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Begriffe: Fremdarbeiter – Zwangsarbeiter – Sklavenarbeiter | NS-Zwangsarbeit. Lernen mit Interviews | bpb.de

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Begriffe: Fremdarbeiter – Zwangsarbeiter – Sklavenarbeiter

Cord Pagenstecher

/ 4 Minuten zu lesen

In Quellen und Literatur werden unterschiedliche Begriffe verwendet, um die nationalsozialistische Zwangsarbeit zu bezeichnen. Der Oberbegriff "Zwangsarbeit" umfasst verschiedene Formen des Arbeitseinsatzes und konnte unterschiedliche Lebensumstände bedeuten.

Arbeitskarte der "Ostarbeiterin" Anna P., Linz 1943. (© Archiv "Zwangsarbeit 1939-1945")

Auch in den zeitgenössischen Quellen finden wir verschiedene Bezeichnungen für Zwangsarbeit: Oft schrieben die Dienststellen oder Betriebe von "Ausländern", aber auch von "Gefangenen" oder "Fremdvölkischen", manchmal sogar von "Gastarbeitern". Im mündlichen Sprachgebrauch waren auch Schimpfwörter wie "Polenschweine" oder "Russenweiber" gängig. Hier werden die wichtigsten Bezeichnungen kurz erläutert.

Zwangsarbeit

Arbeit, die mit nicht-wirtschaftlichem Zwang und unter Androhung von Strafe verlangt wird. Unter Zwangsarbeit im Nationalsozialismus versteht man insbesondere die Verschleppung und Ausbeutung von über 13 Millionen ausländischen KZ-Häftlingen, Kriegsgefangenen und zivilen Arbeitskräften in Deutschland. Zwangsarbeit gab es auch in Ghettos, Arbeitserziehungslagern und anderen Lagern im gesamten besetzten Europa und betraf insgesamt etwa zwanzig Millionen Menschen. Deutsche Jüdinnen und Juden und deutsche Häftlinge leisteten ebenfalls Zwangsarbeit. Daneben herrschte in vielen besetzten Ländern ein allgemeiner Arbeitszwang für die Zivilbevölkerung. Davon abzugrenzen sind die Arbeitspflichten für die deutsche Bevölkerung (Reichsarbeitsdienst, Dienstverpflichtung, Landjahr), die unter völlig anderen Bedingungen stattfanden.

Fremdarbeiter

Umgangssprachliche Bezeichnung für zivile Zwangsarbeiter im Nationalsozialismus. Der Begriff "Fremdarbeiter" verschleiert den Zwang als Grundlage des Arbeitseinsatzes. Selbst die ursprünglich freiwillig, d. h. oftmals aus wirtschaftlicher Not nach Deutschland gekommenen "Fremdarbeiter" durften später ihren Arbeitsplatz nicht mehr verlassen. Der in den Quellen nur selten verwendete Begriff "Fremdarbeiter" fand nach 1945 Verbreitung, um den nationalsozialistischen Ausländereinsatz von der Beschäftigung der "Gastarbeiter" in der Bundesrepublik zu unterscheiden. In politischen Debatten werden Arbeitsmigrantinnen und Arbeitsmigranten noch heute gelegentlich als "Fremdarbeiter" bezeichnet.

Fremdvölkische

Nationalsozialistische Bezeichnung für Menschen, die nicht "germanischer Abstammung" waren und nicht zur "Volksgemeinschaft" zählten. Als "fremdvölkisch" galten alle Ausländerinnen und Ausländer, die nicht aus "germanischen" Ländern wie den Niederlanden oder Skandinavien kamen. Als "rassisch minderwertig" wurden insbesondere Slawinnen und Slawen angesehen. Ganz unten in der NS-Rassenhierarchie standen Jüdinnen und Juden, "Zigeuner" und "Farbige"; sie galten als "fremdvölkisch", auch wenn sie Deutsche waren.

Sklavenarbeiter

Heutige Bezeichnung für völlig rechtlose Arbeitskräfte, vor allem für die Häftlinge von Konzentrationslagern. Der Begriff "Sklavenarbeiter" wurde in den Nürnberger Prozessen für alle zur Arbeit ins Reich Verschleppten verwendet. In den Entschädigungsverhandlungen der 1990er Jahre bezeichnete er dagegen nur die Gruppe der KZ-Häftlinge, die für die SS, für private oder staatliche Unternehmen arbeiten mussten und extrem ausgebeutet wurden ("Vernichtung durch Arbeit"). Der mit diesem Begriff verbundene Vergleich der NS-Zwangsarbeit mit der Sklaverei in anderen Epochen ist umstritten, unter anderen, weil die SS im Unter-schied zu anderen Sklavenhaltern kaum am Überleben ihrer "Sklavenarbeiter" interessiert war.

"Sklavenarbeit"

War die NS-Zwangsarbeit Sklaverei?

"Sklavenarbeit"

Am 1. Oktober 1946 endete der Nürnberger Hauptkriegsverbrecherprozess, der die "Sklavenarbeit" als zentrales Kriegsverbrechen der Nationalsozialisten verurteilte. Im Video sprechen zwei Zeitzeugen und eine Zeitzeugin über Zwangsarbeit als Sklaverei. Sie verwenden den Begriff "Sklave" in unterschiedlichen Bedeutungen. Ausschnitte aus den Video-Interviews mit den Zwangsarbeitern Wasyl B., Bloeme E. und Claudio S. © Archiv "Zwangsarbeit 1939-1945"

Zivilarbeiter

Heutige Bezeichnung für Zwangsarbeiter, die keine Kriegsgefangenen oder KZ-Häftlinge waren. Im Sommer 1944 gab es im Deutschen Reich rund 5,7 Millionen ausländische Zivilarbeiterinnen und Zivilarbeiter. Sie wurden von privaten Firmen, Behörden, Bauern oder Familien beschäftigt, untergebracht und überwacht. Kriegsgefangene und Militärinternierte unterstanden dagegen der Wehrmacht, Häftlinge der SS oder der Gestapo. Die Bezeichnung "Zivilarbeiter" verweist also nicht auf besonders zivilisierte Lebensumstände, sondern nur auf die nicht-militärische Verantwortung für ihre Zwangsarbeit.

Ostarbeiter

Nationalsozialistische Bezeichnung für Zivilarbeiter, die aus den besetzten Gebieten der Sowjetunion stammten. Nach der anfänglichen Anwerbung von Freiwilligen folgte sehr bald die gewaltsame Verschleppung von 2,1 Millionen sowjetischen Frauen und Männern nach Deutschland. "Ostarbeiterinnen" und "Ostarbeiter" mussten das diskriminierende "OST"-Abzeichen tragen, wurden meistens in besonderen Lagern untergebracht und weitaus schlechter behandelt als Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter aus anderen Ländern. Nach der Befreiung wurden viele von ihnen in der Sowjetunion wegen angeblicher Kollaboration diskriminiert oder verfolgt. Menschen aus Polen zählten nicht zu den "Ostarbeitern", wurden aber als Slawen ebenfalls besonders schlecht behandelt.

20. Februar 1942: Die „Ostarbeiter“-Erlasse

Video

20. Februar 1942: Die „Ostarbeiter“-Erlasse

Am 20. Februar 1942 gab Heinrich Himmler die "Ostarbeiter-Erlasse" heraus. Sie unterwarfen über drei Millionen aus der Sowjetunion verschleppte zivilen Arbeitskräfte einem diskriminierenden Sonderrecht. Im folgenden Interview-Ausschnitt (Audio) berichtet eine Zeitzeugin, wie sie bei der Zwangsarbeit in Chemnitz als "Ostarbeiterin" behandelt wurde. Audio-Slideshow mit Ausschnitten aus dem Audio-Interview und Fotos der sowjetischen Zwangsarbeiterin Hanna Fedoriwna H., Archiv "Zwangsarbeit…

Weiterführende Links

Nationalsozialistische Lager: Externer Link: Begriffserklärungen zu Konzentrations-, Kriegsgefangenen-, Zwangsarbeiter- und anderen Lagern auf der Webseite "Zwangsarbeit 1939-1945"

Externer Link: Lexikon in der Online-Anwendung "Lernen mit Interviews: Zwangsarbeit 1939-1945" mit ca. 150 Begriffserläuterungen zur NS-Zwangsarbeit (Registrierung notwendig)

Themenfilm Externer Link: 8. März 1940: Die Polen-Erlasse auf der Webseite "Zwangsarbeit 1939-1945" (Ausschnitte aus 3 Interviews, 10 Minuten)

Themenfilm Externer Link: 8. September 1943: Die italienischen Militärinternierten auf der Webseite "Zwangsarbeit 1939-1945" (Ausschnitte aus 3 Interviews, 9 Minuten)

Weitere Inhalte

Historiker, geb. 1965, ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Center für Digitale Systeme der Freien Universität Berlin, Bereich Interview-Archive, Online-Archiv "Zwangsarbeit 1939-1945".