Meine Merkliste Geteilte Merkliste PDF oder EPUB erstellen

Klimawandel und Menschenrechte | Menschenrechte | bpb.de

Menschenrechte Im Fokus Menschenrechte ohne Papiere Militärische Intervention Digitalisierung Wirtschaft Gesundheit Todesstrafe Menschenrecht Wasser? Festung Europa Interview: Fluchtursachen Endstation Calais Homophobie in der Popmusik Interview: Wasserkrise Textilindustrie Interview: Kinderarbeit Grundlagen Erklärung der Menschenrechte Zehn Fragen Interview: Globale Gerechtigkeit Geschichte der Menschenrechtserklärung Debatte Die Idee Universelle Menschenrechte Interview: Gültig für alle? "Asiatische Werte" Menschenrechte und Islam Interkultureller Diskurs Regionen Russland Naher und Mittlerer Osten China Afrika Lateinamerika Europa Interview: Menschenrechtsschutz Europa Quiz: Menschenrechte Redaktion Das Menschenrecht auf Wohnen

Klimawandel und Menschenrechte

Nina Eschke Carolin Schlößer

/ 15 Minuten zu lesen

Der Klimawandel schreitet schnell voran, verursacht immer häufiger in weiten Teilen der Welt Extremwetterereignisse und bedroht die Lebendgrundlagen vieler. Was bedeutet das für die Menschenrechte?

Der Klimawandel lässt das Dürrerisiko in vielen Regionen der Welt steigen. (© picture alliance / imageBROKER/Kurt Amthor | imageBROKER/Kurt Amthor)

Die Menschenrechte sind eng mit dem Klimawandel verbunden

Der Externer Link: Klimawandel und seine Folgen wirken sich immer stärker auf das Leben vieler Menschen aus. Der Weltklimarat (Intergovernmental Panel on Climate Change, IPCC) berichtete 2023, dass 3,3 bis 3,6 Milliarden Menschen – vor allem im Globalen Süden – unter Bedingungen leben, die hochgradig anfällig für extreme Wetterereignisse wie Dürre, Starkregen, Stürme und Hitze sind. Diese direkten Folgen des Klimawandels betreffen ihre Menschenrechte, darunter die Rechte auf Leben, Gesundheit, Nahrung, Wasser, Wohnen und Bildung (siehe Abbilung 1).

Abbildung 1: Auf diese Menschenrechte wirkt sich der Klimawandel besonders aus (© Deutsches Institut für Menschenrechte)

Wie genau Menschen durch den Klimawandel bedroht sind, hängt vor allem davon ab, wie und wo sie leben – auch innerhalb eines Landes. Wegen Trockenheit wird in Teilen Spaniens immer wieder die Trinkwasserversorgung rationiert, in Honduras gefährden häufige Sturmfluten die Lebensgrundlagen von Küstenbewohner*innen und in Kenia müssen Hirtenvölker mit einem immer trockeneren Lebensraum umgehen.

Auf allen Kontinenten bekommen vor allem diejenigen die Folgen des Klimawandels zu spüren, die ohnehin benachteiligt sind – deren Gesundheit bedroht ist oder die nur wenig Mittel haben, um sich an die Folgen des Klimawandels anzupassen. Dazu gehören arme und einkommensschwache Menschen im ländlichen Raum und in urbanen Zentren, lokale und indigene Gemeinschaften, junge und alte Menschen, Frauen sowie Menschen mit Behinderung.

Prognosen zu den zukünftigen Auswirkungen des Klimawandels sind verheerend: Bis 2050 könnten Wetterextreme und der Anstieg des Meeresspiegels bis zu 14,5 Millionen Todesfälle verursachen sowie gravierende Folgen für die menschliche Gesundheit und nationale Gesundheitssysteme haben. Laut der Weltbank wird ein ungebremster Klimawandel bis Anfang 2030 bis zu 130 Millionen Menschen weltweit zusätzlich in Armut treiben; insgesamt 216 Millionen Menschen in Afrika, Asien, Lateinamerika und in Osteuropa könnten bis 2050 gezwungen werden, innerhalb ihres eigenen Landes zu migrieren (siehe Abbildung 2).

Paradoxerweise können auch Interner Link: Maßnahmen für den dringend benötigten Klimaschutz und für die Klimaanpassung, die einer großen Mehrheit zugutekommen, die Rechte von Menschen beeinträchtigen oder gar verletzen. Bei groß angelegten Projekten für erneuerbare Energien kommt es immer wieder zu (Zwangs-)Vertreibungen oder einem erschwerten Zugang zu Wasser- und Nahrungsquellen von lokalen und indigenen Gemeinschaften. Menschenrechtsorganisationen warnen vor Menschenrechtsverletzungen, wie z.B. Kinderarbeit im Zusammenhang mit dem Abbau von kritischen Rohstoffen, darunter Kobalt und Lithium, für die Energiewende. Die Frage, ob die „Klimatransformation“ soziale Ungleichheiten verschärft und auf dem Rücken einkommensschwacher Bevölkerungsgruppen geschieht, ist auch in Deutschland in den Fokus gerückt.

Staaten sind verpflichtet, die Menschen und ihre Rechte vor den Folgen des Klimawandels zu schützen

Das internationale Menschenrechtsschutzsystem hat die Bedrohung des Klimawandels und der weltweiten Umweltzerstörung für die Menschenrechte erkannt: In unzähligen Resolutionen weist der Interner Link: UN-Menschenrechtsrat seit 2008 auf die menschenrechtlichen Folgen des Klimawandels hin und ruft Staaten zum Handeln auf. 2021 ernannte er erstmals eine*n Sonderberichterstatter*in für Klimawandel und Menschenrechte.

UN-Fachausschüsse und UN-Sonderberichterstatter*innen haben auf Grundlage der UN-Kernmenschenrechtsverträge, die den Klimawandel nicht explizit erwähnen, Bezüge zu den Menschenrechten und Verpflichtungen der Staaten erarbeitet. In seiner Allgemeinen Bemerkung von 2023 befasst sich der UN-Kinderrechteausschuss bspw. mit dem Klimawandel und der allgegenwärtigen Umweltverschmutzung. Er skizziert, welche Maßnahmen Staaten zum Schutz des Lebens und der Lebensperspektiven von Kindern ergreifen sollten.

Klar ist: Staaten müssen ihre Bevölkerung vor den Folgen des Klimawandels schützen. Um das 1,5-Grad-Ziel des Interner Link: Pariser Klimaabkommens zu halten, müssen sie ihre Treibhausgasemissionen ambitioniert senken. Staaten müssen auch die Rechte besonders betroffener Bevölkerungsgruppen, unter anderem durch Klimaanpassungsmaßnahmen, schützen. Dazu kann gehören, den Umgang mit knappen Wasserressourcen zu planen oder sichere und klimaangepasste Wohnmöglichkeiten zu schaffen.

Dass Klimaschutz eine Menschenrechtsfrage ist, zeigt auch ein Blick auf internationale, regionale und nationale Gerichte: Die UN-Vollversammlung beauftragte 2023 den Interner Link: Internationalen Gerichtshof (IGH), die völkerrechtlichen und damit auch menschenrechtlichen Verpflichtungen von Staaten in Bezug auf den Klimawandel und die Umweltzerstörung in einem Gutachten zu klären. Der Internationale Seegerichtshof (ISGH) wiederum hat im Mai 2024 bereits ein Gutachten veröffentlicht. Darin konkretisiert er die Verpflichtungen von Vertragsstaaten, Treibhausgasemissionen zu reduzieren und damit die Meeresumwelt zu schützen, auch dann, wenn ein Staat selbst keinen unmittelbaren Zugang zum Meer hat. Außerdem stellt der ISGH fest, dass der Klimawandel eine existentielle Bedrohung darstellt und für die Menschenrechte besorgniserregend ist. Eine Koalition kleiner Inselstaaten hatte dieses Gutachten Ende 2022 beauftragt, da ihre Bevölkerungen durch den ansteigenden Meeresspiegel existentiell bedroht sind. Das Ziel beider Verfahren ist es vor allem, rechtliche Argumente zu stärken, um Staaten mit hohen Treibhausgasemissionen stärker in die Verantwortung zu nehmen.

Im April 2024 bestätigte der Interner Link: Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) im Fall der sogenannten „Schweizer KlimaSeniorinnen“ erstmalig, dass unzureichende Klimaschutzmaßnahmen eines Mitgliedstaates der Interner Link: Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) – hier die Schweiz – Menschenrechte verletzen. Konkret leitet das Gericht ein Recht von Bürger*innen eines Mitgliedstaates auf Schutz vor den Folgen des Klimawandels in Bezug auf Leben, Gesundheit, Wohlbefinden und Lebensqualität aus dem Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens her (Artikel 8 EMRK). Auf Anfrage von Kolumbien und Chile beschäftigt sich derweilen der Interamerikanische Gerichtshof für Menschenrechte (IAGMR) seit 2023 unter anderem mit der Frage, wie der Klimanotstand künftige Generationen betrifft. Er erstellt dazu ein grundlegendes Gutachten, dessen Ergebnisse er selbst oder auch nationale Gerichte als Argumente in Klima-Fällen nutzen können.

Infolge des sogenannten Interner Link: Klima-Beschlusses des deutschen Bundesverfassungsgerichts von 2021 musste die damalige Bundesregierung die gesetzlich festgelegten Klimaziele nachbessern. Das Gericht machte klar, dass Treibhausgasemissionen rechtzeitig reduziert werden müssen und dies nicht einseitig in die Zukunft verschoben werden darf. Ansonsten können künftige Generationen kaum noch ihre im Grundgesetz verbrieften Freiheitsrechte wahrnehmen. Auf Antrag der Nichtregierungsorganisation Urgenda verurteilte bereits 2015 ein niederländisches Gericht die Niederlande, ihre Treibhausgasemissionen deutlich zu senken. 2019 bestätigte das oberste niederländische Gericht diese Entscheidung auch auf Grundlage der Menschenrechte auf Leben und auf Achtung des Privat- und Familienlebens (Artikel 2 und 8 EMRK).

Die Menschenrechte entwickeln sich mit dem Klimawandel als globale Herausforderung weiter. Ein „sicheres Klima“ (safe climate) ist Teil des Rechts auf eine saubere, gesunde und nachhaltige Umwelt, das der UN-Menschenrechtsrat 2021 und ein Jahr später die UN-Vollversammlung per Resolutionen als internationales Menschenrecht anerkannten. Deutschland stimmte für beide Resolutionen. Auf europäischer Ebene wird intensiv darüber diskutiert, ob bzw. wie das Recht auf eine gesunde Umwelt (rechtlich) anerkannt werden kann. In Amerika ist es das schon. Im Fall der indigenen Organisation Lhaka Honhat gegen Argentinien stellte der IAGMR bspw. 2020 einen direkten Verstoß gegen das Recht einer indigenen Gemeinschaft auf eine gesunde Umwelt fest.

Menschenrechte als Richtschnur für Klimapolitik

Bisher erfüllen Staaten ihre menschenrechtlichen Verpflichtungen in Bezug auf den Klimawandel nicht. Gerade in Staaten mit hohen Treibhausgasemissionen sind nationale Klimaziele und Klimaschutzmaßnahmen zum Teil völlig unzureichend. Auch bei der Klimaanpassung hinken laut Weltklimarat viele Staaten hinterher.

Staaten müssen also zügig handeln. Laut Pariser Klimaabkommen sollen die Vertragsstaaten, wenn sie Maßnahmen gegen den Klimawandel ergreifen, ihre menschenrechtlichen Verpflichtungen achten, fördern und berücksichtigen. Berichte zeigen jedoch: Maßnahmen von Staaten aber auch von Unternehmen können und haben negative Auswirkungen auf die Rechte von Menschen weltweit.

Oft sind Bevölkerungsgruppen, die bereits benachteiligt sind, besonders gefährdet, dass ihre Menschenrechte weiter beeinträchtigt oder verletzt werden. Indigene und lokale Gemeinschaften im Globalen Süden sind ein gutes Beispiel dafür, ebenso wie Frauen, vor allem im Zusammenhang mit Landrechten und ihrem Recht auf Teilhabe. Im Globalen Norden wie auch im Globalen Süden sind in Armut lebende Menschen anfälliger für negative Auswirkungen von Klimaschutz- und Klimaanpassungsmaßnahmen. Wegen fehlender Mittel können sie sich nicht an dramatische sozioökonomische Veränderungen anpassen und sie werden nicht konsultiert und in Entscheidungen einbezogen.

Der Zugang zu Information über Maßnahmen, eine angemessene Beteiligung der Betroffenen und zivilgesellschaftlicher Akteure sowie Beschwerdemöglichkeiten müssen gewährleistet sein. Wie wichtig Beteiligung und eine Abwägung möglicher sozialer Folgen auch für die gesellschaftliche Akzeptanz von klimapolitischen Maßnahmen sind, verdeutlichte nicht zuletzt die heftige öffentliche Debatte um die Novellierung des Gebäudeenergiegesetzes („Heizungsgesetz“) 2023 in Deutschland.

Menschenrechte setzen Standards. Gerade bei der Klimaanpassung können sie helfen, staatliches Handeln auf die vom Klimawandel am stärksten Betroffenen zu lenken. Das deutsche Bundes-Klimaanpassungsgesetz von 2023 erwähnt die Menschenrechte nicht direkt. Es hat aber zum Ziel, durch Klimaanpassung auf Bund-, Länder- und kommunaler Ebene gleichwertige Lebensverhältnisse zu bewahren und eine Zunahme sozialer Ungleichheiten durch die Folgen des Klimawandels zu verhindern. Das Gesetz nennt immerhin Handlungsfelder wie „menschliche Gesundheit“, „Bevölkerungs- und Katastrophenschutz“ und „vulnerable Gruppen“ und sieht vor, die Öffentlichkeit an der Auswahl von Maßnahmen zu beteiligen. Beim Klimaschutz plant die Bundesregierung durch ein „Sozialmonitoring“ die sozialen Auswirkungen von geplanten Maßnahmen künftig stärker zu berücksichtigen. Auch junge Menschen möchte sie mehr in klimapolitische Entscheidungsfindungen einbinden.

Auch Unternehmen haben eine menschenrechtliche Verantwortung

Durch energieintensive Produktionen oder den Abbau fossiler Energieträger treiben Unternehmen den Klimawandel an. Ob sie damit gegen die Menschenrechte verstoßen, wird zunehmend diskutiert und vor Gerichten verhandelt. Zwar sind zuallererst Staaten verpflichtet, die Menschenrechte einzuhalten, aber auch Unternehmen müssen die Menschenrechte achten. Die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte unterstreichen diese menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten von Unternehmen und geben entsprechende Arbeits-, Sozial- und Umweltstandards vor.

Obwohl die Leitprinzipien für Unternehmen rechtlich nicht bindend sind, orientieren sich Gerichte im Einzelfall an ihnen, um Fälle zu entscheiden. Wie zum Beispiel ein niederländisches Gericht, das 2021 Shell dazu verurteilte, seine eigenen Emissionen und die von Unternehmen in seiner Lieferkette deutlich zu senken. Shell ist dagegen 2022 in Berufung gegangen, eine Entscheidung steht bisher aus. Auch außergerichtliche Institutionen, wie die philippinische Nationale Menschenrechtsinstitution, sehen Unternehmen mit hohen Treibhausgasemissionen als mitverantwortlich für die menschenrechtlichen Folgen des Klimawandels.

Auch die Frage, ob Unternehmen für drohende oder bereits eingetretene negative menschenrechtlich relevante Folgen finanziell haften müssen, beschäftigt Gerichte. Der peruanische Bauer Lliuya verklagt seit 2015 den Energiekonzern RWE vor deutschen Gerichten auf finanzielle Entschädigung. Er befürchtet, dass durch einen schmelzenden Gletscher der Gletschersee nahe seinem Wohnort überlaufen und sein Haus beschädigen könnte. Weil Überschwemmungen zunehmend ihre Lebensgrundlagen vernichten, verklagen Bewohner*innen der indonesischen Insel Pari den Zement-Hersteller Holcim vor Gerichten in der Schweiz. Sie wollen erreichen, dass Holcim seine Treibhausgasemissionen senkt, Entschädigung für entstandene Schäden leistet und Hochwasserschutzmaßnahmen finanziert.

Unternehmen sind essenziell für den Klimaschutz und eine erfolgreiche Energiewende: Sie entwickeln klimafreundlichere Technologien und bauen erneuerbare Energien aus. Dafür benötigen sie kritische Rohstoffe oder Landflächen, was menschenrechtliche Herausforderungen mit sich bringen kann: So wird die Demokratische Republik Kongo, wo 70 Prozent der weltweiten Produktion des etwa für Batteriespeicher wichtigen Rohstoffs Kobalt angesiedelt ist, mit Kinderarbeit in den Kobaltminen in Verbindung gebracht. In Norwegen wird der größte Windpark auf einem Gebiet gebaut, für das das indigene Volk der Samen ein Nutzungsrecht besitzt und welches es dringend als Weideland für seine Rentiere benötigt.

Um bestimmte Unternehmen in Deutschland entlang ihrer Lieferketten enger an Menschenrechts- und teilweise Umweltstandards zu binden, erließ Deutschland 2021 das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG). Demnach sind Unternehmen ab einer bestimmten Größe verpflichtet, ihre Lieferketten auf menschenrechtliche Risiken wie zum Beispiel Kinderarbeit und Konflikte um Landflächen, zu untersuchen und zu beheben. Auf europäischer Ebene wurde 2024 die EU-Lieferkettenrichtlinie beschlossen; Deutschland hat zwei Jahre Zeit, das LkSG an die europäische Richtlinie anzupassen. In Teilen geht die Richtlinie weiter als das LkSG und vereinfacht es in einigen Fällen, bei Menschenrechtsverstößen auf Schadensersatz zu klagen.

Klimapolitisches Engagement: Wichtig, aber vielerorts gefährlich

Zivilgesellschaftliche Akteur*innen weltweit spielen eine wesentliche Rolle bei der Bewältigung des Klimawandels und einer gerechten und ökologisch nachhaltigen Transformation. Sie lobbyieren bei den jährlichen internationalen Klimaverhandlungen, unterstützen Klima-Klagen vor Gerichten oder prangern Umweltzerstörungen und Menschenrechtsverstöße durch Unternehmen an. Proteste gegen die klimapolitische Untätigkeit von Staaten haben zugenommen und breite Bevölkerungsschichten mobilisiert, vor allem junge Menschen.

Das Engagement für Klimaschutz kann aber auch gefährlich sein: Zwischen 2012 und 2022 wurden 1.910 Land-, Umwelt- und Klimaschützer*innen ermordet, die meisten davon in Lateinamerika. Laut UN und zivilgesellschaftlichen Organisationen kamen und kommen Einzelpersonen, Protestierende sowie zivilgesellschaftliche Organisationen, die sich für Klima- oder Umweltschutz einsetzen, in vielen Ländern immer wieder in Konflikt mit Behörden: Friedliche Demonstrationen werden aufgelöst oder gar nicht erst zugelassen, Organisationen werden geschlossen, Umwelt- und Klimaaktivist*innen bedroht, auch durch Privatpersonen oder Unternehmen.

Selbst in Europa gehen Länder wie Frankreich, Italien, die Niederlande, Schweden und Großbritannien immer härter gegen friedliche Klima- und Umweltproteste vor, sei es mit Massenverhaftungen oder hohen Strafen für Protestierende. In Deutschland riefen jüngst Klimaproteste und -aktionen weitreichende staatliche Reaktionen hervor, vor allem gegen die kontrovers diskutierten Aktionen zivilen Ungehorsams der Klimaaktivist*innen der „Letzten Generation“. Einige von ihnen wurden bis zu 30 Tage lang in Präventivhaft genommen, zudem fanden Wohnungsdurchsuchungen statt. Aus Sicht vieler Menschenrechtsorganisationen und -institutionen verletzen solche Maßnahmen das Recht auf Versammlungsfreiheit der Aktivist*innen, sie kritisieren außerdem, dass Menschen dadurch abgehalten werden könnten, sich für Klimaschutz zu engagieren. Die Rechtmäßigkeit staatlicher Maßnahmen gegen Aktivist*innen der „Letzten Generation“ wurde von Gerichten unterschiedlich beurteilt, so wurde die Präventivhaft teils als unzulässig zurückgewiesen. Die Protestaktionen selbst wurden wiederholt als Straftaten gewertet und Aktivist*innen rechtskräftig verurteilt. Die Verfahren dauern zum Teil noch immer an.

Weitere Inhalte

Nina Eschke leitet den Themenbereich Klimawandel und Umwelt am Deutschen Institut für Menschenrechte. Zuvor arbeitete sie u.a. beim Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen in Indonesien zu den Auswirkungen des Klimawandels auf verschiedene Bevölkerungsgruppen.

Carolin Schlößer ist Juristin und seit 2023 wissenschaftliche Mitarbeiterin am Deutschen Institut für Menschenrechte. Sie studierte Rechtswissenschaften in Düsseldorf, Cergy-Pontoise (Frankreich) sowie in Genf (Schweiz) mit dem Schwerpunkt Menschenrechte und Völkerrecht. Das Rechtsreferendariat absolvierte sie in Düsseldorf mit Stationen beim Bundesjustizministerium in Berlin (Referat Menschenrechte) und bei der Ständigen Vertretung Deutschlands bei den Vereinten Nationen in New York (USA). Zuletzt forschte sie an der Universität Bonn zu einem staatsrechtlichen Thema mit grund- und völkerrechtlichen Bezügen.