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Kurzportrait: Joe Biden | USA | bpb.de

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Kurzportrait: Joe Biden

Prof. Dr. Christian Lammert

/ 6 Minuten zu lesen

Der amtierende Präsident und ursprüngliche Präsidentschaftskandidat für die anstehende Wahl gehört zum Establishment der Demokratischen Partei und blickt auf eine lange politische Karriere zurück. Im Vorwahlkampf sah er sich keiner ernsthaften Konkurrenz aus der Partei ausgesetzt, musste sich aber vor der offiziellen Nominierung mit wachsender Kritik an seinem Alter und mentalen Zustand auseinandersetzen. Einen Monat vor dem Nominierungsparteitag gab Biden schließlich seinen Rückzug aus dem Wahlkampf bekannt.

Am 24.07.24 adressiert Präsident Joe Biden das US-Amerkanische Volk im Fernsehen und kündigt an, sich aus dem Präsidentschafts-Wahlkampf zurückzuziehen. (© Evan Vucci / Associated Press / picture alliance)

Joseph Robinette (Joe) Biden wurde am 20. November 1942 in Scranton, Pennsylvania geboren. Er war der älteste von vier Geschwistern (eine Schwester und zwei Brüder) aus einer katholischen Familie der Mittelschicht. 1964 schloss Biden ein Bachelor-Studium in Geschichte und Politik an der Universität von Delaware ab und studierte anschließend Rechtswissenschaften an der Universität von Syracuse. 1966 heiratete Biden seine erste Frau Neilia Hunter, mit der er drei Kinder hatte. 1972 kamen Bidens Frau und seine einjährige Tochter bei einem Verkehrsunfall ums Leben, seine beiden Söhne überlebten den Unfall. 1977 heiratete Biden seine zweite Frau, die Lehrerin Jill Tracy Jacobs. Zusammen haben die beiden eine Tochter.

Politische Karriere

Bereits 1970 wurde Joe Biden in sein erstes politisches Amt (New Castle County Council) gewählt und nur zwei Jahre später zog er als einer der damals jüngsten Senatoren in den US-Kongress ein. Im Senat war Biden lange Zeit Mitglied und später auch Vorsitzender des Ausschusses für Auswärtige Beziehungen. In dieser Rolle sprach er sich 1991 gegen den Irak-Krieg aus, unterstützte aber die NATO-Intervention in Bosnien-Herzegowina Mitte der 1990er Jahre, die NATO-Erweiterung und die Bombardierung Serbiens im Kosovo-Krieg 1998. Im Jahr 2002 stimmte er für die Irak-Resolution, lehnte aber 2007 eine Aufstockung des US-Militärs im Irak ab. Neben dem Ausschuss für Auswärtige Angelegenheiten war Biden auch von 1987 bis 1995 Vorsitzender des Justizausschusses. Dabei leitete Biden unter anderem die Anhörungen zu den umstrittenen Interner Link: Supreme Court-Nominierungen von Robert Bork (1987) und Clarence Thomas (1991). Zudem war Biden in seiner Funktion als Vorsitzender des Ausschusses maßgeblich an zentralen Gesetzen, zum Beispiel zur Kontrolle von Schusswaffen, beteiligt (Violent Crime Control and Law Enforcement Act sowie Federal Assault Weapon Ban, beide 1994). Insgesamt hat Biden in seinen sieben Amtszeiten als Senator des Bundesstaates Delaware Externer Link: 42 Gesetzesinitiativen erfolgreich in den Senat eingebracht – eine vergleichsweise große Anzahl.

Biden wurde 2008 von Barack Obama zum Vizepräsidentschaftskandidaten nominiert und gewann mit ihm die Wahl. Als Vizepräsident war er maßgeblich an den Entscheidungen über die Maßnahmen gegen die Wirtschafts- und Finanzkrise beteiligt und erarbeitete ein großes Infrastrukturpaket, um die wirtschaftlichen Auswirkungen der Krise abzumildern. Zudem unterstützte er 2011 Obamas Vorhaben, die US-Kampftruppen aus dem Irak abzuziehen.

2012 gewannen Obama und Biden erneut bei den Präsidentschaftswahlen und gingen in ihre zweite gemeinsame Amtszeit. Da die Republikaner bei den Zwischenwahlen 2010 erfolgreich die Mehrheit im Repräsentantenhaus des Kongresses erringen konnten, war der politische Handlungsspielraum für die Obama-Administration deutlich eingeschränkt. Biden profilierte sich in der zweiten Amtszeit in erster Linie als Unterstützer Obamas. Lediglich in der Frage der Einführung gleichgeschlechtlicher Ehen ging Biden 2012 in die Offensive. Hatte sich Biden noch 2008 gegen die gleichgeschlechtliche Ehe ausgesprochen, änderte er seine Position nun grundlegend und sprach sich öffentlich dafür aus. Damit setzte er Obama unter politischen Handlungsdruck, der nur kurze Zeit später ebenso seine Unterstützung für die Homo-Ehe öffentlich artikulierte – ein wichtiger Impuls für die LGBTQ-Community in den USA. 2015 wurde die gleichgeschlechtliche Ehe infolge eines Urteils des Obersten US-Gerichtshofs landesweit legalisiert.

Kurz vor Ende der zweiten Amtsperiode verlieh Präsident Obama Biden die Presidential Medal of Freedom, eine der höchsten zivilen Auszeichnungen in den USA. Bereits im Oktober 2015 erklärte Biden, dass er nicht als Präsidentschaftskandidat der Demokratischen Partei bei den Wahlen 2016 antreten wolle, eine Entscheidung, die er nach Donald Trumps Wahlerfolg öffentlich bereute.

Nach dem Ende seiner zweiten Amtszeit als Vizepräsident wechselte Biden an die Universität von Pennsylvania als Benjamin Franklin Professor of Presidential Practice.

Präsidentschaft 2020

Am 25. April 2019 kündigte Joe Biden seine Kandidatur zur Präsidentschaftswahl 2020 an. Er konnte sich im Vorwahlkampf der Demokratischen Partei durchsetzen und siegte auch in den Interner Link: Präsidentschaftswahlen im November 2020 gegen den Amtsinhaber Interner Link: Donald Trump. Dabei erhielt Biden nicht nur mehr Stimmen im Electoral College (306 zu 232), er gewann auch den Popular Vote deutlich mit einem Vorsprung von rund 7 Millionen Stimmen.

Während Interner Link: seiner Amtszeit musste sich Biden in erster Linie mit den ökonomischen und gesundheitspolitischen Folgen der Corona-Pandemie auseinandersetzen. Die Bilanz seiner Amtszeit lässt sich durchaus als erfolgreich bezeichnen: Seine Gesetzesinitiativen haben zu einer deutlichen Erholung der Wirtschaft nach der Pandemie beigetragen. Die Arbeitslosenrate ist vom Rekordhoch von 14 Prozent zum Ende der Trump-Amtszeit auf unter 4 Prozent gesunken.

Rund eine Billion Dollar schwer ist das Infrastrukturgesetz Infrastructure Investment and Jobs Act, das Biden bereits im November 2021 mit einer Mehrheit aus beiden Parteien durch den Kongress brachte. Mit den Geldern sollen Straßen, Brücken, das Eisenbahnnetz aber auch die digitale Infrastruktur in den USA modernisiert werden. Zu dem Gesetzespaket gehört auch der massive Ausbau von Ladestationen für E-Autos.

Zudem hat der US-Kongress unter der Präsidentschaft von Biden mit dem CHIPS and Science Act (2022) in wichtige Zukunftstechnologien und die technologische Unabhängigkeit der USA investiert. Mit einem Fördervolumen von 52 Milliarden Dollar hat Biden die einheimische Chipindustrie unterstützt, um die Halbleiterproduktion in den USA anzukurbeln. Infolge dieser Investitionen haben zahlreiche große Chip- und Batteriehersteller milliardenschwere Investitionsprojekte in den USA geplant.

Darüber hinaus wurden unter Biden rund 369 Milliarden Dollar in Interner Link: die Energiewende investiert. Mit dem Inflation Reduction Act (IRA) aus dem Jahr 2022 sollen erneuerbare Energien ausgebaut, Forschung zu Kernkraft gefördert, die Energieeffizienz von Privathaushalten verbessert und Emissionen von Gas- und Kohlekraftwerken reduziert werden. Auch im Gesundheitsbereich hat Biden mit dem IRA 64 Milliarden Dollar zur Unterstützung der Bürger bei den Kosten privater Krankenversicherungen beigetragen. Damit sollen insbesondere verschreibungspflichtige Medikamente günstiger werden und der Eigenanteil der Patienten gedeckelt werden.

Im krassen Gegensatz zur Politik seines Amtsvorgängers kehrte Biden zur Politik der internationalen Zusammenarbeit zurück. Bei der Unterstützung der Ukraine gegen den russischen Angriffskrieg haben die USA zusammen mit der Europäischen Gemeinschaft eine Führungsrolle übernommen.

Allerdings konnte Biden nicht alle seine Gesetzesvorhaben durch den Kongress bringen. Der zu Beginn seiner Amtszeit eingeführte erweiterte Steuerkredit für Kinder konnte nicht verlängert werden. Das Programm für Steuerkredite wurde zwischenzeitlich erneut auf Eis gelegt. Auch bei der angekündigten Polizeireform gibt es kaum Erfolgsmeldungen. Zudem gelang es Biden und den Demokraten bislang nicht, als Folge der Aufhebung des Gerichtsurteils „Roe v. Wade“ durch das Supreme Court ein landesweites Recht auf Abtreibung zu ermöglichen.

Darüber hinaus konnte auch die Biden-Administration die großen Probleme im Einwanderungssystem der USA nicht lösen. Initiativen für eine bessere und humanere Einwanderungspolitik konnten nicht umgesetzt werden. Lediglich die unter Trump eingeführte Maßnahme, bei der Kinder an der Grenze von ihren Eltern getrennt wurden, ist aufgehoben worden. Jüngst hat die Biden-Administration auch zeitweise Obergrenzen für die Einwanderung umgesetzt, was von Menschenrechtsorganisationen und auch dem linken Flügel der Demokratischen Partei massiv kritisiert wurde.

Präsidentschaftswahlkampf 2024

Im April 2023 hat Joe Biden seine Kandidatur für den anstehenden Präsidentschaftswahlkampf angekündigt. Die erneute Kandidatur des inzwischen 81-jährigen Biden löste unter vielen Parteikollegen keine große Begeisterung aus. Nach einem desaströsen Auftritt Bidens in der ersten Fernsehdebatte gegen Trump Ende Juni 2024 wurde die Kritik an Biden lauter. In der Debatte wirkte er müde, zum Teil apathisch und konnte manche Sätze kaum zu Ende bringen. Diese Debatte und andere öffentliche Auftritte verstärkten die innerparteilichen Bedenken zum Gesundheitszustand Bidens, und zahlreiche Politiker der Demokraten forderten ihn mehr oder weniger explizit dazu auf, seine Kandidatur zurückzuziehen. Als mögliche Alternativen für Biden werden immer wieder Interner Link: die amtierende Vizepräsidentin Kamala Harris oder auch die Gouverneure von Michigan, Gretchen Whitmer, und von Kalifornien, Gavin Newsom, genannt.

Nach den Statuten der Partei ist es schwierig, einen Kandidaten auszutauschen, der erfolgreich die Vorwahlen der Partei bestritten hat. Auch um einen potenziellen innerparteilichen Machtkampf zu verhindern, der die Erfolgschancen für die Wahlen im November massiv eingeschränkt hätte, kam es darauf an, dass Biden seine Kandidatur selbst zurückzieht.

Ursprünglich erschienen am: 20.07.2020
Aktualisiert am: 25.07.2024

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Prof. Dr. Christian Lammert ist Professor für Politik in Nordamerika am John-F.-Kennedy-Institut der Freien Universität Berlin.