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Kurzportrait: Kamala Harris | USA | bpb.de

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Kurzportrait: Kamala Harris

Heike Paul

/ 6 Minuten zu lesen

Die neue Spitzenkandidatin der Demokratischen Partei ist zwar verspätet, dafür umso erfolgreicher in den Präsidentschaftswahlkampf gestartet. Wofür steht die Vizepräsidentin der USA?

US-Vizepräsidentin Kamala Harris im November 2021. (© picture alliance/Pool via CNP/MediaPunch)

Eine mit dem Aufdruck „Madame President“ („Frau Präsidentin“) und einem Jugendfoto von Kamala Harris verzierte Tasse gehört zu den Produkten, die im US-Präsidentschaftswahlkampf 2024 reißenden Absatz finden. Die Vorstellung von einer Frau an der Spitze des Landes – noch dazu der Tochter einer indischen Mutter und eines jamaikanischen Vaters, die beide als Immigranten in die USA kamen – begeistert die Anhängerschaft der Demokratischen Partei und findet sogar Akzeptanz bei einigen moderaten Republikanern, die sich von Interner Link: Ex-Präsident Donald Trump distanziert haben.

Der Werdegang der Spitzenkandidatin ist zweifelsohne außergewöhnlich und wurde bereits häufig mit dem von Barack Obama, dem 44. Präsident der USA, verglichen, dessen Vater aus Kenia kam und der, wie Harris, Jura studierte. Wie Obama spricht Harris gerne von den USA als Land der Möglichkeiten und von ihrem eigenen Leben als Versinnbildlichung des American Dream, den es gelte für alle Amerikanerinnen und Amerikaner wahr werden zu lassen.

Geboren wurde Kamala Devi Harris am 20. Oktober 1964 in Oakland, Kalifornien. Ihre Mutter war Biomedizinerin, ihr Vater Wirtschaftswissenschaftler. Die Eltern trennten sich als Harris noch ein Schulkind war. Ihre Schwester, Maya Harris, ist zwei Jahre jünger und heute Anwältin und politische Analystin. Seit 2014 ist Kamala Harris mit Douglas Emhoff verheiratet, ebenfalls Jurist, den sie bei einem „blind date“ kennenlernte und der zwei Kinder mit in die Ehe brachte, Cole Emhoff (*1995) and Ella Emhoff (*1999). Ihrer Patchwork-Familie hat sie ihren Kosenamen „Momala“ zu verdanken, den sie zu ihren „Lieblingstiteln“ („one of my favorite titles“) zählt. Neben der Politik und der Rechtsprechung („I love being in a courtroom“) gilt ihre Leidenschaft dem Kochen („If I’m cooking, I feel like I’m in control of my life.“).

Bereits als Kind nahmen ihre Eltern sie zu Bürgerrechtsprotesten mit, was sie häufig als eine prägende Erfahrung für ihre spätere Laufbahn beschreibt. Nach dem High School-Abschluss studierte sie Politik- und Wirtschaftswissenschaft an der traditionsreichen Howard University in Washington, D.C., einer historisch afroamerikanischen Universität, und Jura am Hastings College of the Law an der University of California, San Francisco. 1990 erhielt sie ihre Zulassung als Anwältin und war zunächst Deputy District Attorney in Alameda County bevor sie als Assistant District Attorney in das Büro der Staatsanwaltschaft von San Francisco wechselte. 2003 kandidierte sie erfolgreich als Bezirksstaatsanwältin für die Demokratische Partei, 2007 wurde sie in diesem Amt bestätigt. Die nächste Karrierestufe erklomm sie 2011, als sie Generalstaatsanwältin von Kalifornien wurde. Besonderes Engagement zeigte sie in der Unterstützung von strengeren Waffengesetzen, der Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Ehen, der Verfolgung von Schulabwesenheit und der Abschaffung der Todesstrafe. 2014 galt Harris bereits als Kandidatin für einen Posten in Washington, als Präsident Obama die Nachfolge von Justizminister und Generalbundesanwalt Eric Holder besetzte; am Ende wurde jedoch Loretta Lynch dessen Nachfolgerin.

Von 2017 bis 2021 vertrat Harris Kalifornien im US-Senat, und zwar als die zweite schwarze Senatorin überhaupt und die erste mit indischen Wurzeln. Basierend auf der Auswertung ihres Abstimmungsverhaltens gilt sie als eine der ‚liberalsten (demokratischen) Senator*innen‘, die in diesem Jahrhundert im Senat saßen. Dort gehörte sie den Ausschüssen für Haushalt, Umwelt, Heimatschutz und Geheimdienste an. Sie setzte sich für den DREAM Act, der nicht-dokumentierten Einwander*innen, die als Minderjährige in die USA gekommen sind, eine Aufenthaltserlaubnis ermöglicht hätte, ebenso ein wie für eine Reform des Gesundheitswesens und die Legalisierung von Cannabis (die sie als Staatsanwältin zuvor abgelehnt hatte).

Größere nationale Bekanntheit erlangte sie während der Trump-Präsidentschaft bei diversen Anhörungen, darunter denen von Brett Kavanaugh, Jeff Sessions, John Kelley, Kirstjen Nielsen und William Barr, die allesamt Positionen im Trump-Kabinett innehatten oder von ihm für Richterposten nominiert wurden. Kavanaugh, der zum Richter am Obersten Gerichtshof ernannt werden sollte, befragte sie nach seiner Haltung gegenüber dem Abtreibungsrecht und staatlichen Eingriffen in die Privatsphäre von Frauen. Ihre pointierte Frage „Fällt ihnen irgendein Gesetz ein, das der Regierung Macht gibt, Entscheidungen über den männlichen Körper zu treffen?“ musste er notgedrungen verneinen.

2019 startete Harris ihre erste Präsidentschaftskandidatur, zog sich allerdings nach einem Achtungserfolg in der ersten TV-Debatte, bei dem sie insbesondere Interner Link: Joe Biden scharf attackierte, wegen schlechter Popularitätswerte früh aus dem Rennen zurück und sagte bereits Anfang 2020 Biden ihre Unterstützung zu. Er nominierte sie wenige Monate später als seine Vize-Präsidentschaftskandidatin und kam damit auch innerparteilichen Forderungen nach, dass er mit einer schwarzen Frau als „running mate“ in das Rennen um die Präsidentschaft gehen solle. Harris hatte bereits einen hohen Bekanntheitsgrad, war als liberale Politikerin ausgewiesen (zumindest liberaler als Biden), ohne dem linken Flügel der Partei anzugehören und war somit eine erfolgversprechende Kandidatin, die noch dazu konsensfähig war. Als Vizepräsidentin ist Harris die erste Frau und die erste person of color/woman of color im Amt.

VP Harris hat qua Amt im Senat bei Pattsituationen (50:50) die entscheidende Stimme, die Abstimmungen zugunsten der Demokratischen Partei entscheiden kann (der sogenannte „tie-breaker vote“) und sie hat hier Interner Link: in ihrer Amtszeit einen neuen Rekord aufgestellt. Die Gesamtbilanz ihrer Vizepräsidentschaft bis dato ist jedoch durchwachsen und sie gilt vielen als zu blass und bei der Lösung der ihr anvertrauten Probleme (zum Beispiel die Bekämpfung von Migrationsursachen in Zentralamerika) zu wenig resolut beziehungsweise zu ineffektiv. Die Unzufriedenheit mit ihrer Amtsführung spiegelte sich auch in einem Rekordtief ihrer Zustimmungswerte wider, die im August 2022 bei mageren 34,8 Prozent lagen.Interner Link: Dieser Wert sollte sich im Sommer 2024 schlagartig ändern.

Nach dem Verzicht Bidens auf die Kandidatur im Juli 2024 wurde Harris im August 2024 zur demokratischen Präsidentschaftskandidatin gekürt. Der Wahlkampf der Demokratischen Partei war nur schleppend angelaufen und wurde zuvor von Diskussionen über Joe Bidens Gesundheitszustand überschattet. Mit dem Wechsel an der Spitze nahm die Kampagne umgehend an Fahrt auf und Harris wurde auf dem Parteitag der Demokraten einstimmig und mit großem Beifall offiziell nominiert. Auch hier wurden schon Parallelen zum Aufstieg Obamas zum Spitzenkandidaten seiner Partei 2008 gezogen. Die Begeisterung für die Kandidatur von Harris schlug sich nicht zuletzt im phänomenal hohen Spendenaufkommen nieder.

Das TV-Duell gegen Donald Trump, dem Präsidentschaftskandidaten der Republikanischen Partei, entschied sie übereinstimmenden Berichten etablierter Medien zufolge klar für sich. In der Rolle der „fröhlichen Kämpferin“ überzeugte sie mit einer Mischung aus deutlicher Kritik an Trump, seiner damaligen Amtsführung und seinen Plänen für eine weitere Amtszeit einerseits und der Präsentation ihrer eigenen politischen Vorhaben und Positionen andererseits. Die Stärkung der Mittelschicht durch Steuererleichterungen für junge Familien und Kleinunternehmen liege ihr am Herzen, wovon, laut Harris, das Land als Ganzes profitieren würde. Fröhlichkeit und ein markantes Lachen sind Eigenschaften, die sich Harris gerne zuschreiben lässt, auch wenn diese vom politischen Gegner bevorzugt in abfälliger Weise kommentiert werden.

Im Interner Link: Präsidentschaftswahlkampf 2024 steht Harris für eine Alternative zum 78-jährigen Kandidaten Trump und allgemein für einen Generationswechsel in der US-amerikanischen Regierung. Mit ihrer Rhetorik der Versöhnung und der Befriedung eines seit Jahren aggressiv politisch polarisierten Landes zeichnet Harris die Geschichte der USA als eine Geschichte des inkrementellen Fortschritts, die es weiterzuschreiben gilt, und erteilt rückwärtsgewandten Forderungen, wie beispielsweise der Rücknahme des Abtreibungsrechts auf nationaler Ebene, eine klare Absage. Letzteres ist ein Thema, das in ihrem Wahlkampf eine wichtige, vielleicht die entscheidende Rolle spielt, geht es doch um die fundamentalen Rechte aller Frauen.

Genau genommen war Harris bereits einmal kurzzeitig Präsidentin der Vereinigten Staaten: Als sich Joe Biden 2021 einem medizinischen Eingriff unter Narkose unterzog, gingen die präsidialen Befugnisse für eine Stunde und 25 Minuten auf sie über. Ob dies erneut – und dieses Mal für vier Jahre – passiert, entscheidet die Wahl am 5. November 2024.

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Heike Paul ist Lehrstuhlinhaberin für Amerikanistik an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg und Direktorin der Bayerischen Amerika-Akademie in München. Sie ist Autorin und Herausgeberin zahlreicher Bücher, darunter The Myths That Made America (2014), Critical Terms in Futures Studies (2019) und Amerikanischer Staatsbürgersentimentalismus (2021). 2018 wurde sie mit dem Leibniz-Preis der Deutschen Forschungsgemeinschaft ausgezeichnet.