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Deutsche Zentrumspartei - Älteste Partei Deutschlands gegründet 1870 ZENTRUM

Torsten Oppelland

/ 2 Minuten zu lesen

Die Zentrumspartei spricht sich auf ihrem Wahlplakat gegen atomare Aufrüstung aus. (© Bundesarchiv)

Das Zentrum wurde 1870 als Partei des politischen Katholizismus gegründet, um die Interessen der katholischen Kirche gegen den säkularen Staat zu verteidigen. In ihrer langen Geschichte entwickelte sich die Partei von einer adlig geführten Honoratiorenpartei zu einer alle Schichten der katholischen Bevölkerung vertretenden demokratischen Volkspartei. Nach dem Ende des deutschen Kaiserreichs gehörte das Zentrum mit SPD und DDP zur "Weimarer Koalition", die die Verfassung der Republik ausarbeitete. Aufgrund ihrer Anschlussfähigkeit nach links und rechts, eine Wirkung der heterogenen innerparteilichen Struktur der Volkspartei, war das Zentrum an allen Regierungskoalitionen der Weimarer Republik beteiligt. 1933 wurde sie wie die meisten anderen Parteien zur Selbstauflösung genötigt.

1945 wurde die Zentrumspartei wiedergegründet, stand aber von Anfang an in Konkurrenz zur CDU, die als überkonfessionelle Sammlungspartei gegründet wurde und über die Unterstützung des überwiegenden Teils des katholischen Klerus verfügte. Auch die meisten früheren Zentrumspolitiker (wie z.B. Konrad Adenauer) schlossen sich der CDU an. Dennoch konnte sich die Zentrumspartei anfangs in einigen katholisch geprägten Gebieten noch etablieren und in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen einige Bundestags- und Landtagsmandate gewinnen; in diesen beiden Bundesländern sowie Hessen und Baden-Württemberg verfügt die Partei heute noch über Landesverbände. Bis 1958 war sie in verschiedenen von der CDU und der SPD geführten Koalitionen an der nordrhein-westfälischen Landesregierung beteiligt. Seitdem verlor sie jedoch an elektoraler Bedeutung und scheiterte überall an der Fünfprozenthürde. Bei der letzten Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen (2022) erhielt sie gerade einmal 4.162 Stimmen, was 0,1 Prozent der gültigen Stimmen entsprach. Stand die Zentrumspartei nach 1945 - auch um sich von der CDU zu unterscheiden - anfangs eher in der Tradition des Linkskatholizismus, konzentrierte sie sich später auf die Kommunalpolitik in den Gegenden, in denen sie noch über einen gewissen Rückhalt verfügte. Verschiedene Kooperationsversuche mit anderen christlichen Kleinparteien brachten keine Erfolge, so dass die einst mächtige Zentrumspartei heute eine christlich-sozial und konservativ ausgerichtete Kleinstpartei ist, die nur noch in einigen wenigen Kommunen in Nordrhein-Westfalen wahrnehmbar ist.

Im Jahr 2022 erfuhr die Partei eine ungewohnte öffentliche Aufmerksamkeit, als im Januar der Bundestagsabgeordnete Uwe Witt die AfD-Fraktion verließ, auch aus der Partei austrat und stattdessen der Zentrumspartei beitrat, die seitdem erstmals seit 1957 wieder ein Mitglied des Bundestages stellte. Der Vorgang wiederholte sich in Bezug auf das Europäische Parlament, als der ehemalige AfD-Vorsitzende Jörg Meuthen, der ebenfalls im Januar 2022 aus seiner Partei ausgetreten war, im Juni der Zentrumspartei beitrat; damit war diese Partei überhaupt das erste Mal im EP vertreten. Im August 2022 folgte jedoch der Parteistritt von Witt, da dieser mit dem Eintritt Meuthens in die Partei nicht einverstanden war. Dass diese Vorgänge die Zentrumspartei aus ihrem "Nischendasein" befreien werden, wie deren Vorsitzender bei der Vorstellung des prominenten neuen Mitglieds meinte, ist eher unwahrscheinlich.

Quellen / Literatur

  • Hoyer, Guido, Nichtetablierte christliche Parteien. Deutsche Zentrumspartei, Christliche Mitte, Christliche Partei Deutschlands und Partei Bibeltreuer Christen im Parteiensystem der Bundesrepublik Deutschland, Frankfurt a.M. 2001.

  • Thielking, Kai Oliver, Deutsche Zentrumspartei (Zentrum), in: Decker, Frank/Neu, Viola (Hrsg.): Handbuch der deutschen Parteien, 3. überarb. u. erw. Aufl., Wiesbaden 2018, S. 298-300.

Fussnoten

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Prof. Dr. Torsten Oppelland ist außerplanmäßiger Professor für Politikwissenschaft an der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Seine Forschungsschwerpunkte sind Politische Kultur und Geschichtspolitik sowie Parteien und Fraktionen auf regionaler, nationaler und europäischer Ebene.