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NPD-Verbot | Contra | Rechtsextremismus | bpb.de

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NPD-Verbot | Contra

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Ein NPD-Verbot ist nicht nur aussichtslos, es ist auch sinnlos. Das zumindest meinen viele Gegner eines erneuten Verbotsverfahrens gegen die rechtsextreme NPD und beklagen, dass das vom Bundesverfassungsgericht im ersten Durchgang aufgezeigte Verfahrenshindernis – die V-Leute – immer noch nicht beseitigt sei. Dass von der NPD eine ernsthafte Gefährdung für das demokratische System der Bundesrepublik ausgehe, sei eine übertriebene Einschätzung, meinen einige, ein Verbotsverfahren sei daher schlicht unangemessen. Stattdessen setzen die Bündnisgrüne Monika Lazar, der Jurist Horst Meier, die Vorsitzende der Amadeu Antonio Stiftung, Anetta Kahane, die Linke-Politikerin Petra Pau, der hessische Justizminister Jörg-Uwe Hahn und der Politikwissenschaftler Richard Stöss vor allem auf eine politische Lösung und zivilgesellschaftliches Engagement gegen Rassismus und Rechtsextremismus.

NPD-Verbot: Contra

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NPD-Verbot: Contra

Welche Gründe sprechen gegen ein NPD-Verbot? Wir haben Repräsentantinnen und Repräsentanten aus Politik, Wissenschaft und Praxis nach ihren Argumenten gefragt.

Monika Lazar: Gesinnungen lassen sich mit Verboten nicht beseitigen

Was soll das bringen, ein Parteiverbot?, fragt Monika Lazar von Bündnis 90/Die Grünen. Ein Verbot könnte die rechtsextremen Inhalte am Ende noch attraktiver gerade für junge Leute machen. Weil sich Gesinnungen nicht verbieten lassen, fordert Lazar mehr Prävention, eine demokratische Infrastruktur und ein Immer-wieder-Aufstehen gegen die Aktivitäten der Neonazis, damit diese sich nicht weiter ausbreiten.

Ich wünschte, Deutschland müsste sich nicht mit der NPD herumplagen. Am liebsten wäre mir eine Gesellschaft ohne Nazis. Dann müsste ich meine Wochenenden nicht so oft auf Gegendemonstrationen verbringen. Wie also werden wir die NPD los? Einige möchten sie am liebsten verbieten, denn diese Lösung scheint simpel: Die Partei würde ihre Berechtigung zu öffentlicher Hetze und zum Bezug staatlicher Mittel sofort verlieren – doch die Demos und Kundgebungen wären wir trotzdem nicht los. Diese muss eine demokratische Gesellschaft bis zu einem gewissen Punkt „ertragen“, denn Versammlungs- und Demonstrationsfreiheit sind ein hohes demokratisches Gut.

Leider ist ein Parteienverbot keineswegs einfach. Vielmehr birgt ein solcher Versuch die Gefahr des Scheiterns, wie uns der erste misslungene Anlauf im Jahre 2003 gelehrt hat. Ein zweites Debakel wäre nur ein weiterer öffentlichkeitswirksamer Triumph für die NPD, den wir nicht riskieren dürfen. Hinzu kommt: Verbote können Dinge, die eigentlich uninteressant sind, für junge Leute spannend machen. Dazu will ich rechtsextremen Inhalten nicht verhelfen. Daher finde ich es viel besser, über die menschenverachtenden Ziele der NPD aufzuklären, in den Schulen und anderen Bildungseinrichtungen den Rechtsextremismus zu analysieren und seine Folgen zu thematisieren. Dazu gehören die vielen Toten, die rassistischer Hass gebracht hat. Die Amadeu Antonio Stiftung zählte mindestens 183 Opfer rechter Gewalt seit 1990. Dazu kommen Menschen, die verletzt und diskriminiert wurden. Selbst wenn die NPD als Partei nicht direkt Gewalt ausübt, unterstützt sie doch die Ungleichwertigkeitsideologie neonazistischer Schläger. Solche Gesinnungen würden mit Verboten nicht beseitigt. Auf Verbote reagieren die Neonazis mit der Gründung von Nachfolgegruppen, dafür gab es bei verbotenen Vereinen schon Beispiele.

Deshalb werde ich mich weiterhin nicht für ein NPD-Verbot einsetzen, aber konsequent gegen die Nazis argumentieren und demonstrieren, wo immer sie den öffentlichen Raum zu beanspruchen versuchen. Damit machen wir klar: Wir wollen eine vielfältige, weltoffene Gesellschaft, in der die NPD sich nicht ausbreiten kann. Dabei setzen wir auf Prävention, gute demokratische Infrastruktur vor Ort und langfristige, ausreichende Finanzierung von Zivilgesellschaft und Anti-Nazi-Initiativen.

Dr. Horst Meier: Vorsicht, Parteiverbot!

Ein Verbot der NPD, das sagt der Jurist und Autor Horst Meier, lässt sich verfassungsrechtlich nicht durchsetzen und ist überdies schlicht unverhältnismäßig. Mit Parteienverboten kennt Meier sich aus, er hat 1992 über "Die Parteiverbotsurteile des Bundesverfassungsgerichts" promoviert und sich seither nahezu durchgängig mit dem Thema beschäftigt. Die Ziele der NPD, so Meier, seien zwar zweifellos verfassungsfeindlich, jedoch gäbe es einen Unterschied zwischen verbalradikalen Parolen und gewalttätigem "Verhalten der Parteigänger".

Dass knapp 6.000 Nationaldemokraten die "freiheitliche demokratische Grundordnung" gefährden, gilt weithin als ausgemacht. Tatsache ist, dass die NPD weder durch Gewalttaten noch den militanten "Kampf um die Straße" auffällt. Sie ist eine deutsch-tümelnde Sekte mit rassistischen und antisemitischen Einschlägen. Viele empfinden das als eine "unerträgliche" Provokation – und verwechseln dabei gefühlte mit triftigen Verbotsgründen. In einer Demokratie genießen selbst Extremisten den Schutz der Parteienfreiheit – solange sie sich an die Spielregeln des friedlichen Wettbewerbs halten.

Trotzdem wird alle Jahre wieder ein Verbot gefordert. Man wähnt "geistige Brandstifter" am Werk, die den "Nährboden für Terroristen" bereiten. Weil inzwischen ein Ex-Funktionär angeklagt ist, er habe dem NSU eine Waffe besorgt, gilt die NPD als eine Art legaler Arm des NSU. Doch Vorsicht! Der ehemalige Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier, hat dazu erklärt, die kriminelle Tat eines Einzelnen müsse der Partei konkret zugerechnet werden. Das aber ist bis heute nicht möglich.

Aber sind nicht wenigstens die "Ziele" der NPD verfassungswidrig? Zweifellos! Nur begründen verbalradikale Parolen keine greifbare Gefahr; hinzukommen müssen Rechtsbrüche. Die alte Doktrin der "streitbaren Demokratie" will davon nichts wissen: Sie ist auf Prävention fixiert und ignoriert den auf Gewalt bezogenen Verbotsgrund "Verhalten der Parteianhänger" (Art. 21 II GG). Von daher glauben die Innenminister, es genüge, das Belastungsmaterial mit anstößigen Zitaten zu spicken. Noch einmal Vorsicht! Das Verfassungsgericht dürfte seine Formel von der "aktiv kämpferischen, aggressiven Haltung" heute ernster nehmen als im KPD-Verbotsurteil von 1956.

Die Handhabung der scharfen Waffe des Verbots ist außerdem eine Frage des Augenmaßes. Gegen eine Miniaturpartei, die bundesweit an der Fünfprozenthürde scheitert, ist ein Verbot nicht erforderlich, es ist schlicht unverhältnismäßig. Dass man nicht mit Kanonen auf Spatzen schießt, besagen auch neuere Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte. Diese europäischen Standards werden die Karls­ruher Richter bei ihrer Auslegung des Grundgesetzes genau im Blick haben. Nicht zuletzt deshalb gehen die Verbotsbetreiber ein sträflich hohes Prozessrisiko ein.

Anetta Kahane: Die NPD ist ein Menetekel, dass etwas nicht stimmt in diesem Land

Anetta Kahane ist Vorsitzende der Amadeu Antonio Stiftung in Berlin, die vor allem in Ostdeutschland Initiativen gegen Rechts fördert. Dass die NPD in Landesparlamenten sitzt, bezeichnet Kahane als ein Zeichen dafür, dass etwas nicht stimmt in Deutschland. Den Thesen der NPD und ihrem Rassismus setzt Kahane gesellschaftlichen Widerstand entgegen und plädiert für einen politischen Sieg über die NPD, nicht für ein Verbot.

Rechtsextremismus ist ein unpopuläres Thema, über das niemand gerne redet. Alle Parteien suchen immer nach einem Ausschaltknopf für das Problem, und mit dem NPD-Verbot hoffen sie, diesen Ausschaltknopf gefunden zu haben. Das ist ein Irrtum. Die NPD zu verbieten, ist völlig sinnlos. Es wird keinen einzigen Nazi weniger geben, wenn die NPD verboten ist. Mit einem Verbot wird man nicht erreichen, dass Einwanderer oder nicht mehr beleidigt, verfolgt und geprügelt werden – unter Duldung oder gar dem Jubel der umstehenden Bevölkerung. Bestimmt nicht. Im Gegenteil.   Ich halte die NPD eher für ein Symptom als die Krankheit selbst. Die Erfahrung zeigt leider, dass Politik und Gesellschaft nur dann bereit sind, auf die rechtsextreme Bedrohung zu reagieren, wenn sie es in die Parlamente schafft. Dann nämlich ist da eine andauernde Erinnerung, ein Menetekel, dass etwas nicht stimmt in Deutschland. Seit die NPD in die Landtage einzieht, wird der Rechtsextremismus als ernsthafte gesellschaftspolitische Gefahr wahrgenommen. Als ob es dort, wo die NPD niedrige Wahlergebnisse hat, kein Problem mit Neonazis mehr gäbe. Schließlich lebt die NPD auch von den informellen Strukturen der Kameradschaften und freien Kräfte, die nur schwer zu verbieten sind, gerade weil sie darauf verzichten, legale Körperschaften zu bilden. Die brauchen die NPD nicht; sie würde ein Verbot der Partei nicht treffen.

Nach einem Verbot würde das Gleiche passieren. Nach dem Motto "Keine NPD – kein Problem" würden sich Politik, Gesellschaft und Medien abwenden. Den Nazis nicht das Feld zu überlassen heißt: sich selbst kümmern. Ich habe festgestellt in all den Jahren, dass die NPD nur da verschwindet oder schrumpft, wo es eine offene Debatte über das Problem Rechtsextremismus und Rassismus gibt oder zu Themen, die die NPD demagogisch besetzt. Wir brauchen gesellschaftlichen Widerstand und eine Auseinandersetzung mit den Themen und den Thesen der NPD. Wir brauchen einen politischen Sieg über die NPD. Nicht ein Verbot.

Petra Pau: Ein Verbotsantrag ist aussichtslos

Solange die V-Leute-Problematik nicht gelöst sei, hält Petra Pau von der Linkspartei einen NPD-Verbotsantrag für regelwidrig. Darüber hinaus wäre ein Verbot auch nur eine Scheinlösung, weil es nicht an den Kern des Problems heranrühre: Die rechtsextremen und rassistischen Einstellungen vieler Menschen in Deutschland. "Mehr Politik wagen!“, fordert Pau daher. Sie würde gerne erreichen, dass mehr über die Ursachen rechtsextremer Einstellungen diskutiert wird.

Das erste NPD-Verbotsverfahren wurde eingestellt, weil die Verfassungsrichter nicht mehr unterscheiden konnten, welche Beweise gegen die NPD originär von der NPD und welche von V-Leuten des Staates stammten. Seither mahne ich: Diese V-Leute-Kumpanei muss endlich beendet werden. V-Leute sind keine netten Informanten, sondern vom Staat gekaufte Spitzel und bezahlte Täter. Es sind aktive Rechtsextremisten. Auch ein erneutes Verbotsverfahren droht an dieser Hürde zu scheitern: Die Innenminister des Bundes und der Länder haben mehr als 1.000 Seiten Belastungsmaterial gegen die NPD zusammentragen lassen. Aber die Mehrheit dieser Minister ist nicht bereit zu garantieren, dass dieses Material entgiftet, also frei von V-Leute-Einflüssen ist. Damit ein zweites Verbotsverfahren überhaupt eine Chance hat, müssen zuerst die V-Leute des Verfassungsschutzes abgeschaltet werden. Das aber ist bisher nicht geschehen, der Verbotsantrag ist also regelwidrig.

Abgesehen davon warne ich davor, das angestrebte NPD-Verbot als Scheinlösung gegen die eigentlichen Herausforderungen gegen Rechtsextremismus zu missbrauchen. Ein Verbot löst nicht das Problem rechtsextremer und rassistischer Einstellungen bis weit in die Mitte der Gesellschaft hinein. Der Kern des Problems liegt viel tiefer. Die Studie über "Deutsche Zustände" von Prof. Heitmeyer (Uni Bielefeld) kommt zu dem Ergebnis: Die "gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit" nimmt zu, ebenso die Akzeptanz von Gewalt – inmitten der Gesellschaft. Mögliche Ursachen fasst Heitmeyer prägnant zusammen: Das Soziale wird ökonomisiert, die Demokratie wird entleert.

Ähnlich lautet das Fazit eines Wissenschaftler-Teams im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung: Die Mitte ist im Umbruch, instabil und schwindend. Beschleunigte globale Entwicklungen würden für viele immer unüberschaubarer und deshalb als diffuse Bedrohung wahrgenommen. Genau das gibt Nazis eine Chance, warnen sie. Ihre Empfehlung heißt: "Mehr Politik wagen!". Dazu gehören ein auskömmlicher gesetzlicher Mindestlohn ebenso wie die Umverteilung von Wohlstand und eine Neubewertung von Arbeit. Derartige Gedanken gegen Rechtsextremismus und Rassismus finden in der Politik und in den Medien kaum Widerhall. Das sollten sie aber. Denn sie sind tiefschürfender als jede Verbotsdebatte.

Jörg-Uwe Hahn: Kein Persilschein für die NPD

Das Risiko, dass ein NPD-Verbotsverfahren vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte scheitert, erscheint Jörg-Uwe Hahn (FDP), dem hessischen Justizminister, schlicht zu hoch. Er setzt auf den schwierigeren Weg: Den politischen Diskurs und vor allem Präventions- und Aufklärungsmaßnahmen sowie Aussteiger- und Deradikalisierungsprogramme, um die NPD-Anhänger für die Demokratie zurückzugewinnen.

Die NPD vertritt antidemokratische Ziele und steht für ein Gesellschaftsmodell, in dem die allermeisten Bürgerinnen und Bürger in Deutschland nicht leben wollen. In dieser Einschätzung sind sich Demokraten aller Parteien einig. Doch während die einen vor allem die Organisationsstrukturen bekämpfen und die Partei verbieten wollen, setze ich mich dafür ein, deren Anhänger für die Demokratie zurückgewinnen. Dieser Weg ist nicht der leichtere, aber aus meiner Sicht der bessere.

Denn ein Verbotsverfahren ist höchst riskant. Heute gilt: Desto weniger anfällig eine Gesellschaft für extremistisches Gedankengut ist, desto höher sind die rechtlichen Hürden für ein Verbot von Parteien, die diese Gedanken vertreten. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte verlangt, dass bei einer verbotenen Partei nicht nur eine staatsfeindliche und antidemokratische Gesinnung vorliegen, sondern auch eine "echte Gefahr" der Machtübernahme drohen muss. Das mögliche Scheitern eines NPD-Verbots vor diesem Gericht birgt das Risiko, dieser Partei einen "lupenreinen" Persilschein auszustellen – und sie damit quasi salonfähig zu machen. Dieses Risiko ist schlicht zu hoch.

Dies ist kein Plädoyer zur Verharmlosung. Es ist vielmehr die Warnung davor, dass wir im Kampf gegen Rechtsextremismus nicht die verletzlichen Wurzeln der Demokratie beschädigen dürfen und damit der Demokratie einen Bärendienst erweisen. Deshalb ist es wichtiger, die Menschen für die Demokratie (zurück) zu gewinnen, als sich mit symbolischen Parteiverboten zu befassen. Man kann zwar Strukturen zerschlagen, die politischen Akteure aber bleiben. Ob in anderen Parteiformationen oder im Untergrund.

Daher setze ich mehr auf die Präventionsarbeit in Schulen und anderen Institutionen, aber auch auf Aussteiger- und Deradikalisierungsprogramme. Hier können wir – Vertreter aller demokratischen Parteien, Bund, Länder und Kommunen gemeinsam – die zahlreichen zivilgesellschaftlichen Gruppen und Initiativen unterstützen, die sich oft ehrenamtlich dafür einsetzen, dass zum Beispiel einschlägig straffällig gewordene Personen auch über die Haftzeit hinaus betreut werden, und ihnen einen Ausstieg aus dem oftmals sehr bindenden Umfeld ermöglichen.

Genauso wichtig ist es aber auch, dass die staatlichen Institutionen ausreichend wachsam sind, um solche Strömungen zu bemerken und zu unterbinden. Denn eines darf uns bei aller demokratischen Selbstsicherheit nicht passieren: Dass wir die Freiheit und Demokratie als selbstverständlich ansehen und sie nicht in ausreichendem Maß verteidigen und beschützen. Dies aber erreichen wir am sinnvollsten mit den nachhaltigen Mitteln des demokratischen Diskurses und nicht mittels symbolischer Parteienverbote.

Prof. Dr. Richard Stöss: Ein Verbot kann nur die Ultima Ratio sein

Der Politikwissenschaftler Richard Stöss hält ein Parteiverbot aus demokratietheoretischen Gründen für äußerst problematisch. Der Staat habe gar nicht das Recht, dem Souverän – dem Volk – vorzuschreiben, wie es sich politisch organisieren und was es denken darf. Absolut gegen ein Verbot ist er dennoch nicht. Wenn alle anderen gesellschaftspolitischen Mittel gegen die verfassungsfeindliche NPD ausgeschöpft sind, dann könnte ein Verbot die letzte Lösung sein. Aber so weit sind wir noch nicht, meint Stöss.

Ich lehne ein NPD-Verbot nicht prinzipiell ab. Es kann allerdings nur die Ultima Ratio sein. Zunächst müssen alle Möglichkeiten der politischen Bekämpfung der NPD ausgeschöpft werden. Und das ist noch lange nicht der Fall.

Aus demokratietheoretischen Gründen ist ein Parteiverbot außerordentlich problematisch. Konstitutiv für eine Demokratie ist die Volkssouveränität. Alle staatliche Macht geht vom Volk aus. Keine staatliche Instanz hat das Recht, dem Souverän vorzuschreiben, wie und mit welchen Zielen er sich politisch organisiert. Folglich ist der Staat auch nicht legitimiert, aus seiner Sicht unerwünschte Bestrebungen (von Teilen) des Volkes zum Beispiel durch Verbote zu sanktionieren. Daher ist das Instrument des Parteiverbots auch in alteingesessenen Verfassungsstaaten wie etwa Großbritannien oder den USA unbekannt. Die Bekämpfung von antidemokratischen Bestrebungen hat nach dieser Argumentation ausschließlich auf dem Wege der politischen Auseinandersetzung zu erfolgen.

Das einer "wehrhaften Demokratie" verpflichtete Grundgesetz eröffnet zwar die Möglichkeit eines Parteiverbots. Da es sich bei einem Verbot aber um einen schweren Eingriff in die grundgesetzlich gewährleistete Staatsfreiheit der Parteien handelt, sind die verfassungsrechtlichen Hürden dafür sehr hoch angesiedelt. Ein Verbot verfassungswidriger Parteien ist mithin nicht zwingend. Nach Artikel 21, Absatz 2 des Grundgesetzes gilt das Opportunitätsprinzip: Ob ein Verbotsantrag gestellt wird, ist Ergebnis politischer Erwägungen. Daher ist auch im Sinne des Grundgesetzes die Frage zu klären, ob tatsächlich alle Möglichkeiten der politischen Bekämpfung ausgeschöpft sind. Hier sind derzeit erhebliche Zweifel angebracht: Zwar sind beachtliche Anstrengungen seitens der politischen Bildung und zivilgesellschaftlicher Initiativen zu konstatieren. Es kann allerdings keine Rede davon sein, dass die staatlichen Institutionen derartige Aktivitäten tatkräftig und nachhaltig unterstützen.

Gute Gründe für und gegen ein NPD-Verbot

Gute Gründe für und gegen ein NPD-Verbot

Inhalt

Daher sollten wir die geistig-politische Auseinandersetzung mit völkisch-nationalistischen Einstellungen und Verhaltensweisen getrost im Sinne des demokratietheoretischen Arguments den Institutionen der politischen Bildungsarbeit, den gesellschaftlichen Verbänden, den Medien, den Vereinen und Bürgerinitiativen vor Ort überlassen und den Staat verpflichten, derartige Aktivitäten ideell und materiell nachhaltig zu fördern. Staatliche Verbotsmaßnahmen im Sinne der "wehrhaften Demokratie" sollten sich nur als letztes Mittel und ausschließlich auf militante beziehungsweise terroristische Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung des Grundgesetzes beziehen.

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