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Die ursprüngliche Version dieses Textes wurde am 06.01.2017 veröffentlicht und am 20.08.2024 aktualisiert.
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In Polen ist die rechtspopulistische PiS mit ihrem Projekt eines autoritären Staatsumbaus vorerst gescheitert. Nach acht Jahren an der Macht verlor die Partei von Jarosław Kaczyński bei der Parlamentswahl 2023 die Regierungsmehrheit. Der Kampf um die Demokratie in dem EU-Land ist aber noch keineswegs entschieden.
Die ursprüngliche Version dieses Textes wurde am 06.01.2017 veröffentlicht und am 20.08.2024 aktualisiert.
Jarosław Kaczyńskis Reaktionen auf Wahlergebnisse sind in Polen legendär.
Vier Jahre später jedoch siegte die PiS 2015 bei den
Den vielsagendsten Auftritt jedoch hatte Kaczyński nach der
Eines ist all diesen Auftritten gemein: Sie zeigen, dass Kaczyński jede Form von Kompromiss fremd ist. Der 75-Jährige, der die PiS 2001 gründete und zu einer auf ihn zugeschnittenen Kaderpartei autoritären Typs formte, will die ganze Macht in Polen, und zwar auf Dauer. Aus seiner Sicht gibt es dazu auch keine Alternative. Denn seinen Gegnern unterstellt er, dass sie „den Landesverrat in den Genen tragen“.
Angesichts von Kaczyńskis Kampfansagen scheint klar: Das Ringen um die Demokratie in Polen ist keineswegs entschieden, auch wenn die PiS die Macht in Warschau
Man muss sich diese Geschichte immer wieder ins Gedächtnis rufen, um die Genese des Rechtspopulismus in Polen zu verstehen. Die PiS hat ihre Wurzeln in der
Aus Sicht der Kaczyńskis waren die Folgen fatal. In ihren Augen kehrten die Kommunisten, protegiert von einem oft schwer vorhersehbar agierenden Präsidenten, als alte-neue Elite durch die Hintertür an die Schalthebel von Staat, Wirtschaft, Medien und Gesellschaft zurück. Diese angebliche „Seilschaft“ (Układ) aus korrumpierten Wałęsa-Leuten, gewendeten KP-Führern und Roten Direktoren habe Polen nach 1989 als eine Art „Deep State“ beherrscht – zu Lasten der „kleinen Leute“. Deren Stimme wiederum wollte die PiS sein, als Vollstreckerin des „wahren Volkswillens“. Die Begriffe verraten, dass es eine große Nähe der PiS-Ideologie zu jenen Formen des Rechtspopulismus gibt, die in vielen westlichen Demokratien das beginnende 21. Jahrhundert mitprägen.
Tatsächlich war die PiS von Anfang an antielitär, autoritär, illiberal und exklusiv-nationalistisch. So gesehen zählt Polen in Sachen Rechtspopulismus weltweit sogar zu den Vorreitern. Das Jahr 2015, als die PiS bei den Präsidentschafts- und Parlamentswahlen siegte, lässt sich geradezu als Menetekel dessen lesen, was den älteren westlichen Demokratien noch bevorstand: 2016 folgten das
Die PiS war 2015 sehr viel besser vorbereitet als zehn Jahre zuvor, bei ihrem ersten Wahlsieg. Sie fuhr diesmal eine Doppelstrategie aus Systemreformen und einer populären Sozialpolitik. Unmittelbar nach Regierungsantritt begann sie mit einem autoritären Staatsumbau, anhand eines klaren Drehbuchs.
Den ersten Aufschlag machte der PiS-nahe Präsident Andrzej Duda. Er weigerte sich, mehrere bereits gewählte, als liberal geltende Verfassungsrichter zu vereidigen. Kurz darauf installierte die PiS ihre eigenen Kandidaten. Am 22. Dezember 2015, nur sechs Wochen nach Konstituierung des neuen Sejms, novellierte die Regierung das Verfassungsgerichtsgesetz, was zunächst zu einer weitgehenden Lähmung der Kontrollinstanz führte.
Es folgten
Ähnlich schnell und massiv erfolgten die
Der Frontalangriff auf die Unabhängigkeit von Justiz und Medien sorgte früh für harsche Kritik. Jerzy Stępień, ein ehemaliger Präsident des Verfassungsgerichts, sprach sogar vom Versuch eines „Staatsstreichs“.
Doch der Widerstand lief ins Leere. Das Artikel-7-Verfahren wurde nicht konsequent vorangetrieben. Denn am Ende, so sehen es die Verträge vor, hätte das Veto eines einzelnen EU-Landes ausgereicht, um das langwierige Verfahren zu Fall zu bringen. Ein solches Veto kündigte der Ungar Viktor Orbán früh an. Wichtiger noch war jedoch, dass sich die Bevölkerung in Polen nicht zum durchschlagenden Widerstand gegen die Demontage des Rechtsstaats mobilisieren ließ.
Eine entscheidende Rolle spielte dabei die offensive
Einiges spricht deshalb dafür, dass Kaczyńskis Plan eines autoritären Staatsumbaus, bei dessen Umsetzung er seit 2015 schon in beachtlichem Maß vorangekommen war, bei der Wahl 2023 an dem Unvermögen scheiterte, die eigene Erfolgsgeschichte fortzuschreiben. Durch ihre Sozialpolitik war es der PiS gelungen, eine breitere Zustimmung im Land zu gewinnen, die deutlich über die eigene nationalkonservative Kernklientel hinausreichte. Die Corona-Pandemie, der
Frei nach Bill Clintons berühmtem Ausspruch „It’s the economy, stupid!” lässt sich beim Blick auf Polen resümieren: In einer gespaltenen Gesellschaft, in der sich die politischen Lager mitunter tatsächlich wie Feinde in einer „Schlacht“ gegenüberstehen, können sozioökonomische Faktoren über Wohl und Wehe der Demokratie entscheiden. Der Kampf um den Rechtsstaat und die Freiheit lässt sich demnach nur gewinnen, wenn die demokratischen Parteien das alltägliche Leben der Menschen nicht aus den Augen verlieren.
Ulrich Krökel ist Journalist mit dem Themenschwerpunkt Osteuropa. Seit 2010 arbeitet er als Korrespondent in Warschau für verschiedene deutschsprachige Print- und Onlinemedien, u.a. Berliner Zeitung, ZEIT und Spiegel online. Er berichtet vor allem über Ereignisse aus Polen, aber auch aus der Ukraine, Belarus, Ungarn und dem Baltikum. Daneben arbeitet und engagiert er sich für das Netzwerk für Osteuropa-Journalisten n-ost.
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