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Kriegsfolgen | Der Zweite Weltkrieg | bpb.de

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Kriegsfolgen

Dr. Thomas Vogel

/ 16 Minuten zu lesen

Sechs Millionen europäische Juden fielen dem Rassewahn der Nationalsozialisten zum Opfer, in weiten Teilen Europas war jüdisches Leben ausgelöscht. Mit insgesamt 60-70 Millionen Toten steht der Zweite Weltkrieg für die Tragödie des 20. Jahrhunderts. Eine bipolare Weltordnung entstand, das Gesicht Europas veränderte sich völlig.

Ankunft der letzten deutschen Kriegsgefangenen im Auffanglager Friedland im Oktober 1955: Eine Mutter sucht nach ihrem vermissten Sohn. (© akg-images)

Tod und Verwundung im Krieg

Der Zweite Weltkrieg bedeutete in erster Linie eine menschliche Tragödie. Die Kriegshandlungen selbst sowie ihre unmittelbaren Folgen hatten weltweit etwa 60 bis 70 Millionen Menschen das Leben gekostet, in der Mehrzahl Zivilisten. Allein die Sowjetunion beklagte 27 Millionen Tote, knapp die Hälfte davon Angehörige der Roten Armee, von denen wiederum jeder Vierte nicht im Kampf fiel, sondern in

Ein amerikanischer Soldat bewacht deutsche Kriegsgefangene im Rheinwiesenlager bei Remagen (© Heimatmuseum Sinzig)

deutscher Kriegsgefangenschaft umkam. Dagegen hatte der Aggressor Deutschland mit 6,35 Millionen Toten – weit überwiegend Soldaten – sowohl absolut wie auch im Verhältnis zur Bevölkerungszahl deutlich weniger gelitten. Ein ähnliches Bild ergibt sich für den Fernen Osten. China verzeichnete als Hauptleidtragender der japanischen Aggression zwischen 1937 und 1945 etwa 13,5 Millionen Tote, Japan dagegen "nur" 3,76 Millionen. In Indien wiederum, das lediglich am Rande Kriegsschauplatz geworden war, waren allein zwei Millionen Menschen infolge kriegsbedingter Nahrungsmittelverknappung verhungert. Am stärksten gelitten hatte jedoch Polen mit sechs Millionen Toten. Jeder sechste Einwohner des Landes war ums Leben gekommen. Diese Schreckensbilanz verbindet sich mit derjenigen des Mordes an den europäischen Juden. Denn jeder zweite getötete Pole war jüdischen Glaubens. Insgesamt fielen während des Krieges etwa sechs Millionen europäische Juden dem nationalsozialistischen Rassenwahn zum Opfer. In weiten Teilen Europas war jüdisches Leben so gut wie ausgelöscht.

Der Weltkrieg hatte überdies die Gesundheit von Millionen Menschen mehr

Ein Kriegsinvalider erhält auf einer Straße in Essen von Passanten Almosen, 1948. (© Bundesarchiv)

oder weniger schwer und dauerhaft geschädigt. Ihre Zahl lässt sich auch nicht annähernd genau schätzen. Noch lange Zeit nach Kriegsende prägten körperlich schwer geschädigte Opfer des Krieges das Straßenbild in den betroffenen Ländern. Sie stellten jedoch nur die "Spitze eines Eisbergs" dar. Vielen Kriegsinvaliden war ihre Versehrtheit nicht anzusehen. Weitgehend unsichtbar blieben die vom Krieg verursachten seelischen Schäden. Allein in Deutschland lebten unmittelbar nach dem Krieg eineinhalb Millionen körperlich und seelisch Versehrte beider Weltkriege, die staatliche Versorgungsleistungen erhielten. Auf solche hatten im Jahr 2000 nach Angaben der deutschen Bundesregierung immerhin noch 372.069 Menschen Anspruch. Jenseits dieser offiziell erfassten Zahl hinterließen Frontkämpfe, Kriegsgräuel, Holocaust, Bombenkrieg, Flucht und Vertreibung eine ganze traumatisierte Generation. Auch wenn an dem Sachverhalt selbst kein Zweifel besteht, gibt es über Ausmaß und Folgen dieser Traumatisierung nur wenig gesicherte Erkenntnisse.

Politische Folgen

Aufruf der alliierten Militärregierung an die befreiten Angehörigen der Vereinten Nationen ("Arbeiter, Gefangene, Deportierte") in Deutschland mit Verhaltensregeln, ca. 1945. (© Bundesarchiv)

Um es vorweg zu nehmen: Der Zweite Weltkrieg veränderte das politische Gesicht der Welt gründlich. Zunächst bekamen die Verursacher des Krieges die politischen Folgen ihrer Niederlage schmerzhaft zu spüren. Die alliierten Siegermächte hielten Deutschland wie Japan über Jahre besetzt und unterwarfen beide Länder ihrem politischen Willen. Deutschland war davon in besonderer Weise betroffen. Es verlor alle Gebiete, die es sich seit 1938 mehr oder weniger gewaltsam angeeignet hatte. Das ebenfalls von den Alliierten besetzte Österreich hatte sich bereits am 27. April 1945 für unabhängig erklärt. Doch blieb auch das Deutsche Reich in seinen Grenzen von 1937 nicht bestehen. Infolge des Potsdamer Abkommens vom 2. August 1945 musste es seine Gebiete östlich von Oder und Neiße an Polen und die Sowjetunion abtreten und büßte damit ein Viertel seines Territoriums ein. Das übrig gebliebene Deutschland wurde von einem Alliierten Kontrollrat regiert, in dem die vier Siegermächte (Frankreich, Großbritannien, Sowjetunion, Vereinigte Staaten) durch ihre Militärgouverneure vertreten waren. Mit Proklamationen, Befehlen, Gesetzen, Direktiven und Verordnungen machte er sich an die innere

Anklage und Aufklärung: Plakat in der amerikanischen Besatzungszone mit Fotos von der Befreiung des Konzentrationslagers Dachau durch US-Truppen, ca. 1945. (© Bundesarchiv)

Umgestaltung Deutschlands und die Umerziehung der Deutschen. Er tat dies auf der Grundlage der Beschlüsse von Potsdam, welche Deutschland die Entmilitarisierung, Entnazifizierung, Demokratisierung, Dezentralisierung und Demontage verordneten. Allerdings ging die Gemeinsamkeit der Siegermächte bald verloren. Die vier Besatzungszonen, in die Deutschland eingeteilt worden war, entwickelten sich gemäß den politischen Vorgaben der jeweiligen Besatzungsmacht durchaus unterschiedlich. Die drei Westmächte richteten in ihren Zonen demokratische Systeme ein. Dies ermöglichte bis 1948 den wirtschaftlichen Zusammenschluss der drei westlichen Zonen und schließlich 1949 die Gründung der Bundesrepublik Deutschland, eines demokratischen westdeutschen Staates mit vorläufig noch eingeschränkter Souveränität. Dagegen verordneten die sowjetischen Besatzer ihrer Zone das pseudo-demokratische Modell einer "Volksdemokratie". Hieraus ging 1949 die Deutsche Demokratische Republik hervor.

Proklamation Nr. 1 des Alliierten Kontrollrates in Deutschland vom 30. August 1945. (© Bundesarchiv)

Eine kommunistische Diktatur nach sowjetischem Vorbild stellte sicher, dass das östliche Deutschland in völliger Abhängigkeit von Moskau blieb. Vor allem im geteilten Berlin entwickelte sich deshalb ein gespanntes Verhältnis zwischen den Alliierten, bis hin zur Blockade der westalliierten Sektoren durch die Sowjetunion in den Jahren 1948/49.

Diese Teilung Deutschlands 1949 machte deutlich, dass sich die Alliierten des Weltkrieges endgültig auseinandergelebt hatten. Das hatte nicht nur für Deutschland einschneidende Folgen, sondern veränderte Europa und die Welt. Diese Entwicklung lag im fundamentalen politisch-ideologischen Gegensatz zwischen den Westalliierten und der Sowjetunion begründet. Der Zwang zum gemeinsamen Kampf gegen Hitler hatte diesen Gegensatz für die Zeit des Krieges verdeckt. Danach brach er sehr schnell auf, als die Sowjetunion ihre Eroberungen in Mittelost- und Südosteuropa skrupellos nutzte, um ihren Machtbereich dorthin dauerhaft auszudehnen und dies mit dem Export ihres totalitären Systems verband. In allen eroberten Ländern brachte sie Regime an die Macht, die ihr willfährig waren und sich auf die sowjetischen Bajonette und Panzer stützten. Schnell kam es hierüber zum Zwist mit den ehemaligen Verbündeten im Westen. Dort verstand man unter der Schaffung eines demokratischen und freien Europa, wie es die "Großen Drei" im Januar 1945 in Jalta vereinbart hatten, etwas anderes. Schon kurz nach Kriegsende sprach Churchill deshalb von einem "eisernen Vorhang", der sich auf Europa herabgesenkt habe, und meinte damit die Abschottung des unfreien sowjetischen Machtbereichs. Als schließlich auch Griechenland, die Türkei und der Iran von sowjetischer Intervention bedroht waren, brach der Konflikt 1947 offen aus. US-Präsident Truman versprach allen Ländern Wirtschafts- und Militärhilfe zur Verteidigung ihrer Freiheit und drohte der Sowjetunion sogar mit der Atomwaffe. Kaum zwei Jahre nach Kriegsende war ein "kalter" Krieg zwischen den früheren Verbündeten ausgebrochen, der Jahrzehnte dauern und das Weltgeschehen prägen sollte. Die Lager in Ost und West formierten sich in zwei großen Bündnissystemen: auf der einen Seite entstand 1949 die Nordatlantische Allianz (NATO) unter Führung der USA. Ihr stand ab 1955 die von Moskau dominierte – im Sprachgebrauch als Warschauer Pakt bekannte – Warschauer Vertragsorganisation (WVO) gegenüber. An vorderster Front des Kalten Krieges fanden sich die beiden gerade gegründeten deutschen Staaten als Gegner wieder.

Interner Link: Karten und Grafiken: "Kriegsfolgen"

Karten und Grafiken: "Kriegsfolgen"

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Auch der Ferne Osten wurde Teil des Ost-West-Konflikts und der neuen, bipolaren Weltordnung. Japan kam nach seiner Niederlage relativ glimpflich davon. Es verlor nur kleinere Gebiete im Norden an die Sowjetunion; sein Mutterland blieb von einer Teilung verschont. Auch beschränkte sich die westliche Besatzungsmacht unter Führung der Vereinigten Staaten darauf, Japan in eine parlamentarische Demokratie umzuwandeln. Man gab sich mit der politischen Entmachtung des Tenno zufrieden und schaffte das den Japanern heilige Kaisertum nicht ab. Nach dem Abschluss eines Friedensvertrages 1952 entließen die Westalliierten Japan wieder in die Unabhängigkeit. Politischer Zündstoff ergab sich dagegen aus dem Konkurs des japanischen Machtbereichs auf dem asiatischen Festland. Der Konflikt um die ehemalige japanische Kolonie Korea verschärfte den Kalten Krieg hier 1950/51 sogar zu einem "heißen" Krieg. Viele sahen bereits den Dritten Weltkrieg heraufziehen. Als Verbündeter Nordkoreas und der Sowjetunion trat im Koreakrieg die junge Volksrepublik China unter Mao Tse-tung erstmals nach außen und militärisch massiv in Erscheinung und vervollständigte damit den Eindruck einer politisch-ideologisch zweigeteilten Welt.

Menschliches Elend nach dem Krieg

Kaum weniger als der Weltkrieg selbst verursachte die auf ihn folgende politische Neuordnung der Welt massenhaft weiteres menschliches Elend. Hier fällt zunächst der Koreakrieg auf, der etwa vier Millionen Zivilisten und eine Million Soldaten das Leben kostete. Weitere Millionen Menschen wurden obdachlos oder verschleppt. In Europa traf es vor allem jene Deutschen hart, die in den Ostgebieten des Reiches lebten oder außerhalb der Reichsgrenzen im östlichen und südöstlichen Europa oft schon seit Generationen siedelten. Ihre Flucht aus der Heimat hatte bereits in der Endphase des Krieges

Konferenz von Potsdam, 17. Juli bis 2. August 1945: Der britische Premierminister Winston Churchill (links), US-Präsident Harry S. Truman (Mitte) und der sowjetische Staats- und Parteichef Josef Stalin beschließen über das besiegte und besetzte Deutschland. (© akg-images)

aus Furcht vor der nahenden Roten Armee begonnen. Sie war sehr oft von Übergriffen der nicht-deutschen einheimischen Bevölkerung begleitet. Häufig wurde dabei vormals selbst erlittenes Unrecht mit neuem Unrecht vergolten. Den "wilden" Vertreibungen bei Kriegsende folgte die systematische Vertreibung der Deutschen aus dem Osten aufgrund des Potsdamer Abkommens vom 2. August 1945. In Polen, Ungarn und der Tschechoslowakei wurden nunmehr unter staatlicher Aufsicht die dort noch lebenden Deutschen in das Gebiet der alliierten Besatzungszonen zwangsumgesiedelt, nachdem ihr Eigentum zuvor bis auf das Handgepäck konfisziert worden war.

Opfer der Zwangsumsiedlung: Die Habe der deutschen Einwohner eines Dorfes bei Oppeln in Schlesien ist auf zwei Anhänger verladen, um zum Bahnhof gebracht zu werden; auf dem Wagen kontrolliert ein polnischer Offizier die Gepäckstücke, ca. 1945. (© Bundesarchiv)

Von Flucht, Vertreibung und Zwangsumsiedlung waren zwischen 1944 und 1950 insgesamt 12 bis 14 Millionen Deutsche bzw. deutschstämmige Bürger anderer Staaten betroffen; mindestens 600.000, möglicherweise weit über eine Million, kamen dabei um. Opfer der ethnischen "Säuberungen" waren aber nicht nur Deutsche. Abermals traf es die leidgeprüften Polen mit Zwangsumsiedlungen, diesmal aufgrund der erneuten Annexion Ostpolens durch die Sowjetunion. Hauptsächlich von dort wurden bis zu eineinhalb Millionen Menschen nach Polen "repatriiert", wie es beschönigend hieß. Im Gegenzug schob man fast eine halbe Million Bürger ukrainischer Abstammung in die Ukraine ab; schließlich wurden innerhalb des neuen polnischen Staatsgebietes etwa 3,5 Millionen Menschen umgesiedelt. Auch die Balten blieben nicht verschont. Über eine Viertel Million von ihnen waren bereits 1944 vor der Roten Armee aus ihrer Heimat geflohen. Die anschließende brutale Sowjetisierung des Baltikums führte zur Deportation Zehntausender nach Sibirien.

In West- und Mitteldeutschland verschärfte die Aufnahme der aus dem Osten geflüchteten und vertriebenen Deutschen die ohnehin angespannte Lebenssituation. Auch weil die Besatzungsmächte die Versorgung der Bevölkerung vernachlässigten, starben im

Großkundgebung im Düsseldorfer Hofgarten am 28. März 1947 gegen die unzureichende Lebensmittelversorgung im Hungerwinter 1946/47. (© Bundesarchiv)

sogenannten Hungerwinter 1946/47 mehrere hunderttausend Deutsche an extremer Kälte und Lebensmittelnot. Allerdings war die Ernährungslage in den Ländern der Siegermächte, mit Ausnahme der Vereinigten Staaten, kriegsbedingt ebenfalls angespannt, in der Sowjetunion sogar derart katastrophal, dass dort in den Jahren 1946 bis 1948 zwei Millionen Menschen verhungerten. Besonders hart war das Leben in den zerbombten deutschen Städten. Ein Großteil der Wohnungen und der Infrastruktur war zerstört, die Wasser- und Energieversorgung für einige Zeit zusammengebrochen. Aufgrund der schlechten medizinischen Versorgung und hygienischen Bedingungen verbreiteten sich Tuberkulose und Typhus. In mancher Hinsicht herrschten in der sowjetischen Besatzungszone (SBZ) die schlimmsten Verhältnisse. Die Besatzer betrieben hier eine besonders rücksichtslose Demontagepolitik, die mehr Industriekapazität zerstörte als zuvor der Bombenkrieg, und hielten sich damit schadlos für die von den Deutschen in der Sowjetunion angerichteten Zerstörungen. Kaum weniger brutal als zuvor das NS-Regime unterdrückten sie in ihrer Zone politisch Andersdenkende. Zehntausende Deutsche, zum Teil aus geringfügigem Anlass in Misskredit geraten, starben unter elenden Haftbedingungen in Lagern der SBZ, andere gar in der Sowjetunion.

"5.000.000 fehlen – Gebt sie frei!" Plakat der SPD von 1947, das die Sowjetunion auffordert, ihre deutschen Kriegsgefangenen freizulassen. (© Bundesarchiv)

Dorthin waren viele zur Zwangsarbeit verschleppt worden. Nicht wenige wurden wegen vermeintlicher oder tatsächlicher "sowjetfeindlicher Betätigung" hingerichtet. Fast wehrlos waren die Frauen einer Willkür ganz anderer Art ausgesetzt. Im Unterschied zu den westlichen Besatzungszonen wurden sie in der SBZ massenhaft Opfer sexueller Gewalt durch Angehörige der Roten Armee, obwohl die Militärbehörden durchaus dagegen einschritten. Schätzungen gehen von bis zu zwei Millionen Opfern allein bis 1947 aus.

Kriegsgefangene und "Displaced Persons"

Ausweisekarte der westalliierten Streitkräfte für eine "Displaced Person" (D.P.), 1945. (© Deutsches Historisches Museum)

Ein eigenes Kapitel bildet das Schicksal der Kriegsgefangenen. Über 11 Millionen Angehörige von Wehrmacht und Waffen-SS waren in alliierte Kriegsgefangenschaft geraten, die allermeisten von ihnen in der Schlussphase des Krieges oder gar erst infolge der deutschen Kapitulation. Ihr Schicksal war, abhängig von der Gewahrsamsmacht, sehr unterschiedlich. Die geringsten Überlebenschancen hatten die fast 200.000 deutschen Soldaten in jugoslawischer Hand. In der Mehrzahl ist ihr Verbleib bis heute nicht völlig geklärt; jedenfalls kehrte nicht einmal die Hälfte zurück. Ein hartes Los traf auch die über drei Millionen deutschen Soldaten in sowjetischer Gefangenschaft. Mindestens eine halbe Million starben, die meisten infolge unmenschlicher Bedingungen in den Lagern, die anderen auf dem Weg dorthin oder schon bei der Gefangennahme. Andere Berechnungen kommen sogar auf eine Million Tote. Die Freilassung der Überlebenden zog sich lange hin, weil man sie als wertvolle Arbeitskräfte für den Wiederaufbau zurückhielt. Außerdem wurden Tausende in einer Welle von Scheinprozessen 1949/50 – meist unschuldig – zu Kriegsverbrechern abgestempelt und fast ausnahmslos zu langen Haftstrafen verurteilt. Der sich verschärfende Ost-West-Konflikt machte die deutschen Kriegsgefangenen überdies zum Spielball der internationalen Politik. Erst 1955/56 kehrten die letzten 10.000 Kriegsgefangenen nach Deutschland und Österreich zurück. Hier war die Freude getrübt, weil man erheblich mehr Heimkehrer erwartet hatte und sich nun mit dem Tod Hunderttausender Vermisster abfinden musste. Kaum leichter hatten es die 1,8 Millionen nicht-deutschen Kriegsgefangenen in der Sowjetunion, darunter allein 600.000 Japaner, von denen über zehn Prozent durch Zwangsarbeit in Sibirien starben.

QuellentextOffizielle Wiedergutmachung des unter Stalin an den sowjetischen Kriegsgefangenen begangenen Unrechts

"Beschluss des Zentralkomitee der KPdSU und Ministerrat der UdSSR vom 29. Juni 1956 über die Beseitigung der Folgen grober Verstöße gegen die Gesetzlichkeit in Bezug auf ehemalige Kriegsgefangene und ihre Familienangehörigen:

Das Zentralkomitee der KPdSU und der Ministerrat der UdSSR stellen fest, dass im Großen Vaterländischen Krieg und in der Nachkriegszeit in Bezug auf Militärangehörige der Sowjetischen Armee und der Flotte, die sich in Gefangenschaft oder Einkesselung des Gegners befanden, grobe Verstöße gegen die sowjetische Gesetzlichkeit zugelassen wurden.

Die sowjetischen Soldaten haben im Großen Vaterländischen Krieg heldenhaft gegen die faschistischen Invasoren gekämpft und ihre Pflicht gegenüber der Heimat ehrlich und aufopferungsvoll erfüllt. Dennoch ist infolge der schwierigen Umstände der ersten Kriegsphase eine bedeutende Anzahl sowjetischer Militärangehöriger, die sich in einer Einkesselung befanden, nach Erschöpfung aller Möglichkeiten zum Widerstand in Gefangenschaft geraten. Viele Militärangehörige gerieten verwundet oder verletzt in Gefangenschaft, nach Abschüssen in Luftkämpfen oder bei der Erfüllung von Kampfaufgaben im Hinterland des Gegners. Die sowjetischen Soldaten, die in Gefangenschaft waren, haben der Heimat die Treue gehalten, verhielten sich tapfer und ertrugen standhaft die Mühen der Gefangenschaft und den Hohn der Hitlerleute. Viele von ihnen flohen unter Lebensgefahr aus der Gefangenschaft, kämpften in Partisaneneinheiten gegen den Feind oder schlugen sich durch die Frontlinie zu den sowjetischen Truppen durch. Dessen ungeachtet und in Verletzung sowjetischer Gesetze brachte man den ehemaligen Kriegsgefangenen unbegründetes politisches Misstrauen entgegen, wandte grundlose Repressionen an und beschränkte gesetzeswidrig ihre Rechte.

Militärangehörige, die aus einer Einkesselung ausgebrochen, aus Gefangenschaft geflohen und von sowjetischen Einheiten befreit worden waren, wurden zur Überprüfung in Speziallager des NKVD verbracht, wo sie unter nahezu denselben Bedingungen wie Häftlinge der Besserungsarbeitslager festgehalten wurden.

Neben der Entlarvung einiger Personen, die tatsächlich Verbrechen begangen hatten, wurde eine große Zahl von Militärangehörigen, die ihre militärische Pflicht ehrlich erfüllt und sich in Gefangenschaft in keiner Weise befleckt hatten, im Ergebnis vielfacher Anwendung von ungesetzlichen, provokativen Untersuchungsmethoden während der Überprüfung unbegründet repressiert.

Den Familien von Militärangehörigen, die in Gefangenschaft geraten waren, wurden für den gesamten Krieg fälschlicherweise finanzielle Hilfen und alle festgesetzten Vergünstigungen aberkannt, unabhängig von den Gründen und Umständen der Gefangennahme dieser Militärangehörigen. Die Praxis, Offiziere, die in Gefangenschaft oder Einkesselung des Gegners gewesen waren, ohne Gerichtsverfahren zu Mannschaften zu degradieren und in Sturmbataillone zu schicken, stellte eine schwerwiegende Verletzung der Gesetzlichkeit dar.

Militärangehörige, die heldenhaft aus der Gefangenschaft geflohen waren oder sich in Gefangenschaft als ein Muster an Tapferkeit und Standhaftigkeit erwiesen hatten, wurden in keiner Weise belobigt.

Ab 1945 wurden alle befreiten und repatriierten Kriegsgefangenen, selbst dann, wenn überhaupt keine kompromittierenden Informationen gegen sie vorlagen, in Bataillonen zusammengefasst und zur Strafe zur ständigen Arbeit in Unternehmen der Kohle- und Holzindustrie in entlegene Regionen verschickt.

Die Staatssicherheitsorgane fuhren in der Nachkriegszeit fort, ehemalige Kriegsgefangene unbegründet zur strafrechtlichen Verantwortung zu ziehen, wobei viele ungesetzlich repressiert wurden. Weite Verbreitung fanden verschiedene gesetzeswidrige Einschränkungen in Bezug auf ehemalige Kriegsgefangene und ihre Angehörigen in den Bereichen Arbeitsbeschaffung, gesellschaftliche Tätigkeit, beim Antreten einer Ausbildung, beim Wechsel des Wohnorts usw.

Eine falsche Einstellung gegenüber ehemaligen Kriegsgefangenen zeigte sich auch bei der Entscheidung der Frage ihrer Parteizugehörigkeit. Vielen Mitgliedern der KPdSU, die in den Kämpfen gegen den Feind Mut und Standhaftigkeit bewiesen und sich in der Gefangenschaft in keiner Weise befleckt haben, wurde und wird nicht selten noch heute die Wiederaufnahme in die Reihen der KPdSU verweigert. Diese groben Verstöße gegen die sowjetische Gesetzlichkeit, die hinsichtlich ehemaliger Kriegsgefangener zugelassen wurden, waren in erster Linie Folge der verbrecherischen Tätigkeit Berijas, Abakumovs und ihrer Handlanger, die massenhafte Willkür und Repressionen eingeführt hatten. Zur Verletzung der Gesetzlichkeit trugen auch Lücken in der sowjetischen Gesetzgebung über Kriegsgefangene bei.

All das widerspricht im Kern den Grundlagen unserer sozialistischen Ordnung, der sowjetischen Verfassung, den leninistischen Prinzipien des aufmerksamen und feinfühligen Umgangs mit sowjetischen Menschen. Die zugelassenen Verstöße fügen unserer Partei und dem Staat großen moralisch-politischen Schaden zu. Die Atmosphäre von Misstrauen und Verdächtigungen gegen ehemalige Kriegsgefangene erzeugt unter ihnen und ihren Familienangehörigen Gefühle der Kränkung und Unzufriedenheit. Ein solcher Umgang mit ehemaligen Kriegsgefangenen wird von den Feinden unseres Staates für Propaganda unter den sowjetischen Bürgern genutzt, die sich noch im Ausland befinden, um sie von der Rückkehr in die Heimat abzuhalten und in antisowjetische Aktivitäten hineinzuziehen.

Zum Zweck der Beseitigung der groben Verstöße gegen die sowjetische Gesetzlichkeit, die in Bezug auf ehemalige Kriegsgefangene und ihre Familienangehörigen zugelassen wurden, beschließen das Zentralkomitee der KPdSU und der Ministerrat der Union SSR: 1. Die Praxis des wahllosen politischen Misstrauens gegen ehemalige sowjetische Militärangehörige, die sich in Gefangenschaft oder Einkesselung des Gegners befunden haben, ist als den Interessen des Sowjetischen Staates zuwiderlaufend zu verurteilen.
Militärangehörige, die heldenhaft aus der Gefangenschaft geflohen waren oder sich in Gefangenschaft als ein Muster an Tapferkeit und Standhaftigkeit erwiesen hatten, wurden in keiner Weise belobigt.
Partei-, Sowjet-, Gewerkschafts-, Komsomol- und Wirtschaftsorgane sind zu verpflichten, die in ihrer Praxis existierenden, verschiedenen Einschränkungen in Bezug auf ehemalige Kriegsgefangene und ihre Familienangehörigen aufzuheben, insbesondere:
a) die Frage der Beschäftigung der genannten Personen zu prüfen und Maßnahmen zu treffen, um ihnen eine ihrer Qualifikation entsprechende Arbeit zu geben;
b) ihnen beim Eintritt in Hoch- und mittlere Lehreinrichtungen und Kurse keine Hindernisse in den Weg zu legen.

2. Die CK der [Kommunistischen] Parteien der Unionsrepubliken, die Regions-, Gebiets-, Stadt-, und Bezirkskomitees sowie die politische Hauptverwaltung des Verteidigungsministeriums der UdSSR haben die Fälle über die Parteizugehörigkeit ehemaliger Kriegsgefangener, die in Verbindung mit der Gefangenschaft unbegründet aus den Reihen der KPdSU ausgeschlossen wurden, zu überprüfen.

3. Dem Präsidium des Obersten Sowjets der UdSSR ist die Frage der Ausweitung des Geltungsbereichs des Ukaz des Präsidiums des Obersten Sowjets der UdSSR vom 17. September 1955 über die Amnestierung sowjetischer Bürger, die im Großen Vaterländischen Krieg 1941-1945 mit den Okkupanten zusammengearbeitet haben, auf ehemalige Militärangehörige der Sowjetischen Armee und Marine, die wegen Gefangengabe an den Feind verurteilt wurden und die Strafe verbüßt haben oder verbüßen, vorzulegen.

4. Die Justizministerien der Unionsrepubliken und die Staatsanwaltschaft der UdSSR haben bei der Überprüfung der Gerichtsverfahren gegen ehemalige Militärangehörige der Sowjetischen Armee und Marine, die sich in Gefangenschaft befanden, diejenigen festzustellen, die unter durch die militärische Lage hervor-gerufenen Umständen in Gefangenschaft gerieten und unbegründet als Vaterlandsverräter verurteilt wurden, und ihre Rehabilitierung im gesetzlich bestimmten Verfahren zu gewährleisten.

5. Die Juristische Kommission beim Ministerrat der UdSSR, die Staatsanwaltschaft der UdSSR und das Ministerium für Verteidigung der UdSSR haben dem Ministerrat der UdSSR Vorschläge über notwendige Präzisierungen und Ergänzungen der Artikel der Verordnung über Militärverbrechen, die die Verantwortung eines Militärangehörigen für Gefangengabe sowie für Verbrechen während der Gefangenschaft bestimmen, vorzulegen, ohne dabei eine Abmilderung der Strafe für die freiwillige Gefangengabe zuzulassen.

6. Es ist festzusetzen, dass, wenn die Gefangennahme nicht freiwillig war und der Militärangehörige in Gefangenschaft keine Verbrechen gegen die Heimat begangen hat, die Dauer der Gefangenschaft, Einkesselung und [Spezialüberprüfung], auf die Dauer des Armeedienstes sowie die allgemeine Arbeitszeit und die ununterbrochene Beschäftigungszeit anzurechnen ist.

7. Das Ministerium für Innere Angelegenheiten der UdSSR (Gen. Dudorov) und das Komitee für Staatssicherheit beim Ministerrat der UdSSR (Gen. Serov) sind zu verpflichten, alle früheren Befehle und Instruktionen von NKGB und NKVD über ehemalige Kriegsgefangene, die dem vorliegenden Beschluss widersprechen, zu überprüfen und aufzuheben.

8. Das Verteidigungsministerium der UdSSR (Gen. Žukov) hat:
a) im individuellen Verfahren alle Fälle ehemaliger kriegsgefangener Offiziere, denen ihre Ränge ohne Gerichtsentscheidung aberkannt wurden, zu überprüfen und sie in allen notwendigen Fällen wieder in den Offiziersrang einzusetzen, und denjenigen, die Pensionsansprüche haben, eine Pension zu gewähren;
b) ehemalige Kriegsgefangene, die verwundet oder aus Gefangenschaft geflohen waren, aber nicht mit Regierungsauszeichnungen geehrt wurden, zur Auszeichnung vorzuschlagen;
c) dem Ministerrat der UdSSR Vorschläge über notwendige Änderungen und Ergänzungen der Verordnung über die finanzielle Versorgung von Militärangehörigen in Gefangenschaft sowie über die pensionsrechtliche Absicherung dieser Militärangehörigen und ihrer Familien vorzulegen;
d) die Frage über die Einführung entsprechender Ergänzungen in die geltenden Statuten der Sowjetischen Armee und der Kriegsmarine, die die Einstellung des sowjetischen Soldaten zur Gefangenschaft definieren, zu prüfen.

9. Das Kulturministerium der UdSSR (Gen. Michajlov) hat in Abstimmung mit dem Verteidigungsministerium der UdSSR die Vorbereitung künstlerischer Erzeugnisse, die dem heldenhaften Verhalten der sowjetischen Soldaten in faschistischer Gefangenschaft, ihren kühnen Fluchten aus der Gefangenschaft und dem Kampf in Partisaneneinheiten gegen den Feind gewidmet sind, in die Themenpläne der Verlage, Filmstudios, Theater und Kultur-Erziehungseinrichtungen aufzunehmen.
In der Partei-, Sowjet- und Militärpresse sind Artikel, Erzählungen und Skizzen über die Heldentaten sowjetischer Soldaten in faschistischer Gefangenschaft zu publizieren.

10. Das Komitee für Staatssicherheit beim Ministerrat der UdSSR ist zu verpflichten, über das „Komitee für Heimkehr“ sowie die Union der Gesellschaften des Roten Kreuzes und des Roten Halbmonds der UdSSR die Maßnahmen des Zentralkomitees der KPdSU und der Sowjetischen Regierung hinsichtlich ehemaliger Kriegsgefangener, die in dem vorliegenden Beschluss dargelegt sind, den sowjetischen Bürgern, die sich im Ausland befinden, zur Kenntnis zu bringen, um ihre Rückkehr in die Heimat zu beschleunigen.

Der Sekretär des Zentralkomitees der KPdSU N. CHRUŠČEV
Der Vorsitzende des Ministerrats der Union SSR N. BULGANIN"

Quelle: Rüdiger Overmans, Andreas Hilger, Pavel Polian (Hrsg.), Rotarmisten in deutscher Hand. Dokumente zu Gefangenschaft, Repatriierung und Rehabilitierung sowjetischer Soldaten des Zweiten Weltkrieges, Paderborn 2012; S. 846-851.

Als weniger belastend und meist erheblich kürzer erfuhren deutsche Soldaten die amerikanische, britische und –

Plakat: Bekanntmachung der Stadtverwaltung Weimar zur Rückführung von Ausländern ("Displaced Persons") aus dem Juni 1945. (© Deutsches Historisches Museum)

mit Einschränkung – die französische Kriegsgefangenschaft. So waren vor allem die etwa 380.000 deutschen Gefangenen in Lagern in den Vereinigten Staaten gut versorgt. Gefahr drohte ihnen hier noch am ehesten durch den Terror unverbesserlicher Nazis in den eigenen Reihen. Insgesamt gerieten 3,8 Millionen Deutschen in amerikanische Hand. Sie blieben zu 90 Prozent in Europa, wo sie der US-Armee zeitweise Versorgungsprobleme bereiteten. Einige Tausend starben. Die geringste Sterblichkeit herrschte in britischer Obhut. Ähnlich wie bei den Amerikanern genossen hier insgesamt 3,6 Millionen deutsche Soldaten, davon 400.000 in Lagern in Großbritannien, eine prinzipiell korrekte Behandlung. Im Vergleich dazu hatten etwa 700.000 Deutsche schwierige Haftbedingungen: Sie waren gleich nach Kriegsende von Amerikanern und Briten der französischen Armee überstellt wurden. Diese setzte ihre damit über 900.000 deutschen Gefangenen unter oft harten Bedingungen zu Aufräumarbeiten, beim Wiederaufbau, in Landwirtschaft und Industrie ein. Etwa 50.000 mussten Minen räumen, was jeden Zehnten das Leben kostete. Weil Frankreich nach dem Krieg selbst große Not litt, stand es auch um die materielle Versorgung seiner Kriegsgefangenen schlecht. So erklärt es sich, dass insgesamt etwa 30-40.000 von ihnen umkamen – eine relativ hohe Zahl für westliche Verhältnisse, doch weit entfernt vom Massensterben im Osten. Die Franzosen entließen auch als letzte westliche Siegermacht Ende 1948 die letzten deutschen Gefangenen. Die Amerikaner waren damit bereits im Juni 1947 vorangegangen.

QuellentextBericht des Wehrmachtsoldaten Johann Lampert, geboren 1918, über seine französische Kriegsgefangenschaft im Herbst 1945

"Die Bewachungsmannschaft bestand mit wenigen Ausnahmen aus deutschsprachigen Franzosen aus dem Elsass. Jeden Morgen um sieben Uhr mussten wir zum Zählappell auf dem Kasernenhof Aufstellung nehmen. Bei einem dieser Zählappelle fiel plötzlich ein Schuss. Es sprach sich wie ein Lauffeuer herum, dass ein Marinemaat auf seinem Lager von einem französischen Korporal erschossen worden sei. Der Maat war krank und hatte nicht auf dem Kasernenhof zum Appel antreten können. Der Korporal war als Deutschenhasser bekannt und früher bei der französischen Fremdenlegion gewesen. Im Lager nahm er einen hohen Posten ein. Wir alle waren empört und aufgeregt. Die Franzosen verstärkten daraufhin ihre Wachen, sie fürchteten eine Meuterei und ließen uns in die Unterkünfte marschieren. Einige weitere Schüsse fielen zwar noch, aber es dürfte sich dabei eher um Warnschüsse gehandelt haben. Letztlich blieb es im Lager ruhig. Die Angelegenheit wurde von der deutschen Lagerleitung in Form eines Gesuchs gemeldet, und angeblich sei daraufhin eine Kommission aus Genf gekommen, aber ich habe sie weder gehört noch gesehen. Dem Korporal ist nichts geschehen. Er schikanierte weiter die Leute und verbreitete, dass er nach den Gesetzen der Fremdenlegion keinen Fehler gemacht habe.

Mein Freiheitsdrang und der Wunsch, nach Hause zu kommen, wurden immer größer. Ich suchte überall im Lager nach Fluchtmöglichkeiten. Heilfroh war ich, als ich einen Job in der Küche bekam, der mich aus dem Lager hinausführte. Wir mussten mit dem Koch in den Schlachthof von St. Avold fahren, um Fleisch und Knochen abzuholen. Es war keine gute Ware, und trotz meines ständigen Heißhungers verging mir der Appetit auf Fleisch. Unsere mit Gewehren bewaffneten Wachen ließen uns keine Sekunde aus den Augen. Trotzdem bewegte mich der Gedanke an Flucht unablässig.

Am Anschlagbrett wurde neben Bildern von deutschen Konzentrationslagern und Lagern für sowjetische Kriegsgefangene in Deutschland außerdem Werbung für die Meldung zur Fremdenlegion ausgehängt. Das war für mich ein Hoffnungsschimmer und schien mir als Ausgangspunkt für eine Flucht günstiger zu sein als das Lager. Ohne mich lange zu besinnen, ließ ich mich als Bewerber für einen Dienst in der Fremdenlegion registrieren. Von da an wirkten meine Bewacher wie ausgewechselt, das erste Mal wurde ich von der Verwaltung höflich und sehr freundlich empfangen. Sie siezten mich und gaben mir völlig unerwartet ein schönes neues Khakihemd. Man sagte mir, ich solle morgen den Eintritt in die Fremdenlegion schriftlich bestätigen.

Mein väterlicher Freund hielt mich aber von meinem Vorhaben ab. Ich erschien nicht zum anberaumten Termin und unterschrieb nichts. Es dauerte nicht lange, und ich wurde von zwei bewaffneten französischen Soldaten abgeholt und einem Colonel und seinen Beisitzern vorgeführt. Man kann nicht sagen, dass sie zimperlich mit mir umgingen. Als ich bei meiner Weigerung blieb, wurde ich mit Gewehrkolbenhieben und Fußtritten zurück in meine Unterkunft geprügelt. Durch meine unüberlegte Meldung zur Legion hatte ich meinen Arbeitsdienst bei der Lagerküche verloren und unterlag nun einer Sonderbewachung. Ich war der einzige, der sich zwar zur Fremdenlegion gemeldet, aber einen Rückzieher gemacht hatte. Seitdem wurde ich von meinen Kameraden "Legionär" genannt und nahm so etwas wie eine Anführerposition ein, was meinen Fluchtplänen nicht gerade zuträglich war. Als kurz darauf fünfzig Mann zu einem Minensuchkommando abkommandiert wurden, war ich dabei – ich wurde praktisch strafversetzt. Ich wunderte mich, dass ich das Khakihemd behalten durfte. Der Abschied von meinem väterlichen Freund war furchtbar und für uns beide sehr schmerzlich. So landete ich mit weiteren hundert Kameraden in einem kleinen Kriegsgefangenenlager an der Maginotlinie.

In einem größeren Steinbau, wahrscheinlich das frühere Wirtschaftsgebäude eines Gutshofes, wurden wir im Obergeschoß in einem der Säle untergebracht. Wir lagerten glücklicherweise auf einem dürftig mit Stroh ausgelegten Holzfußboden. Der Raum war für die hundert Mann sehr eng bemessen, aber daran hatten wir uns schon gewöhnt. Das Erdgeschoss hatten die französische Lagerleitung und die Bewachungsmannschaft belegt, während sich im Keller eine Feldküche, Magazine und sonstige Wirtschaftsräume befanden.

Unsere Bewachungsmannschaft rekrutierte sich zum großen Teil aus deutschsprachigen Franzosen. Seltsamerweise kam ich auch hier besser mit den Französisch sprechenden Bewachern aus. Sie schienen mir freundlicher und ehrlicher im Umgang mit uns. Bei Tauschgeschäften über den Lagerzaun waren es vor allem deutsch-französische Zivilisten und Militärs, die sich unsere Habseligkeiten hinüberwerfen ließen und einfach abhauten, ohne dass wir das verabredete Tauschobjekt bekamen.

Ich plante nun verstärkt meine Flucht, 90 Prozent der Insassen hatten dieselben Gedanken. Jedoch erschien es mir, dass die wenigsten ein volles Risiko eingehen würden. Ich wollte Weihnachten zu Hause bei meiner Familie sein und war zu allem bereit. Ich hatte während des Krieges eine zauberhafte, junge Frau kennengelernt. Wir hatten im August 1940 während eines Fronturlaubs geheiratet. Meine Frau hatte während des Krieges immer zu mir gehalten. Sie war mir in alle Garnisonsunterkünfte und Truppenübungsplätze in Deutschland nachgereist. In Bamberg brachte sie immer in Erfahrung, wenn ich während einer Bahnfahrt dort Aufenthalte hatte. So konnten wir uns einige Minuten sehen, bevor mich der Transport wieder an einen anderen Ort brachte. Meine Sehnsucht nach meiner Familie und meiner Heimatstadt wuchs von Tag zu Tag. Mein siebter Sinn warnte mich, nicht noch länger in diesem Lager zu bleiben. Wir waren in dieses Lager zum Minenräumen gekommen. Das Risiko, dabei sein Leben zu verlieren, war genauso groß wie das Risiko, das ich bei einer Flucht einging. Auf was sollte ich also noch warten?

Die Zeit für eine Flucht wurde knapp, denn es kündigte sich Frost und Schnee an. Im Schnee hätte man die Spur von flüchtenden Menschen ohne weiteres aufnehmen können. Wir waren eine Gruppe von sieben Mann, die sich unter dem Motto "Weihnachten zu Hause" zusammengeschlossen hatten. Im Januar 1946 sollte der Minenräumkurs beginnen. Bei irgendeiner Gelegenheit kam ich mit einem Ausbilder ins Gespräch, wobei ich ihm erklärte: "Ich habe bei der Wehrmacht keine Minen geräumt und werde auch hier keine räumen!" Er antwortete: "Wir haben unsere Mittel und Wege!" "Ich bin dazu nicht ausgebildet!" "Ihr werdet schon ausgebildet werden, keine Bange", lautete die Antwort. Mich ritt der Teufel: "Ihr kriegt mich nicht rein!" Er versicherte mir lächelnd, dass sie noch jeden in das Minenfeld bekommen hätten. Kameraden, die schon Minen geräumt hatten, erzählten mir, dass fast alle Ausbilder rigorose Kerle seine, die rücksichtslos vorgingen und vor nichts zurückschreckten. Den Kriegsgefangenen würde so lange vor die Füße geschossen, bis sie vor Angst in das Feld gingen. Manchen würde in die Füße geschossen, einige wären erschossen worden. Die offizielle Todesursache lautete immer: " Auf der Flucht verletzt" oder "Auf der Flucht erschossen". Meine Trotzreaktion bereute ich hinterher bitter, denn nun wurde ich mindestens dreimal pro Nacht in unregelmäßigen Zeiten kontrolliert. Die Franzosen hielten mich für einen Wortführer innerhalb der Unterkunft und richteten deshalb ein besonderes Augenmerk auf mich.

Quelle: Rüdiger Overmans, Soldaten hinter Stacheldraht. Deutsche Kriegsgefangene des Zweiten Weltkriegs, Berlin München 2000, S. 213-219.

Während die deutsche Kapitulation die Anzahl deutscher Kriegsgefangener schlagartig ansteigen ließ, befreite sie im Gegenzug die alliierten Soldaten in deutscher Gefangenschaft. Vor allem den gefangenen Sowjetsoldaten brachte dies aber keine wirkliche Freiheit, weil Stalin in Jalta die Alliierten auf die Heimführung (Repatriierung) sowjetischer Staatsbürger verpflichtet hatte. Die meisten hatten das Kriegsende allerdings gar nicht erlebt. Von den Deutschen als slawische "Untermenschen" betrachtet, waren sie ermordet worden, verhungert oder an den unmenschlichen Bedingungen in den Lagern zugrunde gegangen – mithin das größte deutsche Verbrechen des Krieges nach dem Mord an den Juden. Von insgesamt fünf Millionen konnten deshalb nur noch 1,8 Millionen auf Rückführung in die Heimat hoffen. Ein Großteil von ihnen wehrte sich verzweifelt dagegen, nicht wenige begingen Selbstmord. Trotz wachsender Skrupel sahen sich die Westalliierten durch das Jalta- Abkommen dazu gezwungen, die Rückführung aus ihrem Machtbereich auch gewaltsam durchzusetzen. Für die ehemaligen Kriegsgefangenen begann nun in der Heimat ein neues Martyrium. Weil sie nicht Stalins Heldenbild entsprachen, vielmehr als "Vaterlandsverräter" und "Kollaborateure" galten, wurden Tausende hingerichtet. Ein großer Teil verschwand für lange Zeit in Arbeitslagern. Glücklich konnte sich schätzen, wer lediglich Misstrauen und Benachteiligung durch Staat und Gesellschaft erfuhr.

Noch verzweifelter sahen bei Kriegsende die wirklichen Kollaborateure im zivilen und militärischen Bereich ihrem Schicksal entgegen. Etwa eine Million Sowjetbürger hatten in Wehrmacht, SS und deutscher Polizei entweder als einzelne "Hilfswillige" oder in Freiwilligen-Formationen gedient, viele aus Antikommunismus, teilweise aus Antisemitismus, andere einfach nur um zu überleben. Die größte Gruppe umfasste zuletzt 125.000 Soldaten in der "Russischen Befreiungsarmee" unter ihrem Oberbefehlshaber Andrej Wlassow, einem früheren Sowjet-General. Soweit sie nicht bereits der Roten Armee in die Hände gefallen waren, wurden die meisten Kollaborateure bei Kriegsende an die Sowjetunion ausgeliefert, wo sie das Schlimmste erwartete: das Führungspersonal – so auch Wlassow und seine Kommandeure – meist ein kurzer Prozess und die Hinrichtung, alle anderen lange Haft im Arbeitslager. Unter besonders dramatischen Umständen gingen die Kosaken-Verbände der Wehrmacht zugrunde, die am schmutzigen Partisanenkrieg in Jugoslawien beteiligt gewesen waren. Bei Kriegsende wichen sie mit ihrem großen zivil-familiären Anhang, insgesamt etwa 35.000 Menschen, nach Osttirol und Kärnten zurück. Die britische Armee dort wog sie zunächst in Sicherheit, lieferte sie dann aber Ende Mai/Anfang Juni 1945 rücksichtslos der sowjetischen Seite aus. Ihr absehbares Schicksal vor Augen, begingen Hunderte Kosaken an Ort und Stelle Selbstmord.

Die sowjetischen Kriegsgefangenen wie auch die ehemaligen "fremdvölkischen" Angehörigen von Wehrmacht und SS waren aber nur Teil einer noch größeren Gruppe von Menschen, welche die westlichen Siegermächte als Displaced Persons (DPs) bezeichneten. Zu diesen rechneten sie alle Zivilpersonen, die sich infolge des Krieges nun außerhalb ihrer Heimatländer befanden und ohne Hilfe nicht mehr dorthin zurückkehren konnten.

Während des Krieges verschleppte und nun heimatlose Juden in einem UNRRA-Lager für sogenannte "Displaced Persons" in Berlin-Tempelhof im September 1946. (© akg-images)

Insgesamt handelte es sich um etwa 11 Millionen Menschen, hauptsächlich ehemalige Zwangsarbeiter aus fast allen Teilen Europas, daneben auch freiwillige zivile Arbeitskräfte, KZ-Häftlinge und die Kriegsgefangenen. Hinzu kam schließlich jenes große Heer von ausländischen deutschen Hilfstruppen und von Soldaten ehemals verbündeter Streitkräfte, die es zuletzt auf das Reichsgebiet verschlagen hatte. Zwei Drittel von ihnen befanden sich auf dem Gebiet der westlichen Besatzungszonen Deutschlands, wo sie im Unterschied zur Sowjetzone als DPs anerkannt waren. Besonders hilfebedürftig waren die jüdischen Überlebenden des Holocaust, allein in den Westzonen etwa 50-75.000 Menschen.

Karte: Lager für Displaced Persons (DPs) in Deutschland unter der Verwaltung der UNRRA (United Nations Relief and Rehabilitation Administration), Mai 1946. (© Archiv des International Tracing Service)

Die DPs stellten für die Besatzungsmächte nicht nur ein erhebliches logistisches, sondern auch ein Problem für die innere Sicherheit in Deutschland dar. Neben der Versorgung und Repatriierung der DPs ging es daher immer auch um ihre Kontrolle. Zu diesem Zweck richteten die westlichen Siegermächte mehrere hundert Lager für DPs ein, die sie mit Unterstützung der UNRRA (United Nations Relief and Rehabilitation Administration) betrieben. Bis Ende 1945 waren die meisten DPs repatriiert, vorrangig und zwangsweise die Sowjetbürger als mit Abstand stärkste Nationalität. Dagegen kam die Heimführung der polnischen DPs – mit über 900.000 Menschen nach den Franzosen die drittstärkste Gruppe – Ende 1946 zum Erliegen, nachdem bis dahin knapp die Hälfte repatriiert worden war – aus der SBZ zwangsweise. Die kommunistische Machtübernahme in Polen machte die Heimkehr für die allermeisten nun nicht mehr erstrebenswert. Sie wurden stattdessen im westlichen Ausland oder gar in Westdeutschland sesshaft, wo bei Gründung der Bundesrepublik noch über 100.000 lebten und bald einen Rechtsstatus als "heimatlose Ausländer" erhielten.

Das Vermächtnis des Zweiten Weltkrieges: Vereinte Nationen und europäische Einigung

Das menschliche Leid, dass sie mit der Zwangsrepatriierung sowjetischer Staatsbürger erlebten, ließ die amerikanischen und britischen Verantwortlichen in Deutschland nicht gleichgültig. In der Praxis wurden deshalb die Verpflichtungen gegenüber der Sowjetunion aus dem Jalta-Abkommen immer stärker unterlaufen. Zu spät für die allermeisten Betroffenen reagierte man auch auf höchster politischer Ebene: Am 12. Februar 1946 verabschiedete die Vollversammlung der Vereinten Nationen eine Empfehlung, wonach Flüchtlinge und Displaced Persons künftig nicht mehr gegen ihren Willen in ihr Heimatland zurückgebracht werden sollten.

Mit den Vereinten Nationen wird ein positives Vermächtnis des Zweiten Weltkrieges sichtbar: das Bemühen der Staatengemeinschaft um eine globale Sicherheitsarchitektur. Ein erster Versuch in Gestalt des Völkerbundes war nach dem Ersten Weltkrieg gescheitert. Ein neuer Anlauf während des Zweiten Weltkrieges führte schließlich zum Erfolg. Sein Ursprung lag in der 1941 von Roosevelt und Churchill vereinbarten Atlantik-Charta und ihren Prinzipien für eine bessere, friedliche Weltordnung. Auf dieser Grundlage entwickelte sich aus dem Kriegsbündnis der "Vereinten Nationen" gegen Hitler und die Achsenmächte eine globale Organisation zur Sicherung des Weltfriedens, zur Einhaltung des Völkerrechts und zum Schutz der Menschenrechte. Konkret verständigten sich die alliierten Großmächte Anfang 1945 in Jalta auf die Gründung der Organisation der Vereinten Nationen (United Nations Organization; UNO), die schließlich auf der Konferenz von San Francisco besiegelt wurde. Ende Juni 1945 unterzeichneten dort die Vertreter von 51 Staaten, die auf alliierter Seite kämpften, die Externer Link: Charta der Vereinten Nationen. Das Ende des Zweiten Weltkrieges bald danach ließ die neue Organisation nicht überflüssig werden – im Gegenteil. Die Entzweiung der ehemaligen Anti-Hitler-Koalition, die Konfrontation beider Lager im ausbrechenden Kalten Krieg, aber auch der vom Weltkrieg angestoßene Prozess der Auflösung der Kolonialreiche machten deutlich, dass die Welt nicht friedlicher geworden war. Die Vereinten Nationen bewiesen ihre Notwendigkeit nun unter neuen Vorzeichen.

Ein noch stärkerer politischer Wille zu internationaler Sicherheit und friedlichem Zusammenleben entstand in Europa, wo beide Weltkriege ihren Ausgang genommen und gewütet hatten. Alte paneuropäische Bestrebungen, die nach dem Ersten Weltkrieg aufgekommen, aber unter den politischen Bedingungen der 1920er-Jahre gescheitert waren, lebten nun wieder auf. Als Alternative zum System europäischer Nationalstaaten, von dem in der Vergangenheit so viel Unfrieden ausgegangen war, erhielt die Vision von einem vereinten, föderalen Europa neuen Auftrieb. Für diese Idee trat nicht zuletzt Winston Churchill ein, der 1946 öffentlich von den "United States of Europe" nach amerikanischem Vorbild sprach.

QuellentextDer "Eiserne Vorhang" in Europa - Ausschnitt aus der Rede Winston Churchills vom 5. März 1946 in Fulton/Missouri (USA)

"From Stettin in the Baltic to Trieste in the Adriatic an Iron Curtain has descended across the Continent. Behind that line lie all the capitals of the ancient states of Central and Eastern Europe. Warsaw, Berlin, Prague, Vienna, Budapest, Belgrade, Bucharest and Sofia; all these famous cities and the populations around them lie in what I must call the Soviet sphere, and all are subject, in one form or another, not only to Soviet influence but to a very high and in some cases increasing measure of control from Moscow."

"Von Stettin an der Ostsee bis Triest an der Adria hat sich ein Eiserner Vorhang auf den Kontinent herabgesenkt. Dahinter liegen all die Hauptstädte der alten Staaten Mittel- und Osteuropas. Warschau, Berlin, Prag, Wien, Budapest, Belgrad, Bukarest und Sofia – all diese berühmten Städte und die Völker dort liegen, wie ich es nennen will, im sowjetischen Machtbereich, und alle sind auf die eine oder andere Weise nicht einfach nur sowjetischem Einfluss unterworfen, sondern in einem sehr hohen und in einigen Fällen zunehmendem Maß der Lenkung durch Moskau."

Quelle: Winston Churchill, The Sinews of Peace, abgedruckt bei Mark A. Kishlansky (Hrsg.), Sources of World History, New York 1995, S. 298-302. (Übersetzung Thomas Vogel).

Die auch auf seine Initiative zurückgehende "Europäische Bewegung" verhalf der Idee bald zum politischen Durchbruch. Mit der Gründung des Europarates legten schließlich 1949 zehn westeuropäische Staaten das Fundament für die politische Einigung des Kontinents. Zwei Jahre später trat die junge Bundesrepublik Deutschland dem Europarat bei. Der seitdem fortschreitende Prozess der europäischen Integration war lange auf das freie und demokratische Westeuropa begrenzt, bis er sich nach dem Ende des Kalten Krieges ab 1989/90 auch für die Staaten in Osteuropa öffnete. Er blieb dabei dem ursprünglichen Grundgedanken einer Werte- und Sicherheitsgemeinschaft verpflichtet. Somit kann sich, ähnlich wie die UNO, auch die Europäische Union von heute als ein Kind des Zweiten Weltkrieges betrachten.

Weiterführende Literatur:

  • Wolfgang Benz (Hrsg.), Die Vertreibung der Deutschen aus dem Osten. Ursachen, Ereignisse, Folgen, Frankfurt am Main 1995.

  • Norbert Frei, Vergangenheitspolitik. Die Anfänge der Bundesrepublik und die NS-Vergangenheit, München 1996.

  • John Lewis Gaddis, Der Kalte Krieg. Eine neue Geschichte, München 2008.

  • Ulrike Goeken-Haidl, Der Weg zurück. Die Repatriierung sowjetischer Zwangsarbeiter und Kriegsgefangener während und nach dem Zweiten Weltkrieg, Essen 2007.

  • Atina Grossmann, Juden, Deutsche, Alliierte. Begegnungen im besetzten Deutschland, Göttingen 2012 (engl. Orig. 2007).

  • Klaus-Dietmar Henke, Hans Woller (Hrsg.), Politische Säuberung in Europa. Die Abrechnung mit Faschismus und Kollaboration nach dem Zweiten Weltkrieg, München 1991.

  • Wolfgang Jacobmeyer, Vom Zwangsarbeiter zum heimatlosen Ausländer. Die Displaced Persons in Westdeutschland 1945-1951, Göttingen 1985.

  • Holger Köhn, Die Lager der Lager. Displaced Persons-Lager in der amerikanischen Besatzungszone Deutschlands, Essen 2012.

  • Andreas Kossert, Kalte Heimat. Die Geschichte der deutschen Vertriebenen nach 1945, München 2009.

  • Wilfried Loth, Die Teilung der Welt. Geschichte des Kalten Krieges 1941–1955, München 2000.

  • Rolf-Dieter Müller, An der Seite der Wehrmacht. Hitlers ausländische Helfer beim "Kreuzzug gegen den Bolschewismus" 1941-1945, Berlin 2007.

  • Ders. (Hrsg.), Der Zusammenbruch des Deutsche Reiches 1945. Erster Halbband. Die Militärische Niederwerfung der Wehrmacht, München 2008 (= Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg, Bd. 10. Erster Halbband, hrsg. vom Militärgeschichtlichen Forschungsamt).

  • Ders. (Hrsg.), Der Zusammenbruch des Deutsche Reiches 1945. Zweiter Halbband. Die Folgen des Zweiten Weltkrieges, München 2008 (= Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg, Bd. 10. Zweiter Halbband, hrsg. vom Militärgeschichtlichen Forschungsamt).

  • Norman M. Naimark: Die Russen in Deutschland. Die sowjetische Besatzungszone 1945 bis 1949, Berlin 1999.

  • Klaus Neitmann, Jochen Laufer (Hrsg.): Demontagen in der Sowjetischen Besatzungszone und in Berlin 1945 bis 1948. Sachthematisches Archivinventar. Bearbeitet von Klaus Jochen Arnold, Berlin 2014.

  • Rüdiger Overmans, Deutsche militärische Verluste im Zweiten Weltkrieg, München 1999.

  • Ders., Soldaten hinter Stacheldraht. Deutsche Kriegsgefangene des Zweiten Weltkriegs, Berlin München 2000.

  • Jan Rydel, Die polnische Besatzung im Emsland 1945-1948, Osnabrück 2003.

  • Bernd Stöver: Der Kalte Krieg. Geschichte eines radikalen Zeitalters 1947–1991, München 2007.

  • Ders., Geschichte des Koreakriegs. Schlachtfeld der Supermächte und ungelöster Konflikt, München 2013.

  • Clemens Vollnhals (Hrsg.): Entnazifizierung. Politische Säuberung und Rehabilitierung in den vier Besatzungszonen 1945–1949, München 1991.

Weitere Inhalte

Oberstleutnant Dr. Thomas Vogel, geboren 1959, ist Projektbereichsleiter am Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr (ZMSBw), vormals Militärgeschichtliches Forschungsamt (MGFA), in Potsdam. Sein Interesse gilt schon länger der Militäropposition im ‚Dritten Reich‘ und dem Widerstand von Soldaten gegen den Nationalsozialismus. Seit einigen Jahren befasst er sich intensiver mit verschiedenen Aspekten der Kriegführung im Zeitalter der Weltkriege, jüngst vor allem mit der Koalitionskriegführung. Er hat u. a. veröffentlicht: "Aufstand des Gewissens. Militärischer Widerstand gegen Hitler und das NS-Regime, 5. Aufl., Hamburg u.a. 2000 (Hrsg. und Autor); Wilm Hosenfeld: "Ich versuche jeden zu retten." Das Leben eines deutschen Offiziers in Briefen und Tagebüchern, München 2004 (Hrsg. und Autor); Tobruk 1941: Rommel’s Failure and Hitler’s Success on the Strategic Sidelines of the ‚Third Reich‘, in: Tobruk in the Second World War. Struggle and Remembrance, hrsg. v. G. Jasiński und J. Zuziak, Warschau 2012, S. 143-160; "Ein Obstmesser zum Holzhacken." Die Schlacht um Stalingrad und das Scheitern der deutschen Verbündeten an Don und Wolga 1942/43, in: Stalingrad. Eine Ausstellung des Militärhistorischen Museums der Bundeswehr, hrsg. v. G. Piecken, M. Rogg, J. Wehner, Dresden 2012, S. 128-141; A War Coalition Fails in Coalition Warfare: The Axis Powers and Operation Herkules in the Spring of 1942, in: Coalition Warfare: An Anthology of Scholarly Presentations at the Conference on Coalition Warfare at the Royal Danish Defence College, 2011, hrsg. v. N. B. Poulsen, K. H. Galster, S. Nørby, Newcastle upon Tyne 2013, S. 160-176; Der Erste Weltkrieg 1914-1918. Der deutsche Aufmarsch in ein kriegerisches Jahrhundert, München 2014 (Co-Hrsg. und Autor).