Die brasilianische Regierung betreibt keine aktive Einwanderungspolitik, wenngleich Hochqualifizierten nach Prüfung durch den Nationalen Einwanderungsrat die Einreise nach Brasilien erleichtert wird. Je höher der Schul- bzw. Universitätsabschluss, desto häufiger wird eine Arbeits- bzw. Aufenthaltserlaubnis vergeben, wie Zahlen des brasilianischen Ministeriums für Arbeit und Beschäftigung für die Jahre 2004 bis 2007 zeigen.
Die in den letzten Jahren vom nationalen Immigrationsrat angestrebte Zuwanderungspolitik erleichtert Migration mit den folgenden Schwerpunkten: Moderne Technologie, Anlage ausländischen Kapitals, Entwicklung von Wissenschaft und Kultur sowie Familienzusammenführung.
Die aktuelle Zuwanderungspolitik orientiert sich am Gesetz Nr. 6.815 vom 19. August 1980. Schon seit seinem Inkrafttreten ist das Ausländergesetz, das aus der Zeit der Militärdiktatur stammt, umstritten. Besondere Kritik wird geübt an dem Widerspruch zwischen der Absicht des Gesetzes, in erster Linie der nationalen Sicherheit zu dienen und dadurch Einwanderung zu erschweren, und der gültigen Verfassung aus dem Jahr 1988, die die Würde der Menschen und ihre fundamentalen Rechte in den Vordergrund stellt. Die Verfassung hebt zahlreiche Artikel des Ausländergesetzes auf.
Durch das Gesetz von 1980 wurde auch der Nationale Immigrationsrat (Conselho Nacional de Imigração, CNIg) als Regierungsorgan geschaffen. Er ist für die Gestaltung der Zuwanderungspolitik und für die Ansiedlung von Ausländern zuständig. Der Immigrationsrat wird durch das Arbeitsministerium gesteuert, setzt sich aus Mitgliedern vieler anderer Ministerien, Gewerkschaften und Verbände zusammen und nimmt durch die Vergabe von sieben Visatypen und mit Hilfe von aktuell 79 Resolutionen aktiv Einfluss auf das Migrationsgeschehen.
Gegenwärtig wird diskutiert, ob die Gültigkeit des restriktiven Ausländergesetzes mit dafür verantwortlich ist, dass die erhoffte stärkere Zuwanderung qualifizierter und unternehmerischer Migranten ausbleibt. Zahlreiche Versuche, eine neue Ausländergesetzgebung auf den Weg zu bringen – wie der Gesetzesvorschlag Nr. 1.813/19, der 1991 von der Exekutive in den Nationalkongress (Congresso Nacional) eingebracht wurde – scheiterten an komplizierten bürokratischen Verfahren und Unstimmigkeiten in der Abgeordnetenkammer (Câmara dos Deputados).
Regionale Migration
Zur bisher größten regionalen Auswanderung aus Brasilien kam es in den 1960er Jahren, als die paraguayische Regierung Brasilianer für den Landbesitz anwarb. Zwischen 112.000 und eine Million Brasilianer sind bis heute als "Brasiguaios" in Paraguay geblieben. Ihre Zahl ist schwer zu schätzen, da viele von ihnen illegal in den Grenzgebieten leben.
Heute wird die interregionale Migration in Brasilien zahlenmäßig vor allem durch die Freihandelszone Mercosur (Mercado Común del Sur) bestimmt. Der Mercosur konstituierte sich durch Unterzeichnung des Vertrages von Asunción vom 26. März 1991 durch die Mitgliedstaaten Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay.
Die Folgen für die Mobilität von Arbeitskräften fanden in den Verhandlungen über den freien Verkehr von Gütern, Dienstleistungen und Produktionsfaktoren in der Freihandelszone zunächst kaum Beachtung. Eine Reihe von Maßnahmen, wie das Abkommen zur Bewegungs- und Niederlassungsfreiheit von 2002, haben inzwischen jedoch die Situation der "Mercosur-Migranten" verbessert. Das Abkommen wurde auch von Chile und Bolivien unterzeichnet. Es orientiert sich am Schengen-Abkommen der EU und garantiert Mercosur-Bürgern, gebürtigen Chilenen und Bolivianern die automatische Visavergabe und die freie Wohnort- und Arbeitsplatzwahl.
Die Migrationsbewegungen zwischen Argentinien und Brasilien sind relativ stark: Die Gesamtzahl liegt bei 30.000 Argentiniern und 35.000 Brasilianern im jeweils anderen Land, dazu kommen einige Zehntausend Pendler und irreguläre Migranten. Aus den übrigen südamerikanischen Ländern wie Bolivien, Peru, Chile und Paraguay wandern Migranten überwiegend in Metropolregionen wie São Paulo ein. Laut "Sozialpanorama für Lateinamerika 2007" nimmt die interregionale Migration in Lateinamerika weiterhin zu.