Im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland findet sich die für die Bundeswehr zentrale "Geschäftsgrundlage" in Artikel 87a: "Der Bund stellt Streitkräfte zur Verteidigung auf. Ihre zahlenmäßige Stärke und die Grundzüge ihrer Organisation müssen sich aus dem Haushaltsplan ergeben". Die Bundeswehr erhält den staatlichen Auftrag zur Verteidigung zugewiesen und dessen Erfüllung soll im Haushaltsplan transparent nachvollzogen werden können. Den zweiten Aspekt des Haushaltsplans wollen wir in den weiteren Überlegungen vertiefen.
Zweitgrößter Posten im Bundeshaushalt
Zur Erfüllung des verfassungsgemäßen Auftrags muss für die Bundeswehr staatliches Geld aus den allgemeinen Staatseinnahmen (Steuern, Gebühren, Beiträge, Sonderabgaben oder Verkäufe öffentlichen Eigentums) reserviert werden: Die Höhe dieser Mittel wird jährlich im Bundeshaushaltsgesetz festgelegt.
Die im Haushaltsplan politisch verhandelten finanziellen Mittel für die einzelnen Ressorts können stets auch als ein politisches Programm interpretiert werden: Die Höhe der eingestellten finanziellen Mittel macht deutlich, welche politischen Zwecke von den jeweiligen Regierungen als besonders wichtig erachtet werden. Um dies zu verdeutlichen wird in Abbildung 1
Insgesamt verursachen diese fünf Aufgabenfelder etwa 80 Prozent der Gesamtausgaben des Bundeshaushaltes im Jahr 2014.
Sinkender Anteil an den Gesamtausgaben
Von den großen Posten im Bundeshaushalt sinken – gemessen an den jeweiligen Anteilen am Gesamthaushalt – nur die Verteidigungs- und die Zinsausgaben des Bundes. Bei Letzteren profitiert die Bundesrepublik maßgeblich von den weltweit derzeit sehr niedrigen Zinsen und der hohen Reputation Deutschlands bei internationalen Anlegern und spiegelt keine politische Schwerpunktsetzung wider. Die Entwicklung der Verteidigungsausgaben sind demgegenüber politisch gewollt von ehemals deutlich über 20 Prozent des Gesamthaushaltes in den 1960er- und 1970er-Jahren auf jetzt knapp über 10 Prozent der Gesamtausgaben gesenkt worden. Auch in absoluten Zahlen gingen die Verteidigungsausgaben seit der Wiedervereinigung zunächst zurück – stiegen zuletzt aber wieder leicht an; auch im Haushaltsjahr 2015 ist ein leichter Anstieg erkennbar.
Aus dem Verlauf der Anteile am Gesamthaushalt kann eine Schlussfolgerung bereits abgeleitet werden: Die nationale Verteidigung – und damit der Verteidigungshaushalt – hat gegenüber anderen Staatsausgaben und damit auch -aufgaben in den letzten 45 Jahren an relativer Bedeutung verloren. Andere Staatsausgaben, v.a. im Bereich Soziales, erfuhren eine politische Wertsteigerung (vgl. Abbildung 1). Dies mag an dem Wegfall des Eisernen Vorhangs Anfang der 1990er-Jahre und den damit möglich erscheinenden Einsparpotentialen im Verteidigungsbereich liegen (Stichwort: "Friedensdividende"). Es kann aber auch darin begründet sein, dass die Bundeswehr in tendenziell friedlicheren Zeiten keinen fühlbaren Beitrag zu einem "guten Leben" zur Wohlfahrt in der Bundesrepublik leistet. Oder das Parlament (und damit die Bevölkerung) vermag den Wert von Sicherheit und Freiheit, den die Bundeswehr gemäß Art. 87a GG bereitzustellen hat, aufgrund dessen schierer Existenz in den letzten 70 Jahren nicht mehr adäquat einzuschätzen, weil diese Güter in der genannten Zeitspanne in Deutschland nie ernsthaft in Gefahr gerieten.
Wofür gibt die Bundeswehr Geld aus?
Ein Blick auf den Verteidigungshaushalt (oder Einzelplan 14) des Haushaltsjahres 2014 zeigt: Die Bundeswehr konnte insgesamt 32,4 Mrd. Euro im Jahre 2014 verausgaben. Was die Bundeswehr letztlich damit macht ist Sache des Verteidigungsministers bzw. der Verteidigungsministerin. Wie in den Vorjahren verteilte sich das Budget 2014 auf vier Hauptausgabengruppen: Für Betriebsausgaben wurden 19,08 Mrd. Euro veranschlagt, für Betreiberlösungen 1,58 Mrd. Euro, für verteidigungsinvestive Ausgaben waren 6,64 Mrd. Euro reserviert und für die Versorgung pensionierten Personals 5,14 Mrd. Euro.
Der Löwenanteil der ersten Ausgabenkategorie, der Betriebsausgaben, waren Lohn- und Gehaltszahlungen an die Mitarbeiter, also die Soldatinnen und Soldaten sowie die zivilen Beschäftigten der Bundeswehr (10,6 Mrd. Euro). Darüber hinaus wurden für den Materialerhalt – beispielweise die Wartung und Instandsetzung von Waffen und Fahrzeugen – 2,7 Mrd. Euro vorgesehen und für den sogenannten Sonstigen Betrieb 5,8 Mrd. Euro. Darunter fallen etwa auch die Miet- und Pachtzahlungen für die die von der Bundeswehr genutzten öffentlichen Liegenschaften in Höhe von 2,66 Mrd. Euro.
Bei der zweiten Hauptausgabengruppe, den Betreiberlösungen in Höhe von 1,58 Mrd. Euro, wurde in der Vergangenheit versucht, ausgewählte Tätigkeitsbereiche der Bundeswehr teilweise zu privatisieren, um die Ausgaben für diese Leistungen bei mindestens gleicher Qualität senken zu können. Ein Beispiel ist hier das Fuhrparkmanagement, das der Bundeswehr zentral Fahrzeuge zur Verfügung stellt.
Die dritte Kategorie umfasst die verteidigungsinvestiven Ausgaben in Höhe von 6,64 Mrd. Euro. Hierunter fallen zum Beispiel alle Rüstungsprojekte der Bundeswehr, beispielsweise das Transportflugzeug A-400M. Sie umfasst vier Teilbereiche: Wehrtechnischer Forschung, Entwicklung und Erprobung standen 0,95 Mrd. Euro zur Verfügung, für militärische Beschaffungen wurden 4,61 Mrd. Euro reserviert, für militärische Anlagen 0,94 Mrd. Euro und eine Restgröße in Höhe von 0,15 Mrd. Euro stand für "Sonstige Investitionen" zur Verfügung.
Als vierte Ausgabenkategorie sind seit 2006 die Pensionen des vor allem aus Altersgründen ausgeschiedenen Personals der Bundeswehr im Verteidigungsetat integriert. Seitdem ist diese Position von 4 Mrd. Euro auf jetzt 5,14 Mrd. Euro angestiegen (also um 28,5%), ohne dass dafür ein aktiver Soldat oder neue Ausrüstung bezahlt werden würde. Also stehen auch diese Ausgaben nicht für friedenserhaltende oder -sichernde Maßnahmen der Bundeswehr zur Verfügung. Aufgrund der weiter zunehmenden Lebenserwartung der Deutschen und der sich damit verlängernden Zeiten, in denen Pensionen bezogen werden, wird ein weiterer Anstieg der Pensionsausgaben bis 2030 erwartet. Offen ist derzeit, ob dieser Anstieg bei zukünftigen Haushaltsverhandlungen berücksichtigt wird und dafür mehr Mittel dem Verteidigungshaushalt zur Verfügung gestellt werden.
Abschließend gilt es festzuhalten, dass die Bundeswehr von den 32,4 Mrd. Euro im Haushaltsjahr 2014 allein 2,66 Mrd. Euro an Mieten und 5,14 Mrd. Euro an Pensionsleistungen aus dem Verteidigungsetat finanzieren musste: Dies impliziert, dass ihr für Verteidigungszwecke letztlich nur 24,6 Mrd. Euro zur Verfügung standen.
Wie entwickeln sich die Ausgaben der Bundeswehr?
Abbildung 2: Verteilung des Verteidigungsbudgets auf verschiedene Zwecke, abgetragen in prozentualen Anteilen des jeweiligen Haushaltsjahres. Quelle: BMF (© Stefan Bayer)
Abbildung 2: Verteilung des Verteidigungsbudgets auf verschiedene Zwecke, abgetragen in prozentualen Anteilen des jeweiligen Haushaltsjahres. Quelle: BMF (© Stefan Bayer)
An der ressortinternen Verteilung der jeweiligen Verteidigungsbudgets seit Wiederaufstellung der Bundeswehr im Jahr 1955 (vgl. Abbildung 2) kann man im Zeitverlauf den Wandel weg von verteidigungsinvestiven Ausgaben (in blau gekennzeichnet) hin zu den Betriebsausgaben und dabei insbesondere hin zu den Personalausgaben erkennen.
Dadurch ergibt sich ein Risiko bei der Bewältigung neuer Aufgaben und Risiken, die mit vorhandenem Material gar nicht oder nicht so effektiv bewältigt werden können wie eigentlich möglich oder gar notwendig. Eventuell müssen auch teure Umrüstungsmaßnahmen vorgenommen werden, die zusätzliche Ausgaben nach sich ziehen und vor allem viel Zeit in Anspruch nehmen. Zudem muss darauf hingewiesen werden, dass trotz der Einführung von teilprivatisierten Betreiberlösungen zu Beginn dieses Millenniums keine deutliche Trendumkehr bei den Personalausgaben erkennbar wird. Möglicherweise kann dieser mangelnde "Sparerfolg" auch als eine Ursache interpretiert werden, die bisherigen Betreiberlösungen wieder in die Bundeswehr zurückzuführen (z.B. die zuvor teilprivatisierte Heeres-Instandsetzung und Logistik)
Weniger Personal, steigende Kosten
Ein differenzierterer Blick auf die Personalausgaben zeigt: Im Vergleich zum Jahre 1989 hat sich der Personalbestand im Jahr 2014 bei den Soldatinnen und Soldaten deutlich mehr als halbiert, bei den zivilen Stellen ist ein etwa 40-prozentiger Rückgang feststellbar. Trotzdem sind in beiden Kategorien die Personalausgaben im Vergleich zu 1989 um etwa 10 Prozent angestiegen, was sich nicht allein mit der seither stattgefundenen Inflation erklären lässt. Vielmehr – und hier sei exemplarisch auf die Soldatinnen und Soldaten abgestellt – lässt sich aus den Personalübersichten, die jedem Haushaltsplan beiliegen, eine Verschiebung der Besoldungsstruktur in den jeweiligen Dienstgradgruppen hin zu den höher dotierten Dienstposten bis hinauf zu den jeweiligen Endämtern beobachten. Konkret stehen (a) einer steigenden Zahl an Offizieren immer weniger Unteroffiziere gegenüber und (b) wächst die Zahl an Offizieren in höheren und damit besser bezahlten Dienstgraden. Dies mag sowohl aus Attraktivitätssicht als auch aus internationalen Erfordernissen heraus nötig sein – aus haushalterischer Sicht erklärt es jedoch (neben dem massiven Wegfall der relativ kostengünstigen Grundwehrdienstleistenden und der bislang noch beschäftigten freiwillig länger Dienenden) den beschriebenen Personalausgabenanstieg.
Auch die von der amtierenden Bundesverteidigungsministerin Dr. Ursula von der Leyen und ihren Vorgängern mehrfach angekündigte Reduzierung der Stellen im Bereich des Verteidigungsministeriums wird im Haushaltsjahr 2014 noch nicht angegangen – die oben angesprochene Personalübersicht sieht für 2014 in etwa die gleichen Stellenzahlen wie in 2012 vor.
Fazit
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass der Verteidigungshaushalt der zweitgrößte Einzelplan auch im Haushaltsjahr 2015 ist. Trotz dieses doch recht hohen finanziellen Gewichts stellen sich für eine weiterhin erfolgreiche und an aktuellen Herausforderungen ausgerichtete Verteidigungspolitik einige Grundsatzfragen, die zukünftige Lösungen verlangen. Zu nennen wären hier etwa exemplarisch Diskussionen um das tatsächlich zur Verfügung stehende Verteidigungsbudget, Fragen bezüglich der relativ geringen Mittel zur Modernisierung und Erweiterung des Bestandes an Großgeräten oder Fragen bezüglich der benötigten Personalstärke in der Bundesehr. Inwieweit sich hier eine aufgabenbezogene Politik gegenüber einer eher ausgabenzentrierten Politik durchsetzen wird bleibt abzuwarten – die damit verbundenen politischen Schwerpunktsetzungen haben aber erhebliche Auswirkungen auf die Neuausrichtung der Bundeswehr.