Bilderstrecke: Breitensport - Nationalsport
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Baseball oder Cricket können Massen begeistern. Doch was sind eigentlich Glíma, Dambe oder Chinlone? Ein Blick auf Breitensport und traditionelle Sportarten weltweit.
Laut einer Umfrage des Central Research Service Japan zählen fast fünfzig Prozent der Japanerinnen und Japaner Baseball zu ihrer Lieblingsportart. Damit ist Baseball nach wie vor der populärste Sport im Land der aufgehenden Sonne, noch vor Fußball und Sumo-Ringen. Die Wurzeln des Erfolgs liegen im 19. Jahrhundert, als das politische System Japans modernisiert wurde. Das Land öffnete sich gen Westen. Im Jahr 1872 führte der US-amerikanische Englischlehrer Horace Wilson Baseball an einer Highschool in Tokyo ein. Erst wurde Baseball als Schulsport praktiziert. Im 20. Jahrhundert professionalisierte sich der Sport zusehends. Heute spielen jeweils sechs Teams in zwei Profi-Ligen, der Central League und der Pacific League. Am Ende der Saison wird der Meister in der sogenannten Nihon Series (Japan Series) ermittelt, in der die besten Mannschaften aus beiden Ligen gegeneinander antreten. Das erfolgreichste und zugleich eines der ältesten Baseballteams Japans sind die Yomiuri Giants aus Tokyo, die oft mit den New York Yankees verglichen werden. Die Giants sind 22-facher Meister der Japan Series.
Brasilien
Fußball ist unzweifelhaft die beliebteste Sportart in Brasilien, wobei der Brasilianischen Fußballkonföderation (CBF) zufolge 501 Profimannschaften und gut 13.000 Amateurmannschaften offiziell registriert sind. 308 Stadien bieten Platz für insgesamt mehr als fünf Millionen Zuschauer. Das Maracanã in Rio de Janeiro ist dabei mit knapp 80.000 Sitzplätzen das größte Stadion im Land und die zweitgrößte Fußball-Arena in ganz Südamerika. 1901 traten zum ersten Mal zwei Amateurmannschaften aus São Paolo und Rio de Janeiro gegeneinander an.
Kanada
Kanada gilt als die Wiege des modernen Eishockeys. Der Sport geht auf das über 2000 Jahre alte keltische Spiel Shinty zurück, einer Art Feldhockey. Gut 1,23 Millionen Kanadierinnen und Kanadier über 15 Jahre spielen Eishockey und das bei einer Gesamteinwohnerzahl von gut 35 Millionen Menschen. Zwar ist der Sport männlich dominiert, doch die Zahl weiblicher Spielerinnen steigt kontinuierlich an. So hat sich im Zeitraum von 1990 bis 2013 die Zahl der beim kanadischen Eishockeyverband registrierten Spielerinnen auf gut 100.000 verelffacht. Die durchschnittliche Ausstattung für einen Jugendlichen kostet rund 740$ (ca. 517€), wobei die Schlittschuhe und die Schutzausrüstung die teuersten Ausrüstungsgegenstände sind.
Indien
Cricket ist der mit Abstand beliebteste Sport in Indien. Über 400 Millionen Inderinnen und Inder schauen regelmäßig bei Spielen zu. Tritt die indische Nationalmannschaft gegen die pakistanische an, kann die Zuschauerzahl schon einmal die Eine-Milliarde-Marke überschreiten. Cricket kann historisch bis ins England des 16. Jahrhunderts zurückverfolgt werden. Dort wurde es unter dem Namen "creckett" zum ersten Mal schriftlich erwähnt. Die Britische Ostinidien-Kompanie brachte den Sport im Zuge der Kolonialisierung im 18. Jahrhundert nach Indien. Cricket gewann in der heimischen Bevölkerung schnell an Popularität. 1848 wurde in Mumbai der erste indische Club gegründet, der Oriental Cricket Club. Heute gilt die indische Nationalmannschaft als eine der besten Mannschaften der Welt. 2011 gewann sie die Cricket-Weltmeisterschaft und 2016 den Asia-Cup.
Schweden
In Schweden sind gut 3,4 Millionen Menschen Mitglieder in Sportvereinen, wobei sich zwei Millionen davon regelmäßig sportlich betätigen. Bei einer Gesamteinwohnerzahl von 9,5 Millionen macht dies Schweden zu einem der sportlichsten Länder der Welt. Die beliebteste Sportart ist Fußball, dicht gefolgt vom Reitsport mit seinen über neunhundert Reitvereinen – in der Nationenwertung des olympischen Reitsports liegt Schweden mit 17 Goldmedallien hinter Deutschland. Hinter dem Reitsport reiht sich auf der Beliebtheitsskala Eishockey ein. Ein weiterer Sport genießt große Popularität in dem skandinavischen Land: Bandy ist ein Vorläufer des Eishockeys und hat einen Kultstatus. Der Sport kombiniert Regeln aus Eis- und Feldhockey sowie Fußball. Schweden besitzt eine eigene Bandy-Profiliga, die Elitserien, und trägt jährlich den Bandy World Cup aus, das bedeutendste internationale Profiturnier.
Nationalsportarten:
Island
Glíma ist eine isländische Form des Ringens, die auch in anderen skandinavischen Ländern praktiziert wird. Die Kämpfer stehen beim Glíma aufrecht dicht beieinander und schauen sich über die Schultern. Direkter Blickkontakt ist verboten. Während des Kampfes halten sich die Kämpfer an Riemen an der Hüfte des Gegners fest und tänzeln eng umeinander herum. So ergeben sich für die Kontrahenten gleichmäßige Angriffsmöglichkeiten. Die Ringer müssen sich gegenseitig mit einer der ca. fünfzig verschiedenen Grifftechniken geschickt zu Boden befördern. Liegt einer auf dem Boden, ist es nicht erlaubt, auf ihn draufzufallen. Zentraler Bestandteil des Glíma ist der Ehrenkodex Drängskap. Er verpflichtet die Kämpfer zu gegenseitigem Respekt und Fairness. Die schnelle, "blitzartige" Durchführung der Angriffe gibt dieser Sportart wahrscheinlich ihren Namen Glíma, altnordisch für Blitz. Der Sport wird erstmals im 9. Jahrhundert in einem Wikinger-Gedicht erwähnt.
Myanmar
Chinlone kombiniert Tanz- und Ballsport und wird mit Musik untermalt. Ein Team besteht aus sechs Spielerinnen und Spielern, Männer und Frauen spielen häufig gemeinsam. Das Team bewegt sich im Kreis und jongliert mit dem Fuß kunstfertig einen Rattan-Ball. In der Mitte des Kreises vollführt ein Spieler artistische Tricks und bekommt den Ball immer wieder von den Mitspielern zugespielt. Das Spiel ist beendet, wenn der Ball den Boden berührt. Die Besonderheit des Chinlone liegt darin, dass man nicht gegeneinander spielt. Bei dieser Sportart geht es darum, möglichst schön und gekonnt zu spielen. Einige Haltungen sind besonders grazil und erstrebenswert, Chinlone ähnelt darin einem klassischen Tanz. Der Sport ist über 1500 Jahre alt und wurde früher für das birmanische Königshaus gespielt. Heute spielt man Chinlone in Vereinen oder auf der Straße.
Kolumbien
Tejo ist ein kolumbianisches Geschicklichkeitsspiel. Es wird alleine oder in Teams von bis zu sechs Personen gegeneinander gespielt. Der Namensgeber des Spiels, der Tejo, ist eine diskusförmige Metallplatte, die in einen knapp 20 Meter entfernten Metallring (Bocín) geworfen werden muss. Der Bocín hat einen Durchmesser von 15 Zentimetern und liegt in der Mitte eines mit Lehm gefüllten, schräg aufgestellten Kastens. An den Rändern des Bocín sind sogenannte Mechas platziert. Das sind kleine Taschen, die mit Schwarzpulver gefüllt sind. Es gewinnt die Person oder das Team, welches die meisten Mechas durch gezielten Würfe zur Explosion bringt oder den Tejo näher am oder – bestenfalls – im Bocín platziert. Traditionell trinken die Spieler während des Spiels alkoholische Getränke wie Bier und Aguardiente, einem Schnaps aus Zuckerrohr und Anis. Tejo ist eine moderne Variante des südamerikanischen Indianerspiels Tumequé und gilt seit 2000 als offizieller Nationalsport Kolumbiens. Seine Geschichte lässt sich über fünfhundert Jahre zurückverfolgen.
Iran
Varzesh-e pahlavani sind traditionelle iranische Sportübungen, die ursprünglich der Ausbildung von Kriegern dienten. Sie kombinieren Gymnastikübungen, Kampfsport, Krafttraining und Musik. Die Sportler drehen sich um die eigene Achse, ähnlich dem Tanz der Derwische, und messen sich im traditionellen Ringkampf. Auch schwingen und jonglieren die Athleten bis zu vierzig Kilo schwere Holzkeulen oder Metallschilde. Die Übungen werden rhythmisch und spirituell durch den sogenannten Morsched begleitet, der islamische Gedichte und vorislamische Geschichten rezitiert und Musik spielt. Die Spieler trainieren in sogenannten Zurkhanehs, das sind spezielle Fitnessräume, die mit ihren Tribünen kleinen Arenen gleichen. Die Zurkhaneh-Rituale sind bis in das erste Jahrhundert vor Christus zurückzuverfolgen und zählen seit 2010 zum immateriellen Kulturerbe der UNESCO.
Nigeria
Dambe ist ein traditioneller nigerianischer Boxsport. Zwei Kämpfer stehen sich über drei Runden gegenüber. Ziel ist es, das Gegenüber durch Schläge und Tritte zu Boden zu befördern. Das wird umgangssprachlich "Töten" genannt. Eine Runde endet, wenn die Boxer sich nicht mehr bewegen, wenn einer der Kämpfer – oftmals K.O. – zu Boden geht oder wenn ein Boxer oder ein Trainer das Ende des Kampfes fordern. Beim Dambe gibt es keine offiziellen Gewichtsklassen, die Kämpfer werden ungefähr nach ihrer Statur zugeordnet. Die Boxer kämpfen mit der Schlag- und der Führand. Die Schlaghand, auch als "Speer" bezeichnet, wird dick mit Stoff und Schnüren umwickelt. Die Führhand, auch "Schild" genannt, muss dem Gegner offen entgegenstreckt werden. Mit dieser Hand dürfen sich die Boxer gegenseitig halten oder nacheinander greifen. Mit ihren Anfeuerungs- und Schmährufen sind die Zuschauer ein zentraler Bestandteil des Kampfes. Ursprünglich wurde Dambe in der Metzgergilde der Hausa praktiziert. Das ist eine westafrikanische Volksgruppe. Heute betreiben zumeist junge Männer aus den Städten diesen Sport. Darstellungen von Dambe-ähnlichen Kämpfen lassen sich schon zu hellenistischer und altägyptischer Zeit finden.
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