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Das Licht am Ende des Tunnels | Das gesamte Bild - Israel | bpb.de

Debatte Das gesamte Bild - Israel

Das Licht am Ende des Tunnels

Anita Haviv-Horiner

/ 3 Minuten zu lesen

Auf dem Acker – freiwillige Helferinnen und Helfer unterstützen die Bauern im Süden Israels bei der Ernte. (© Sabine Frank )

bpb: Was war das Erste, was dir kurz nach dem 7. Oktober, also nach dem Terrorangriff der Hamas, durch den Kopf gegangen ist?

Anita Haviv-Horiner: Es hat Zeit gebraucht, bis wir verstanden haben, was passiert ist. Aber mir war schon relativ früh klar, dass dieses Massaker der Hamas das Schlimmste ist, was seit dem Holocaust dem jüdischen und dem israelischen Volk passiert ist. Und dass es eine Katastrophe darstellt, weil einfach viele Annahmen, auf denen unsere Existenz in Israel beruht, zutiefst erschüttert worden sind: Dass wir uns selbst verteidigen können, dass die Armee immer da ist, dass wir eine verantwortungsvolle Regierung haben. Diese Versprechen des Zionismus konnten an diesem schrecklichen 7. Oktober nicht eingehalten werden.

bpb: Wie hat sich deine Welt seitdem verändert?

Anita Haviv-Horiner: Meine Welt hat sich im Kleinen sehr verändert, weil meine Arbeit zum Stillstand gekommen ist. Meine persönlichen Pläne habe ich geändert. Ich hätte ins Ausland fahren sollen, aber ich habe beschlossen: „Jetzt bleibe ich in Israel.“ Ich bin unendlich wütend auf das Versagen dieser korrupten und rechtsextremen Regierung. Mir ist klar, was mir eigentlich auch schon vorher klar war. Dass Israel nicht ganz alleine seine Verteidigung garantieren kann. Und mir wurde bestätigt, was ich ohnehin schon immer gewusst habe, nämlich wer unsere Feinde sind. Damit meine ich die Hamas und auch die Hisbollah. Hinter beiden Terrororganisationen steht der Iran. Auch wenn ich Vieles erahnt habe, stellen die Ereignisse eine totale Erschütterung meiner Welt dar. Und das geht nicht nur mir so. Wir sind in eine Art „kollektive Depression“ verfallen. Wenn man sich unter Freunden trifft, unterhält man sich nur über das von der Hamas verbrochene Blutbad, den Krieg und die Reaktionen im Ausland. Diese Themen füllen den gesamten emotionalen Raum. Man hängt an den Nachrichten.

bpb: Das wäre nun auch genau meine Frage. Was kann man tun? Und wofür steht dieses Bild?

Anita Haviv-Horiner: Es gibt auch Lichtblicke und darauf bezieht sich das Foto.

Das Bild hat meine Kollegin Sabine Frank aufgenommen, als sie auf dem Acker gearbeitet hat. Wie so viele andere Menschen auch. Die israelische Zivilgesellschaft hat sich – im Gegensatz zu den staatlichen Behörden – innerhalb kürzester Zeit organisiert, um zu helfen. Das war auch bitter notwendig. Ungefähr 120.000 Israelis aus dem Süden und auch aus dem Norden sind evakuiert worden. Sie sind nun Flüchtlinge im eigenen Land. Es ist eine große Herausforderung, diese Menschen zu versorgen, sich um ihre Ernten zu kümmern. Sogar die Armee brauchte Hilfe. Pensionisten helfen jetzt mit, kugelsichere Westen zu produzieren. Die Protestbewegung, insbesondere die ehemaligen Offiziere, die gegen Netanjahu demonstriert haben, kümmern sich um die Familien der Geiseln.

bpb: Dafür steht das Bild?!

Anita Haviv-Horiner: Das Bild steht für das Thema Verantwortung übernehmen. Das machen die Menschen. Und sie sind dazu gezwungen, weil der Staat versagt hat. Sie engagieren sich und helfen. Zum Beispiel haben alternative Therapeuten zusammen mit Psychologen in einem Hochzeitssaal, ein Zentrum eröffnet, in dem12 Stunden am Tag Reflexzonen-Massage, Akupunktur, aber auch psychologische Beratung für die Überlebenden der Party angeboten wird. Der Ort dient den Traumatisierten gleichzeitig als Treffpunkt. Sie können dort herumspazieren und Therapien in Anspruch nehmen. Das ist ein Beispiel für die Großzügigkeit, Originalität und Kreativität der Hilfe. Diese sind typisch für die israelische Gesellschaft, das finde ich einfach großartig. Sie sind für mich das Licht am Ende des Tunnels.

Das Gespräch führe Daniel Kraft für die bpb

Fussnoten

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stammt aus Wien und lebt in Israel. Sie ist freischaffende Bildungsexpertin, Autorin und Publizistin und war Mitbegründerin der unabhängigen israelischen Agentur Israel Encounter Programs (IEP) und leitet sie seit 1995. Die Agentur ist seit vielen Jahren inhaltlicher Partner der bpb bei der Konzeption und realisierung der bpb-Studienreisen nach Israel. Ihr jüngstes Buch „In Europa nichts Neues? Israelische Blicke auf Antisemitismus heute“ ist bei der bpb erschienen:
Interner Link: https://www.bpb.de/shop/buecher/schriftenreihe/512411/in-europa-nichts-neues/