Im siebten Panel der Tagung näherten sich Florian Kührer-Wielach, Wlodzimierz Borodziej und Liana Suleymanova der Frage, wie sich die heutigen politischen Umbrüche in Mittel- und Osteuropa mit denen der Zwischenkriegszeit vergleichen lassen.
Florian Kührer-Wielach nahm sich des Falls Rumänien an. Er schilderte zunächst, wie in den 1930er Jahren fehlender Rückhalt in demokratische Institutionen in eine diktatorische Herrschaft mündete. Anschließend zog er Parallelen zum Rumänien von heute, in dem nicht zuletzt ökonomische Probleme dazu führten, dass Bürger das Vertrauen in ihren Staat und seine Institutionen verloren haben.
Wlodzimierz Borodziejs Beitrag handelte von der Geschichte Polens, in der sich der Dualismus der Fremdherrschaft und Selbstbehauptung wie ein roter Faden zieht. Borodziej sagte, die aktuelle polnische Regierungspolitik ¬¬– etwa die von der EU kritisierte Reform des Justizwesens – müsse vor dem Hintergrund betrachtet werden, dass das Land im 20. Jahrhundert hauptsächlich unter Besatzung oder einer hausgemachten Version autoritärer Herrschaft gelitten habe. Dies lasse sich nicht zuletzt an der politischen Kultur festmachen, in der das Wort „Kompromiss“ negativ konnotiert sei.
Liana Suleymanova befasste sich abschließend mit den nationalen Mythen und der Erinnerungskultur Albaniens. Diese unterscheide sich aufgrund der 400-jährigen osmanischen Vergangenheit grundlegend von der Erinnerungskultur anderer mittel- und osteuropäischer Länder. Identitätsstiftend seien im heutigen Albanien vor allem die Nationalhelden, die vor der osmanischen Herrschaft lebten.
Die drei Fallbeispiele – Rumänien, Polen, Albanien –, aber auch die anschließende Diskussion verdeutlichten, dass die Staaten des ehemaligen Ostblocks eine Erfahrung teilen, die sich fundamental von der Erfahrung westeuropäischer Staaten unterscheidet. So würden die 40 Jahre Kommunismus die politische Kultur bis heute prägen. Zugleich wurde davor gewarnt, die Staaten des ehemaligen Ostblocks als monolithischen Block zu begreifen, in dem nationale Besonderheiten belanglos seien.
Von: Lorenz Abu Ayyash