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Nie wieder ist jetzt! | Das gesamte Bild - Israel | bpb.de

Debatte Das gesamte Bild - Israel

Nie wieder ist jetzt!

Tom Franz

/ 3 Minuten zu lesen

Nie wieder ist jetzt! Das ging mir bei dieser Bild-Collage aus Israel durch den Kopf. Das Bild zeigt, wie sich das anfühlt, es war das brutalste Massaker an Juden seit der Shoah. Erst nach dem 7. Oktober habe ich erfahren, was sie wirklich bedeutet. Ich bin jüdischer geworden, weil ich als Jude in Israel eine neue (kleine) Shoah erlebt habe und die Angst gespürt habe, dass Israel diesen Krieg verlieren könnte. (© Aufstand im Warschauer Ghetto - picture alliance / akg-images | akg-images (oben) Sreenshot aus einem Video der entführten Shiri Bibs und ihrer Kinder (unten))

„Ich habe in den 20 Jahren, die ich in Israel lebe, keine Existenzangst gespürt, sie schien mir historisch. Erst nach dem 7. Oktober habe ich erfahren, was sie wirklich bedeutet.“

Bis zum 7. Oktober habe ich geschwiegen. Ich bin kulinarischer Botschafter - kein politischer. Ich habe nichts davon zu polarisieren, zu provozieren, mich zitieren zu lassen.

Ich bin (auch) nach Israel gegangen, weil die Generation meiner Großeltern für die Shoah verantwortlich ist, und weil meine Großeltern nichts unternommen haben, worauf ich stolz sein könnte. Wenn ich in Israel vor Schulklassen und Gemeinden Vorträge halte, zeige ich ein Foto von meinem Großvater in Soldatenuniform mit Hakenkreuz und seine Medaillen. Dann erzähle ich, dass meine Kinder in einer Tora-Schule lernen und frage in die Gruppe hinein, ob sich jemand von ihnen vorstellen könne, dass der Urenkel eines Nazis Kippa, Schläfenlocken und Schaufäden trägt.

Seit dem 7. Oktober fühle ich mich immer weniger als Enkel des Shoah-Deutschlands. Israel hat einen Vorgeschmack dessen bekommen, was alle die mit uns vorhaben, die uns hassen. Wenn wir nicht wachsam sind, wollen sie Israel in einem „heiligen Krieg“ von der Landkarte wischen. Krieg ist immer schlimm, aber erst recht, wenn das Töten zum folternden Schlachten, zum grölenden Vergewaltigen und zum „Gewaltporno“ im Internet wird. Seit dem 7. Oktober bin ich skeptisch geworden, ob jemals eine Zweistaatenlösung ausgehandelt werden kann.

Ich habe in den 20 Jahren, die ich in Israel lebe, keine Existenzangst gespürt, sie schien mir historisch. Erst nach dem 7. Oktober habe ich erfahren, was sie wirklich bedeutet. Ich bin jüdischer geworden, weil ich als Jude in Israel eine neue (kleine) Shoah erlebt habe und die Angst gespürt habe, dass Israel einen Krieg verlieren könnte.

Immer wieder wird Israel mangelnde Verhältnismäßigkeit vorgeworfen, weil mehr Menschen bei den Angriffen in Gaza sterben als bei dem Massaker am 7. Oktober. Das Perfide daran ist, dass dieser Vorwurf viel einfacher zu machen ist als ihn zu entkräften. Aber Verhältnismäßigkeit ist keine additive Gegenrechnung.

Legitimes Ziel, geeignetes Mittel, Erforderlichkeit und Angemessenheit müssen stets geprüft werden. Viele, die Unverhältnismäßigkeit anprangern, reduzieren ihre Verhältnismäßigkeitsprüfung auf den Opferzahlenvergleich, der bei der Angemessenheit anzusiedeln wäre. Würde man nachhaken, würde nach ihrer Meinung schon das legitime Ziel zu verneinen sein, sich selbst zu verteidigen, da Israel ein illegale Unrechtsstaat sei. Das zu sagen, trauen sich nicht alle, aber doch viele; zu viele.

Israel will keine Menschen töten, wenn es nicht muss, während die Hamas jeden toten Juden feiert, ja selbst das Töten zelebriert, wenn Gelegenheit dazu ist. Israel hätte an einem einzigen Tag zehntausende Bewohner in Gaza töten können, wenn es so skrupellos wäre, wie es mit dem Vorwurf des Genozids behauptet wird.

Israel muss verhindern, dass seine Feinde denken, dass es wieder einen 7. Oktober geben kann. Es muss wieder einen Zustand herstellen, der es möglich macht, in allen Teilen des Land angstfrei zu leben. Ein Zustand, der Israels Feinde abschreckt anzugreifen, weil die Gefahr zu groß und der Preis zu hoch wäre, weil Israel nicht überrumpelt und überrannt werden kann.

Israel liegt nicht in Europa, sondern im mittleren Osten. Nach den Maßstäben des mittleren Ostens, die man in Deutschland nur schwer nachvollziehen kann, muss Israel viel mehr Stärke zeigen als erforderlich, um auch in Zukunft von seinen Nachbarn gefürchtet zu werden. Erst der dadurch entstehende Respekt wird es Israel ermöglichen zu existieren und aus dieser Position der Stärke heraus Verhandlungen (fort) zu führen. Schwäche führt hier zu Krieg - Stärke zu Frieden. Nie wieder ist jetzt!

Fussnoten

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ist als deutscher Rechtsanwalt nach Israel ausgewandert und zum Judentum konvertiert. Als er 2013 den israelischen TV-Kochwettbewerb »MasterChef« gewann, wurde er international bekannt. Heute ist er als Starkoch und Moderator »kulinarischer Botschafter« und »Brückenbauer« zwischen Israel und Deutschland. Übers Kochen erzählt er auf Instagram als @chef_tom_franz und in seinen auf Deutsch erschienenen Kochbüchern.