegriff in der Selbstbezeichnung; diesem liegt jedoch kein bestimmtes Extremismuskonzept oder gar eine Theorie, etwa im Sinne der Extremismuslehre nach Backes/Jesse, zugrunde. Gleichwohl bildet auch hier die Entgegensetzung von Extremismus und Demokratie bei den meisten Forschern den Ausgangspunkt, und die ideologischen Charakteristika umfassen zumeist dieselben Elemente, etwa Nationalismus, Fremdenfeindlichkeit, Ethnozentrismus und Autoritarismus.
Man kann die Rechtsextremismusforschung dahingehend unterscheiden, ob mit einem Sammelbegriff die ganze Parteienfamilie gemeint ist, wie etwa beim frühen Cas Mudde oder bei Hainsworth (siehe oben), oder ob er in verschiedene Varianten eingeteilt wird. Dabei findet sich die geläufigste Unterscheidung bei fast allen Autoren in der Abgrenzung eines auf historische Ideologien von Faschismus und biologischen Rassismus sich beziehenden Rechtsextremismus und eine sich davon distanzierende, erneuerte Variante. Piero Ignazi etwa definiert die Familie rechtsextremer Parteien über die Kriterien des politischen Raumes im klassischen Rechts-Links-Kontinuum (d.h. er verortet sie am rechten Pol dieses Kontinuums), der Ideologie (insbesondere dem Bezug zum historischen Faschismus) und der Einstellungsebene zum politischen System (pro- oder anti-System). Mit den letzten beiden Kriterien konstruiert er ein zentrales Unterscheidungsmerkmal zwischen alten und neuen rechtsextremen Parteien. Nichtfaschistische rechtsextreme Anti-System-Parteien gehören demnach zum Typ der "Neuen Rechten" oder der "post-industriellen Rechten" und umfassen den französischen und den belgischen Front National, den belgischen Vlaams Blok/Belang, den belgischen Parti des Forces Nouvelles, die deutschen Republikaner, die holländischen Centrumdemocraten und die Schweizer Action National.
Allerdings wird der systemgegnerische Charakter der extremen Rechten in der internationalen Forschung nicht so eindeutig wie in Deutschland eingestuft, wo damit eine klare antidemokratische, d.h. auf die Abschaffung der Demokratie abzielende Einstellung gemeint ist. Bei Ignazi, Hainsworth und anderen lässt sich ein moderates Verständnis von Systemgegnerschaft finden, die eher auf das "real existierende System" der Demokratie mit einer als korrupt oder inkompetent wahrgenommenen politischen Elite über alle etablierten Parteien hinweg abzielt und diese durch eine "echte" Demokratie, d.h. die Abschwächung der repräsentativen und liberalen Elemente der Demokratie, ersetzt wissen will. In dieser populistischen Aufladung von "Systemgegnerschaft" überschneidet sich das Konzept des Rechtsextremismus aber zu weiten Teilen mit dem des Rechtsradikalismus.
Rechtsradikalismus
Es ist insbesondere die international vergleichende Forschung in den USA, die sich des Begriffs radikale Rechte als Oberbegriff bedient. In seiner einflussreichen Studie greift Herbert Kitschelt die schichtenspezifische Argumentation früherer Autoren wie Lipset auf und verbindet sie mit einem Modell des Parteienwettbewerbs im durch zwei große, sich überschneidende Konfliktachsen strukturierten politischen Raum, mit einem jeweils rechten und linken Pol entlang ökonomischer und entlang soziokultureller Positionen. Neue rechtsradikale Parteien haben unter den Bedingungen des postindustriellen Kapitalismus mit einem ausgebauten Sozialstaat zum einen und der ideologischen Konvergenz der großen Parteien der Linken und der Rechten zum anderen die Chance, sich am rechten Pol der soziokulturellen Konfliktlinie, auf der sich rechtsautoritäre und libertäre Positionen gegenüber stehen, zu etablieren. Die "Gewinnformel" solcher Parteien sei die Kombination einer marktliberalen mit einer rechtsautoritären Position, denn nur diese Formel vermag unter den genannten Bedingungen die für die radikale Rechte nötige und typische Wählerkoalition mit einem überdurchschnittlichen Anteil an (rechtsautoritär orientierten) Industriearbeitern und an (marktliberal orientierten) Kleinunternehmern und Landwirten, zu mobilisieren. Kitschelt unterscheidet dann die europäische Parteienlandschaft folgendermaßen: Lediglich in Frankreich (dem "master case") und in den beiden skandinavischen Ländern Dänemark und Norwegen konnte sich mit dem Front National bzw. den Fortschrittsparteien eine echte neue radikale Rechte etablieren. In allen anderen untersuchten Ländern variieren die Erfolgsbedingungen so sehr, dass sich entweder eine besonders erfolgreiche antistaatliche populistische Rechte (Lega Nord in Norditalien und FPÖ in Österreich) oder eine besonders erfolglose wohlfahrtschauvinistische Rechte (Republikaner und DVU in Deutschland mit eher traditionell rechtsextremer Parteielite) entwickelten. Schließlich fallen der italienische MSI und die britische National Front in die Kategorie einer faschistischen Rechten mit antikapitalistischer und rechtsautoritärer Programmatik.
Im Gegensatz zu früheren Publikationen verwendet Cas Mudde in seinem Standardwerk zum Thema ebenfalls den Begriff der radikalen Rechten, angereichert um das Attribut populistisch, um diese Ideologie und Parteienfamilie von anderen Parteien wie der holländischen Liste Pim Fortuyn (nichtradikale Rechtspopulisten), der deutschen NPD (nichtpopulistische Rechtsradikale) und verschiedenen Ethnoregionalisten abzugrenzen. Populismus wird von Mudde einmal als Inszenierungsform verstanden, derer sich auch von ihm als "nichtpopulistisch" kategorisierte Parteien wie die NPD bedienen. Außerdem versteht er darunter eine Ideologie, die auf der zentralen Annahme eines Antagonismus zwischen dem "Volk" und der (korrupten) "Elite" und einer darauf aufbauenden identitären Demokratievorstellung beruht. Das definitorische Minimum umschließt hier Nationalismus (hinsichtlicher innerer Homogenität) und Nativismus (Kongruenz zwischen homogen verstandener Nation und ihrem Staat), und das Abgrenzungskriterium zwischen radikaler und extremer Rechte besteht, wie bei vielen Autoren, darin, dass letztere eine explizit anti-demokratische Haltung vertreten.
Populismus
Nicht nur in Deutschland erfreut sich der Populismus-Begriff einer wachsenden Beliebtheit. Hier sind allerdings Ansätze zu unterscheiden, die (wie bei Mudde) den Begriff als Attribut, als Charakterisierung einer bestimmten Strömung der radikalen Rechten verwenden, und solche, die ihn als Substantiv im Sinne einer eigenen Strömung bezeichnen, die durch Attribute wie Links-, Rechts-, National- u.a. differenziert werden kann. In den USA wird unter Populismus primär eine bestimmte historische Bewegung um 1900 verstanden, die sich gegen die Eliten der Ostküste und deren wirtschaftliches Modernisierungsprogramm richtete. Noch heute schwingt im Populismusbegriff der US-Forschung diese gegen die Eliten und gegen Washington protestierende Haltung mit, wenn etwa von der Christlichen Rechten oder der Tea Party die Rede ist. Auch in Frankreich wird oft auf das Populismuskonzept zurückgegriffen, womit in der Regel auch rechtsradikale Akteure und Ideologien wie der Front National, die FPÖ und die Lega Nord gemeint sind.
Bereits in den 1990er Jahren hat Hans Georg Betz den Rechtspopulismus als eigene und neue Parteienfamilie in Westeuropa identifiziert, wobei er sie anders als Ignazi und die Faschismusforscher nicht als Gegner des (demokratischen) politischen Systems einstuft. Vielmehr seien diese Parteien "radikal", weil sie individuelle Leistungen betonten und die soziokulturellen Grundlagen des Sozialstaats ablehnten. Zudem stünden sie – das macht sie "rechts" – dem Gleichheitsprinzip und der Integration marginalisierter Bevölkerungsgruppen ablehnend gegenüber und verträten fremdenfeindliche Positionen; und sie seien "populistisch", da sie die Verunsicherung von Wählern mit gegen das politische Establishment gerichtete Rhetorik ausnutzten. Ähnlich wie bei Kitschelt können Betz zufolge die neuen rechtspopulistischen Parteien bestimmte Schichten, nämlich sowohl die aus den Modernisierungs- und Globalisierungsprozessen hervorgehenden "Modernisierungsverlierer" unter den bildungsfernen Schichten als auch die "Modernisierungsgewinner" unter den neuen Mittelschichten mobilisieren, indem sie marktliberale und ausländerfeindliche Themen miteinander verknüpfen.
Als besondere Populismus-Variante sei auf die in der Literatur gelegentlich thematisierte Spielart eines "Alpenpopulismus" verwiesen, der in Gestalt von Parteien wie der FPÖ, der SVP und der Lega Nord nicht nur fremdenfeindliche Ressentiments mobilisiert und marktliberale Ideen propagiert, sondern zugleich einen auf die spezifischen länderübergreifenden kulturellen Bedingungen der Region zugeschnittenen Regionalismus zelebriert.
Diese Konzepte von Rechtspopulismus heben sich ab von einer recht weiten Fassung des Phänomens in Teilen der deutschen Diskussion. So versteht Frank Decker unter Rechtspopulismus eine breite Palette von Parteien und Kandidaten vom Front National in Frankreich und Vlaams Blok/Belang in Belgien über FPÖ und Lega Nord bis zum Präsidentschaftskandidaten Ross Perot in den USA 1996 und der kanadischen Reform Party. Noch weiter geht der renommierte britische Experte Paul Taggart, wenn er auf eine gewisse Inhaltsleere des Populismusbegriffs hinweist. Er sieht darin einerseits eine ablehnende Reaktion auf die Ideen und Institutionen repräsentativer Politik. Zugleich charakterisiert er ihn jedoch als eine chamäleonhafte und episodische Erscheinung, die sich nicht als fester programmatischer und organisatorischer Bestandteil von Parteiensystemen fassen lässt.
Fazit
Die deutsche und die internationale Wissenschaftsdebatten zum Themenbereich Rechtsradikalismus sind nicht scharf zu trennen, sondern überlappen sich trotz der Begriffsvielfalt und -unterschiede. Der einzige große Unterschied besteht darin, dass die in Deutschland populäre Extremismustheorie im Ausland wenig beachtetet wird oder nur in Ansätzen (wie bei Lipset) aufscheint. Natürlich liegt bei allen Konzepten und Theorien die grundsätzliche Spannung zwischen rechtsradikaler Ideologie und der pluralistischen Demokratie als Idee und Ordnungsvorstellung zugrunde. Doch fällt eine andere Nuancierung in der Begrifflichkeit auf: In der englischsprachigen Forschung wird beispielsweise mehr von "extreme right" gesprochen als von "right-wing extremism" (also von der "extremen Rechten" statt vom "Rechtsextremismus"). Das Hauptwort ist eher die Rechte ("the right"), dem verschiedene Attribute vorangestellt werden (z.B. "radical", "extreme", "extremist", "racist", "populist"). Somit werden Rechtsradikale sprachlich eher als Teil der politischen Rechten begriffen (nur eben nicht als demokratische Rechte), hingegen betont der hierzulande dominierende Terminus "Rechtsextremismus" stärker den "Extremismus" der Rechtsextremen, d.h. die Ideologiedimension – und damit einhergehend die Ausgrenzung – des Phänomens.
Der Überblick zeigt zudem, dass eine Forschung, die sich einem international verbreiteten Phänomen nähert, auch die internationale Diskussion und das Ringen um eine international brauchbare Arbeitsdefinition im Blick haben muss. Die internationale Debatte legt schließlich nahe, vorsichtig mit dem Extremismusbegriff umzugehen, da er, anders als Populismus und Radikalismus, als Markierung einer ideologischen Position nicht mehr steigerbar ist. Es mag angemessen sein, wie bei Lipset Rechtsextremismus und Faschismus als austauschbar zu verwenden. Dagegen erscheint es problematisch, auch die FPÖ oder die skandinavischen Fortschrittsparteien mit dem Extremismusbegriff zu belegen.