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Ernst Reuter (SPD) | Grundgesetz und Parlamentarischer Rat | bpb.de

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Ernst Reuter (SPD)

Prof. Dr. Erhard H.M. Lange

/ 3 Minuten zu lesen

Im Parlamentarischen Rat

Foto: Haus der Geschichte / Bestand Erna Wagner-Hehmke (© Foto: Haus der Geschichte / Bestand Erna Wagner-Hehmke )

Ernst Reuter wird im Sommer 1948 als Vertreter Berlins in den Parlamentarischen Rat entsandt. Wie seine weiteren vier Berliner Kollegen kann er wegen des Sonderstatus von Berlin nur beratend teilnehmen. Im Parlamentarischen Rat gehört er keinem der Ausschüsse an, beteiligt sich jedoch u.a. zu Beginn an den Beratungen des Ausschusses für Zuständigkeitsabgrenzung.

Auf Grund der kritischen Situation Berlins ist er häufig verhindert. Deutlich formuliert er im Parlamentarischen Rat den Anspruch der anwesenden Berliner, nicht nur für die Bevölkerung Berlins, sondern auch für diejenigen der Ostzone zu sprechen. Er plädiert vehement für einen zügigen, erfolgreichen Abschluss der Arbeiten am Grundgesetz. Trotz häufiger Abwesenheit genießt er bei allen hohes Ansehen. So begrüßt ihn das Plenum anlässlich der Unterzeichnung des Grundgesetzes am 23. Mai 1949 als Einzigen mit Sonderbeifall.

Biografie

Geboren am 29. Juli 1889 in Apenrade (Nordschleswig), gestorben am 29. September 1953 in Berlin, evangelisch-lutherisch, tritt 1913 aus der Kirche aus.

Ernst Reuter stammt aus einer konservativen, norddeutschen Familie. Jugendzeit in Leer, Ostfriesland. 1907-1912 Studium der Geschichte, Germanistik und Geografie in Marburg, München und Münster. Stark beeinflusst durch den ethischen Rigorismus des Marburger Neukantianers Hermann Cohen und durch den "Kathedersozialisten" Lujo Brentano. Nach dem Studium zeitweise Hauslehrer.

1912 Eintritt in die SPD, zahlreiche politische Aktivitäten, u.a. als Parteiredner, Mitarbeiter der Kirchenaustrittsbewegung und Sekretär des pazifistischen Bunds Neues Vaterland. Seit 1915 Frontsoldat, schwer verwundet, Sommer 1916 russische Gefangenschaft. Wird dort nach der Revolution zum begeisterten Anhänger der Bolschewiki. Seit Februar 1918 Vorsitzender eines internationalen "Kriegsgefangenenkomitees zur Unterstützung der russischen Revolution" in Moskau, erster Kommissar der Wolgadeutschen Republik (Saratow).

Kehrt Ende 1918 nach Deutschland zurück und nimmt am Gründungsparteitag der KPD teil. 1918-1921 einer der wichtigen KPD-Funktionäre, u.a. seit 1920 als Erster Sekretär des Bezirks Berlin-Brandenburg, seit Sommer 1921 als Generalsekretär der KPD. Wird Anfang 1922 als "Rechtsabweichler" aus der KPD ausgeschlossen. Findet 1922 über die USPD wieder zur SPD zurück, Redakteur beim Vorwärts. 1921-1926 Mitglied der Berliner Stadtverordnetenversammlung und 1926-1931 Stadtrat für Verkehr. 1931-1933 Oberbürgermeister von Magdeburg. 1932-1933 Mitglied des Deutschen Reichstags.

Nach der nationalsozialistischen "Machtergreifung" seiner Ämter enthoben, zweimal verhaftet und in das Konzentrationslager Lichtenburg bei Torgau verbracht. 1935-1946 Emigrant in Ankara, dort als Berater in Verwaltungsfragen tätig, ab Herbst 1938 Professor für Kommunalwissenschaften an der Verwaltungshochschule Ankara.

Ende 1946 Rückkehr nach Berlin und Stadtrat für Verkehr. Juni 1947 vom Berliner Stadtparlament gegen die Stimmen der SED zum Bürgermeister von Großberlin gewählt, jedoch von den Alliierten nicht bestätigt.

Tritt als charismatischer Politiker während der Berliner Blockade in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit, vehementer Verfechter einer "Politik der Stärke" und der Bildung eines selbständigen Weststaats als "Magnet" im Hinblick auf die Sowjetische Besatzungszone. Auch auf der Ministerpräsidentenkonferenz auf Jagdschloss Niederwald bei Rüdesheim vom 21.-22. Juli 1948 tritt er für eine Weststaatslösung mit eigener Verfassung ein. Seit 1948 Oberbürgermeister bzw. 1950 Regierender Bürgermeister von Berlin (West). Bemüht sich um Anerkennung Berlins als vollwertiges Land der Bundesrepublik Deutschland.

Nachlass: Landesarchiv, Berlin.

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Fussnoten