Susanne Lehmann lebte in der Innsbrucker Straße 55 in Berlin. Im Januar 1942 wurde sie ins Rigaer Ghetto deportiert, wo sie kurz darauf mit knapp 63 Jahren gewaltsam ums Leben kam. 1937 hatte sie ihre Tochter Gerda Tuchler noch in Tel Aviv besucht, kehrte aber ins nationalsozialistische Deutschland zurück. Bis zu ihrer Deportation unterhielt sie einen regen Briefwechsel mit ihrer Tochter. Gerda Tuchler sprach mit ihrer eigenen Tochter Hannah nicht über das Schicksal der Großmutter. Erst durch die Nachforschungen Arnon Goldfingers erfährt die Familie von Susanne Lehmanns Ermordung durch die Nationalsozialisten.
Ihren letzten Brief schrieb Susanne Lehmann im November 1941 auf dem offiziellen Briefpapier des Internationalen Roten Kreuzes. Dieses betrieb seit 1936 einen Nachrichtendienst, über den Emigranten Kurzbriefe mit Angehörigen austauschen konnten, die in Deutschland geblieben oder bereits deportiert worden waren. Hierzu mussten sie das Briefpapier des Roten Kreuzes verwenden, auf das sie Nachrichten von nicht mehr als 25 Wörtern schreiben konnten. Der Empfänger schrieb seine Antwort auf die Rückseite des Briefes und schickte ihn zurück an den Absender.
Dieses Verfahren wird aus der Abbildung des letzten Briefes von Susanne Lehmann ersichtlich: Auf der rechten Seite des Dokumentes ist die Vorderseite des Kurzbriefes zu sehen, mit der Nachricht, die die Tuchlers an Susanne Lehmann schickten. Susanne Lehmann wiederum schrieb ihre Antwort auf die Rückseite des Papiers.
Ein Großteil ihrer Antwort wurde jedoch von den Nationalsozialisten zensiert und herausgeschnitten. Der Brief ist Zeugnis der Judenverfolgung durch das NS-Regime. Darüber hinaus zeugt die Entdeckung des Briefes in der Familie Goldfinger davon, wie schwer es der "ersten Generation" fiel, mit Kindern und Enkeln über die Shoah zu sprechen.