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Dokument 3.1: Flugblatt, geschrieben von Wladimir Hoffmann, in dem zur Ausreise in die Bundesrepublik aufgerufen wird, 1957 | Russlanddeutsche | bpb.de

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Dokument 3.1: Flugblatt, geschrieben von Wladimir Hoffmann, in dem zur Ausreise in die Bundesrepublik aufgerufen wird, 1957

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Text des Flugblattes

Herrschaften, deutsche Staatsbürger! Kämpfen sie für die schnellstmögliche Verwirklichung der edlen Mission der Repatriierung! Fordern Sie von der sowjetischen Regierung eine befriedigende Antwort! Es lebe das vereinigte Deutschland!

[Wladimir Hoffmann,
Woroschilowskoje, Gebiet Archangelsk,
April 1957]

Fussnoten

Fußnoten

  1. Über Wladimir Hoffmann (1936) ist wenig bekannt. Alle Angaben stützen sich auf spärliche Angaben aus einem Aufsichtsverfahren der Staatsanwaltschaft der RSFSR, siehe unten. Er wurde im Gebiet Dnepropetrowsk in der Ukraine geboren und befand sich im Krieg bis 1945 in Deutschland. Dem Vater ist es gelungen, im Westen zu bleiben, aber W. Hoffmann mit seiner Mutter und anderen Familienmitgliedern wurde in die Sowjetunion zurückgeführt und im Gebiet Archangelsk, im Nordwestrussland, in der Nähe des Polarkreises unter Kommandanturaufsicht gestellt. Die deutschen Sondersiedler waren im Einsatz am Archangelsker Zellstoff- und Papierkombinat. Hoffmann durfte nach dem Abschluss der Siebenjahres-Schule 1952 nicht weiter wie er wünschte, an einem Technikum studieren und musste einen Arbeiterberuf (Elektromonteur) erlernen.
    1956 erfuhr er aus der Presse über Repatriierungsverhandlungen mit der BRD und besuchte im August d.J. die deutsche Botschaft in Moskau. Dort nahm er leere Fragebogen mit und verteilte sie unter den Deutschen in der Arbeitssiedlung Woroschilowskoje (heute Stadt Nowodwinsk, 30 km vom Gebietszentrum Archangelsk entfernt) und hat dann diese ausgefüllt bei seinem nächsten Besuch der diplomatischen Vertretung abgegeben. Nachdem er und seine Gleichgesinnten sich mit der Erklärung des Vorsitzenden des Exekutivkomitees der Verbände des Roten Kreuzes der UdSSR, Prof. Georgi Miterew, in der Zeitung "Prawda" vom 21. Februar 1957 bekanntgemacht haben, entstand der Entschluss, eine Widerlegung darauf vorzubereiten. Diesen kollektiven Protestbrief haben die in einer Baracke versammelten Deutschen im Namen eines sog. Vereins "Stimme der Nation" verfasst und Hoffmann zum Sprecher dieser lockeren Vereinigung bestimmt. Im März d.J., bei einer weiteren Reise nach Moskau wurde eine Kopie des Protestschreibens einem Botschaftsmitarbeiter überreicht.
    Auch auf einen offenen Brief der deutschen Kolchosbauern aus der Region Altai, der in der Zeitung "Sowetskaja Rossija" (Sowjetrussland) am 12. März 1957 erschien, hat er mit einer schriftlichen Erklärung reagiert. Und, schließlich, im Monat April fertigte er zusammen mit anderen Deutschen zehn Flugblätter gleichen Inhalts (siehe den Text) und heftete sie in seiner Ortschaft an sichtbaren Stellen an. In den Sommermonaten sollten weitere Flugblätteraktionen folgen.
    Darauf wurde er am 15. August 1957 verhaftet – die Ermittlungen übernahm der KGB – und am 11. Dezember d.J. vom Archangelsker Gebietsgericht wegen antisowjetischer und subversiver Tätigkeit zu sechs Jahren Lagerhaft verurteilt. Seine Klagen und Bittschriften an den Ersten Sekretär des ZK der KPdSU, Nikita Chruschtschow und an den Generalstaatsanwalt der UdSSR in den Jahren 1958–1961 um Begnadigung oder Fristverkürzung blieben vergeblich.
    Hoffmann sollte noch um 2010 in München gelebt haben.

    Zu der Repatriierungsproblematik in der zweiten Hälfte der 1950er Jahre vgl. u.a.:
    Boris Meissner: Die zweiten deutsch-sowjetischen Verhandlungen in Moskau 1957/58, in: Peter Weilemann, Hans Jürgen Küsters und Günter Buchstab (Hrsg.): Macht und Zeitkritik. Festschrift für Hans-Peter Schwarz zum 65. Geburtstag. Paderborn etc. 1999, S. 255-268, Online: Externer Link: http://digi20.digitale-sammlungen.de/de/fs1/object/display/bsb00045535_00270.html?prox=true&phone=true&context=Macht+und+zeitkritik&ngram=true&hl=scan&mode=simple&fulltext=Macht+und+zeitkritik

    Erklärung des Vorsitzenden des Exekutivkomitees der Verbände des Roten Kreuzes und des Roten Halbmondes der UdSSR, Prof. Georgi Miterew, der diese einem Korrespondenten der sowjetischen Nachrichtenagentur TASS überreichte. Hier behauptete Miterew, dass sich nach der Repatriierung von 9.626 verurteilten Kriegsgefangenen und Reichsdeutschen im September 1955, in der Sowjetunion so gut wie keine deutsche Staatsbürger mehr befinden (russisch): Interner Link: Dok_3.1_01_Prawda_21.02_1957_Nr.52_Miterew_nemcy_v_SSSR.pdf

    Brief der Kolchosbauern aus Altai "Zu einer Anmaßung des Herrn Adenauer" erschien übersetzt in dem damals einzigen Blatt für die deutsche Sowjetbürger:
    Arbeit (Barnaul), Nr. 22 vom 16. März 1957, S. 4, Online: Externer Link: http://irbis.akunb.altlib.ru/cgi/irbis64r_12/cgiirbis_64.exe?%20LNG=&C21COM=2&I21DBN=ELIB&P21DBN=ELIB&Z21ID=&Image_file_name=D:%2Fpm%2Fpm000041%2F1957022.pdf
    Oder als pdf: Interner Link: Dok_3.1_02_Arbeit_1957_03_16_Nr.22_Brief_der_Altai_Deutschen.pdf

  2. Text des Flugblattes entnommen aus dem Beschluss "Kassationsverfahren in der Strafsache von Wladimir Hofmann, durchgeführt von der Staatsanwaltschaft der RSFSR, Abteilung für Aufsicht über Ermittlungen in den Organen der Staatssicherheit", 12. Juni 1958, in:
    Gosudarstvennyj Archiv Rossijskoj Federacii (GARF – Staatsarchiv der Russländischen Föderation), f. 8131, op. 31, d. 8275, ll. 8-12, hier l. 10.