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Stehen die Zeichen 2020 auf Wechsel? Die Demokratische Partei und ihr Kandidat | USA | bpb.de

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Stehen die Zeichen 2020 auf Wechsel? Die Demokratische Partei und ihr Kandidat

Sarah Wagner

/ 10 Minuten zu lesen

Kann der Demokratische US-Präsidentschaftskandidat Joe Biden Donald Trump aus dem Amt befördern? Viele gesellschaftliche Bedingungen und innerparteiliche Voraussetzungen erscheinen dafür günstig.

Jubel bei den Anhängerinnen und Anhängern des demokratischen Spitzenkandidaten Joe Biden: Nach einigen Wahlniederlagen im Vorwahlkampf für das US-Präsidentschaftsamt gewinnt er Ende Februar den Bundesstaat South Carolina. (© picture-alliance, Al Drago/CNP/AdMedia | Al Drago)

"Ihr wollt einen Kandidaten der Demokrat ist, ein lebenslanger Demokrat, ein stolzer Demokrat, ein Obama Biden Demokrat. Schließt euch uns an!" Mit diesen Worten wandte sich Interner Link: Joe Biden im März 2020 am Interner Link: Super Tuesday, einem wichtigen Termin im Vorwahlkampf der Demokratischen Partei, an seine Wähler und Wählerinnen. Viele hatten den 77-jährigen ehemaligen Vize-Präsidenten nach den für ihn verloren gegangenen Vorwahlen in Iowa, New Hampshire und Nevada schon fast abgeschrieben, doch sein Comeback in South Carolina und seine am Super Tuesday und in den darauffolgenden Wahlen eingefahrenen Siege haben seinen Status als Präsidentschaftskandidaten der Demokraten zementiert. Am 20. August akzeptierte Joe Biden nun auch die offizielle Nominierung durch seine Partei auf dem virtuellen Parteitag. Obwohl das Bewerber- und Bewerberinnenfeld der Demokraten in diesem Wahlzyklus sehr vielfältig war, hat sich die Demokratische Wählerschaft für ein bekanntes Gesicht entschieden. Was hat dazu geführt und welchen Herausforderungen sieht sich die Partei im Wahljahr 2020 gegenüber?

Das Elektorat

Die Partei wird verstärkt von Frauen gewählt, von Menschen in Städten und Vororten, von Afro-Amerikanern und Afro-Amerikanerinnen, von Latinos und Latinas. Die Partei kämpft aber in ländlichen Gebieten. Unter weißen Männern mit einem geringen Bildungsgrad schwindet ihre Unterstützung, dafür punktet sie bei jungen Menschen, Menschen mit (höheren) Bildungsabschlüssen, Juden und Jüdinnen und Menschen, die sich als nicht oder wenig gläubig verorten. Innerhalb ihrer Wählerschaft bezeichnen sich mittlerweile 46% als liberal, ein steigender Trend, der in erster Linie auf jüngere und weiße Wähler und Wählerinnen zurückzuführen ist. Moderate und konservative Parteianhänger machen noch 39% sowie 14% in der Partei aus. Ideologisch gesehen rückt die Partei also weiter nach links; der medial oft viel beachtete und auf Twitter aktive progressive Flügel der Partei macht nach Einschätzungen der New York Times ungefähr 22% aus. Thematische Schwerpunkte sind vor allem das Gesundheitssystem, die Bildung, der Klimawandel, das Medicare-System und die Opposition zu Präsident Trump. Um zu verstehen, warum sich diese Wählerschaft letztendlich für Joe Biden entschieden hat, ist ein Rückblick auf die vorangegangenen vier Jahre hilfreich.

Wechselbad der Gefühle – die Wahlen 2016 und 2018

2016 verloren die Demokraten mit Hillary Clinton nicht nur das Rennen um das Weiße Haus, sondern es offenbarte sich ein viel umfassenderer Machtverlust auf der nationalen Ebene sowie in den einzelnen Bundesstaaten für die Partei. Der Kongress und das Weiße Haus waren in Republikanischer Hand, aber auch in den Parlamenten der Bundesstaaten und bei den Gouverneurswahlen zeichneten sich herbe Verluste für die Partei ab. Besonders der knappe Verlust wichtiger und sicher geglaubter Staaten wie Michigan, Wisconsin und Pennsylvania erschütterte die Partei und befeuerte die schon länger schwelende innerparteiliche Diskussion um die zukünftige Strategie: Welche Inhalte, Kandidierenden und Strategien könnten für die Demokraten erfolgversprechend sein? Stark verkürzt dargestellt ging es hier vor allem um die Frage, ob die Partei sich wieder verstärkt um weiße Wähler und Wählerinnen in ländlichen Gebieten, bedingt durch deren Einfluss im US-Wahlsystem, bemühen sollte oder, den demographischen Wandel der USA im Blick, um (junge) Angehörige von Minderheitsgruppen. Und wie groß sollte in diesem Kontext der Linksruck der Partei sein, der von der Basis ausging? Ausgehend von Demonstrationen, Nachbarschaftstreffen und digitalem Aktivismus formierten sich unzählige Gruppierungen und Organisationen mit dem Ziel, die Politik von Donald Trump nicht nur zu kritisieren, sondern auch die Zwischenwahlen 2018 als Korrektiv zu nutzen. Im Repräsentantenhaus konnte die Partei durch den Gewinn vieler traditionell moderat-konservativer Distrikte die Mehrheit auch gewinnen. Ebenso verliefen die Wahlen für die Parlamente der einzelnen Bundesstaaten und die Gouverneurswahlen erfolgreich für die Partei. Besonders in Michigan, Wisconsin und Pennsylvania signalisierte die Eroberung der Gouverneurssitze einen enormen Mobilisierungsschub der Wählerschaft. Diese drei Staaten waren 2016 noch mit einem äußerst knappen Stimmenunterschied an die Republikaner gewechselt, obwohl sie bis dahin allgemein als blaue, also Demokratische, Hochburgen galten. Im Interner Link: Electoral College verfügen diese drei Staaten über insgesamt 46 Electoral Votes, Wahlstimmen, und stellen somit ein wichtiges Puzzleteil dar für einen Sieg bei den Präsidentschaftswahlen. Mediale Beachtung erlangte vor allem das vielfältige Kandidatenfeld der Partei. Eine Rekordzahl an Frauen trat für die Partei in den Kongressdistrikten und in bundesweiten Abstimmungen an und gewann, unter ihnen auch viele Women of Color. Dies reflektiert nicht nur die verstärkte Mobilisierung von Frauen als Reaktion auf die Wahl von Donald Trump, es spiegelt gleichzeitig auch die demographischen Veränderungen in der Demokratischen Wählerschaft, innerhalb derer Frauen und vor allem Women of Color eine immer größere Rolle spielen.

Auch wenn viele Kandidaten und Kandidatinnen des links-progressiven Flügels der Partei antraten und intensiv medial begleitet wurden, waren es die Kandidierenden der moderaten Mitte, die ehemals Republikanische Distrikte gewannen und so eine Mehrheit im Repräsentantenhaus ermöglichten. Das war unter anderem auch darin begründet, dass der thematische Fokus auf dem für Partei und deren Wählerschaft bedeutenden Thema der Gesundheitspolitik lag. Basierend auf dieser Erfahrung hat das Hauptparteiorgan der Demokraten, das Democratic National Committee (DNC), im Mai 2020 in einem Externer Link: Memo erneut das Thema Health Care als zentral für die Wahlen definiert – sei es für die Präsidentschaftswahl oder die Wahlen für die Parlamente der Bundesstaaten.

Die Vorwahlen 2020

Die Ergebnisse der Zwischenwahlen 2018 konnten die innerparteiliche Diskussion um die zukünftige programmatische und personelle Ausrichtung nicht endgültig klären, was die zu Beginn der Vorwahlen noch erfolgreiche Kandidatur von Bernie Sanders symbolisierte. Das anfangs noch nahezu unübersichtliche Feld an Bewerbern und Bewerberinnen dünnte sich nach den ersten Etappen des Vorwahlkampfes aus, doch erst nach dem Sieg von Joe Biden in South Carolina, der durch die große Unterstützung der schwarzen Wähler und Wählerinnen den Staat gewann, konsolidierte sich die Partei hinter ihm. Dies geschah, um Sanders aufzuhalten und somit einen zu drastischen Linksruck der Partei zu vermeiden. Zudem galt Sanders, der im Senat zwar mit den Demokraten koaliert aber als Independent geführt wird, als selbstbeschriebener Democratic Socialist und mit seiner grundlegenderen Kritik an den wirtschaftlichen, politischen und gesellschaftlichen Strukturen der USA für viele innerhalb der Partei als nicht wählbar in einer Hauptwahl.

Darauf spielte auch Joe Biden in der eingangs zitierten Rede an. Denn der Faktor "Wählbarkeit" offenbarte sich als essentiell für die Demokratische Wählerschaft. Anfang Juni sicherte sich Biden die Mehrheit der für seine Nominierung notwendigen Delegiertenstimmen. Frauen aus den Vororten, ältere Menschen sowie Afro-Amerikaner und Afro-Amerikanerinnen zogen Biden deutlich seinem Konkurrenten Sanders vor, aber vor allem der Vorsprung von Biden unter white non-college-educated voters ließ die Partei aufhorchen. Denn genau in diesem Wähler- und Wählerinnensegment konnte Hillary Clinton 2016 nur schwer Fuß fassen.

Während der Vorwahlkampf zwischen Hillary Clinton und Bernie Sanders 2016 fast bis zum Parteitag andauerte, schied Sanders dieses Mal früher aus und sicherte Biden seine Unterstützung zu. Dies hat den Vorteil, dass sich Biden früher als Clinton auf den Hauptwahlkampf fokussieren und sich um innerparteiliche Einheit bemühen kann, was zum Beispiel durch die Einbindung des Sanders-Lagers in die Entwicklung von politischen Inhalten für Joe Biden geschah.

Nach dem frühen Ausscheiden seines größten Konkurrenten Bernie Sanders, kann sich der 77-jährige Demokrat Joe Biden nun voll dem Hauptwahlkampf widmen. (© picture-alliance)

United We Stand? Die Partei und der Wahlkampf

Unter dem Interner Link: Einfluss der Corona-Pandemie gestaltet sich auch der Wahlkampf 2020 anders als in den vorherigen Wahlen, vor allem was die Organisation, die Finanzen, die sozialen Medien und natürlich die Strategie der Interner Link: Biden-Kampagne und der Demokratischen Partei betrifft. Selbst der Nominierungsparteitag der Demokraten im August war von diesen Entwicklungen betroffen und wurde vom 17. – 20. August digital abgehalten. Auch Joe Biden spricht noch in erster Linie digital aus seinem Haus in Delaware zu der Wählerschaft und betreibt auf diesem Wege auch Fundraising. Das virtuelle Einwerben von Spenden gelingt den Demokraten allerdings erstaunlich gut.

Eine Herausforderung stellt die begrenzte Reichweite von Joe Biden in den sozialen Medien dar. Während Donald Trump am 1. September 2020 auf Twitter 85,6 Millionen Follower auf sich vereinen kann, sind es bei Biden 9 Millionen. Mittlerweile haben die Demokraten mit dem Democratic Data Exchange eine unabhängige, profitorientierte Firma unter Leitung von Howard Dean gegründet, die die Wählerdaten und weitere wichtige Informationen effektiver sammeln, bündeln und nutzen soll. Insgesamt stützt sich die Biden-Kampagne aber eher auf ein loses Netzwerk an unterstützenden Firmen und Initiativen – im Gegensatz zur konsolidierten Daten- und Spendeninfrastruktur der Republikaner.

Jedoch kann die Partei ihren ersten virtuellen Parteitag als Erfolg verbuchen. Es gab keine größeren technischen Pannen und die Partei konnte sich als geschlossen präsentieren. Deutlich wurde auch der Fokus der Demokraten, die Wahl als ein Referendum über Donald Trump zu definieren.

Die auf dem Parteitag erwähnten Inhalte beruhen weiters auf den politischen Positionen von Joe Biden, die aufgrund der Pandemie und den antirassistischen Protesten in den USA auch intensiv diskutiert und überarbeitet wurden, sowie dem Kern seiner Message: Biden gehe es um die Seele der Nation. Er verspricht eine Wiederherstellung US-amerikanischer Werte und Normen, die er durch Trump in Gefahr gebracht sieht, sowie eine Rückkehr zur politischen Normalität. Ziel ist, einen größtmöglichen Kontrast zum aktuellen Präsidenten und dessen Amtsführung und Krisenmanagement zu symbolisieren. Die Grundfrage ist jedoch, ob Biden mit diesem teils nostalgisch gefärbten Wahlkampf die Wählerkoalition der Demokraten ausreichend motivieren kann.

Ob die innenpolitischen Entwicklungen in den USA und die Proteste gegen Polizeigewalt diese Wählerschicht für die Demokraten mobilisieren werden, lässt sich noch nicht beurteilen. Die historische Wahl von Interner Link: Kamala Harris als Vize-Präsidentschaftskandidatin war ein Signal an die wichtigsten Wählergruppen der Demokraten, Frauen und vor allem Afro-Amerikanische Frauen. Obwohl das Abstimmungsverhalten von Harris im Senat weiter links zu verorten ist, als es die Berichterstattung oft erscheinen lässt, kritisieren progressive Aktivisten und Aktivistinnen die Vergangenheit der Senatorin als Generalstaatsanwältin in Kalifornien und stufen sie als nicht progressiv genug ein.

Innerhalb der Partei wird ebenso diskutiert, ob der Fokus des Wahlkampfs eher auf einer Strategie von turnout oder persuasion liegen soll, also in erster Linie eine Mobilisierung der eigenen Basis stattfinden solle oder auch der Versuch, Wechselwähler und -wählerinnen von sich zu überzeugen. Die Biden-Kampagne, an der viele Alumni der Obama-Kampagne beteiligt sind, orientiert sich hier unter anderem an einem Aspekt der Wiederwahlstrategie von Barack Obama namens Operation Vote mit dem Ziel der Mobilisierung der traditionellen Demokratischen Wählerbasis. In vielen eng umkämpften Staaten wird es jedoch auf beide Elemente ankommen. Dies trifft auch auf die Senatsrennen zu. Denn auch wenn die Aufmerksamkeit auf das Rennen um das Weiße Haus gerichtet ist, stehen am 3. November auch 35 der insgesamt 100 Senatssitze zur Wahl sowie das gesamte Repräsentantenhaus.

Ein elektoraler Balanceakt

Angesichts der volatilen und polarisierten Lage in den USA sind Prognosen schwierig. Hofften die Demokraten zum Beispiel noch Anfang 2020, das Impeachment von Donald Trump im Wahlkampf zu thematisieren, ist dieses Thema für US-Wähler und Wählerinnen mittlerweile Lichtjahre entfernt. Eine Pandemie, die starken gesellschaftlichen Unruhen, hohe Arbeitslosenzahlen und ein konfrontativer Präsident sollten den Demokraten genügend Angriffspunkte gegen die Republikaner bieten. Anfang des Sommers spiegelt sich dies auch in hohen Umfragewerten für Joe Biden wider. Allerdings kann sich die Partei darauf nicht ausruhen, wie die Wahl 2016 gezeigt hat.

Die aktuellen Proteste – Eine Chance für die Partei?

Eine Herausforderung stellen für die Wahlkampfkommunikation der Demokratischen Partei die Proteste gegen Polizeigewalt und Rassismus dar, die sich im Anschluss an den Tod des Afro-Amerikaners George Floyd bei seiner gewaltsamen Festnahme in Minneapolis auf alle 50 Staaten der USA ausgebreitet haben. Neben friedlichen Demonstrationen kommt es hier auch zu Ausschreitungen und Plünderungen, die Präsident Trump als Vorlage für die eigene Inszenierung als Kandidat für Recht und Ordnung nutzt. Die Demokratische Partei, deren treueste Wählerklientel Afro-Amerikaner und Afro-Amerikanerinnen sind, hat sich zwar mit der Black Lives Matter-Bewegung solidarisiert, Joe Biden und die Parteispitze haben sich von bestimmten konkreten politischen Forderungen der Protestierenden jedoch distanziert. Während an der Aktivistenbasis der Ruf nach Defund the Police, also einer Entziehung oder zumindest Umwidmung der polizeilichen Finanzierung, immer lauter wird, warb Joe Biden in einem Externer Link: Meinungsbeitrag für eine Reform des Polizeiwesens und versprach gleichzeitig eine Finanzspritze von 300 Millionen US-Dollar für die Polizei. Auch die Demokratischen Mitglieder des Repräsentantenhauses, die aus konservativen Wahlkreisen stammen, sehen die Forderung "Defund the Police" kritisch und fürchten um ihre Wiederwahl. Gleichzeitig versucht die Partei im Kongress den Justice in Policing Act durchzusetzen, der viele Aspekte der Polizeiarbeit in den USA reformieren würde. Denn die Partei ist sich bewusst, dass nicht nur die nationalen Umfragewerte für die Black Lives Matter-Bewegung stark angestiegen sind, sondern auch, dass sie die Unterstützung der Schwarzen Wähler und Wählerinnen nicht als gegeben ansehen kann. Vor allem junge Schwarze Männer muss die Partei davon überzeugen, die Wahl im November nicht zu ignorieren oder von den Demokraten abzuwenden.

Weitere Inhalte

Sarah Wagner hat Politikwissenschaft, Englisch und Bildungswissenschaften an der Universität Trier und an der University of Nebraska-Omaha im Rahmen eines Fulbright-Stipendiums studiert. Sie ist als stellvertretende Direktorin für die Atlantische Akademie Rheinland-Pfalz tätig und ist Mitherausgeberin des Anfang 2020 erschienenen Sammelbands "Donald Trump und die Politik in den USA" im Nomos Verlag.