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Wahlergebnisse und Wählerschaft der FDP

Frank Decker

/ 3 Minuten zu lesen

Selbstständige, Freiberufler, leitende Angestellte und Beamte sind in der FDP-Wählerschaft überproportional vertreten. Ihr geografischer Scherpunkt liegt in ökonomisch prosperierenden Regionen.

Christian Lindner während einer Wahlkampfveranstaltung in Düsseldorf 2017. (© picture-alliance/dpa)

Wahlergebnisse

Die Wahlergebnisse der FDP unterliegen bis heute starken Schwankungen. Dies gilt auf europäischer, Landes- und kommunaler Ebene stärker als auf der Bundesebene, wo sie bis 2013 stets den Sprung über die Fünfprozenthürde schaffte. Bei den übrigen Wahlen kam es immer wieder zu Phasen parlamentarischer Abstinenz, zum Teil sogar über längere Strecken. Nur in Baden-Württemberg ist die FDP seit 1952 durchgängig im Landtag vertreten.

Die wechselhaften Ergebnisse rühren aus dem niedrigen Stammwählerpotenzial, das die Liberalen nicht nur von Union und SPD, sondern auch von den später in das Parteiensystem hinzugetretenen Grünen unterscheidet. Stärker als bei diesen ist die Wahlentscheidung für die FDP durch kurzfristig wirkende, situative Faktoren motiviert, vor allem durch die Kompetenzzuschreibung in der für ihre Wähler besonders wichtigen Wirtschafts- und Steuerpolitik.

Profitieren konnte die FDP zudem immer dann, wenn sie als Koalitionspartner "gebraucht" wurde. Bei ihren Seitenwechseln 1969 und 1982 nahm sie dabei das Risiko in Kauf, von einem Teil ihrer Wähler abgestraft zu werden. Seit den 1980er-Jahren setzte die FDP vermehrt auf Leih- oder Stützstimmen aus dem Unionslager, um so die Mehrheitsfähigkeit bürgerlicher Koalitionen sicherzustellen. Als "Partei der zweiten Wahl" (Dittberner) war sie hier sie zugleich ein Nutznießer des durch das Wahlsystem ermöglichten Stimmensplittings, von dem ihre Wähler unter allen Parteien am meisten Gebrauch machten (Vorländer 2013: 403). Mit der Flexibilisierung der Koalitionsbeziehungen hat sich dieser Effekt inzwischen allerdings abgeschwächt - 2021 war der Zuwachs der FDP bei den Erstimmen größer als bei den Zweitstimmen (1,7 gegenüber 0,7 Prozent).

Konnten die FDP und ihre Vorläuferparteien zu Beginn der Bundesrepublik in den südwestdeutschen Ländern, Hessen sowie den drei Stadtstaaten noch Werte von um oder über 20 Prozent erreichen, so wurden diese Hochburgen ab Ende der 1950er-Jahre von der CDU geschleift. Die protestantisch-mittelständische Wählerschaft, auf die sie als kirchenferner Gegenpol zur Union abzielte, war seit dieser Zeit sozialdemografisch im Rückzug begriffen. Heutige geografische Schwerpunkte der Partei sind die ökonomisch prosperierenden Regionen im Rheinland und im Stuttgarter, Frankfurter und Münchener Umland. Ihre besten Landesergebnisse erreichte die FDP bei der Bundestagswahl 2021 in Baden-Württemberg, Hessen und Schleswig-Holstein. Vergleichsweise gut schnitt sie auch in den ostdeutschen Ländern ab, wo sie inzwischen, wenn man Berlin mitrechnet, wieder in vier (von sechs) Landtagen vertreten ist.

Aktuelle Wahlergebnisse der FDP

Wahlergebnisse bei den letzten Wahlen zu Landesparlamenten, dem Bundestag und dem Europäischen Parlament

WahlDatumProzentualer AnteilStimmenanzahl
AnteilGewinn
Verlust
StimmenGewinn
Verlust
Brandenburg01.09.20194,1%2,6%51.66037.284
Hamburg123.02.20204,97%-2,5%202.059-60.098
Baden-Württemberg14.03.202110,5%2,2%508.42962.931
Rheinland-Pfalz14.03.20215,5%-0,7%106.809-25.485
Sachsen-Anhalt06.06.20216,4%1,6%68.27713.712
Bundestag26.09.202111,4%0,7%5.291.013291.564
Mecklenburg-Vorpommern26.09.20215,8%2,8%52.96328.442
Saarland27.03.20224,8%1,5%21.6184.199
Schleswig-Holstein08.05.20226,4%-5,1%88.593-80.444
Nordrhein-Westfalen15.05.20225,9%-6,7%418.460-646.847
Niedersachsen09.10.20224,7%-2,8%170.303-117.654
Berlin27.02.20234,6%-2,1%70.416-39.015
Bremen214.05.20235,1%-0,9%64.155-23.265
Bayern308.10.20233,0%-2,1%413.887-276.612
Hessen08.10.20235,0%-2,5%141.644-74.302
Europäisches Parlament09.06.20245,2%-0,2%2.061.33432.740
Sachsen01.09.20240,9%-3,6%20.995-76.443
Thüringen01.09.20241,1%-3,9%13.591-41.902
Tabellenbeschreibung

Die Tabelle zeigt die Wahlergebnisse der Partei FDP zwischen dem 01.09.2019 und dem 01.09.2024. Bei zwölf von 18 Wahlantritten der Partei in diesem Zeitraum reduzierte sich der prozentuale Anteil der Partei an den gültigen Stimmen im Vergleich zur vorherigen Wahl. Das höchste Ergebnis erzielte die Partei mit 11,4% bei der Bundestagswahl 2021, das niedrigste mit 0,9% bei der Wahl in Sachsen 2024.

Fußnote: 1 Hamburg: Landesstimmen (bis zu fünf Stimmen je Wähler)

Fußnote: 2 Bremen: Personen- und Listenstimmen (bis zu fünf Stimmen je Wähler)

Fußnote: 3 Bayern: Gesamtstimmen (bis zu zwei Stimmen je Wähler)

Quelle: Die Bundeswahlleiterin und Landeswahlleitungen.

Wählerschaft

Das Selbstverständnis der FDP als Partei des Besitzbürgertums spiegelt sich in der sozialstrukturellen Zusammensetzung ihrer Wählerschaft, in der die Selbstständigen und Freiberufler stark überrepräsentiert sind - sie neigen der FDP doppelt so häufig zu wie im Bevölkerungsdurchschnitt. Auch leitende Angestellte sowie höhere und mittlere Beamte sind überproportional vertreten. Darüber hinaus korreliert die Wahlbereitschaft der FDP positiv mit dem formalen Bildungsabschluss. Bei den Bundestagswahlen 2009 und 2017 gelangen den Liberalen auch unter den nicht-gewerkschaftlich organisierten Arbeitnehmern beachtliche Gewinne, von denen viele vorher die SPD gewählt hatten (Zahlen von Infratest dimap).

Unter männlichen Wählern findet die FDP traditionell mehr Zuspruch als unter weiblichen. 2017 und 2021 ist der Männerüberhang jeweils nochmals leicht gestiegen, was Kritiker auch auf das stark männlich geprägte Erscheinungsbild der Parteiführung zurückführen. Deutlich gewandelt hat sich die Wählerschaft dagegen seit Mitte der 2000er-Jahre hinsichtlich ihrer Altersstruktur. Neigten der FDP bis dahin vorwiegend ältere Wähler zu, so ist sie heute in den jüngsten Altersgruppen anteilsmäßig am stärksten vertreten (Treibel 2018: 323 ff.). Nachdem sie in der "Generation Golf" der nach 1975 Geborenen bereits 2009 unter Westerwelle eine großen Sprung nach vorne gemacht hatte, konnte die FDP in der Gruppe der 18- bis 24-Jährigen 2017 wie 2021 weiter zulegen, während sie in der ältesten Wählergruppe der über 70-Jährigen die größten relativen Verluste verzeichnete. 2021 war sie bei den Jungwählern mit 20,5 Prozent nach den Grünen und vor SPD und CDU sogar die zweitstärkste Kraft.

Quellen / Literatur

  • Anan, Deniz (2019), Ist Opas FDP wirklich tot? Eine Analyse des FDP-Bundestagswahlprogramms 2017 im Lichte der strategischen Neuorientierung nach 2013, in: Zeitschrift für Politikwissenschaft 29 (1), S. 53-75.

  • Decker, Frank (2011), Noch eine Chance für die Liberalen?, in: Berliner Republik 13 (5), S. 58-65.

  • Decker, Frank / Best, Volker (2016), Wiederaufstieg oder endgültiger Abstieg? Die FDP zur Halbzeit der Auszeit, in: Gesellschaft - Wirtschaft - Politik 65 (1), S. 43-52.

  • Dittberner, Jürgen (2010), Die FDP. , Personen, Organisationen, Perspektiven. Eine Einführung, 2. Aufl., Wiesbaden.

  • Freckmann, Michael (2018), Lindners FDP. Profil - Strategie - Perspektiven, Frankfurt a.M. (Otto Brenner Stiftung, Arbeitspapier 29).

  • Hein, Dieter (1985), Zwischen liberaler Milieupartei und nationaler Sammlungsbewegung. Gründung, Entwicklung und Struktur der Freien Demokratischen Partei 1945-1949, Düsseldorf.

  • Lösche, Peter / Franz Walter (1996), Die FDP. Richtungsstreit und Zukunftszweifel, Darmstadt.

  • Niedermayer, Oskar (2015), Von der dritten Kraft zur marginalen Partei. Die FDP von 2009 bis nach der Bundestagswahl 2013, in: ders. (Hg.), Die Parteien nach der Bundestagswahl 2013, Wiesbaden, S. 103-134.

  • Treibel, Jan (2014) Die FDP. Prozesse innerparteilicher Führung 2000-2012, Baden-Baden.

  • Treibel, Jan (2018), Freie Demokratische Partei (FDP), in: Frank Decker / Viola Neu (Hg.), Handbuch der deutschen Parteien, 3. Aufl., Wiesbaden, S. 319-331.

  • Vorländer, Hans (2013), Welche Koalition sichert das Überleben? Bündnisaussichten der FDP, in: Frank Decker / Eckhard Jesse (Hg.), Die deutsche Koalitionsdemokratie vor der Bundestagswahl 2013, Baden-Baden 2013, S. 389-404.

  • Walter, Franz (2010), Gelb oder Grün? Kleine Parteiengeschichte der besserverdienenden Mitte in Deutschland, Bielefeld.

Fussnoten

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Dieser Text ist unter der Creative Commons Lizenz "CC BY-NC-ND 4.0 - Namensnennung - Nicht kommerziell - Keine Bearbeitungen 4.0 International" veröffentlicht. Autor/-in: Frank Decker für bpb.de

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Prof. Dr. Frank Decker lehrt und forscht am Institut für Politische Wissenschaft und Soziologie der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn. Seine Forschungsschwerpunkte sind unter anderem Parteien, westliche Regierungssysteme und Rechtspopulismus im internationalen Vergleich.