Uganda gilt als Land mit einer der fortschrittlichsten Flüchtlingspolitiken der Welt. Es hat nicht nur mehr
Während Uganda von der internationalen Gemeinschaft oft als "das flüchtlingsfreundlichste Land" gelobt wird, muss die Nachhaltigkeit seines flüchtlingspolitischen Ansatzes sorgfältig geprüft werden. Jüngste Studien belegen, dass Ugandas Kapazität, Flüchtlinge aufzunehmen, aufgrund des kontinuierlichen Zustroms von Flüchtlingen in das Land an seine Grenzen gerät.
Ugandas Ansatz zum Schutz von Flüchtlingen
Seit den frühen 1960er Jahren verfolgt die ugandische Regierung eine großzügige Politik gegenüber den Flüchtlingen, die das Land aufnimmt. Als Menschen vor den Konflikten während der afrikanischen Unabhängigkeitskriege, der Stellvertreterkonflikte des Kalten Krieges und der ethnischen Gewalt im Gebiet der Großen Seen und am Horn von Afrika flohen, förderte Uganda ihre Ansiedlung in unterbevölkerten Gebieten des Landes. Da die Zahl der Flüchtlinge relativ gering war, stand ausreichend Ackerland zur Verfügung, um die Schutzsuchenden aufzunehmen und nachhaltige Möglichkeiten der Existenzsicherung zu schaffen.
Uganda hat die wichtigsten internationalen Rechtsinstrumente zum Schutz von Flüchtlingen unterzeichnet, darunter die
Ugandas Richtlinien, die vom Flüchtlingsressort des Amtes des Premierministers (Refugee Department of the Office of the Prime Minister) erlassen werden, haben das Ziel der Selbständigkeit in den Mittelpunkt der Flüchtlingspolitik des Landes gerückt. Diese Idee ist klar in Ugandas bekannter Selbstversorgungsstrategie (Self-Reliance Strategy, SRS) verankert, die 1999 eingeführt wurde. Im Rahmen dieser Strategie genießen Flüchtlinge in Uganda das Recht auf Arbeit und Freizügigkeit innerhalb des Landes, Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen sowie das Recht, in lokalen Gemeinschaften sowie in festgelegten Siedlungen zu leben. Innerhalb der
Obwohl sich die Bezeichnungen der Politiken im Laufe der Zeit geändert haben, hat Uganda die Praxis beibehalten, die Eigenständigkeit von Flüchtlingen zu fördern. 2016 hat die Rahmenstrategie zur Stärkung der Flüchtlings- und Aufnahmebevölkerung (2016 Refugee and Host Population Empowerment, ReHoPE) die Selbstversorgungsstrategie aktualisiert. Die neue Rahmenstrategie skizziert ein Modell, das die Resilienz (Widerstandsfähigkeit) und die Eigenständigkeit von Flüchtlingen und Aufnahmegemeinschaften unterstützen soll, indem fortan Flüchtlinge in nationale Entwicklungspläne einbezogen werden.
Zahlen im Überblick
Laut der jüngsten, 2019 veröffentlichten Ausgabe des Berichts des
Neben der ohnehin schon großen Zahl der Geflüchteten in Uganda ist es vor allem der rasante Anstieg dieser Zahl in den letzten Jahren, der das Land vor große Herausforderungen stellt. Wie aus der Abbildung hervorgeht, ist die Gesamtzahl der in Uganda lebenden Flüchtlinge und Asylbewerber_innen derzeit ungefähr fünfmal so hoch wie 2013, als das Land 244.876 Geflüchtete beherbergte.
Dieser steile Anstieg der Zahl aufgenommener Flüchtlinge und Asylsuchender ist hauptsächlich auf Vertreibungen aufgrund interner Konflikte im benachbarten Südsudan zurückzuführen. Derzeit ist der
Zahl und Herkunftsland von Flüchtlingen und Asylsuchenden in Uganda im September 2019
Herkunftsland | Zahl |
---|---|
Südsudan | 848.203 |
DR Kongo | 384.049 |
Burundi | 43.972 |
Andere | 71.136 |
Gesamt | 1.347.360 |
Quelle: Uganda: UNHCR Operational Update, Externer Link: September 2019.
Das ugandische Modell unter Druck?
Die internationale Gemeinschaft lobt Uganda als das "großzügigste Land" gegenüber Flüchtlingen. Die ugandische Regierung hat diese positive Darstellung allgemein begrüßt, die durch Gastfreundschaft und Großzügigkeit gekennzeichnet ist. Es bleibt abzuwarten, ob sich diese Politik auch weiterhin umsetzen lässt. Gegenwärtig nimmt Uganda mehr Flüchtlinge auf als jemals zuvor in seiner Geschichte. Dies scheint die begrenzten Ressourcen des Landes zu belasten.
Wie bereits erwähnt, ist eines der charakteristischen Merkmale des ugandischen Flüchtlingsschutzmodells die Zuteilung von Anbauflächen an in Siedlungen lebende Flüchtlinge. Theoretisch können sie auf diese Weise Feldfrüchte für den Eigenbedarf und zum Verkauf anbauen und so Nahrungsrationen und andere Einkommensquellen ergänzen. Angesichts der stark angestiegenen Zahl von Flüchtlingen scheint Ugandas derzeitiges Landzuteilungsmodell jedoch vor Herausforderungen zu stehen.
Eine aktuelle Studie der Universität Oxford in Uganda hebt diesen Aspekt hervor.
Früher wurden den Flüchtlingen in Nakivale Anbauflächen mit einer Größe von 50 mal 50 Metern zugeteilt. Heute beläuft sich die durchschnittliche Grundstücksgröße für neu angekommene Flüchtlinge nur noch auf 20 mal 30 Meter oder weniger. Die begrenzte Größe der zur Verfügung gestellten landwirtschaftlichen Parzelle gefährdet in Nakivale das zentrale Element der ugandischen Selbsthilfestrategie – die Förderung des Lebensunterhalts der Flüchtlinge und ihre anschließende Eigenständigkeit durch Landwirtschaft.
Besorgniserregend ist, dass die zunehmende Zahl von Flüchtlingen in Nakivale die Beziehungen zur Aufnahmebevölkerung beeinträchtigt. Aufgrund der Landknappheit wird eine erhebliche Anzahl neu angekommener Flüchtlinge auf die umliegenden Gebiete der Siedlung verteilt. Die Ausweitung der Siedlung hat zu Landstreitigkeiten mit den in der Umgebung lebenden ugandischen Dorfbewohner_innen geführt. Im Jahr 2017 gab es beispielsweise eine zweiwöchige Demonstration der lokalen Bevölkerung, die im Zusammenhang mit Landstreitigkeiten mit Flüchtlingen in Nakivale stand.
Die Spannungen zwischen Flüchtlingen und lokalen Gemeinschaften um Land beschränken sich nicht nur auf Nakivale. Infolge des jüngsten Zustroms von Flüchtlingen aus dem Südsudan gab es Berichte über Konflikte auch in anderen Teilen Ugandas.
Fazit
Wie kürzlich durchgeführte empirische Studien gezeigt haben, ist die Kapazität Ugandas für die Flüchtlingsaufnahme aufgrund des kontinuierlichen Zustroms von Flüchtlingen aus Nachbarländern unter Druck geraten. Nach neuesten Statistiken des UNHCR steigt die Zahl der Flüchtlinge in Uganda weiter an und belief sich im September 2019 auf 1.347.360. Während der Zustrom südsudanesischer Flüchtlinge in den letzten Monaten zurückgegangen ist, haben anhaltende
Internationale Entscheidungsträger suchen häufig nach bewährten Praktiken im Bereich des Flüchtlingsschutzes und heben diese lobend hervor. Die ugandische Flüchtlingspolitik wurde in der Vergangenheit als herausragendes Beispiel für Großzügigkeit, Solidarität und Gastfreundschaft gelobt, um einen entwicklungsorientierten Ansatz in der Flüchtlingshilfe innerhalb und außerhalb Afrikas voranzutreiben. Es ist jedoch wichtig, die Grenzen eines solchen Erfolgsmodells zu verstehen. Die ungeprüfte Idealisierung der ugandischen Flüchtlingspolitik kann die Herausforderungen verdecken, vor denen das Land aktuell steht, insbesondere mit Blick auf die lokale Ebene und die dort lebenden einheimischen und geflüchteten Bevölkerungsgruppen.