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Arbeitsblatt und Unterrichtsvorschläge | Die Wohnung | bpb.de

Die Wohnung Der Film Ihr Freund, der Feind "Die Vergangenheit ändert und ändert sich" "Die Akteure im Rahmen ihres damaligen Horizontes wahrnehmen" Das Haavara-Transfer-Abkommen Die Artikelserie "Ein Nazi fährt nach Palästina" Familiengedächtnis und NS-Vergangenheit in Deutschland Erinnerungskulturen in Israel - Eine Generationenfrage Susanne Lehmanns letzter Brief Arbeitsblatt und Unterrichtsvorschläge Redaktion

Arbeitsblatt und Unterrichtsvorschläge

/ 5 Minuten zu lesen

Nachdem Gerda Tuchler im Alter von 98 Jahren gestorben ist, trifft ihre Familie sich zur Wohnungsauflösung in Tel Aviv. Schnell wird deutlich, dass keiner ihrer Nachfahren – nicht einmal ihre Tochter – in die Geschichte der Großeltern eingeweiht war, die noch vor dem Zweiten Weltkrieg von Deutschland nach Palästina auswanderten. Als Gerdas Enkel Arnon Goldfinger auf einen intensiven Briefwechsel zwischen seinen Großeltern und der deutschen Familie von Mildenstein stößt, der auch nach Kriegsende fortgesetzt wurde, wird dieser stutzig und beginnt zu recherchieren. Immer wieder taucht der Name jener Familie in engem Zusammenhang mit dem nationalsozialistischen Regime auf. Arnon nimmt Kontakt zu deren Tochter Edda von Mildenstein auf und reist nach Deutschland.

"Die Wohnung" ist ein sehr persönlicher Dokumentarfilm, der ausgehend von einem Familiengeheimnis universelle Fragen über den Umgang mit der Vergangenheit aufwirft. Er zeigt präzise Strategien des Verdrängens auf und klagt an, "dass über die wirklich wichtigen Dinge geschwiegen wurde". Interessant ist der Film vor allem, weil er sowohl die Erinnerungskultur in Deutschland als auch in Israel über die Generationen hinweg betrachtet. Dabei bevormundet Goldfinger das Publikum nicht, sondern lässt durch seine unaufdringlichen Bilder genug Raum zur Auseinandersetzung.

Die folgenden Aufgaben richten sich an Schüler/-innen ab 15 Jahren. Sie eignen sich vor allem für den Einsatz in den Schulfächern Geschichte, Deutsch, Ethik/Religion und Kunst ab der 10. Jahrgangsstufe und laden zu einer Auseinandersetzung mit den Themenfeldern Familiengeschichte, Identität, Nationalsozialismus, Holocaust und Vergangenheitsbewältigung ein.

Das Arbeitsblatt ist hier als Interner Link: PDF-Dokument verfügbar.

Aufgabe 1: Vorbereitung auf die Filmsichtung

Fächer: Geschichte, Deutsch, Kunst

Vorbemerkung: Für diese Aufgabe sollten weder Handlung noch Themen des Films bekannt sein.

a) Sehen Sie sich zunächst nur die Exposition von "Die Wohnung" bis zur Einblendung des Titels bei Minute 3:18 an.

  • Fassen Sie knapp zusammen, was in dieser Szene erzählt wird.

  • Erstellen Sie eine Liste mit Themen, die in dieser ersten Szene angerissen werden.

  • Auf welche Konflikte weist der Erzähler bereits hin?

  • Welche Personen werden vorgestellt – und was erfahren Sie über diese? Gehen Sie insbesondere auf das Verhältnis des Filmemachers zu seiner Großmutter ein.

b) Zu Beginn des Films stehen unter anderem die folgenden beiden Einstellungen:



  • Was zeigen diese Bilder?

  • Wie wird die Großmutter von Arnon Goldfinger durch diese Bilder vorgestellt?

  • Interpretieren Sie die symbolische Bedeutung dieser bewusst gesetzten Einstellungen. Überprüfen Sie Ihre Interpretation nach der Filmsichtung.

Aufgabe 2: Familiengeschichte(n) – Familienrepräsentationen

Fächer: Geschichte, Deutsch, Ethik/Religion, Kunst

a) Vor dem zweiten Besuch bei Edda von Mildenstein spricht Arnon Goldfinger mit seiner Mutter:

"Ich frage mich, ob wir von 'Nazi' reden sollen. Einerseits wissen wir, dass er Nazi war. Andererseits ist es vielleicht nicht nett, es zu erwähnen. Ich weiß nicht, wie es jetzt ist in Deutschland. Ob die Leute sich schämen, ob’s ein Makel ist. Ich weiß nicht, wie man das sieht. "

  • Diskutieren Sie in der Klasse über die Überlegungen von Arno Goldfinger. Welches Vorgehen halten Sie für richtig? Wie gehen deutsche Familien Ihrer Meinung nach mit der Geschichte und Schuld ihrer Angehörigen im Dritten Reich um?

b) Die folgenden beiden Standfotos zeigen exemplarisch, wie Familiengeschichte und/oder die Bedeutung der Familie bildlich dargestellt werden kann. Das linke Bild zeigt die Briefe von Susanne Lehmann, der Urgroßmutter des Regisseurs, die in das Ghetto von Riga deportiert wurde. Das rechte Bild zeigt Erinnerungsfotos auf dem Schreibtisch von Edda von Mildenstein.

  • Erläutern Sie, wie die beiden Bilder jeweils im Kontext der Filmerzählung wirken.

  • Welches Gefühl versucht der Regisseur durch diese Beobachtungen zu vermitteln?

  • Wie kommentiert der Film dadurch die Lebensgeschichte von Susanne Lehmann beziehungsweise der von Mildensteins?

c) Stellen Sie eigene Nachforschungen an: Was ist bekannt über das Leben Ihrer Urgroßeltern vor und im Nationalsozialismus 1933-1945? Befragen Sie Ihre Eltern/Großeltern/Urgroßeltern und recherchieren Sie nach Familienfotos aus dieser Zeit.

d) Beschreiben Sie in einem kurzen Essay, wie mit der Familiengeschichte umgegangen wird und auf welche Schwierigkeiten Sie gestoßen sind.

Aufgabe 3: Aufarbeitung der Vergangenheit

Fächer: Geschichte, Deutsch, Ethik/Religion, Kunst

a) In "Die Wohnung" treten zwei gegensätzliche Sichtweisen zu Tage, wie mit der Vergangenheit umgegangen werden soll.

Stellen Sie die Sichtweise von Arnon Goldfinger und seiner Mutter gegenüber. Analysieren Sie deren Argumente und gehen Sie dabei auch auf deren Generationenzugehörigkeit ein.

b) Erklären Sie anhand der beiden folgenden Standfotos aus dem Film, wie Goldfinger diesen Konflikt zwischen den Generationen visuell sichtbar macht.

c) Stellen Sie anhand der beiden Texte "Familiengedächtnis und NS-Vergangenheit in Deutschland " von Sabine Moller und "Erinnerungskulturen in Israel " von Itay Lotem aus diesem Dossier dar, welche Rolle die Erinnerung an den Holocaust jeweils in Deutschland beziehungsweise in Israel über die Generationen hinweg spielt. Belegen Sie diese Haltungen exemplarisch durch Aussagen der Protagonisten/innen aus "Die Wohnung".

d) Diskutieren Sie gemeinsam in der Klasse, welche Bedeutung die Bewahrung der Erinnerung hat und wie auch im öffentlichen Raum oder durch Medien dazu angeregt werden kann, sich mit dem Holocaust, den Ursachen und den Folgen auseinander zu setzen.

Aufgabe 4: Ein persönlicher Dokumentarfilm


Fächer: Deutsch, Kunst

a) "Die Wohnung" zeichnet sich durch eine sehr persönliche Herangehensweise aus. Beschreiben Sie in Kleingruppen, wodurch sich die Gestaltung dieses Films von anderen Dokumentarfilmen unterscheidet, die Sie kennen. Gehen Sie insbesondere auf die folgenden Aspekte ein:

  • die Erzählperspektive

  • die Funktion und Selbstdarstellung des Regisseurs

  • die Dramaturgie

  • das Zusammenspiel ernster und humorvoller Szenen

b) Die beiden folgenden Bilder stammen aus den letzten Szenen des Films.

  • Erläutern Sie, welche metaphorische Bedeutung diese haben.

  • Formulieren Sie alternativ aus der Sicht des Regisseurs ein Fazit seiner Recherche.

c) Entwickeln Sie in Kleingruppen ein Konzept für einen Dokumentarfilm über die Geschichte der Großeltern von Arnon Goldfinger, der aus einer neutralen Perspektive erzählt wird. Stellen Sie insbesondere dar, welches Bildmaterial und welche Gesprächspartner/innen für Sie wichtig wären. Diskutieren Sie im Anschluss, wie sich die Erzählung des Dokumentarfilms durch diese Herangehensweise verändern würde.

Autor/in: Stefan Stiletto, Medienpädagoge mit Schwerpunkt Filmkompetenz und Filmbildung


Weiterführender Link: Externer Link: VISION KINO: Schule im Kino - Praxisleitfaden für Lehrkräfte

Fussnoten