Schwedens Integrationspolitik gilt international als eine der ehrgeizigsten und erfolgreichsten.
Herausforderungen bei der Einwandererintegration
Steigende Einwanderzahlen, insbesondere seit 2010, haben die Frage hervorgerufen, ob der schwedische Arbeitsmarkt stark genug ist, die vielen Neuankömmlinge zu absorbieren. Zudem gibt es einen gravierenden Mangel an bezahlbarem Wohnraum. Während dies in großen Städten schon lange ein Problem ist, weisen nun auch weniger dynamische Gemeinden in abgelegenen Regionen einen solchen Mangel auf. Die Situation wird dadurch verschärft, dass die schwedische Migrationsbehörde normalerweise gewöhnliche Wohnungen als Unterkünfte für Asylsuchende anmietet. Diejenigen, denen Schutz gewährt wird, sind verpflichtet, aus den von der Behörde zur Verfügung gestellten Räumlichkeiten wieder auszuziehen. In der Praxis benötigen sie aber eine ähnliche Art von Unterkunft auch nach dem Asylverfahren. Asylbewerber, Flüchtlinge und andere Gruppen von Neuzuwanderern konkurrieren somit um ein immer stärker begrenztes Segment des Wohnungsmarktes.
In früheren Zeiten, wie etwa den 1960er und 1970er Jahren, hatten es Einwanderer leichter, in Schweden eine Arbeit und einen Ort, an dem sie bleiben konnten, zu finden. Um als Arbeitgeber attraktiv zu sein, stellten Unternehmen mit Arbeitskräftebedarf manchmal Wohnraum für angeworbene Arbeitsmigranten zur Verfügung. Zudem unterstützten die Gewerkschaften bei der Integration. In Schulen hatten Kinder aus Einwandererfamilien das Recht, einige Stunden pro Woche in ihrer Muttersprache unterrichtet zu werden. Dieses Recht gibt es immer noch, aber aufgrund mangelnder Ressourcen und einer großen Vielfalt an unter Einwanderern gesprochenen Sprachen sehen sich Gemeinden manchmal nicht im Stande, ausreichend muttersprachlichen Unterricht anzubieten. Städtische Bibliotheken spielen bei der Integration von Einwanderern ebenfalls eine wichtige Rolle, indem sie Wörterbücher, Zeitungen und Bücher in den am meisten verbreiteten Einwanderersprachen anschaffen.
Politische Strategien zur Integrationspolitik
In den 1960er und 1970er Jahren war Schweden merklich von sozialdemokratischem Denken beeinflusst und die Migrationspolitik beruhte auf der Annahme, dass die Einwanderer im Land bleiben würden. Bereits 1968 wurde das Gleichheitsprinzip im ersten Gesetz der Regierung zu den Zielen der Einwanderungspolitik verankert: Einwanderer sollten die Möglichkeit haben, den gleichen Lebensstandard zu erzielen wie die übrige Bevölkerung.
In den 1980er und 1990er Jahren, als die Flüchtlingsströme und der Familiennachzug nach Schweden anwuchsen, wurde das über die Jahre hinweg geprägte Image der Großzügigkeit und Gleichberechtigung jedoch zunehmend als Belastung empfunden. Die Regierung sah sich gezwungen, zu demonstrieren, dass Schweden die Einwanderung begrenzen kann. Als Voraussetzung einer weiterhin funktionierenden Integration galt nunmehr eine striktere Zuwanderungskontrolle. Im Zuge damals eingeführter Restriktionen im Asyl- und Zuwanderungsrecht änderte sich auch die integrationspolitische Strategie: Während früher der Multikulturalismus betont und phasenweise staatlich gefördert wurde, hieß es nun, die Politik habe kulturelle Unterschiede zwischen Schweden und Einwanderern zu sehr hervorgehoben und so nach und nach mentale und soziale Grenzziehungen zwischen einem "Wir" (die Schweden) und einem "Sie" (die Einwanderer) verstärkt. Die neue Politik sollte solche Unterschiede stattdessen zurückdrängen, Ähnlichkeiten betonen und den Zusammenhalt der Gesellschaft in den Blick nehmen.
Heute sind Asylbewerber, die in Schweden als Flüchtlinge anerkannt werden oder aus humanitären Gründen ein Aufenthaltsrecht erhalten, verpflichtet, einen Integrationskurs ("Schwedisch für Einwanderer", Svenska för invandrare) zu belegen, sofern sie nicht wollen, dass ihnen Integrationsleistungen gekürzt werden. Der Kurs wird von der Gemeinde, in der sie leben, angeboten und finanziert. Hier wird nicht nur die schwedische Sprache gelehrt, sondern es werden auch Kenntnisse über die Gesellschaftsordnung und schwedische Traditionen vermittelt. Der Integrationskurs wird mit einer Prüfung abgeschlossen, die als eine wichtige Voraussetzung für die Arbeitssuche gilt. Die Politik vertritt die Auffassung, die beste Art der Integration in die schwedische Gesellschaft sei eine schnelle Integration in den Arbeitsmarkt. Aus- und Weiterbildung sowie eine aktive Arbeitsplatzvermittlung sind daher heute die obersten Prioritäten der Integrationspolitik.
Es gibt zahlreiche Ausbildungs- und Praktikainitiativen, und der Staat bezuschusst die Beschäftigung von Personen, die zuvor arbeitslos waren, im Rahmen sogenannter "Einstiegsstellen" (instegsjobb). Dennoch ist in Bezug auf die Teilhabe am Arbeitsmarkt noch viel zu tun. Die Arbeitslosenquote unter Drittstaatsangehörigen lag 2012 bei 30 Prozent und damit dreimal höher als unter schwedischen Staatsangehörigen.
"Ganz-Schweden"-Politik
Um eine unverhältnismäßig starke Konzentration der eingewanderten Bevölkerung an bestimmten Orten zu verhindern, versuchte die Regierung in der Vergangenheit, neu ins Land gekommene Asylbewerber und anerkannte Flüchtlinge über das ganze Land zu verteilen, ein Ansatz, der als "Ganz-Schweden"-Politik bekannt geworden ist. Dieser sollte auch erkennbaren Tendenzen der Alterung in entlegenen Regionen, insbesondere in Zentral- und Nordschweden, sowie der Entvölkerung kleiner Städte durch die Abwanderung junger Menschen in Städte im Süden des Landes entgegenwirken. Die "Ganz-Schweden"-Politik hat im Laufe der vergangenen Jahre jedoch ein Dilemma heraufbeschworen: Gemeinden in Regionen, die unter Abwanderung und Überalterung leiden, erklärten sich bereit, Asylbewerber und Flüchtlinge aufzunehmen. Gleichzeitig aber mangelte es dort oftmals an Arbeitsplätzen, sodass Migranten, die dort untergebracht wurden, häufig versuchten, so schnell wie möglich in eine größere Stadt weiterzuziehen. In Städten wie Göteborg, Malmö oder Stockholm gibt es zwar tatsächlich eher freie Stellen, dafür aber nur wenige preiswerte Wohnungen. Dadurch kommt es verbreitet zur Konzentration von Migranten auf engem Raum in Vororten, was zu sozialen Spannungen beiträgt. Symbolisch dafür stehen die Hochhausvororte Stockholms und anderer Großstädte, die zwischen 1965 und 1975 im Zuge des sogenannten "Millionenprogramms" (Miljonprogrammet) errichtet wurden. Heute sind diese Viertel oft in einem maroden Zustand. Da die Mieten aber vergleichsweise günstig sind, wohnen dort viele sozial benachteiligte Bevölkerungsgruppen, etwa Migranten, alleinerziehende Geringverdiener und arme Rentner. Sozialwissenschaftler sprechen diesbezüglich von Marginalisierung und sozialer Segregation.
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