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Direktwahlen zum Europäischen Parlament

Karl-Rudolf Korte

/ 2 Minuten zu lesen

Der Europäische Rat hat 2002 beschlossen, dass die Wahlen zum Europaparlament nach den Grundsätzen der Verhältniswahl stattfinden sollten. Doch nach wie vor fehlt der Grundsatz der "gleichen Wahl" im Europawahlrecht.

Sitz des Europäischen Parlaments ist Straßburg; Europafahnen vor dem Parlamentsgebäude, in dem die Plenarsitzungen stattfinden. (© picture-alliance, Artjazz/Shotshop | Artjazz)

Das Europäische Parlament schlug im Sommer 1998 einheitliche Grundsätze für die Direktwahlen zum Europäischen Parlament vom 10. bis 13. Juni 1999 vor, die den Mitgliedstaaten einen gewissen Spielraum bei der Ausgestaltung lassen sollten. Der im Vertrag von Amsterdam geforderte Entwurf wurde den Regierungen zugeleitet. Diese konnten sich jedoch nicht rechtzeitig vor den Wahlen auf einen gemeinsamen Beschluss verständigen. Deshalb wurden auch diese Wahlen nach den jeweiligen nationalen Wahlverfahren durchgeführt.

Zudem stießen die Forderungen des Europaparlaments bei den nationalen Parlamenten und Regierungen auf Widerstand. Die Brüsseler Abgeordneten wollten Mitgliedstaaten mit mehr als 20 Millionen Einwohnern (Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Italien, Spanien und Polen) dazu verpflichten, territoriale Wahlkreise einzurichten, um einen besseren Kontakt der Wählerinnen und Wähler zu ihren Abgeordneten zu gewährleisten. Kleineren Mitgliedstaaten sollte die Einrichtung von Wahlkreisen freigestellt werden. Außerdem forderten die Europaabgeordneten, dass ab 2009 zehn Prozent der Gesamtzahl der Sitze im EU-Parlament durch eine transnationale Liste zu besetzen seien.

Der Deutsche Bundestag lehnte eine Verpflichtung zur Wahlkreiseinteilung mit der Begründung ab, Bürgernähe sei nicht von der Größe eines Mitgliedstaates abhängig, und auch die Idee einer transnationalen Liste stieß auf den Widerstand der deutschen Bundestagsabgeordneten: Transnationale Listen könnten das bereits bestehende Problem mangelhafter Repräsentativität des EU-Parlaments weiter verschärfen (Bundestags-Drucksache 14/685). Die Bundesregierung schloss sich den Einwänden des Bundestages an und konnte im Ministerrat entsprechende Änderungen an den Reformplänen durchsetzen.

Der Europäische Rat fasste im Juni 2002 den Beschluss, dass ab 2004 die Mitglieder des Europäischen Parlaments in allen Mitgliedstaaten nach den Grundsätzen der Verhältniswahl gewählt werden sollten.

Nach wie vor fehlt der Grundsatz der "gleichen Wahl" im Europawahlrecht, weil im Europäischen Parlament die Verteilung der Sitze an die einzelnen Mitgliedstaaten nicht deren Bevölkerungsgröße entspricht und daher das Gewicht der einzelnen Wählerstimmen sehr unterschiedlich ist.

Den Mitgliedstaaten wird das Recht eingeräumt, ihr Wahlgebiet in Wahlkreise oder Landeslisten einzuteilen. Das Prinzip der Verhältniswahl darf dadurch aber nicht angetastet werden und eine Verpflichtung für die großen Staaten, wie vom Europaparlament gefordert, ist nicht vorgesehen. Damit bleibt die in Deutschland mögliche Wahl zwischen Bundes- und Landeslisten bestehen.

Ob die europäischen Mitgliedstaaten eine Sperrklausel bei der Mandatsverteilung festlegen, bleibt ihnen selbst überlassen. Diese darf allerdings nicht über fünf Prozent der Stimmen liegen.

Eine wichtige Veränderung im Europawahlrecht ist das 2004 erfolgte Verbot von Doppelmandaten, die es den Abgeordneten ermöglichen, sowohl Mitglied eines nationalen Parlaments als auch Mitglied im Europäischen Parlament zu sein. Loyalitäts- sowie Interessenkonflikte sollen auf diese Art verhindert werden. Hingegen ist es erlaubt, dass Europaabgeordnete Mandate auf kommunaler Ebene (z. B. als Stadt-, Gemeinde- oder Kreisrat) ausüben.

Fussnoten

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Professor Dr. Karl-Rudolf Korte hat einen Lehrstuhl für Politikwissenschaft inne und ist Direktor der NRW School of Governance der Universität Duisburg-Essen. Er ist zudem geschäftsführender Herausgeber der Zeitschrift für Politikwissenschaft.

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